Geist der Neuen Seidenstraße erfaßt Korea, China und Indien
Die Gipfeltreffen zwischen Nord- und Südkorea sowie zwischen
Indien und China Ende April waren wesentliche Schritte zur Überwindung der
Spannungen in der Region.
Das Gipfeltreffen zwischen den Präsidenten Südkoreas, Moon Jae-in, und
Nordkoreas, Kim Jong-un, am 27. April in der Entmilitarisierten Zone ist aus
mehreren Gründen von historischer Bedeutung. Es war ein großer Schritt hin zur
Beendigung der Feindseligkeiten auf der Halbinsel, die 1950 begannen und
weltweit die Ära des Kalten Krieges einläuteten, und es wurde ein Prozeß in
Gang gesetzt, um die 65jährige „friedenslose Zeit“ seit dem Koreakrieg zu
beenden. Die beiden Präsidenten sprachen in freundschaftlicher Atmosphäre und
veröffentlichten eine „Erklärung für Frieden, Wohlstand und Wiedervereinigung
der Koreanischen Halbinsel“, die fast alle Erwartungen übertraf. Der Gipfel
ebnet auch den Weg für eine Beteiligung beider Staaten an der Gürtel- und
Straßen-Initiative, was zu einer völlig neuen Kräftekonstellation in ganz
Ostasien führen kann.
Diese Transformation wurde möglich durch die koordinierten Bemühungen
Chinas, Rußlands, Japans und (erstmals) auch der Vereinigten Staaten -
natürlich zusammen mit den beiden Koreas. Die Asienpolitik Japans und der USA
hat sich in jüngster Zeit deutlich verändert. US-Präsident Donald Trump
begrüßte die koreanischen Gespräche und bekräftigte seine schon lange
bestehende Absicht, bald persönlich mit Präsident Kim zusammenzutreffen. Es
wäre das erste Treffen zwischen den Präsidenten der beiden Staaten in der
Geschichte, und diese Aussicht empört die Neokonservativen wie die
Neoliberalen in den USA gleichermaßen. Rußlands Präsident Putin seinerseits
bekräftigte in einem Telefongespräch mit Präsident Moon Rußlands Absicht, zum
Friedensprozeß beizutragen, insbesondere durch die Umsetzung von
Infrastruktur- und Energieprojekten.
In der zum Abschluß des Treffens von den beiden Präsidenten unterzeichneten
„Erklärung für Frieden, Wohlstand und Wiedervereinigung der Koreanischen
Halbinsel“ heißt es unmißverständlich: „Es wird keinen Krieg mehr auf der
Koreanischen Halbinsel geben, und damit hat eine neue Ära des Friedens
begonnen.“
Im ersten Abschnitt fordern sie, das koreanische Volk zusammenzuführen und
durch die Förderung bahnbrechender Fortschritte in den innerkoreanischen
Beziehungen „eine von Koreanern selbstbestimmte Zukunft mit gemeinsamem
Wohlstand und Wiedervereinigung zu schaffen“.
Im zweiten Abschnitt wird die Absicht verkündet, „die Kriegsgefahr auf der
Koreanischen Halbinsel zu beseitigen“, „die Feindseligkeiten vollkommen
einzustellen“, die Entmilitarisierte Zone in „eine Friedenszone“ zu verwandeln
und schon ab Mai regelmäßig Treffen zwischen Militärführern und
Verteidigungsministern abzuhalten.
Der dritte Abschnitt fordert die Schaffung eines „dauerhaften und stabilen
Friedensregimes“. In diesem Jahr ist der 65. Jahrestag des
Waffenstillstandsabkommens in Korea (ein Friedensvertrag kam niemals
zustande). Beide Staaten werden das Ende des Koreakrieges verkünden und auf
„das gemeinsame Ziel einer kernwaffenfreien Halbinsel“ hinarbeiten.
Sie vereinbarten außerdem, „trilaterale Treffen zwischen den beiden Koreas
und den Vereinigten Staaten oder auch Vierertreffen unter Beteiligung Chinas
aktiv anzustreben“.
Als ein erster praktischer Schritt wurde vereinbart, die Eisenbahn- und
Straßenverbindungen zwischen den beiden Staaten auf den beiden
Hauptverkehrskorridoren wiederherzustellen und zu modernisieren: der östliche
Verkehrskorridor vom Süden zum Hafen Rason, von wo aus Rußland bereits eine
Eisenbahnverbindung nach Wladiwostok gebaut hat, sowie zwischen Seoul und
Sinuiju entlang der Westküste zur chinesischen Grenze bei Dandong. Mit diesen
Eisenbahnverbindungen wäre die Eurasische Landbrücke „von Pusan bis Rotterdam“
vollendet, die Lyndon LaRouche schon in den 90er Jahren gefordert hatte.
Nicht ganz so spektakulär, aber ebenfalls ein wichtiger Durchbruch waren
die informellen Gespräche zwischen dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping und
dem indischen Ministerpräsidenten Narendra Modi in Wuhan vom 27.-28. April.
Sie stellten einen wesentlichen Schritt dar, um ein neues Vertrauen zwischen
den beiden großen Nationen zu schaffen. Beide betonten, daß ihre Länder
zusammen fast 40% der Weltbevölkerung umfassen, was ihnen eine besondere
Verantwortung für Stabilität und wirtschaftliche Entwicklung auferlege. Es gab
kein formelles Kommuniqué, aber wie bekannt wurde, beschlossen beide Seiten,
die wirtschaftliche Zusammenarbeit, den Austausch zwischen den Streitkräften
und zwischen den Völkern allgemein zu intensivieren, ebenso wie die
Zusammenarbeit bei der Bekämpfung des internationalen Terrorismus.
Zwar gibt es immer noch Konflikte, nicht zuletzt über den Grenzverlauf
sowie über die Rolle Pakistans in der Gürtel- und Straßen-Initiative, aber der
Trend weist in Richtung eines konstruktiven Dialogs und gemeinsamer
Entwicklung. Sehr wichtig ist die Absicht der beiden Staatsführer, gemeinsam
Afghanistan zu entwickeln, das derzeit eine Brutstätte für Instabilität,
Terrorismus und Drogen ist. Genau dies war der Kern eines Vorschlags, den die
Vorsitzende des Schiller-Instituts, Helga Zepp-LaRouche, vor drei Jahren in
ihrer Rede beim Raisina-Dialog in Neu-Delhi gemacht hatte.
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