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Ausbildung der Kräfte des Menschen, Fortschreitung."
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Wird sich Europa endlich der Neuen Seidenstraße anschließen?

Von Rainer Apel

Der folgende Aufsatz wurde verfaßt als Beitrag zu einer aktualisierten Neuauflage der englischsprachigen Ausgabe der Studie „The New Silk Road Becomes the World Landbridge“ von 2014 (dt: „Die Neue Seidenstraße wird zur Weltlandbrücke“, 2017).

Viele Städte, Regionen, Industrieunternehmen und andere wirtschaftliche und wissenschaftliche Institutionen in Europa sind von Projekten entlang der Neuen Seidenstraße angezogen, und viele von ihnen betrachten diese als eine Gelegenheit, endlich Infrastrukturpläne zu verwirklichen, die oft schon seit Jahrzehnten in den Schubladen liegen.

Das größte Hindernis, das sich ihnen in den Weg stellt, ist das Zögern und Widerstreben der politischen Entscheidungsträger in den Regierungen und in der Bürokratie der Europäischen Union, sowie der mit ihnen verbundenen Denkfabriken und akademischen Einrichtungen, wenn es darum geht, mit China freundschaftlich zu kooperieren. Denn das würde bedeuten, daß man einen übergreifenden Plan für einen echten europäischen Beitrag zur Neuen Seidenstraße entwickelt und Finanzinstitutionen schafft, die mit ausreichenden Mitteln zur Förderung von Großprojekten ausgestattet sind, und damit definitive Schritte in das neue Paradigma von Entwicklung und Zusammenarbeit macht. Statt dessen werden anscheinend alle politischen Energien Europas dafür aufgewendet, die Loyalität gegenüber dem alten Paradigma der Finanzspekulation und des Investitionsabbaus aufrechtzuerhalten, das für den Ausbruch der Krise 2007-08 verantwortlich war und weder fähig noch willens ist, konstruktive Schlüsse aus dieser Krise zu ziehen.

Insbesondere Deutschland liegt weit zurück in den Bemühungen, „fit“ für die Neue Seidenstraße zu werden. Sein Güterbahnsektor ist überaltert, ganz besonders im Mittelrheintal, wo die Züge mit lediglich 60 km/h durch 150 Jahre alte Tunnel fahren, was heutzutage nicht mehr konkurrenzfähig ist. Deutschlands Bahnverbindungen zu den Nachbarstaaten sollten dringend elektrifiziert werden, damit an der deutschen Grenze nicht länger Diesellokomotiven anstelle der elektrischen Lokomotiven vorgespannt werden müssen. Der Duisburger Hafen Duisport, das wichtigste Ziel der Bahnfrachtzüge aus China in Deutschland, handhabt inzwischen schon jede Woche 26 Containerzüge, aber bereits das verursacht erhebliche Verstopfungen auf den Autobahnen und Straßen in der Umgebung, wenn die Fracht auf LKW umgeladen wird. Wie Duisport bald fünfmal so viele Frachtzüge bewältigen will – das ist das Ziel der chinesischen Seite für das Jahr 2020 –, bleibt eine ungelöste Frage. Die investitionsfeindliche Haltung der deutschen Regierung zeigt sich in der gesamten Infrastruktur des Landes: veraltete Autobahnen, Straßen, Brücken, Schleusen. Viele Eisenbahnbrücken stammen sogar noch aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg.

Diese Politik sabotiert die konstruktiven Bemühungen fast aller Nachbarländer, ihre eigene Verkehrsinfrastruktur auszubauen. Für ein Land wie Deutschland, das im Schnittpunkt fast aller wichtigen Nord-Süd- und Ost-West-Korridore Europas liegt, ist diese Haltung unmöglich und inakzeptabel. Die deutsche Politik bevorzugt ein „Europa“, das kein Geld für größere Projekte ausgibt, sondern alle Einnahmenüberschüsse zur Deckung von Haushaltsdefiziten einsetzt.

Aber dieses „Europa“ ist längst nicht überall in Europa die Realität: Insbesondere im Osten und im Südosten des Kontinents, wo die Hoffnung, ein Beitritt zur EU nach dem Fall des Eisernen Vorhangs 1989 werde wirtschaftliche und infrastrukturelle Entwicklung bringen, verraten wurde, schauen sich die politischen Entscheidungsträger nach alternativen Partnern um. Anstatt weitere ein oder zwei Jahrzehnte zu warten, ob die EU doch noch konkrete Zusagen für die Förderung der realwirtschaftliche Entwicklung ihrer Länder macht, erklären führende Vertreter der wirtschaftlichen und politischen Institutionen in Ost- und Südosteuropa ihre Absicht, mit China zusammenzuarbeiten. Sogar einige Regierungen von EU-Mitgliedsstaaten, wie Griechenland, Bulgarien, Ungarn und Polen, haben im Laufe des Jahres 2017 Interesse gezeigt, sich als aktive Partner an der Entwicklung der Neuen Seidenstraße zu beteiligen. Am Belt & Road Summit Mitte Mai in Beijing nahmen deutlich mehr Regierungsvertreter aus Ost- und Südosteuropa teil als aus dem Westen Europas. Auch Österreich, in der Mitte Europas zwischen dessen westlichen, östlichen und südöstlichen Teilen gelegen, hat sich nun für die Neue Seidenstraße geöffnet – die neue Regierung, die am 21. Dezember in Wien angelobt wurde, hat sich sogar als bisher einzige in Europa in ihrem offiziellen Regierungsprogramm ausdrücklich zu einer aktiven Rolle in der Seidenstraßen-Initiative bekannt.

Eine der Tragödien in Westeuropa ist, daß Deutschland beim G-20-Gipfeltreffen in Hamburg im Juli 2017 sogar ein vielversprechendes Dokument über die Zusammenarbeit mit China bei Wasserkraftprojekten und anderen Infrastrukturprojekten in Afrika unterzeichnet hat – aber die Loyalität zur EU-Kommission, die gegenüber China mauert, und auch die zur eigenen Sparideologie verhindert, daß die Bundesregierung auch dem Dokument gemäß handelt. So werden Meldungen über Großprojekte in Europa, die in Kooperation mit China realisiert werden, voraussichtlich bis auf weiteres nur aus dem Osten und Südosten des Kontinents kommen. Es ist jedoch zu hoffen, daß der Westen Europas im Verlauf des Jahres 2018 endlich die Chancen der Neuen Seidenstraße erkennt.

Anlaß zu solchem Optimismus geben die diplomatischen Durchbrüche bei dem dreitägigen Chinabesuch des französischen Präsidenten Emmanuel Macron zu Jahresbeginn, wo dieser seine Absicht verkündete, im Rahmen der Neuen Seidenstraße ein Kooperationsbündnis zwischen Europa und China zu schmieden, das dem 21. Jahrhundert angemessen ist. „Ich bin daher bereit, auf die erklärten Ziele hin zu arbeiten“, sagte Macron in Xi’an. „Die Programme für Straßen, Eisenbahnen, Flughäfen, Schiffahrt und Technologien entlang der Seidenstraße können Elemente beitragen, um insbesondere in Asien auf das Infrastrukturdefizit zu reagieren und Perspektiven in Sektoren wie Verkehr, Wasserregulierung, Abfällen, dauerhaften Städten und der ,grünen Wirtschaft’ zu schaffen. Die Bündelung unserer öffentlichen wie privaten finanziellen Ressourcen für Verkehrsprojekte kann die Vernetzung zwischen Europa und Asien und darüber hinaus im Nahen Osten und in Afrika stärken und dazu beitragen, unseren Handel besser zu integrieren, zu strukturieren und zu öffnen.“ Während Macrons Besuch schlossen die Französische Entwicklungsagentur und die China Development Bank eine Vereinbarung über diese Kooperationsperspektive.

Und in Italien hat das Außenministerium signalisiert, daß es daran interessiert ist, daß das „Transaqua“-Projekt, das ursprünglich vor mehr als 30 Jahren von italienischen Ingenieuren entworfen wurde, endlich realisiert wird. Aber weder im Fall Frankreichs noch in dem Italiens wurden bisher substantielle zusätzliche Mittel für neue Projekte in Afrika bereitgestellt - was ebenfalls auf die gleiche veraltete Festlegung an die Sparpolitik zurückgeht wie im Fall Deutschlands. Dennoch zeigt diese Dynamik, mit der das Jahr 2018 begonnen hat, ein Potential, daß sich die Dinge in Westeuropa ändern können.

Neue Bewegung auf dem Balkan

Für den Südosten Europas wurde bei der internationalen Konferenz des Schiller-Instituts am 25.-26. November 2017 in Bad Soden in Vorträgen von Prof. Mariana Tian (Bulgarien) und Dr. Jasminka Simic (Serbien) die Perspektive großer Infrastrukturprojekte für ihre Region dargelegt, insbesondere für die „Paneuropäischen Korridore“ 5, 8 und 10. Diese Straßen- und Eisenbahnkorridore wurden ursprünglich von europäischen Experten ausgearbeitet und 1994 bei einer Konferenz aller europäischen Verkehrsminister auf Kreta in einem offiziellen Dokument vereinbart, aber bisher hat „Europa“ nur wenig getan, um diese Projekte zu realisieren. Dafür waren die besagten Korridore ein zentrales Thema der Schlagzeilen über den „16+1-Gipfel“ von 16 Staaten Mittel- und Osteuropas und Chinas, der am 28.-29. November 2017 in Budapest stattfand. Schon zuvor waren zahlreiche Projekte zwischen China und diesen 16 Staaten im Gespräch gewesen, aber dieses Gipfeltreffen öffnete sichtlich die Türen dafür, daß nun auch weit größere Dinge auf die Tagesordnung kommen und in naher Zukunft realisiert werden.

Die serbische Regierung war am 29. November die erste, die konkret in diese neue Ära eintrat, als Premierministerin Ana Brnabic an einer feierlichen Zeremonie in Belgrad teilnahm, mit der die Bauarbeiten für den serbischen Abschnitt der ersten Hochgeschwindigkeitsbahnstrecke zwischen Budapest und Athen aufgenommen wurden, die Ungarn, Serbien, Makedonien und Griechenland miteinander verbinden wird. Der makedonische Präsident folgte wenige Tage später mit der Meldung, daß sein Land von China und Serbien eingeladen worden sei, den makedonischen Abschnitt dieser Strecke zu bauen. Der bulgarische Premierminister gab zum Abschluß des Budapester Gipfeltreffens im nationalen Fernsehen bekannt, daß man vereinbart habe, schon bald die Bauarbeiten zur Fertigstellung des Korridors 8 aufzunehmen – die Autobahn, die das Adriatische Meer durch Albanien, Makedonien und Bulgarien mit dem Schwarzen Meer verbindet. Zwei Wochen nach dem Budapester Gipfeltreffen unterzeichneten Griechenland und Serbien eine Vereinbarung, die längst fälligen Arbeiten für den Vardar-Axios-Kanal zu beginnen, der die Donau durch Serbien, Makedonien und Griechenland mit der Ägais verbinden wird. Wiederum wenige Tage später wurde von Polen angekündigt, daß im März 2018 im südpolnischen Breslau die erste internationale Konferenz der Neuen Seidenstraße über den Bahnfrachtverkehr stattfinden werde. Erwähnt werden sollte dabei auch, daß Ungarn am 8. Januar 2018 mit den Arbeiten zur Modernisierung der 55 km langen Eisenbahnstrecke Budapest-Hatvan begonnen hat - einem Abschnitt des bereits erwähnten Paneuropäischen Korridors 5.

Polen blickt nach Osten und auf seine eigene Entwicklung

Dieser Beitrag Polens ist um so wichtiger, als das Land eine Woche nach dem Budapester Gipfel einen neuen Ministerpräsidenten bekam, der entschlossen ist, der neoliberalen Wirtschaftsära, die im Land seit 1989 herrschte, ein Ende zu setzen und ein Programm der nationalen infrastrukturellen und industriellen Entwicklung zu starten, zusammen mit einer Neuordnung des Bankensektors, der in den Dienst der Entwicklung der Realwirtschaft und der Einkommen der Familien gestellt werden soll. Auch wenn der neue Premierminister, Mateucz Morawiecki, China nicht ausdrücklich nannte, ist offensichtlich, daß sein ehrgeiziges Programm für Polens wirtschaftliche Wiederbelebung kaum von den Brüsseler Bürokraten der Europäischen Kommission unterstützt werden wird. Sie betrachten Politiker wie ihn als Feinde der neoliberalen Dogmen, die diese Bürokratie beherrschen. Polen, die mit 40 Millionen Einwohnern größte Nation Ostmitteleuropas, wird nicht länger auf die diskreditierten Ratschläge der unproduktiven EU-Bürokratie hören, sondern sich mehr und mehr einer aktiven Kooperation mit den Chinesen öffnen. Bei seinem Besuch in Berlin am 15. Februar 2018 gab Morawiecki einen klaren Warnschuß gegen die Brüsseler Eurokraten ab, als er in einer Rede ein „Europa der Chancengleichheit“ forderte, ein Ende der „kolonialistischen Praktiken“ der westlichen Investoren, die einen großen Teil der polnischen Wirtschaft an sich rissen, als die Polen ihr Land naiv nach dem Fall des Eisernen Vorhangs „Europa“ weit öffneten.

Ob diese Dynamik in Polen zu einem formellen Bruch mit der EU führen wird wie beim „Brexit“ der Briten, ist noch ungewiß, aber viele Beobachter würden nicht ausschließen, daß es 2020 – nach der nächsten Parlamentswahl in Polen – zu einem solchen Bruch kommen könnte. Schon jetzt schlagen die Eurokraten in Brüssel Alarm, weil Polen die klare Absicht erkennen läßt, zukünftig enger mit den drei anderen Staaten der Visegrad-Gruppe - Tschechien, Slowakei und Ungarn – zusammenzuarbeiten, um wirtschaftliche Ziele umzusetzen, die dem wahren Interesse dieser vier Staaten dienen.

Neue Seidenstraße findet Anklang in Österreich

Eine vergleichsweise sehr vielversprechende Lage hat sich in Österreich entwickelt. Dort war die Regierung durch kleinlichen Parteienstreit und Spannungen Ende April 2017 in eine Krise geraten, was unmittelbar zur Folge hatte, daß Österreich die Teilnahme des Verkehrsministers Jörg Leichtfried, der sich zuvor für eine Beteiligung Österreichs an der Seidenstraßen-Initiative ausgesprochen hatte, am Belt & Road Forum in Beijing Mitte Mai absagen mußte. Die Regierungskrise lähmte die österreichische Politik, bis Anfang Oktober Neuwahlen zum Nationalrat stattfanden. Verärgert über diese Zustände, starteten führende Vertreter der österreichischen Industrie- und Verkehrsverbände eine starke Lobbykampagne mit dem Ziel, daß die nächste Regierung sich klar zu einer aktiven Beteiligung an Chinas Neuer Seidenstraße verpflichtet. Eine Woche nach der Nationalratswahl reiste eine Delegation führender Mitglieder der Industriellenvereinigung und der staatlichen Österreichischen Bundesbahnen zu einem mehrtägigen Besuch nach China. Dort unterzeichneten sie nicht nur ein Kooperationsabkommen mit ihren jeweiligen Partnerinstitutionen auf chinesischer Seite, sie äußerten auch in Pressekonferenzen ihre Erwartung, daß die neue Regierung der Orientierung auf die Neue Seidenstraße eine „klare Priorität“ gibt, sonst werde der Zug an der österreichischen Wirtschaft vorbeifahren. Äußerungen wie diese und eine große Konferenz der Industriellenvereinigung am 21. November in Wien schufen ein Umfeld, in dem die beiden Gewinner der vorgezogenen Neuwahlen und zukünftigen Koalitionspartner, ÖVP und FPÖ, sich in ihrem Regierungsprogramm klar für die Zusammenarbeit mit China aussprachen:

    „Österreich liegt in der Mitte Europas und stellt somit allein durch die geographische Lage eine wichtige Drehscheibe dar. Diese Position kann durch die stärkere Entwicklung der transeuropäischen Netze zusätzlich enorm profitieren. Wir möchten sicherstellen, daß große überregionale und geostrategische Infrastrukturvorhaben, wie zum Beispiel das geplante Seidenstraßenprojekt oder auch die Breitspur, nicht an Österreich vorbeilaufen, sondern wir als Hub ein Teil davon sind.“

Dies bezieht sich insbesondere auf die Verlängerung der Breitspurbahn der russischen Transsibirischen Eisenbahn von Kosice im Osten der Slowakei bis zu einem neuen großen Logistikzentrum bei Wien – eine Distanz von etwa 400 km. Dieses Projekt, über das schon seit Jahren verhandelt wird, wird allein 140.000 dauerhafte Arbeitsplätze schaffen, aber es wird damit auch ein viel breiteres Engagement der österreichischen Industrie- und Ingenieurskapazitäten in ganz Ost- und Südosteuropa anvisiert. Der Vorstandsvorsitzende von Österreichs Raiffeisen International Bank, Johann Strobl, sprach dies klar aus, als er die chinafeindliche Haltung der EU gegenüber dem 16+1-Gipfel kritisierte. Es gebe keinen Grund, über Chinas wachsende Rolle in Ost- und Südosteuropa besorgt zu sein, sagte er am 28.12. 2017 in einem Interview mit dem Handelsblatt: „Das ist eine gute Nachricht. Finanzmittel von außen, die nach Osteuropa fließen, verbessern das wirtschaftliche Potential der Region. Als eine auf Osteuropa spezialisierte Bank profitieren wir davon.“ Die EU solle ihre Haltung gegenüber China ändern und sich „einfach ihren Herausforderungen stellen und konstruktive Lösungen finden, mit der sich Meinungsverschiedenheiten überbrücken lassen“.

China hat diese jüngsten positiven Veränderungen in Österreich bemerkt und begrüßt sie. Bei einem Forum über die Neue Seidenstraße, die die angesehene Österreichische Verkehrswissenschaftliche Gesellschaft in Wien am 31.1. 2018 veranstaltete, forderte Chinas Botschafter Li Xiaosi seine österreichischen Gastgeber direkt auf, konstruktive Vorschläge für gemeinsame Projekte zu machen oder sich sogar dem 16+1-Format anzuschließen, als „16 plus 1 plus Österreich“. Die Sprecherin des österreichischen Außenministeriums antwortete darauf, man werde diesen Vorschlag Chinas sorgfältig studieren, sobald er offiziell unterbreitet wird.

Erste konkrete Schritte zur Realisierung der Verkehrsanbindungen an die Neue Seidenstraße erfolgten bei einer internationalen Eisenbahnkonferenz vom 20.-22.2. 2018 in Wien, in deren Verlauf die Vorstandschefs der Russischen Eisenbahnen, Oleg Beloserow, und der Österreichischen Bundesbahnen, Andreas Matthä, eine Vereinbarung über die Realisierung eines integrierten eurasischen Eisenbahnkorridors unterzeichneten. Unter den 250 Teilnehmern der Konferenz „Strategische Partnerschaft 1520: Zentraleuropa“ waren Vorstandschefs von Eisenbahnunternehmen aus 24 Ländern. Auch die beiden Verkehrsminister Maxim Sokolow (Rußland) und Norbert Hofer (Österreich) unterzeichneten eine Vereinbarung.

Mit der russisch-österreichischen Vereinbarung verpflichten sich die beteiligten Eisenbahnunternehmen und Verkehrsbehörden Österreichs, der Slowakei und der Ukraine, eine 400 km lange neue Breitspurbahn mit 1520 mm Spurweite von Kosice (Slowakei) nach Wien sowie ein internationales Logistikzentrum in der Region um Wien und Bratislava zu bauen. Kosice ist derzeit der westliche Endpunkt des russischen Breitspurnetzes. Das Projekt soll von der Breitspur-Planungsgesellschaft mbH realisiert werden, ein Gemeinschaftsunternehmen mit Sitz in Österreich, das 2009 gegründet wurde und an dem Rußland, die Ukraine, die Slowakei und Österreich beteiligt sind.

Eine solche Breitspurbahn würde einen ununterbrochenen Eisenbahnverkehr von der kasachisch-chinesischen Grenze über das russische Breitspurnetz bis nach Mitteleuropa ermöglichen, mit einer jährlichen Kapazität von 1 Mio. Containern, wofür wöchentlich mehrere hundert Züge eingesetzt werden könnten. Alleine der Aufbau des Logistikzentrums würde 140.000 Arbeitsplätze schaffen, und man rechnet damit, daß durch die breiteren industriellen und wirtschaftlichen Initiativen, die entlang der neuen Bahnstrecke angestoßen werden, weitere 600.000 Arbeitsplätze entstehen würden. Bezüglich der Finanzierung der rund 7 Mrd. Euro, die für den Bau der Breitspurbahn benötigt werden, deutete Österreichs Verkehrsminister Hofer an, auch „Investoren aus Asien“ seien an dem Projekt interessiert, das bis 2033 fertiggestellt werden soll.

Die Plenarsitzung der Wiener Konferenz stand unter dem Motto „Eurasischer Korridor und Neue Seidenstraße: Aufeinander zu bewegen“ und befaßte sich mit Möglichkeiten, die Interoperabilität zwischen den Standardspur-Eisenbahnnetzen in China und Europa (1435 mm Spurweite) und dem russischen Breitspurnetz (1520 mm) zu verbessern. Österreichs Bahnchef Matthä sagte bei der Wiener Konferenz: „Die Weiterentwicklung der Eurasischen Bahn-Landbrücke wird nicht nur dafür sorgen, daß Europa und Asien näher aneinander rücken, sondern auch den wirtschaftlichen Fortschritt in den beteiligten Regionen vorantreiben.“ Matthä war einer der führenden Befürworter einer konstruktiven Kooperation Österreichs mit Chinas Strategie der Neuen Seidenstraße.

Alexander Mischarin, der 1. stellv. Generaldirektor der Russischen Eisenbahnen, sagte in Wien: „Das Projekt OBOR [One Belt, One Road - Ein Gürtel, eine Straße] wird nicht nur die einheitliche Spurbreite in den Verkehrsnetzen festigen, sondern auch neue Arbeitsplätze schaffen, die Umweltbelastungen reduzieren, Innovationen anstoßen und die Entstehung eines einheitlichen eurasischen Wirtschaftsraums fördern. Die Kooperation mit der ÖBB ist dabei ein wichtiger Schritt hin zu einer für beide Seiten vorteilhaften Zusammenarbeit, ebenso wie für die Industrie und die Bevölkerung der beiden Länder.”

Und Clemens Förstl, Vorstandschef der ÖBB-Frachttochter RailCargo Austria AG, erklärte in seiner Abschlußrede bei der Wiener Konferenz: „Es freut uns zu sehen, daß die Neue Seidenstraße und die Verlängerung der Breitspurbahn nach Wien nicht als zwei unterschiedliche Projekte betrachtet werden, sondern als gemeinsames Ziel, den eurasischen Schienentransport voranzubringen. Österreich begrüßt und unterstützt den Ausbau der Schieneninfrastruktur im eurasischen Korridor. Die Vertragsunterzeichnung der ÖBB mit der Russischen Eisenbahn bildet dabei einen Höhepunkt und Meilenstein für unsere Bemühungen um den eurasischen Verkehrskorridor.”

Im Juni soll im russischen Sotschi die nächste Konferenz der „Strategischen Partnerschaft 1520“ stattfinden.


Quellen

  • Ministerium der Republik Jemen für Menschenrechte

  • Ministerium der Republik Jemen für Öffentliche Gesundheit und Bevölkerung

  • Behörde für Zivilluftfahrt und Meteorolgie