Ein großer Denker unserer Zeit
Von Sergej Jurjewitsch Glasjew
Der folgende Nachruf auf Lyndon LaRouche (1922-2019) wurde von
Sergej Jurjewitsch Glasjew, Mitglied der Russischen Akademie der
Wissenschaften und Berater des Präsidenten der Russischen Föderation, in
der Zeitschrift „Sawtra“ veröffentlicht.
Lyndon LaRouche ist von uns gegangen. Er war ein Titan des Denkens, ein
Mann unglaublichen enzyklopädischen Wissens, einer großen Seele und Liebe für
die Menschheit.
Er wird immer in unserem Gedächtnis bleiben als leidenschaftlicher Kämpfer
für eine bessere Zukunft der Menschheit, basierend auf der Umsetzung der
Prinzipien der physischen Ökonomie – einer realistischen Schule des
Wirtschaftsdenkens, die sich an der Schaffung materieller Vorteile und
sozioökonomischer Entwicklungsbedingungen orientiert.
Im Gegensatz zu der libertären Tendenz, die heute in der etablierten
Wirtschaftsideologie im Interesse der Weltfinanzoligarchie vorherrscht,
entwickelte Lyndon LaRouche eine eigene Wirtschaftswissenschaft im Interesse
der Entwicklung der Produktivkräfte der Menschheit. Sein Konzept einer
eurasischen Entwicklungsbrücke von Westeuropa zum russischen Fernen Osten und
weiter bis Alaska und den USA könnte eine reale Alternative zum heutigen
hybriden Weltkrieg werden. LaRouche sah die russophobe Aggression der
herrschenden amerikanischen Elite voraus und warnte vor deren ruinösen
Konsequenzen; statt dessen forderte er eine breite internationale
Zusammenarbeit zur Schaffung transkontinentaler Entwicklungskorridore.
LaRouche sagte den zwangsläufigen Beginn einer globalen Finanzkrise voraus,
viele Jahre, bevor sie einsetzte. LaRouches berühmte Kurve [die
„Tripelkurve“], auf der die wachsende Kluft zwischen dem Volumen der realen
Produktion und dem der Finanzspekulation dargestellt ist, war eine ernste
Warnung an alle Ökonomen, die noch wirklich denken können.
Bekanntlich gilt allerdings nicht nur in Rußland, sondern auch in den USA
der Prophet im eigenen Land nichts. Anstatt Anerkennung zu bekommen, wurde
LaRouche von der amerikanischen Finanzoligarchie verfolgt, die ihn mit
falschen Anschuldigungen ins Gefängnis warf.
Ich erinnere mich daran, wie mir einmal ein führender Kopf der Brookings
Institution die dringende Warnung zuflüsterte, keinerlei Kontakt mit LaRouche
zu haben, um nicht meinen Ruf zu schädigen. Für mich, der in die USA gekommen
war, um an einem wissenschaftlichen Forum zu Fragen des Aufbaus demokratischer
Einrichtungen in früheren Sowjetregionen teilzunehmen, war dies schockierend.
Von da an begann ich LaRouches Publikationen genau zu studieren und nahm an
von ihm organisierten Konferenzen teil. Und ich muß zugeben, daß seine
Vorträge oftmals ein Lichtstrahl im Reich der Dunkelheit und Verlogenheit
gewesen sind, die in das öffentliche Denken der „progressiven“ Menschheit
Einzug gehalten hat.
Das von LaRouche herausgegebene Magazin EIR war ein Leitfaden durch
die dunklen Korridore der westlichen herrschenden Elite, worin die verborgenen
Quellen der menschenfeindlichen Politik der Weltfinanzoligarchie aufgedeckt
wurden. Er verfolgte deren Ursprünge bis zur Zeit der Plünderung des
Byzantinischen Reichs zurück, um den ewigen Kampf gegen das weltweite Übel zu
beschreiben, das den oligarchischen Clans des westlichen Kapitalismus
angeboren ist. Das häufige Wiederauftreten von Rassismus, Nazismus und
Faschismus, sowie des religiösen Extremismus, das wir in der heutigen Welt
beobachten, läßt sich ohne LaRouches tiefgreifende historische Nachforschungen
nicht erklären.
LaRouche erfreute sich großer Achtung unter der Fachwelt in vielen Ländern
auf der Welt. Ich hatte die Gelegenheit, mich mit seinen Unterstützern in
Indien, Lateinamerika, China, Afrika und natürlich in Europa und den
GUS-Staaten zu treffen. Man sollte hoffen, daß diese internationale Fachwelt
erhalten bleibt, inspiriert durch die Ideen von Lyndon LaRouche. Heute
erwachen diese Ideen in einem neuen weltwirtschaftlichen Paradigma zum Leben,
das sich „integral“ nennt, denn es vereinigt die Interessen der Menschen
verschiedener Länder in der harmonischen Entwicklung der Menschheit.
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