Frankreich und die Maritime Seidenstraße:
Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft
Von Christine Bierre
Das französische Schiller-Institut veranstaltete in Nantes
eine Konferenz über die Maritime Seidenstraße.
Die Konferenz des Schiller-Instituts „Frankreich und die Maritime
Seidenstraße: Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft“, die am 2. Juli in Nantes
stattfand, war eine große Intervention zu einem sehr aktuellen Thema.
Frankreich hat eine maritime Ausschließliche Wirtschaftszone (AWZ) von 10 Mio.
Quadratkilometern und den zweitgrößten maritimen Wirtschaftsraum der Welt.
Nantes, Hafenstadt am Atlantik mit 500.000 Einwohnern und Geburtsort des
Visionärs Jules Verne, ist eines der Zentren der „blauen Wirtschaft“
Frankreichs.
Die vierstündige Konferenz mit neun Referenten war Teil der internationalen
maritimen Ausstellung „La Mer XXL“, die 38.000 Besucher anzog. Einige Redner
der Veranstaltung des Schiller-Instituts nehmen wichtige institutionelle
Rollen in Frankreich ein, und alle Redner waren leidenschaftlich bei der Sache
und vermittelten Optimismus und Ansporn. Die kreativen Ideen Lyndon LaRouches
und seine wissenschaftlich orientierte Perspektive für das Gemeinwohl der
Menschheit waren sehr präsent.
Veranstalter der Ausstellung waren die Mediengruppe (und Tageszeitung)
Ouest-France – eine der größten Frankreichs –, die Maritime Credit Bank und
die Wirtschaftsvereinigung Cluster Maritime Français, die meeresbezogene
Unternehmen aller Art umfaßt, von Häfen, Reedereien und Werften über Fischerei
und Aquakultur bis zur Tiefseeforschung für Biologie und Bergbau (Öl, seltene
Erden).
Zwölf Tage lang, vom 28. Juni bis 10. Juli, war das Schiller-Institut mit
einem Stand in der Ausstellung präsent. Mindestens 200 Aussteller – Verbände,
Unternehmen, Forschungseinrichtungen – zeigten auf Ständen ihre Arbeit.
Vertreter des Schiller-Instituts konnten das gesamte Spektrum der Aktivitäten
des Instituts vorstellen, im Mittelpunkt stand dabei die im November 2018
veröffentlichte, 484seitige französische Ausgabe der Weltlandbrücken-Studie
des Instituts.
An der vierstündigen, intensiven Konferenz nahmen 60 Personen teil,
darunter Vertreter des Freundeskreises des Maritimen Museums La Rochelle und
des Maritimen Clusters Luxemburg. Teilnehmer kamen auch aus der Provence und
aus der Schweiz. Mehrere Exemplare des Landbrücken-Berichts wurden in der
Ausstellung verkauft, weitere während der Buchvorstellung in der
Expo-Bibliothek. Ein Professor aus Afrika, der an der Konferenz teilnahm, war
so begeistert, daß er seine Universität überredete, fünf Exemplare zu
bestellen.
Karel Vereycken vom Schiller-Institut, der sich seit mehreren Jahren
intensiv mit dem maritimen Bereich beschäftigt, moderierte die Konferenz. Es
begann mit Grußworten: André Sobczak, Stadtrat von Nantes und 15.
Vizepräsident für internationale Beziehungen der Metropolregion Nantes,
begrüßte die Teilnehmer herzlich, weitere Grußbotschaften kamen von Anne
Lettrée, Managerin der chinesischen Silk Road Business University und
Mitorganisatorin der Veranstaltung, zwei Ministerberatern der chinesischen
Botschaft, die kurzfristig an einer persönlichen Teilnmahme verhindert waren,
sowie von Minghong Chen, dem Vorsitzenden des Französisch-Chinesischen
Kulturzentrums.
Maritime Seidenstraße: Alt und Neu
Vereycken präsentierte die Idee, daß die Maritime Seidenstraße in China wie
in anderen Ländern in der Geschichte schon immer ein Raum der Zusammenarbeit
und nicht der Konfrontation war. Anhand von Bildern schöner Keramik und
anderer Kunst- und Gebrauchsgegenstände zeigte er, wie jedes Stück, das in
einem bestimmten Gebiet hergestellt wurde, dank des Handels Verzierungen und
andere Elemente aus anderen Regionen der Seidenstraße enthielt. Ein weiteres
Beispiel für den hohen Entwicklungsstand dieses Handels ist ein arabisches
Schiffswrack aus dem Oman vom Jahr 826, das kürzlich auf dem Meeresboden vor
Java entdeckt wurde, beladen mit 60.000 Keramik- und Manufakturerzeugnissen,
darunter einige mit persischen Motiven.
Anschließend sprach Prof. Antoine Cid über die Entdeckungsfahrten des
chinesischen Admirals Zheng He zum Persischen Golf und nach Ostafrika im
frühen 15. Jahrhundert und über Chinas friedliche und diplomatische Ziele in
der Zusammenarbeit. Diese Aktivität war nicht auf Zheng He oder diesen
Zeitraum beschränkt. Prof. Cid vermutet, daß die Chinesen zu Beginn des 20.
Jahrhunderts beschlossen, Zheng Hes außergewöhnliche Geschichte bewußt als
positive Erzählung weit zu verbreiten, um die Botschaft zu vermitteln, daß
China weder zu Wasser noch zu Land ein Eroberer ist.
Henri Tsiang, ehemaliger Forscher am Pasteur-Institut, der nach dem Zweiten
Weltkrieg eine wichtige Rolle bei der Vermittlung zwischen Frankreich und
China spielte, sprach über die Lage und Vorgänge, Probleme und Akteure im
Südchinesischen Meer. Er erläuterte, wie der Rückzug der Vereinigten Staaten
aus dem transpazifischen Freihandelsabkommen TPP zur Ausweitung anderer
friedlicher Handelsinitiativen in der Zone geführt hat – eine gute Möglichkeit
zur Lösung von Streitigkeiten, die geopolitische Kräfte schüren, um China zu
schikanieren.
Sébastien Goulard, Berater für öffentliche Angelegenheiten und Gründer und
Koordinator von OBOReurope, widerlegte das Märchen von der „Schuldenfalle“ und
andere falsche Behauptungen, mit denen China verleumdet werden soll. Er machte
deutlich, daß zwar hier und da Probleme nicht zu vermeiden sind, z.B. etwa
wegen Regierungswechseln in den beteiligten Ländern und unterschiedlicher
Vorstellungen über die Bedingungen von Investitionen, daß es aber für die
Chinesen um ein langfristiges Engagement geht, während man im Westen nur bis
zur nächsten Wahl denkt.
Er zeigte, daß die Chinesen schnell neue Lösungen finden. So wird der Hafen
Hambantota in Sri Lanka durch den Verkauf an ein chinesisches Unternehmen –
mit der Option, daß Sri Lanka in 20 Jahren bis zu 50% der Anteile erwirbt –
vor politischen Veränderungen geschützt, die in dem Land von Chinas
Konkurrenten, in diesem Fall Indien, verursacht wurden. Er zeigte, wie die
Konkurrenz chinesischer Investitionen das Geschäft belebt: Nachdem die
Chinesen den Hafen finanziert hatten, beschlossen die Inder, einen Flughafen
zu bauen, der inzwischen eine Ergänzung zum Hafen geworden ist!
Sébastien Périmony, der im französischen Schiller-Institut für Afrika
zuständig ist, sprach über Projekte der Seidenstraßen zu Wasser und zu Land in Afrika
und berichtete über seine jüngsten Erfahrungen in der Elfenbeinküste und
Angola.
Die Seidenstraße heute und morgen
Hierauf folgten Beiträge von Personen, die aktiv an der Zusammenarbeit mit
der Neuen Seidenstraße beteiligt sind.
Prof. Mohamed Jebbar hielt das Publikum in gespannter Aufmerksamkeit. Er
ist Professor für Mikrobiologie an der Universität Brest, Direktor des
Microbiology Laboratory of Extreme Environments (LM2E) und Ko-Direktor des
französisch-chinesischen Labors für Tiefseemikrobiologie, genannt MICROBSEA,
für dessen Aufbau er jahrelang gekämpft hat. Ziel des Labors ist es, die
Bedingungen des Meereslebens in einer Tiefe von 5000 Metern zu untersuchen,
nachdem man lange angenommen hatte, wegen der völligen Finsternis sei dort
kein Leben möglich oder werde von Leben oberhalb dieser Grenzen bestimmt.
Jebbar erklärte, daß es in dieser Tiefe Leben gibt, das von Bakterien
organisiert wird, die durch Chemosynthese bewerkstelligen, was die Sonne auf
der Erdoberfläche durch Photosynthese bewirkt. Dies erläuterte er dem Publikum
näher.
Sein französisch-chinesisches Forschungszentrum arbeitet mit den
Astrobiologen der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) und anderen
Weltraumorganisationen zusammen, um zu untersuchen, was diese extremen
Bedingungen uns über die Existenz von Leben im Weltraum lehren können. Der
erste Test, der als Gemeinschaftsvorhaben zwischen den Chinesen und der ESA
durchgeführt wurde, soll prüfen, ob die Spirulina-Mikroalgen, die an Bord der
Satelliten mitfliegen, im Weltraum wachsen können.
Anne Lettrée sprach über „Erde, Innovation, Technologien, Kunst, Natur und
Gesundheit – ein ganzes Programm“. Sie ist eine Führungskraft der Silk Road
Business School (Paris und Xi'an), die sich für China begeistert und die Neue
Seidenstraße voll unterstützt. In der Normandie schafft sie einen großen
ganzheitlichen Park, den Garden of Titans, mit Räumen für Forschung, Kunst und
Theater, kombiniert mit Ökologie. Jane Han, die offizielle Vertreterin von
Chinas größtem Photovoltaikunternehmen in Frankreich, bestätigte das Interesse
Chinas an der Konzeption dieses Parks.
Im letzten Abschnitt sprachen zwei wichtige französische Persönlichkeiten
über die Zukunft der Neuen Seidenstraße. Michel Cantal-Dupart, Architekt,
Stadtplaner und Professor am Conservatoire Nationale des Arts et Métiers
(Hochschule für Kunstgewerbe und Handwerk, CNAM) beschäftigt sich mit großen
Städtebauprojekten und Verkehrsinfrastruktur – Binnenschifffahrt,
Schnellverkehr –, und er arbeitet mit den Vereinten Nationen zusammen, um
solche Programme in Entwicklungsländern zu realisieren. Er zeigte sich empört
über die mangelnde Weitsicht der verschiedenen französischen Regierungen beim
Ausbau von Wasserstraßen und Kanälen – des größten Netzes von
Binnenwasserstraßen in Europa, die heute aber alle völlig voneinander getrennt
sind. Statt eines Netzes von Wasserstraßen habe Frankreich heute nur eine
Ansammlung von Sackgassen.
Es folgte Bernard Planchais, der kürzlich pensionierte Generaldirektor der
National Naval Construction Company (ehemals DCNS und heute die Naval Group),
die zivile Ozeandampfer und militärische Schiffe wie die Mistral und U-Boote
herstellt. Planchais präsentierte einen „Kriegsplan“ für Frankreich zur
Entwicklung seiner maritimen Wirtschaft, denn Frankreich verfügt schließlich
über die zweitgrößte wirtschaftliche Meereszone der Welt. In seiner Zeit bei
der DCNS arbeitete Planchais mit dem Nuklearsektor zusammen, um das
Flex-Blue-Programm zu entwickeln, dessen Ziel es ist, mit Hilfe der Technik
von Atom-U-Booten kleine Kernkraftwerke auf dem Meeresboden zu betreiben –
eine großartige Idee, die wie viele andere auch nie von den Regierungen
verwirklicht wurde.
Die Konferenz endete mit Odile Mojons Präsentation der
Weltlandbrücken-Studie des Schiller-Instituts im Kontext des laufenden Kampfes
von Helga Zepp-LaRouche für eine neue, gerechte Weltwirtschaftsordnung.
Die Organisatoren der Expo waren beeindruckt, wieviele Besucher sich zu
einer so intensiven, vierstündigen Konferenz versammelten, und baten darum,
drei Minuten Videomaterial unserer Veranstaltung für ihre Expo-Werbung zu
verwenden.
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