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Schiller-Institut e. V.
"Zweck der Menschheit ist kein anderer als die
Ausbildung der Kräfte des Menschen, Fortschreitung."
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Rußland in der chinesischen Initiative „Ein Gürtel, eine Straße”:
Möglichkeiten und Aussichten

Von Prof. Andrej Ostrowskij,
Stellvertretender Direktor des Instituts für Fernoststudien
der Russischen Akademie der Wissenschaften

Im Herbst 2013 verkündete Chinas Präsident Xi Jinping bei seinem Gipfeltreffen mit dem kasachischen Präsidenten N. Nasarbajew den Beginn des Projekts „Wirtschaftsgürtel der Seidenstraße“. Dieses Projekt besteht aus zwei Teilen: einem kontinentalen Gürtel über Kasachstan und Rußland oder über das Mittelmeer nach Europa und dem Meeresgürtel durch Südostasien. Später wurden diese Projekte als Initiative „Ein Gürtel, eine Straße“ (OBOR) bezeichnet.

Anfang 2015 verkündete der Präsident der Russischen Föderation Wladimir Putin die Gründung der Eurasischen Wirtschaftsunion (EEU), der fünf Mitglieder angehören: die Russische Föderation, Kasachstan, Weißrußland, Armenien und Kirgisistan. Es gab einen Vorschlag zur Einrichtung einer Freihandelszone „Eurasische Wirtschaftsunion und China“, aber im Mai 2015 veröffentlichten die Russische Föderation und die Volksrepublik China auf Beschluß der EEU und der chinesischen Führung eine gemeinsame Erklärung über die gegenseitige Zusammenarbeit zur Verbindung der beiden Projekte – der EEU und des Wirtschaftsgürtels der Seidenstraße. In dieser Erklärung heißt es, daß beide Seiten „gemeinsame Anstrengungen zur Verbindung zweier Projekte – der Eurasischen Wirtschaftsunion und des Wirtschaftsgürtels der Seidenstraße - unternehmen werden“ und „die gemeinsame Zusammenarbeit innerhalb bilateraler und multilateraler Formate, vor allem innerhalb der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit SCO), anpassen werden...“1

Chinas Projekt Wirtschaftsgürtel der Seidenstraße hat aufgrund seiner (mehr als 2100 Jahre) alten Basis offensichtliche Vorteile gegenüber dem russischen Projekt Eurasische Wirtschaftsunion. Beide Projekte haben gemeinsame, einander nicht widersprechende kulturelle Standards, das Projekt Wirtschaftsgürtel der Seidenstraße umfaßt mehr als drei Milliarden Menschen, das Projekt Eurasische Wirtschaftsunion dagegen nur etwa 200 Millionen Menschen. Im März 2015 veröffentlichten das Handelsministerium und der Staatliche Ausschuß für nationale Entwicklung und Reform der Volksrepublik China ein gemeinsames Dokument, in dem es heißt: „Auf der einen Seite – die aufstrebenden Volkswirtschaften ostasiatischer Länder –, auf der anderen Seite – die entwickelten Volkswirtschaften der europäischen Länder, und zwischen ihnen liegen Länder mit einer riesigen Landmasse mit einem großen Potential an wirtschaftlicher Entwicklung.“2

Das Projekt Wirtschaftsgürtel der Seidenstraße bietet China die Möglichkeit der raschen Entwicklung seiner westlichen Gebiete – die drei Provinzen Shaanxi, Gansu, Qinghai und zwei autonome Regionen, Ningxia-Hui und Xinjiang-Uygur, die in Bezug auf BIP-Umfang und Wachstumsraten hinter den Küstengebieten zurückliegen. Dieses Projekt wird eine gleichmäßigere Verteilung der Ressourcen und Industrien im gesamten Gebiet Chinas fördern, um bessere soziale und wirtschaftliche Ergebnisse zu erzielen.

Das Projekt Wirtschaftsgürtel der Seidenstraße wurde Teil von Chinas 13. Fünfjahresplan (2016-2020), der auf der Sitzung des Nationalen Volkskongresses im März 2016 verabschiedet wurde. Das Projekt soll innerhalb von 30 Jahren realisiert werden. Dazu gehören „Sieben Gürtel“: Gürtel für Verkehr, Energie, Handel, Information, Wissenschaft und Technik, Landwirtschaft und Tourismus.

Im März 2015 verkündete der russische Vizepremier Igor Schuwalow beim „Asiatischen Wirtschaftsforum“ Rußlands Entscheidung, sich an der Strategie des Wirtschaftsgürtels der Seidenstraße zu beteiligen: „Der freie Waren- und Kapitalverkehr innerhalb der Eurasischen Wirtschaftsunion bringt die europäische und asiatische Wirtschaft zusammen, was sie mit der chinesischen Initiative ,Wirtschaftsgürtel der Seidenstraße’ gemein hat. Wir in Rußland sind sicher, daß die gemeinsame Arbeit an den beiden Projekten Wirtschaftsgürtel der Seidenstraße und Eurasische Wirtschaftsunion neue Möglichkeiten für die Entwicklung Chinas und der Länder der Eurasischen Wirtschaftsunion schaffen kann.“3

Auf dem Territorium der Länder der Eurasischen Wirtschaftsunion – Rußland, Kasachstan und Weißrußland – könnten sich in der Zone des Verkehrsinfrastrukturbaus (Eisenbahnen und Autobahnen) auf der Strecke Druschba (Dostyk) – Almaty – Orenburg – Kasan – Moskau – Minsk rasch ähnliche wirtschaftliche Wachstumsraten entwickeln wie in den Zonen der Transsibirischen Eisenbahn und der Chinesischen Ostbahn am Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Wie die Erfahrungen aus diesen Projekten (Transsibirische Eisenbahn und Chinas Ostbahn) zeigen, entwickelten sich nach dem Bau sehr langer Eisenbahnenstrecken mit Seeterminals die an die Eisenbahnen angrenzenden Gebiete sehr schnell. So wurden in dieser Zeit beispielsweise der russische Ferne Osten und Ostsibirien auf diese Weise entwickelt, ebenso wie chinesische Gebiete im Nordosten – die Provinzen Heilongjiang, Jilin und Liaoning.

Die Verbindung der beiden Großprojekte hilft auf der einen Seite Rußland und anderen Ländern der Eurasischen Wirtschaftsunion, eine riesige Transitzone für Waren aus Europa nach Asien zu schaffen, um einen Markt für produzierte Waren sowohl in China als auch in asiatischen Ländern zu entwickeln. Andererseits wird China mehr Möglichkeiten zur Erschließung seiner Absatz- und Rohstoffmärkte haben.

Die Verbindung dieser beiden Projekte – Eurasische Wirtschaftsunion und Wirtschaftsgürtel der Seidenstraße – könnte auch zur Entwicklung der handelspolitischen und wirtschaftlichen Zusammenarbeit zwischen den Ländern der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SCO) beitragen. Die „Nordroute“ des Wirtschaftsgürtels der Seidenstraße führt durch das Gebiet der drei Hauptländer der SCO – Rußland, China und Kasachstan. Nach der Entwicklung des Projekts wird die Route des Wirtschaftsgürtels der Seidenstraße von China über Mittel- und Westasien bis zum Persischen Golf und zum Mittelmeer führen. Dies kann dazu beitragen, nicht nur andere Länder der SCO – Kirgisistan, Tadschikistan, Usbekistan –, sondern auch eine Reihe mittel- und westasiatischer Nachbarländer durch eine gegenseitig vorteilhafte Zusammenarbeit in den Bereich dieses Projekts einzubeziehen.

Im Zuge der Entwicklung des Wirtschaftsgürtels der Seidenstraße sollten alle Seiten eine Koordinierung ihrer Entwicklungsstrategien unter Berücksichtigung ihrer wirtschaftlichen, politischen und rechtlichen Praxis vereinbaren. Die Grundlage für das Projekt ist der Bau, die Entwicklung und die Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur auf dem Gebiet des Wirtschaftsgürtels der Seidenstraße, einschließlich der Schnellbahn Moskau-Peking.

Die nächste Phase der Verbindung der beiden Projekte ist der Abbau und schließlich die Beseitigung von Handels- und Investitionsbarrieren zwischen den Mitgliedern des Wirtschaftsgürtels der Seidenstraße. Das ist notwendig, um ihr Handels- und Investitionspotential zu vergrößern, den Kapitalverkehr innerhalb des Wirtschaftssystems zu beschleunigen und die Währungssysteme zu harmonisieren. Es könnte dazu führen, daß sich Mitgliedsländer des Wirtschaftsgürtels der Seidenstraße – weigern, ihre Geschäfte untereinander in Dollar abzurechnen.

Finanzierung

Für die Verknüpfung der beiden Projekte – Wirtschaftsgürtel der Seidenstraße und Eurasische Wirtschaftsunion – ist es notwendig, die Möglichkeiten neuer Finanzstrukturen zu nutzen: die Asiatische Infrastruktur-Investitionsbank (AIIB) und den Seidenstraßenfonds (SRF). Dies wird dazu beitragen, mehrere Aufgaben gleichzeitig zu lösen, die mit weiteren Aktivitäten der Zusammenarbeit in Handel und Investitionen verbunden sind, unter anderem die Infrastrukturentwicklung an der Strecke Peking – Almaty - Moskau – Minsk, die Harmonisierung der Währungen der Mitgliedstaaten und die Kooperation bei Investitionen zwischen der Eurasischen Wirtschaftsunion, dem Wirtschaftsgürtel der Seidenstraße und der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit.

Die Erfüllung dieser Aufgabe ist auf der Grundlage der Asiatischen Infrastruktur-Investitionsbank mit 100 Mrd. Dollar Anlagevermögen und des Seidenstraßenfonds mit 40 Mrd. Dollar Anlagevermögen durchaus möglich. Dies trägt dazu bei, auf der Grundlage von Chinas Finanzkraft und seiner großen Gold- und Devisenreserven die Entwicklung des Wirtschaftsgürtels der Seidenstraße, einer riesigen Transitzone zwischen der VR China und der Europäischen Union, voranzutreiben.

Im April 2019 fand in Peking das zweite Internationale Forum zur Initiative Ein Gürtel, eine Straße (OBOR) statt. An diesem Forum nahmen etwa 40 Staats- und Regierungschefs von Ländern an der Route Ein Gürtel, eine Straße sowie mehr als tausend Experten und Journalisten teil. Der Präsident der VR China, Xi Jinping, hielt eine Grundsatzrede, mehr als 140 Kooperationsabkommen wurden unterzeichnet. Das Volumen der chinesischen Investitionen in die Projekte entlang der Route der Initiative Ein Gürtel, eine Straße betrug mehr als 80 Mrd. Dollar, und das Volumen der Steuer- und sonstigen Einnahmen überstieg 2 Mrd. US-Dollar.4

Strategische Aufgaben

Heute ist China der optimale ausländische Partner, um Rußlands strategische Aufgabe der Entwicklung Sibiriens und des Fernen Ostens zu lösen.

Erstens kann die Ausrichtung auf den chinesischen Markt helfen, die natürlichen Ressourcen in diesen Gebieten wirtschaftlich effektiv zu erschließen, was große Investitionen und einen langen Zeitraum erfordert.

Zweitens steht die Entwicklung Sibiriens und des Fernen Ostens im Einklang mit den Interessen Chinas, denn sie trägt dazu bei, die Aufgabe der Wiederbelebung der alten industriellen Basis im Nordosten Chinas in den mit Rußland benachbarten Regionen zu lösen und die chinesische Wirtschaft insgesamt mit den notwendigen natürlichen Ressourcen zu versorgen.

Drittens könnte die Entwicklung des chinesisch-russischen Außenhandels Rußlands Wirtschaftsbeziehungen zu Japan und zur Republik Korea anregen. Rußland nimmt in der außenwirtschaftlichen Strategie Pekings einen wichtigen Platz ein als Lieferant von Rohstoffen und Energieressourcen und als Markt für chinesischen Maschinenbau und Elektronik.

China betrachtet Rußland als wichtigen Partner für die Versorgung mit Erdöl und Erdgas. Inzwischen hat Rußland in der Rohölversorgung Chinas Saudi-Arabien, andere arabische Länder und mehrere afrikanische Länder überholt. In Zukunft soll Rußland nach der Inbetriebnahme der Gaspipeline „Kraft Sibiriens“ von der Gaslagerstätte Chayanda zum Nordosten Chinas auch bei der Lieferung von Erdgas nach China eine führende Position einnehmen (Gaspipelinekapazität: 55 Mrd. Kubikmeter pro Jahr).

Heutzutage erfolgt der größte Teil der Erdöl- und Erdgasversorgung der Volksrepublik China aus arabischen Ländern und mehreren afrikanischen Ländern auf dem Seeweg durch die schmale Malakka-Straße in Südostasien, die in Notsituationen blockiert werden könnte. Deshalb ist China an alternativen Wegen für Energieressourcen und andere Warenlieferungen aus Rußland und zentralasiatischen Ländern auf dem Landweg und aus Lateinamerika über den Pazifik interessiert. Um die Energieversorgung aus Venezuela zu sichern, begann China, den Bau eines Kanals vom Atlantik zum Pazifik durch Nikaragua voranzutreiben. Zu diesem Zweck nahm China auch den Hafen Gwadar in Pakistan in Betrieb. Über diese Route ist es mindestens sechs Monate im Jahr möglich, Fracht, einschließlich Erdöl und Erdgas, in Tankwagen über den Kunjirap-Paß zu liefern.

Rußlands Ferner Osten

Der Fernöstliche Föderationskreis nimmt 36% des Territoriums von Rußland ein; er umfaßt nur 5% der Bevölkerung der Russischen Föderation, aber 30% der russischen Kohlereserven, 20% der Erdöl- und Erdgasvorkommen, 25% des Holzes und große Reserven an seltenen und Nichteisenmetallen. Aber die Infrastruktur im Fernen Osten ist unterentwickelt. Es gibt eine einzige Fernstraße, von Irkutsk nach Wladiwostok. Es gibt nur zwei Eisenbahnen – die Transsibirische Eisenbahn und die Baikal-Amur-Magistrale (BAM) –, die aufgrund der wirtschaftlichen Rückständigkeit viel zu wenig ausgelastet sind, obwohl die Regionen große Vorkommen an natürlichen Ressourcen und direkten Zugang zum Tiefwasserhafen Sowgawan haben, dessen natürliche Bedingungen besser sind als beim Tiefwasserhafen San Francisco.

Auch die Schiffahrtsverbindung über den Arktischen Seeweg ist unterentwickelt, lieferte aber früher den größten Teil der sogenannten „Versorgung des Nordens“. Man muß auch den schlechten Ausbau der Stromversorgung, der Telekommunikation, des Bankensystems erwähnen, und bis jetzt gab es keine Öl- und Gasleitungen. Der Ferne Osten und der größte Teil Sibiriens sind vom europäischen Teil Rußlands getrennt. Außerdem sollte man die hohen Transportkosten erwähnen, die die wirtschaftliche Kluft zwischen den Regionen im Fernen Osten und dem europäischen Teil Rußlands vergrößern.

Die Entwicklung Sibiriens und des Fernen Ostens ist heute eines der schwierigsten strategischen Probleme der regionalen Entwicklung in Rußland. Es ist jedoch offensichtlich, daß es für den Aufbau des „Wachstumspols“ des russischen Fernen Ostens und das Bevölkerungswachstum notwendig ist, die gegenseitige Zusammenarbeit mit den Staaten des asiatisch-pazifischen Raums (APR) für die Gründung von Joint Ventures, das Wachstum der Joint Ventures im BIP und das BIP-Wachstum pro Kopf zu entwickeln, um auf dieser Basis die kaufkräftige Nachfrage in der Bevölkerung zu steigern und das Volumen von Einzelhandel und Dienstleistungen zu entwickeln. Diese Ziele kann Rußland nur durch eine aktive regionale wirtschaftliche Zusammenarbeit und die Einbeziehung Rußlands in die Integrationsprozesse im Rahmen des APR erreichen.

Die Beteiligung des russischen Fernen Ostens und Sibiriens an der OBOR-Initiative ist eine der wichtigsten Formen der interregionalen Zusammenarbeit im asiatisch-pazifischen Raum. Es gibt drei Routen in den Westen: die erste über Kasachstan, das Kaspische Meer, die transkaukasischen Regionen und die Türkei, die zweite über Kasachstan und den europäischen Teil Rußlands, die dritte über Iran und Syrien. Aber es gibt viele Varianten der Seidenstraße, angefangen vom Wirtschaftsgürtel der Seidenstraße (sichouzhilu oder yidai yilu) und der Seidenstraße (haisilu) bis hin zu verschiedenen See- und Eisenbahnstrecken durch Eurasien. Es gibt drei traditionelle Routen durch den europäischen Teil Rußlands, Kasachstan, die Türkei, den Iran, Georgien und Aserbaidschan und eine zusätzliche Route durch Westsibirien, Ostsibirien und den Fernen Osten. Es ist geplant, zwei transkontinentale Landbrücken – eine nördliche und eine südliche – zwischen Europa und Asien zu bauen, und die Route Jekaterinburg – Nowosibirsk – Krasnojarsk – Irkutsk – Tschita – Chabarowsk – Wladiwostok wird ein wichtiger Teil der nördlichen transkontinentalen Landbrücke werden.5

Zu Beginn des 21. Jahrhunderts haben die Autoren des Analyseberichts für den Föderationsrat der Bundesversammlung der Russischen Föderation (Irkutsk, September 2000) vier Hauptstoßrichtungen für die Integration Rußlands in Nordostasien festgelegt:

    1. Erschließung der Erdöl- und Erdgasressourcen des Fernen Ostens und Sibiriens sowie Bau von Öl- und Gaspipelinenetzen und Stromleitungen, die eine Grundlage für die wirtschaftliche Integration bilden können;

    2. Nutzung der geographischen Lage Rußlands als Brücke zwischen Europa und Asien;

    3. Anwerbung ausländischer Arbeitskräfte für die Entwicklung des Fernen Ostens und Sibiriens;

    4. Einrichtung von Technologieparks auf der Grundlage des russischen wissenschaftlichen Potentials.6

Die Seehäfen im russischen Fernen Osten

Alle diese Stoßrichtungen der russischen Integration in Nordostasien sind von großer Bedeutung. Aber man sollte besonders auf den Punkt der Nutzung der geographischen Lage Rußlands als Brücke zwischen Europa und Asien achten. Für den regelmäßigen Betrieb der Landbrücke ist es notwendig, auch die Seekomponente zu nutzen – Seehäfen mit einem großen Frachtaufkommen, die Seeschiffe mit einem großen Frachtaufkommen in Containern abfertigen könnten. Mittlerweile gibt es viele Seehäfen im Fernen Osten, aber der größte Teil davon ist im Winter zugefroren. Im Fernen Osten gibt es nur drei Seehäfen - Wladiwostok, Nachodka und Sarubino –, wo die Eisbedingungen günstiger sind.

Man muß die Möglichkeiten dieser drei Seehäfen des Fernen Ostens vergleichen. Der Hafen Nachodka ist ein einfacher Handelshafen im Süden der Region Primorje. Sein größter Nachteil ist die schlechte Verkehrsanbindung, die für den Güterverkehr vom Hafen aus zusätzliche Schwierigkeiten schafft und den Frachtumschlag begrenzt.

Der Hafen Sarubino ist aufgrund seines Klimas und seiner natürlichen Bedingungen besser geeignet, aber die unterentwickelte Infrastruktur in den angrenzenden Gebieten schränkt seine Entwicklungsperspektiven ein. Die Behörden der Provinz Jilin sind geneigt, den Hafen als Zugang zum Meer zu nutzen, aber es gibt viele wirtschaftliche und politische Hindernisse auf dem Weg zur Realisierung.

Die bevorzugte Variante ist die Entwicklung des Hafens Wladiwostok, da seine geographische Lage am vorteilhaftesten ist. Wladiwostok hat im Vergleich zu Nachodka aufgrund der entwickelteren Infrastruktur eine bessere geographische Lage: Es gibt Eisenbahn und Autobahn, Flughafen und eine bessere Anbindung des Verkehrsnetzes im Vergleich zu Nachodka und Sarubino.

Die wirtschaftliche Entwicklung des Fernen Ostens erfordert große Infrastrukturprojekte, für die große Investitionen nötig sind. Staatliche Haushaltsinvestitionen oder ausländische Investitionen im Rahmen von öffentlich-privaten Partnerschaftsprogrammen könnten die Hauptfinanzierungsquellen sein. Deshalb können wir die Zusammenarbeit mit den Ländern des Asiatisch-Pazifischen Raums als ein echtes Instrument der komplexen Entwicklung in der regionalen Wirtschaft betrachten.

Es ist wichtig, einige Aspekte des Handels und der wirtschaftlichen Zusammenarbeit zwischen Rußland und China zu definieren, die besonders großen Einfluß auf den Integrationsprozeß in Nordostasien haben. Das Wachstum des chinesisch-russischen Handels und der gegenseitigen Zusammenarbeit bei Investitionen fördert die wirtschaftliche Entwicklung Chinas und hilft China, auf der Grundlage der russischen natürlichen Ressourcen hohe Wachstumsraten aufrechtzuerhalten. Und die wirtschaftliche Entwicklung des russischen Fernen Ostens und Sibiriens kann durch ein besser ausgebautes Infrastrukturnetz dynamischer werden.

Es gibt vier perspektivische Richtungen der chinesisch-russischen Zusammenarbeit für die Verbindung der beiden Projekte OBOR und EEU: 1. Energieressourcen; 2. Verkehr; 3. Investitionen; 4. Banken.

Das Wachstum der chinesisch-russischen Handels- und Wirtschaftsbeziehungen hängt heute vom Handelsaustausch ab. Für eine bessere Entwicklung des chinesisch-russischen Handels muß man auf die vier oben genannten Stoßrichtungen der chinesisch-russischen Zusammenarbeit achten. Sie könnte zu einem wichtigen Bindeglied für die Entwicklung des Integrationsprozesses in Nordostasien werden und die Kluft zwischen dem Wirtschaftspotential des asiatischen und des europäischen Teils Rußlands verringern. Rußland sollte sich aktiver an der chinesischen Initiative Ein Gürtel, eine Straße beteiligen, um das Ziel der Entwicklung des russischen Fernen Ostens zu erreichen.


Anmerkungen

1. Siehe Совместное заявление РФ и КНР о сотрудничестве по сопряжению строительства ЕАЭС и Экономического пояса Шелкового пути, 8 мая 2015 г. /Экономический пояс Шелкового пути, М., Русский биографический ин-тут, Ин-тут экономических стратегий, („Gemeinsame Erklärung der Russischen Föderation und der Volksrepublik China über die gegenseitige Zusammenarbeit bei der Verbindung von zwei Projekten – Eurasien Wirtschaftsunion und Wirtschaftsgürtel der Seidenstraße, 8. Mai 2015 / Wirtschaftsgürtel der Seidenstraße“), Moskau, Russisches Biographisches Institut, Institut für Wirtschaftsstrategien, 2015. P.22.

2. Siehe: Прекрасные перспективы и практические действия по совместному созданию Экономического пояса Шелкового пути и Морского Шелкового пути XXI в. (март 2015 г.) /Экономический пояс Шелкового пути, М., Русский биографический ин-тут, Ин-тут экономических стратегий („Wunderbare Aussichten und praktische Maßnahmen für das zusammenwirkende Bauen von Gürtel der Seidenstraße und Seidenstraße des XXI. Jahrhunderts“), Moskau, Russisches Biographisches Institut, Institut für Wirtschaftsstrategien, 2015. P.30).

3. Siehe Ремыга В.Н., Падалко В.И. Новая глобальная стратегия Китая – Экономический пояс Шелкового пути/ Экономический пояс Шелкового пути. М., Русский биографический ин-тут, Ин-тут экономических стратегий (Remyga V.N., Padalko V.I., „Neue globale Strategie Chinas – Der Wirtschaftsgürtel der Seidenstraße“), Moskau, Russisches Biographisches Institut, Institut für Wirtschaftsstrategien, 2015. P.66.

4. Siehe Ли Хуэй. Китай предложил миру новый путь (Li Hui, „China hat einen neuen Weg für die Welt vorgeschlagen“), Dykhanie Kitaya, 2019, №4, p.11

5. Siehe “Yi Dai Yi Lu. Yellow Book 2014” (One Belt – One Road. Yellow Book 2014), Hg. von Yang Yanhong. Yinchuan, Ningxia renmin chubanshe (Ningxia People’s Publishing House), 2015, pp.42-43.

6. Siehe Стратегия развития России в АТР в XXI веке. Аналитический доклад (“Rußlands Entwicklungsstrategie im Asiatisch-Pazifischen Raum im XXI. Jahrhundert“), Moskau, 2000, S.33.