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Schiller-Institut e. V.
"Zweck der Menschheit ist kein anderer als die
Ausbildung der Kräfte des Menschen, Fortschreitung."
Friedrich Schiller

 

Wir müssen die weltweite Produktion von Nahrungsmitteln verdoppeln

Von Robert Baker

Bob Baker, Landwirtschaftsexperte des Schiller-Instituts in den USA, hielt im Rahmen der zweiten Podiumsrunde der Konferenz des Schiller-Instituts am 27. Juni 2020 den folgenden Vortrag.

Ich danke Ihnen, Dennis Speed und Frau LaRouche, den Podiumsteilnehmern und Teilnehmern.

Schauen Sie sich den Zustand der Landwirtschaft und der Welternährung an: Man sieht gewaltige Störungen. Nur eine kleine Mikrobe, das neuartige Coronavirus, das das bereits zusammengebrochene System überrollt hat, hat schon zu schrecklichen Dingen geführt.

Im Fleischsektor gibt es eine Katastrophe. Die großen Schlachthäuser von Australien über Deutschland bis Amerika sind am Boden, weil die Arbeiter krank sind und unter schlechten Bedingungen leben. Massen von Fleischtieren sitzen fest. Die Farmer wurden hart getroffen. Sie mußten ihr eigenes Vieh notschlachten.

Es gibt eine Katastrophe im Obst und Gemüsesektor. Tausende von Arbeitern, die zwischen verschiedenen Ländern hin und herreisen und unter harten und schlechten Bedingungen auf den Feldern und in den Obstplantagen arbeiten, sind krank, von Kalifornien über Spanien bis in den Nahen Osten. Es ist so schlimm, daß die Ärzte ohne Grenzen letzten Monat nach Florida kamen, um Tausende arme Landarbeiter zu versorgen, die nirgendwo hingehen konnten. In Kanada sind 60.000 dieser Arbeiter – die Hälfte davon Mexikaner – krank, aber da die Krankheit so viele Mexikaner in Kanada heimsucht, hat die mexikanische Regierung diese Woche ihre Heimreise ausgesetzt, bis eine Lösung gefunden ist.

Es gibt eine Katastrophe bei den grundlegenden Lebensmitteln wie Weizen, Mais, Reis, zum Glück nicht wegen eines katastrophalen Ernteausfalls irgendwo – mit der großen, schrecklichen Ausnahme der Heuschrecken in Afrika und Südasien –, sondern einfach deshalb, weil wir viel zu wenig anbauen.

Lyndon LaRouche pflegte zu sagen, daß man bei der Frage, wieviel Nahrung die Welt braucht, von 24 Scheffeln (ca. 850 kg) pro Person und Jahr ausgehen sollte. Das würde bedeuten, daß wir eine Welternte von fünf Milliarden Tonnen (von allen Getreidesorten zusammen) haben sollten. Das wäre genug für den direkten Verzehr von Brot, Nudeln, Tortillas – was immer Sie wollen – und Milch, Fleisch, Eier und so weiter. Hinzu kommen weitere 25% für Reserven.

© FSIN-GRFC, März 2020

Abb. 1: Weltkarte des Hungers: Geschätzte Anzahl der Menschen in den jeweiligen Ländern, die unmittelbare Lebensmittelhilfen benötigen, um zu überleben.

© FAO

Abb. 2: Verbreitung der Heuschrecken im Juni 2020.

© Bob Baker

Abb. 3: Die heutigen „Astronauten-Landwirte“ setzen computergesteuerte Traktoren ein und nutzen Satellitendaten, um den Anbau zu optimieren.

Die Krise hat ein biblisches Ausmaß, wie die „sieben magere Jahre und sieben fette Jahre“. Wir sollten überall auf der Welt Lagersilos und Lagerhäuser haben, mit Getreide, Käse, Butter, Zucker und anderen Grundnahrungsmitteln, Vorräte für den Fall von Stürmen, Epidemien, Bränden, Heuschrecken.

Wir müssen die Nahrungsmittelproduktion verdoppeln.

Stattdessen haben wir seit Jahrzehnte eine „Hungerpolitik“, wie man es nennen sollte. Die Kreise der Londoner City und der Wall Street haben die Agrar- und Nahrungsmittelkette so extrem kartelliert, daß sie „Geld ernten“ können. Sie ernten Geld. Sie entscheiden, wo und wie etwas produziert wird und wer essen darf oder nicht. Sie zocken die Bauern mit Preisen unter den Produktionskosten ab und erwirtschaften Rekordgewinne beim Verbraucher, indem sie den Verkaufspreis in die Höhe treiben. Und auf diese Weise verursachen sie Hunger (Abbildung 1).

Kein Wunder, daß wir anfällig sind für Heuschrecken und Krankheiten (Abbildung 2). Die Heuschrecken in Südasien und Ostafrika ziehen jetzt nach Westen. Bis August könnten sie Mauretanien erreichen. Dem muß Einhalt geboten werden. Ein Kollege aus Colorado wird heute mehr über die schlechten physischen Bedingungen sprechen, die damit zusammenhängen, daß wir nur Geld ernten statt Nahrungsmittel. Und wir werden bald etwas über den mexikanischen Getreidegürtel hören.

Wie sind wir auf diesen Weg geraten? Es liegt nicht daran, daß wir keine Ressourcen hatten. Wir befinden uns im Zeitalter des Astronauten-Landwirts (Abbildung 3). Wir können Nahrung für alle produzieren. Und es war auch nicht so, daß jemand uns allen eine Pille gegeben hat, die uns dumm macht – es sei denn, man bezieht das auf unser Zeitalter der Unterhaltungs- und Nachrichtenmedien. Wir werden alle gegeneinander ausgespielt, und das muß aufhören: Bauern gegen Stadtbewohner, ein Land gegen das andere. Im Weltnahrungsmittelhandel ist viel von „Wettbewerb“ die Rede, und über „gleiche Wettbewerbsbedingungen“. Das ist alles Unsinn! Das hier ist kein Spiel, das ist kein Spielplatz. Es geht um Nahrungsmittel! Das sind Mittel zum Leben!

Denken Sie an Präsident Abraham Lincoln in den 1860er Jahren, als die gesamte Nation der Vereinigten Staaten gegeneinander ausgespielt wurde. Die Briten schickten Truppen, um die neue Nation zu zerschlagen. Dennoch führten Lincoln und andere während des Bürgerkriegs und der Depression in nur einem Jahr Maßnahmen für Wissenschaft und Hoffnung ein. Sie gründeten (durch die Landvergabe mit dem Land-Grant-System) wissenschaftsbasierte landwirtschaftliche Colleges, besiedelten den gesamten Mittleren Westen mit dem Homestead Act, durchzogen das Land mit einer neuen Eisenbahn und neuen Entwicklungskorridoren und vergaben eine neue Form von Kredit, die Greenbacks (Dollar-Papiergeld).

In der gleichen Tradition ging hundert Jahre später eine wissenschaftliche Grüne Revolution von Mexiko und den USA und internationalen Wissenschaftlern aus, die Indien 1974 und China 1984 zur Selbstversorgung mit Nahrungsmitteln machte. Laßt uns die ganze Welt zu Selbstversorgern mit Lebensmitteln machen! Beginnen wir jetzt gleich mit Afrika mit einem Notprogramm. Und dann eröffnen wir uns das Universum!

Ich danke Ihnen.