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Schiller-Institut e. V.
"Zweck der Menschheit ist kein anderer als die
Ausbildung der Kräfte des Menschen, Fortschreitung."
Friedrich Schiller

 

Nahrungsmittelproduktion eint die Welt

Von Jacques Cheminade

Jacques Cheminade, Vorsitzender von Solidarité & Progrès und dreifacher Präsidentschaftskandidat in Frankreich, leitete mit dem folgenden Vortrag den zweiten Abschnitt der Internetkonferenz des Schiller-Instituts am 26. Juni 2020 ein. Zwischenüberschriften wurden hinzugefügt.

Wir alle sind uns der Tatsache bewußt, daß die beiden ersten Menschenrechte, die gewahrt werden müssen, das Recht auf Nahrung und auf Erhaltung eines guten gesunden Zustands sind, um zum Gemeinwohl und zur Zukunft unserer Gesellschaften beitragen zu können. Wenn wir die Welt so betrachten, wie sie ist, können wir nicht umhin zu erkennen, daß diese beiden Menschenrechte kontinuierlich und ständig verletzt werden und daß die gegenwärtige Politik der wichtigsten Staaten und Institutionen, von einigen bemerkenswerten Ausnahmen abgesehen, uns in eine Welt führt, die noch viel schlimmer ist. Wir sind im Begriff, unmenschlich zu werden.

Es geht also nicht darum, das Geschehen zu kommentieren oder sich zu beklagen, sondern darum, etwas dagegen zu unternehmen. Deshalb sind wir hier, um das Beste unserer Kulturen und unserer Nationen zu mobilisieren, um eine Welt zu schaffen, in der die wahren schöpferischen Kräfte der Menschheit gedeihen werden, allen Widrigkeiten zum Trotz. Das fängt bei der Nahrungsmittelproduktion an, die alle Menschen über kulturelle und sprachliche Barrieren hinweg vereint. Es scheint ein Gemeinplatz zu sein, so etwas zu sagen, aber gerade die Tatsache, daß wir moralisch und wirtschaftlich dazu gezwungen sind, zeigt den unmenschlichen Zustand, in den wir geraten sind – mit der unmittelbaren Gefahr, daß hundert Millionen unserer Mitmenschen verhungern könnten, während die Bauern in einer malthusianischen Welt gefangen sind, in der sie buchstäblich ersticken.

Wenn wir von dem ausgehen, was die Menschheit braucht, unter Berücksichtigung der Erfordernisse einer quantitativ und qualitativ ausreichenden Ernährung für alle und der unabdingbaren Notwendigkeit, Nahrungsmittelreserven zu schaffen, müssen wir als erstes die Nahrungsmittelproduktion verdoppeln. Fünf Milliarden Tonnen Getreide zu produzieren, bedeutet zum Beispiel, die derzeitige Welternte mehr als zu verdoppeln.

Wir hören aus den Vereinigten Staaten: „Wir amerikanischen Bauern können die Welt ernähren.“ In Europa hören wir: „Wir europäischen Landwirte können die Welt ernähren.“ Und wir hören in der übrigen Welt: „Auch wir können unsere Ernährungssicherheit und -souveränität sichern.“ Was geschieht also?

Erstens wird die ganze Welt von der Finanzdiktatur der Wall Street und der Londoner City regiert, die sich um die Menschen als letztes sorgen und die sogar offen die Entvölkerung der Welt betreiben. Da sie nach ihren eigenen Maßstäben nicht in der Lage sind, ihre Macht zu behalten und gleichzeitig die Welt zu ernähren, ziehen sie es vor, ihre Macht zu behalten, und stellen sich eine Welt vor, in der weniger als zwei Milliarden Menschen leben. Dafür lassen sie ihre Ideologen offen auftreten – unter schwarzen oder grünen Farben.

Zweitens beherrschen oder steuern die Auswüchse dieser Finanzdiktatur, die Lebensmittel- und Agrarkartelle, sämtliche Transport-, Vertriebs- und Verkaufsketten für Lebensmittel, einschließlich des Eigentums an weitläufigen Ländereien.

Drittens wird in der urbanen Dienstleistungswirtschaft, die in den westlichen Ländern zahlenmäßig überwiegt, eine produktionsfeindliche Ideologie gefördert, die zum einen auf ihre Unwissenheit darüber setzt, was ein produktives Leben ist, und zum anderen auf ihren Kulturpessimismus, den die Medien und die Unterhaltungsbranche verbreiten.

In unseren westlichen Staaten gab es keine Vorräte an Masken oder Tests zur Bekämpfung der Coronavirus-Pandemie, so wie es heute fast keine Getreidereserven mehr gibt, um der Nahrungsmittelknappheit zu begegnen: Die Welthandelsorganisation und die Kartelle überließen es dem Markt. Infolgedessen verfügt China über Getreidevorräte für ein Jahr für seinen Bedarf, Rußland für sechs Monate, die Vereinigten Staaten viel weniger und die Europäische Union bestenfalls für 45 Tage! Im Rahmen ihres Green Deal hat die Europäische Kommission beschlossen, den Einsatz von Pestiziden um 50% zu reduzieren, den Einsatz von Düngemitteln um 20% und den Einsatz von antimikrobiellen Mitteln in der Viehzucht und Aquakultur um 50%. Sie rechnet damit, 25% des Landes in Biolandwirtschaft umzuwandeln, gegenüber 7,5% heute. Hier geht es darum, daß sie unter dem Vorwand, sich um unser Wohl zu sorgen, die Befehle ihrer eigentlichen finanziellen Herren befolgen und die Produktionsmittel kürzen, ohne eine Alternative zu bieten, um uns zu ernähren.

Es ist kriminell, keine Nahrungsmittelreserven zu unterhalten. Es ist kriminell, daß die Agrarpreise unter die Produktionskosten gesenkt wurden. Es ist kriminell, daß die Produzenten der Welt gegeneinander ausgespielt werden, um die ihnen gezahlten Preise zu drücken, zugunsten der weltweiten Kartelle für Getreide, Fleisch, Saatgut, Meeresfrüchte etc. Es ist kriminell, daß wir in den ärmsten Ländern der Welt 70% der Ernte verloren gehen lassen, weil es keine Kühlketten und zu viele Nagetiere gibt. Es ist kriminell, diese Länder zu zwingen, mehr für den Schuldendienst an Finanzagenturen zu zahlen als für den Bau und Unterhalt von Krankenhäusern oder Schulen. Das ist, wie Lyndon LaRouche oft sagte, das Modell der privaten Britischen Ostindiengesellschaft, das über die ganze Welt ausgebreitet ist und die Produktions-, Transport- und Handelsketten beherrscht.

Diese Krise sollte also die Gelegenheit sein, das absolute Recht auf die Produktion von Lebensmitteln anzuerkennen und das Kartellmonopolsystem abzuschaffen. Dies kann natürlich nicht als eine Sache an sich getan werden. Es verlangt die Schließung ihrer Geldquelle: die Herrschaft der Wall Street und der City des britischen Empire. Die kriminelle Politik im Bereich der Ernährung und Gesundheit ist in diesem Sinne für die Menschen die sichtbare Seite des Eisbergs der Oligarchie. Und das ist unsere Hauptwaffe, um sie zu bekämpfen; um zu zeigen, daß der Kampf für ein neues Glass-Steagall-Gesetz, eine öffentliche Kreditpolitik, eine Nationalbank, keine technische Frage ist, sondern eine ganz konkrete Frage von Leben oder Tod. Das gegenwärtige Finanzsystem kann nicht aufrechterhalten werden, wenn Recht und Ordnung ungerecht sind und zu einem System von Chaos und Unordnung mutierten, das auf einer „Alles-Blase“ beruht, die um so mehr tötet, je mehr sie sich aufbläht.

Deshalb müssen wir auf die Vier Gesetze von Lyndon LaRouche zurückkommen und neu darüber nachdenken, wie wir eine Strategie anregen können, die auf ihnen basiert, weil sie das übergreifende architektonische Gehäuse für eine Veränderung darstellen. Oder, um es konkreter auszudrücken: die einzige vorhandene Ausgangstür aus dem gegenwärtigen Feuer.

Die Geschichte der Europäischen Agrarpolitik

Da ich in Westeuropa bin, fühle ich mich verpflichtet, Ihnen über etwas zu berichten, das einen guten Start hatte, aber scheiterte, weil sein Umfeld nicht von einem kohärenten Prinzip geprägt war, das LaRouches Vier Gesetzen entspricht: Ich spreche von der Europäischen Agrarpolitik, die am 30. Juli 1962 ins Leben gerufen wurde. Sie basierte auf vier Zielen: Steigerung der Produktivität, Sicherung eines angemessenen Lebensstandards für die Nahrungsmittelproduzenten, Festlegung einer Art von Paritätspreis einschließlich Reinvestitionen, Sicherung der Nahrungsmittelversorgung zu einem angemessenen Preis für die Verbraucher. Das funktionierte etwa 30 Jahre lang, auf der Grundlage eines autarken Binnenmarktes, mit einer produktiven Priorität, die mit dem industriellen Fortschritt verbunden war (moderne Traktoren, Düngemittel, Pestizide...), ebenso wie mit finanzieller Solidarität und einer europäischen Präferenz. Die finanziellen Hilfen und Unterstützungen wurden in Form eines dem Produzenten garantierten Mindestpreises, der sogenannten „indirekten Beihilfen“, gewährt. Dadurch wurden die Mitglieder des Gemeinsamen Marktes, wie er damals genannt wurde, autark, und Westeuropa entwickelte sich zum zweitgrößten Exporteur von Nahrungsmitteln weltweit. Die landwirtschaftlichen Betriebe wuchsen mäßig, und der gesamte Agrarsektor durchlief trotz seines tiefgreifenden und schnellen Wandels eine Periode relativen Wohlstands.

Heute haben wir überall in Europa Landwirte, die verzweifelt protestieren, die Geiseln der Banken sind und von Subventionen leben, die sich verschuldet haben, hart arbeiten und sehr wenig verdienen, während ihre Söhne und Töchter ihre Höfe verlassen haben, um in die Städte zu gehen. Was ist geschehen?

Zunächst wurde unter dem Druck der weltweiten Finanzderegulierung die Gemeinsame Agrarpolitik in den 90er Jahren geändert, in einer Zeit, die vor allem in Frankreich, aber auch in ganz Westeuropa von Deindustrialisierung, Bankenherrschaft und Deregulierung geprägt war. Die indirekten Beihilfen, die auf Preisgarantien basierten, verschwanden und wurden durch sogenannte direkte Beihilfen ersetzt, die proportional zur Fläche der Betriebe waren. Dies geschah unter dem Druck der Welthandelsorganisation unter dem Vorwand, „Preisverzerrungen“ zu vermeiden. Infolgedessen gingen die von der Produktion abgekoppelten Beihilfen vor dem Hintergrund der sinkenden Kaufkraft für Nahrungsmittel hauptsächlich an die Großgrundbesitzer wie die Königin von England, den Fürsten von Monaco und den Herzog von Kent. Die kleinen und mittleren Landwirte wurden durch Preissenkungen und den Rückgang der Beihilfen stranguliert. Sie hatten nur die Wahl, entweder aufzugeben oder sich von den Banken weiter strangulieren zu lassen, einschließlich der Bauernbank Crédit Agricole, die zu einer Bank wurde wie alle anderen – und für ihre alten Kunden noch schlimmer!

Der Haushalt der Europäischen Union für die Landwirtschaft wurde in der Kaufkraft reduziert und sein Anteil am gesamten EU-Haushalt ist gefallen. Hinzu kommt die Verwundbarkeit aller Produzenten durch das System der schwankenden Wechselkurse, die mittleren oder kleinen Bauern gehen unter, und die großen werden mehr zu „Experten“ der Chicagoer Börse als zu echten Bauern!

Heute ist besonders die Rede davon, die „direkten“ Beihilfen auf der Grundlage der landwirtschaftlichen Nutzflächen durch „Umwelt- und Klimahilfen“ zu ersetzen, von denen nur die ganz Großen profitieren können. Das ist eine Politik für Wüstenbildung und Entvölkerung der Landwirtschaft vor dem Hintergrund einer „grünen“ Entvölkerung der ganzen Welt. Innerhalb dieses Systems werden einige Heftpflaster-Maßnahmen vorgeschlagen, die vielleicht relativ hilfreich, aber nicht geeignet sind, die Situation zu ändern. So wird zum Beispiel vorgeschlagen, daß die Verteilung der Beihilfen nicht auf der Fläche der landwirtschaftlichen Betriebe, sondern auf der Anzahl der in diesen Betrieben tätigen Personen basieren soll. Andere fordern Vorräte für die Ernährungssicherheit gegen die Instabilität der Märkte, faire Preise und Maßnahmen zur Bekämpfung des Welthungers. Gute Absichten, aber nichts, was dem Ausmaß der Herausforderung gerecht wird.

Unser Engagement dagegen besteht darin, genau das zu tun – nämlich das Problem an der Wurzel zu packen. Die Gemeinsame Agrarpolitik ist gescheitert, weil sie sich nicht mit ihrem globalen Umfeld befaßt hat. Dasselbe gilt für die Paritätspreise in den Vereinigten Staaten. Man kann so etwas nicht innerhalb eines Systems tun, das alle Voraussetzungen dafür schafft, in die entgegengesetzte Richtung zu gehen. Zudem war die Gemeinsame Agrarpolitik selbst in ihren besten Jahren hauptsächlich defensiv, in französischen Begriffen eine Art Maginot-Linie, die unter Angriffen von der Flanke oder von oben zum Scheitern verurteilt war. Und obwohl sie die Nahrungsmittelkrise innerhalb Westeuropas vorübergehend löste, tat sie nichts dafür, Märkte und Nahrungsmittelvorräte auf dem erforderlichen Niveau eines Bündnisses von Weltnationen zu organisieren.

Ziele und Vorbilder

Offensichtlich haben wir jetzt mit den Vier Gesetzen von Lyndon LaRouche – nicht als Mantra, sondern als Fahrplan für den Kampf – die Mittel, um mit den bestehenden Spielregeln zu durchbrechen. Aber dafür müssen wir die Völker der Welt inspirieren und Druck auf sie ausüben, damit sie Druck auf ihre Regierungen ausüben. Das ist für jeden von uns eine Frage von Leben oder Tod. Und man kann sie nur mit einem Gewinnergeist gewinnen, mit einem hartnäckigen Engagement, das jeden Morgen erneuert wird.

Lassen Sie mich deshalb abschließend zwei Dinge sagen.

Erstens über den Weg, auf dem wir inspirieren können. Es gibt LaRouches Vier Gesetze als Bezugspunkt, die es im Hinblick auf die zahlreichen Herausforderungen in der Realität zu erforschen gilt. Sie werden in unseren beiden jüngsten Programmen angewandt: LaRouches ,Apollo-Mission’ zur Bekämpfung der globalen Pandemie: Aufbau eines Weltgesundheitssystem!1 – und ich möchte hinzufügen „auch über die Erde hinaus“ –, sowie den LaRouche-Plan zur Wiederbelebung der US- und Weltwirtschaft: Die Welt braucht 1,5 Milliarden neue, produktive Arbeitsplätze.2 Nur durch eine solche anti-provinzielle Organisation auf der Grundlage einer dynamischen Entwicklung können wir die Menschen inspirieren, die heute dermaßen von Informationen überschwemmt und permanent in Situationen geworfen werden, die sie zu emotionalen Ausfluchten verleiten. Nur durch unser persönliches Vorbild, das auf einer hartnäckigen Zielorientierung beruht, können wir sie dazu bringen, freie Aktivisten zu werden.

Zweitens möchte ich Ihnen ein Beispiel dafür geben, das in direktem Zusammenhang mit unserem Thema steht: Es handelt sich um die Maisons Familiales Rurales (Familienhäuser auf dem Land), ein Projekt von Abt Granereau (gest. 2007), einem französischen Landpfarrer, der eine neue Art des Lernens in den ländlichen Gebieten Frankreichs und im Ausland eingeführt hat. Heute gibt es 432 dieser ländlichen Häuser in Europa, 112 in Lateinamerika, 118 in Afrika (Mauretanien, Demokratische Republik Kongo, Guinea...) und im Indischen Ozean und ein paar in Asien. In Frankreich wird diese Ausbildung in Zusammenarbeit mit dem Staat und der lokalen Verwaltung durchgeführt.

Abt Granereau war der Sohn einer Bauernfamilie, der schon sehr früh sowohl die napoleonische, pyramidenförmige Organisation des französischen Bildungssystems in Frage stellte als auch die Tatsache, daß das öffentliche Bildungssystem die besten Söhne der Bauern veranlaßte, die Landwirtschaft aufzugeben, vom Land wegzuziehen oft mit ihren traditionell orientierten Familien zu brechen. Er beschloß, das Problem zu lösen, indem er ein eigenes neues System einführte, das die Familien sich leisten konnten, und wandte sich zur Inspiration an „Unsere Liebe Frau von der sozialen Revolution“. Seine Idee war es, die Schülerinnen und Schüler im Gymnasialalter eine Woche pro Monat in einem von ihm zur Verfügung gestellten Erziehungsheim zur Berufsausbildung unweit ihres Wohnortes wohnen zu lassen und dieses gemeinsam mit den Familien, später mit den Lehrern zu leiten. Das Programm lief von November bis April, so daß die Kinder die restliche Zeit auf dem Bauernhof mitarbeiten konnten. Die Ausbildung sollte von den Eltern bezahlt werden, und die Schüler hatten den Status eines Lehrlings. In den drei anderen Wochen des Monats wurden den Schülern täglich zwei Stunden Hausaufgaben auferlegt.

Der Schlüssel zum Erfolg war die assoziative Verantwortung der Familien, die Integration der Familie, die Achtung der individuellen Persönlichkeit jedes Schülers oder Studenten und die Förderung von Aktivitäten zur sozialen Entwicklung, wie Besuche auf Bauernhöfen, die moderne Werkzeuge, Traktoren oder Düngemittel nutzten. Granereau begann 1935 mit drei Bauern, die sich zur Unterstützung seines Projekts verpflichteten, und vier Lehrlingen. Und es gelang ihm in etwa 30 Jahren, das Schicksal des ländlichen Raumes zu verändern und zu der Zeit seine Entwürdigung zu vermeiden.

Das Geheimnis hinter seiner Methode bestand darin, sehr rigoros zu sein und gleichzeitig die Schüler zur Verantwortung zu ziehen. Bei jeder Tätigkeit wurde einer von ihnen dazu bestimmt, für alle anderen verantwortlich zu sein. Seine Verpflichtung bestand darin, allen eine gute Ausbildung auf hohem Niveau zu geben, indem er seinen Bauernbrüdern ihre Würde zurückgab, eine Kenntnis der neuen Produktionsmethoden im Rahmen einer Erziehung für die Seelen. Für ihn mußte ein guter Bauer das sein, was er „einen Wissenschaftler des Landes“ nannte.

Als genügend Schüler und Studenten kamen, trennte er die Funktionen des Lehrens unter einem guten und engagierten Lehrer der Purpan-Hochschule für Landwirtschaft in Toulouse von denen der Anleitung, diese war seine Vollzeitverantwortung. Granereau wollte „Bauernführer“ schaffen, die in die kommende neue Welt mit christlichen Prinzipien eintreten. Auf diesem Wege entwickelte er eine aktive Methode, die auf Forschen, Zusammenarbeit, Teilnahme und gegenseitigem Vertrauen beruht.

Er selbst änderte sich sein ganzes Leben lang: Er schuf eine Abteilung für junge Frauen und Mädchen, organisierte dann eine koedukative Schule, wobei er sorgfältig den gegenseitigen Respekt der beiden Geschlechter förderte, und schließlich öffnete er seine Schulen allen Familien, da er verstand, daß der Begriff der Familie und des gegenseitigen Respekts im Mittelpunkt und über den religiösen Zugehörigkeiten stand. Viele Menschen waren darüber schockiert, aber er war erfreut.

Ich bin überzeugt, daß ein solcher Ansatz, der auf der Achtung jedes einzelnen Geistes und dem Dienst am anderen beruht, wohlüberlegt als Inspiration für unsere Erziehungsmethoden betrachtet werden sollte. Natürlich nicht, um ihn genau zu kopieren, sondern um seinem Geist der Erforschung und Kreativität zu folgen. In den Ländern mit einer langjährigen landwirtschaftlichen Kultur, wie in Afrika, wäre das ein Modell, um den Übergang der landwirtschaftlichen Arbeit zu gewährleisten, wie es in Frankreich der Fall war.

Der Fall Granereau ist auch ein guter Bezugspunkt dafür, wie man Dinge verändern kann. Wir selbst sollten viel mehr darüber nachdenken, was LaRouche am Anfang getan hat: einige Personen in einem Pilotprojekt zusammenbringen, das sich nicht mit akademischen Fragen, sondern von oben betrachtet mit den wichtigsten Herausforderungen unserer Zeit befaßt, Memoranden verschicken und ständig Debatten auslösen. Dann hat man die beste Art der Begeisterung, wirklich über ein Programm zu diskutieren und es zu bereichern, und sogar die noch höhere Begeisterung, es zu verwirklichen. Fangen wir an.


Anmerkungen

1. Siehe Neue Solidarität 18-20/2020.

2. Siehe Neue Solidarität 23-28/2020.