Grußbotschaft von Gregory Hopkins
Der Dirigent und Tenor Gregory Hopkins aus New York, der seit
vielen Jahren mit dem Schiller-Institut zusammenarbeitet, übermittelte die
folgende Grußbotschaft.
Seien Sie gegrüßt! Mein Name ist Gregory Hopkins.
Gestatten Sie mir zunächst, meiner Kollegin und Freundin Elvira Greene
meine Anerkennung auszusprechen. Ursprünglich sollte sie an dieser Stelle
stehen, aber die Umstände ließen es nicht zu. Elvira ist gebildeter,
wortgewandter und besser darauf vorbereitet als ich. Und sie ist hübscher als
ich!
Nun bin ich eben Ihr Spatz in der Hand. Das Problem mit dem Spatz in der
Hand ist, daß immer die Möglichkeit besteht, daß sie schmutzig wird. Nun, es
war in den 80er Jahren, vor fast 40 Jahren. Meine Freundin und Mentorin Sylvia
Olden Lee machte mich mit dem Schiller-Institut bekannt. Als Ergebnis dieser
Begegnung hatte diese damals junge Sängerin durch „Schiller“ [das
Schiller-Institut] das große Privileg, Auftritte und Seminare mit unzähligen
berühmten Persönlichkeiten zu geben, wie William Warfield, der zusammen mit
Sylvia im Vorstand des Schiller-Institut diente, Raymond Jackson und George
Shirley.
Zusammen mit einem Kader anderer Musiker gab uns „Schiller“ die
Gelegenheit, die Hochkultur durch Musik im ganzen Land und im Ausland zu
teilen. Jedes Mal, wenn ich mein Büro in der Kirche betrete, werde ich an die
Tournee erinnert, die wir mit dem Schiller-Institut in Frankreich machten und
die unser Leben veränderte. Das Plakat schmückt meine Atelierwand.
Spulen wir schnell nach vorne, bis vor einigen Jahren: Das
Schiller-Institut und das Harlem Opera Theater, dessen künstlerischer Leiter
ich bin, haben zum Gedenken an Sylvia Lees 100. Geburtstag zusammengearbeitet,
mit zwei verschiedenen Programmen, eines im Schomburg Center for African
American Culture und das andere in der Carnegie Hall. Große Musik in großen
Sälen.
Und „Schiller“ hat stets die Hochkultur durch die Präsentation großer Musik
gefördert, insbesondere der klassischen Musik und der Negro Spirituals, der
Wurzel aller amerikanischen Musik, und unser kulturelles Erbe vor allem den
jungen und hierin unterversorgten Menschen zugänglich gemacht.
Dies entspricht ganz dem Vermächtnis Friedrich Schillers, der selbst schon
als Schüler an der Diskussion und Entwicklung klassischer Ideen
interessiert war. Über diese kulturellen Plattformen diskutierte er nicht nur
mit seinem Freund und Mentor Goethe, sondern auch mit vielen anderen, darunter
seine Kommilitonen.
Schiller hat schon sehr früh gelernt, daß es von größter Wichtigkeit ist,
die Menschen schon in jungen Jahren mit Dingen von Schönheit und Wert zu
konfrontieren.
Jetzt ist eine Zeit der großen Krise, da wilder Taumel und Fluchen und die
Respektlosigkeit unsere musikalische Landschaft zu bestimmen scheinen, ganz zu
schweigen von der offensichtlichen Präsenz und Wirkung dieser Plage namens
COVID-19. Wäre Schiller noch am Leben, würde er gegen die soziale und
politische Korruption schimpfen, die sich ausbreitet, während uns Berichte um
Tests, Beatmungsgeräte und Konjunkturprogramme ergötzen. Unsere Gesellschaft
ist physisch, wirtschaftlich, moralisch, geistig und kulturell degeneriert.
Dies ist eine besonders schwierige Zeit für Musiker, ganz besonders für
afroamerikanische Künstler, die ihr gesamtes vertraglich vereinbartes
Jahresgehalt in Windeseile verloren haben. Selbst in meiner Kirche war ich
gezwungen, mein gesamtes Musikpersonal zu entlassen. Viele Musiker leben von
der Hand in den Mund ohne Hoffnung, diese Saison noch zu retten.
Zudem leben viele Unglückliche unter alles andere als idealen Bedingungen,
was die Isolation schwierig, wenn nicht gar unmöglich macht, und einige haben
keine Krankenversicherung. Man hat mir gesagt, daß das chinesische Zeichen für
„Krise“ verkehrt herum zum Zeichen für „Chance“ wird. Das erteilt uns einen
Segen, dies als eine Zeit der Chance zu nutzen, eine Zeit des Wandels in der
Künstlergemeinschaft, eine Zeit der Schaffung eines neuen Paradigmas der
Harmonie und Zusammenarbeit, eine Gelegenheit für die Künstler, ihre
Aufführungen auf eine neue und andere Art und Weise zu betrachten. Eine Zeit,
in der geniale Wege gefunden werden müssen, um das Publikum anzulocken. Es ist
an der Zeit, neue Wege zu finden, um Geld zu sammeln.
Mehr als je zuvor ist jetzt die Zeit, in der große Kunst unentbehrlich ist,
um uns zu helfen und zu inspirieren, über Widrigkeiten mit Schönheit zu
triumphieren. Mit den Worten des alten Spirituals: „I'm so glad trouble
don't last always“ – „Ich bin so froh, daß Not nicht ewig währt.“ Wir
haben die Aufmerksamkeit des Publikums, es ist unser Gefangener. Was werden
wir für es tun?
Vielen Dank.
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