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Schiller-Institut e. V.
"Zweck der Menschheit ist kein anderer als die
Ausbildung der Kräfte des Menschen, Fortschreitung."
Friedrich Schiller

 

Die „Hungerpandemie“ ist älter als COVID-19

Nur das Handeln der Supermächte kann Leben und die Zukunft retten

Von Marcia Merry Baker

Marcia Merry Baker ist Agrarredakteurin des Nachrichtenmagazins EIR.

Letztes Jahr – 2019, noch bevor das neuartige Coronavirus auftauchte –, war das fünfte Jahr in Folge, in dem der Hunger in der Welt zunahm. Jeder achte Mensch lebte in einer sogenannten „unsicheren“ Ernährungslage – unregelmäßig oder zuwenig Nahrung oder beides. Das sind 812 Millionen von 7,4 Milliarden Menschen. Und machen Sie sich klar: Das ist eine Nettozahl, denn China hat im gleichen Zeitraum Millionen seiner eigenen Bevölkerung aus der Armut und Ernährungsunsicherheit herausgeholt, die Lage im Rest der Welt hat sich also verschlechtert.

Bedenken Sie die formale Definition einer Hungersnot: Diese besagt, daß mindestens 20 Prozent einer Nation oder Region nicht genug Nahrung haben. In der Regel denkt man dabei an einen schweren Ernteausfall, eine Pflanzenkrankheit, einen Taifun oder eine andere Katastrophe. Aber jetzt gibt es neben Unruhen und Kriegen auch Massenvertreibungen, und die Armut ist so groß, daß die Menschen sich kein Essen leisten können.

Nach dieser 20-Prozent-Definition einer Hungersnot befinden sich viele Länder heute in dieser Notlage: Afghanistan, der Jemen, die Republik Kongo, Haiti und andere.

© WFP/FAO

Abb. 1: Weltkarte der Krisenherde der Ernährungsunsicherheit, Juli 2020.

Abbildung 1 zeigt, wo wir jetzt stehen, sechs Monate nach der Verbreitung von COVID-19. Sie zeigt 30 Nationen als Brennpunkte der Ernährungsunsicherheit. Die Karte wurde vom Welternährungsprogramm (WFP) erstellt, das in Notsituationen für die Lieferung von Nahrungsmitteln, aber auch anderer Hilfsgüter wie Masken für COVID-19, medizinische Schutzausrüstung, Katastrophenhilfe usw. zuständig ist. Schauen wir uns das genauer an, Kontinent für Kontinent.

Afrika: Auf der Karte sind 15 Länder markiert. Die Gesamtzahl der Menschen in diesen Ländern, die dringend Nahrungsmittel benötigen, beträgt 154 Millionen.

Asien: Es sind sechs Länder markiert. Die Zahl der Menschen, die in diesen Ländern Nahrungsmittelhilfe benötigen, beläuft sich auf insgesamt 59 Millionen.

Amerika: Es sind neun Länder markiert. Die Zahl der Menschen, die darin Nahrungsmittelhilfe benötigen, beträgt insgesamt 16 Millionen. Das ist diesmal deutlich mehr als im letzten Jahr, als 4,5 Millionen Menschen in sechs Ländern Nahrungsmittelhilfe benötigten.

© EIRNS

Abb. 2: Lyndon LaRouche spricht bei der Gründung der Organisation Food for Peace in Chicago 1988.

LaRouches Warnungen

Wir waren gewarnt. Schauen wir eine Generation zurück. Vor 30 Jahren, im Herbst 1988, veranlaßte Lyndon LaRouche zusammen mit Helga Zepp-LaRouche die Gründung einer eigenen Abteilung des Schiller-Instituts mit dem Namen „Food for Peace“ (Nahrungsmittel für den Frieden, Abbildung 2). Es war damals ein Versuch, einen Kurswechsel in der Wirtschaftspolitik herbeizuführen, um den Massenhunger zu verhindern und die unabhängigen bäuerlichen Familienbetriebe zu verteidigen. Landwirte, Diplomaten und andere aus der ganzen Welt kamen zusammen. LaRouche sagte im Dezember 1988 in Chicago:

    „Es ist fast so, als hörten wir aus den Entwicklungsländern, von den Armen Osteuropas, von den Armen in unserem eigenen Land den Satz aus dem Vaterunser: ,Unser tägliches Brot gib uns heute.’ Die Frage ist: Wer wird dieses Gebet erhören? Wer wird die Hand der Vorsehung sein...?“

LaRouche erläuterte dann die dafür notwendigen Entwicklungspläne. Aber nur drei Wochen später wurde er für fünf Jahre ins Gefängnis geworfen.

Und hier stehen wir heute: Seit seiner Gründung im Jahr 1961 mußte das Welternährungsprogramm noch nie gegen einen solchen Massenhunger kämpfen. Im April informierte der Direktor des WFP, David Beasley, den UN-Sicherheitsrat. Er sagte:

    „Wir stehen am Rande einer Hungerpandemie... Wenn wir uns nicht jetzt vorbereiten und handeln..., könnten wir innerhalb weniger Monate mit mehreren Hungersnöten biblischen Ausmaßes konfrontiert werden.“ Schon vor COVID-19 „habe ich gesagt, daß 2020 die schlimmste humanitäre Katastrophe seit dem Zweiten Weltkrieg bevorsteht...“

Er nannte die Zahlen, die wir gerade gesehen haben, und sagte: „Unsere Analyse zeigt, daß über einen Zeitraum von drei Monaten jeden Tag 300.000 Menschen verhungern könnten. Darin ist die Zunahme des Hungers aufgrund von COVID-19 noch gar nicht enthalten.“

Und was ist passiert? Im Juli starben 10.000 Kinder an Nahrungsmangel. Jeden Monat leiden eine halbe Million Kinder unter einem Zustand, der Auszehrung genannt wird.

Insgesamt fordert das WFP bis Ende des Jahres 4,9 Milliarden Dollar für die Nahrungsmittelhilfe und 965 Millionen Dollar für die Logistik der COVID-19-Bekämpfung und Katastrophenhilfe. Bis zum 20. August wurden aber nur 750 Millionen der 4,9 Milliarden Dollar und nur 207 Millionen der 965 Millionen Dollar zugesagt. Das ist viel zu wenig.

Was getan werden kann

Bedenken Sie, was wir wirklich tun können. Die beiden Nahrungsmittel-Supermächte sind die Vereinigten Staaten und China. Die Vereinigten Staaten sind der Maisproduzent Nummer eins. Sie allein produzieren 35 Prozent der gesamten Maisernte der Erde. China ist der zweitgrößte Maisproduzent der Welt. China ist der Reisproduzent Nummer eins. Und so weiter. Wenn China und die USA gemeinsam die Initiative ergreifen und mit anderen Nationen zusammenarbeiten, wird die „Hungerpandemie“ vorbei sein. Das bedeutet nicht, daß sie alles alleine liefern. Es bedeutet, daß wir im Laufe der Zeit, Monat für Monat, zwischen den Hemisphären hin und her wechseln können, um eine Lösung zu finden. Wir können alle Menschen ernähren. Und gleichzeitig schaffen wir einen Impuls, das ganze System so zu verändern, daß wir nie wieder diesen Notstand einer Hungerpandemie haben.

© NASA

Abb. 3: Satellitenfoto von grünem, schönem Mais aus Iowa im Juli.


Abb. 4: Satellitenfoto von beschädigtem Mais aus Iowa, gleiche Ansicht, 11. August.

Betrachten wir Sie Agrartechnologie in diesem Licht. Hier sind Satellitenfotos von Mais in Iowa. Das erste Bild zeigt üppige, gesunde grüne Felder, mit Ausnahme der Städte – die Hauptstadt ist Des Moines (Abbildung 3). Wir haben Juli. Das zweite Bild zeigt die hellen Bereiche zerstörter Maisfelder (Abbildung 4). Das ist der 11. August, der Tag nach dem großen Derecho – dem schrecklichen Sturm, der über Iowa hinwegzog. Aber hier geht es uns nicht um das schlechte Wetter. Es geht darum, daß wir uns im Raumfahrtzeitalter befinden. Wenn wir diese Fotos aus dem Weltraum machen können, dann können wir auch die Hungersnot auf der Erde beenden. Was wir haben, ist keine „Naturkatastrophe“, sondern eine politische Katastrophe!

Das ist der Sinn eines Gipfeltreffens der Großmächte. Die Beendigung des Hungers ist für die Tagesordnung des von Präsident Putin vorgeschlagenen Treffens der fünf Ständigen Sicherheitsratsmitglieder dringend geboten. Wir können Leben retten.

Schließlich ist da noch ein weiterer Punkt zur Hungerpandemie. Es gibt eine große Lüge, die da lautet: „Es gibt genug Nahrung, sie ist nur ungerecht verteilt.“ Das mit der ungerechten Verteilung ist teilweise wahr, aber der Rest ist Unsinn. Wir müssen die weltweite Nahrungsmittelproduktion verdoppeln!

Nehmen wir Getreide als Maßeinheit. Summieren wir die Menge an Getreide oder Äquivalent, die wir pro Jahr für den direkten Verzehr als Grundnahrungsmittel benötigen: Brot, Tortillas, Nudeln usw. Addieren Sie dazu die Getreidemenge für den indirekten Verzehr in Form von Eiern, Milch, Fleisch, Fisch und so weiter. Rechnet man noch etwas für Nahrungsmittelreserven und Verluste/Verschwendung hinzu, so benötigen wir für 7,5 Milliarden Menschen etwa 5 Milliarden Tonnen Getreide im Jahr. Aber wir produzieren weniger als 3 Milliarden Tonnen. Wir sollten also die Nahrungsmittelproduktion verdoppeln.

Hier bekommen die Landwirte einen Herzinfarkt, denn eine andere große Lüge ist, daß reichliche Nahrungsmittel automatisch niedrige Preise für den Landwirt bedeuten. Auch das ist ein Betrug. Das muß sofort geändert werden! Die Nationen haben die souveräne wirtschaftliche Macht, Mindestpreise oder Parität für ihre Bauern und die Nahrungsmittel für ihre Bevölkerung festzulegen. Das ist physische Ökonomie. Schaffen wir das Plantagen-System der modernen Britischen Ostindiengesellschaft ab. Schaffen wir überall die Freude am Produzieren. Retten Sie Leben. Retten Sie die Zukunft!