Ausweg aus der Weltkrise – nur mit Kernenergie, Fusion, Raumfahrt
Das Schiller Institut veranstaltete am 6. Juni das Webinar
„Neustart für die Weltwirtschaft unter den Bedingungen der
Corona-Pandemie“.
Die Welt, wie wir sie noch vor kurzem für selbstverständlich hielten,
existiert größtenteils nicht mehr und wird in dieser Form auch nie wieder
wiederkehren. Die Corona-Pandemie hat lediglich schonungslos die systemischen
Fehler eines Weltwirtschaftsmodells sichtbar gemacht, das längst nicht mehr in
der Lage gewesen ist, der Menschheit eine positive Zukunft zu ermöglichen. Die
Gesundheitsengpässe, Massenarbeitslosigkeit, Marktturbulenzen, Produktions-
und Exporteinbrüche, soziale Unruhen usw. akkumulieren sich zu einem
unabwendbaren Zusammenbruch der vorherrschenden neoliberalen Ordnung und ihrer
Institutionen. Das internationale Schiller-Institut hat deshalb begonnen, eine
weltweite Online-Plattform zu etablieren, auf der alle Elemente eines dringend
notwendigen Umbaus und Neustarts der Wirtschaft im Rahmen einer neuen
Zukunftsvision diskutiert werden können. Am 6. Juni fand in dem Zusammenhang
das erste deutschsprachige Webinar statt, dessen Teilnehmer den Charakter der
Systemkrise tiefgehend analysierten und ein umfassendes Lösungsprogramm
vorschlugen, das auf den Prinzipien der physischen Ökonomie des
Wirtschaftswissenschaftlers Lyndon H. LaRouche beruht.
LaRouches Physische Ökonomie
In ihrem Eingangsvortrag sprach die Präsidentin des Schiller-Instituts,
Helga Zepp-LaRouche, die vordringlichsten Symptome der heutigen Krise an: die
großen Unruhen in den USA als Reaktion auf den rassistisch motivierten Mord an
George Floyd, verstärkt durch die wirtschaftliche Ungewißheit von fast 40
Millionen arbeitslosen Amerikanern. Mit Hinweis auf den jüngst
veröffentlichten Bericht der International Labor Organisation (ILO) erwähnte
sie die geschätzten zwei Milliarden Menschen, die weltweit in sogenannter
„informeller“ Arbeit, Tagelöhnern ähnlich, ihr kärgliches Einkommen bestreiten
müssen. Weiterhin zitierte sie Äußerungen des Chefs der Food and Agriculture
Organisation (FAO), David Beasley, der nicht nur wiederholt davon sprach, daß
über 800 Millionen Menschen täglich hungern müssen, sondern auch, daß bei
einer Verschärfung der Lage bis zu 300.000 Menschen pro Tag ihr Leben
verlieren könnten. Wenn man noch den rasanten Anstieg der Corona-Infektionen
in den Armenvierteln von Brasilien und Ostafrika in Betracht ziehe, dann
erscheine am Horizont das Bild eines neuen Finsteren Zeitalters. Andererseits,
so Frau Zepp-LaRouche, wäre die Corona-Pandemie weltweit zu besiegen gewesen,
wenn man sich überall den Erfolg der Methode in der chinesischen 11-Millionen
Metropole Wuhan zu eigen gemacht hätte, wo das Virus durch die Maßnahmen heute
im Grunde völlig vertilgt worden ist. Das Problem sei also nicht das Virus an
und für sich, sondern das neoliberale Modell, das im Grunde eine
zeitgenössische Variante der kolonialistischen und malthusianischen Politik
vergangener Tage sei, deren Verantwortliche in den Finanzzentren der Welt die
Masse der Menschen als sklavenhafte Diener ihres Profits betrachteten.
Um dies zu ändern, müsse man eine Alternative organisieren, die das
„Existenzrecht aller Menschen“ anerkenne. Dies treffe vor allem auf das von
ihrem verstorbenen Ehemann Lyndon LaRouche entwickelte Wirtschaftsmodell zu,
welches den menschlichen Geist, dem sämtliche fundamentalen wissenschaftlichen
Entdeckungen entspringen, als Quelle jedweden Reichtums ansieht. Nur durch die
Anwendung solcher Entdeckungen in Form von neuen Technologien ließen sich
Produktivität, Lebenserwartung, Lebensstandard und kulturelles Niveau
verbessern. Nur unter dem Modell dieser „physischen Ökonomie“ könnte man die
notwendigen Ressourcen generieren, die zur Schaffung eines weltweiten
Gesundheitssystems auf dem Standard vor der Privatisierungswelle führe. Man
könne somit jegliche benötigte Infrastruktur und die notwendigen Fachkräfte
für die Nahrungsmittelproduktion, das Wasser- und Gesundheitsmanagement für
die heute lebenden 7,8 Milliarden Menschen schaffen. Das würde bedeuten, das
gesamte Finanzsystem auf die langfristige Kreditfinanzierung produktiver,
technologiegetriebener Projekte umzustellen, einschließlich der
Spitzenforschungsbereiche in modernster Kerntechnik, Fusions- und Plasmaphysik
und der dauerhaften Präsenz des Menschen auf Mond und Mars. Die von den
Zentralbanken weltweit angepriesenen „grünen“ Investitionen in rückständige
Technologien sind nach Frau Zepp-LaRouche genau der falsche Weg und würden
Europa „in die völlige Bedeutungslosigkeit herabsinken lassen“. Diejenigen
Staaten, die heute den Weg der Neuen Seidenstraße eingeschlagen hätten, würden
derzeit den Takt in die richtige Richtung vorgeben. Zu einer erfolgreichen
Überwindung des gescheiterten neo-liberalen Systems gehöre aber die
Zusammenarbeit von China, den USA, Rußland und Indien im Sinne einer stabilen
Gruppe von Garanten, die die Ausgestaltung dieses neuen Wegs sichern würden.
Krise bei Industrie und Landwirtschaft
Für den zweiten Redner, den Industrieberater für Automation und Robotik
Gerd Marks, ist die Schaffung produktiver Ressourcen vor allem eine
Gesellschaftsaufgabe. Anstatt jedoch langfristige Rahmenbedingungen zu
schaffen, verschwende das heutige System durch Überregulierung, Bürokratie und
falsche Umverteilung in „klimaneutrale“ Technologien wertvolles Potential.
Sinnvolle Automation und Robotik spielten bei der Erhöhung der Produktivität
in Industrie und Landwirtschaft eine wichtige Rolle und bedeuten mitnichten
Arbeitsplatzverluste, so Marks. Die Energieversorgung stehe bei der Garantie
von Wohlstand an vorderster Stelle. Hier sei Innovation und das Erreichen
höherer Energieflußdichten der zentrale Punkt, während die Politik derzeit
jedoch einseitig Solar- und Windenergie privilegiert und damit eine
„Strommangelwirtschaft“ bei gleichzeitig hohen Kosten für die Industrie
erschaffe. Ein Beispiel für hohe Effizienz im Energiesystem sei der Dual-Fluid
Reaktor, der die 4. Generation der Kernenergie darstellt und für hundert Jahre
mit Rohstoffen versorgt werden könne, während um den Faktor 99 geringere
Brennabfälle anfallen würden. Im Bereich der Landwirtschaft sprach sich Marks
für die Abschaffung der Biosprit-Subventionen aus; im Automobilsektor für den
Einsatz von Wasserstoff und synthetischen Kraftstoffen statt der
problematischen Batterien. Roboter würden in Japan und China bereits
Routineaufgaben bei Desinfizierung und Materialzuteilung übernehmen und eine
wichtige Funktion bei medizinischen Routineaufgaben wahrnehmen.
Im Anschluß an Marks schilderte der bayerische Landwirt Bernhard Perschl,
der selbst einen Schweinezuchtbetrieb besitzt, seinen Kampf um die Erhaltung
des bäuerlichen Familienbetriebs, gegen die Kartellisierung und
Monopolisierung bei Saatgut, Düngemitteln und Lieferketten. Durch die
Corona-Krise sei den Viehzüchtern ein großer Teil ihres Absatzmarktes
weggebrochen, weshalb Tierbestände vermehrt gekeult werden müßten. Anstatt den
Betrieben zur Hilfe zu kommen, stellten sich die Medien mit ihrer „nicht mehr
sachlichen grünen Ideologie“ gegen die Bauern und schwiegen deren Bedürfnisse,
wie faire Preise für die Erzeuger, oft tot. Somit stünden das System
bäuerlicher Familienbetriebe und die Fleischindustrie technisch vor dem
baldigen Kollaps. Die Produktion werde sich überwiegend in Nachbarländer wie
Dänemark und die Niederlande verlagern, die schon „mit den Hufen scharren“ und
ihre Produktionskapazitäten hochfahren.
Rainer Apel von der Nachrichtenagentur Executive Intelligence Review
erläuterte, daß die 1,25 Billionen Euro an Corona-Hilfen von der Europäischen
Union lediglich durch die Hintertür die Prestigeprojekte der EU-Kommission,
den Green Deal und die Phantasie von der Kreislaufwirtschaft, finanzieren
sollen. Der gesamte klassische Industriesektor wird hinten runterfallen. Die
Alternative dazu wäre, die noch vor 20 Jahren vorhandenen Pläne zur
Entwicklung eines deutschlandweiten Netzes der Magnetschwebebahn von 5000 km
Länge hervorzuholen und damit ein Rückgrat für eine neue Wirtschaftsplattform
zu errichten. Auch der Nachholbedarf bei Bau und Erhaltung traditioneller
Wasserstraßen und Eisenbahnkorridore würde eine massive Erhöhung der
Arbeitsplätze im produktiv-industriellen Sektor zur Folge haben.
Ionen als Energiequelle und Schubkraft
Der zweite Teil der Konferenz befaßte sich mit der Notwendigkeit der
Kernenergie. Auf das Potenzial der Kernfusion als Energie- und Antriebsquelle
fokussierte sich der Physiker Dr. Armin Azima. Der heutige Weg, nahezu 10% des
Bruttoinlandsprodukts für Elektrizität aufzuwenden und ineffiziente regionale
Stromnetze aufzubauen, müsse abgebrochen werden, zugunsten neuer,
grundlastfähiger Zentralkraftwerke mit hohen Energieflußdichten, wie sie die
Fusionsenergie durch die Nutzung nahezu unerschöpflicher Ressourcen zur
Verfügung stellen kann. Als Brennstoff könne Wasserstoff risikolos und
abfallfrei verwendet werden. In jüngster Zeit habe sich China mit dem
EAST-Reaktor in Hefei weltweit an die Spitze der Technik gesetzt, auch wenn
das internationale ITER-Modell in Frankreich nach wie vor als erstes die
gewünschte Netto-Energie erbringen soll. Mit 150 Mio. Euro jährlicher
Förderung behandelt Deutschland diese Technik jedoch stiefmütterlich und
erzielt nur sehr begrenzte Fortschritte. Dr. Azima erläuterte die besonders
effiziente „Z-Pinch Maschine“, bei der sich die erzeugte heiße Plasmawolke so
konzentriert, daß ein Plasmoid gebildet wird, der einen gebündelten Strahl von
Helium-Ionen hervorbringt. Dieser kann mit einer Effizienz von 96% direkt ins
Energienetz eingespeist werden. Er kann wegen des hohen Schubeffektes aber
auch als Ionenantrieb für Raumschiffe verwendet werden. Wegen seiner um das
tausendfache höheren Schubleistung im Vergleich zu bisherigen
Ionenantriebsmodellen wird interplanetares Reisen, wie zum Beispiel
regelmäßige Flüge zum Mars, tatsächlich realisierbar.
Dr. Alois Höld, der über eine jahrzehntelange Erfahrung in puncto Anlagen-
und Reaktorsicherheit verfügt, sprach bei seinen Ausführungen über „seriöse
Energiepolitik“ ebenfalls davon, daß der Energiebedarf angesichts des Anstiegs
der Weltbevölkerung bedeutend anwachsen wird und daß die Kernenergie bei der
Deckung dieses Bedarfs einen sehr wichtigen Beitrag leisten könne. Es sei eine
Tatsache, daß heute 451 Kernkraftwerke in 31 Ländern betrieben würden und daß
in China zwei Drittel aller im Bau oder in der Planungsphase befindlichen
Kernkraftwerke stünden. Auch die Betriebsdauer moderner Anlagen sei
mittlerweile von 30 auf 60 Jahre gesteigert worden. Atomkraftgegner würden den
unstatthaften Vergleich mit Atombomben ziehen und könnten auch sonst ihre
Ablehnung mit keinen rationalen Argumenten begründen.
Südkorea hui, Deutschland pfui
Wie sehr Deutschland sich durch den Ausstieg aus der Kerntechnik ins
absolute Abseits befördert hat, fiel besonders im Verlauf der Präsentation
eines Mitglieds des Betriebsrats im Kernkraftwerk Gundremmingen, Dipl.-Ing.
Anton Feiler, auf, der den Vergleich mit der Entwicklung in Südkorea zog.
Während in den 70er Jahren noch alles importiert werden mußte, stellt Südkorea
heute alle Komponenten für den Bau seiner Kernkraftwerke selbst her,
einschließlich sowohl der Forschung als auch des Bereichs der
Betriebsgenehmigung. Somit ist Südkorea in wenigen Jahrzehnten von Null zu
einer international respektierten Kernenergie-Nation aufgestiegen. Mit seinem
eigenständig entwickelten Reaktormodell der dritten Generation, dem APR-1400,
steht das Land nun technisch noch vor China und Rußland, während eine
jahrzehntelange Unterbrechung für Deutschland letztlich wieder den Neuanfang
bedeuten würde. Das damit vergleichbare europäische Reaktormodell, der von
Areva, Siemens und EDF entwickelte EPR, leidet derzeit unter langen
Bauverzögerungen und einer damit verbundenen Kostenexplosion. Nur in China
sind bereits 2018 und 2019 EPRs ans Netz gegangen. China plane einen massiven
Ausbau der Kernenergie, so Feiler, wobei bei der Inbetriebnahme von 5-6
Reaktoren pro Jahr bis 2030 China über 110 Kernkraftwerke verfügen und 10%
seines Strombedarfs aus dieser Energieform beziehen würde. Koreas APR-1400
wiederum wurde durch den Einsatz von 3D-Simulationen und effizientem
Baustellenmanagement in nur 55 Monaten gebaut. In Zukunft wolle man sogar eine
Bauzeit von 48 Monaten erreichen, durch Serienfertigung von Modulen und
stärkere Installation von Schweißrobotern.
Selbstverständlich könnte Deutschland noch, wenngleich verspätet,
versuchen, wieder auf einen der Spitzenplätze in der Kerntechnik zu gelangen,
den es einmal lange Zeit innehatte. Dazu könne man den in Berlin entwickelten
Dual Fluid Reaktor mit Bleikühlung als Spitzenforschungsmodell vorantreiben,
bei dem eine Kernschmelze nicht möglich sei. Gleichzeitig löse dieser
Reaktortyp wesentliche Probleme der früheren Reaktortechnik, da er die
abgebrannten Brennstäbe aus den Leichtwasserreaktoren nutzen könne. Die Suche
nach einem Endlager entfiele dadurch. Auch die Frage nach der
Rohstoffsicherheit sei dadurch für Tausende von Jahren lösbar, da neben Uran
auch das reichlich vorhandene Thorium als Brennstoff in Betracht käme. Solche
und ähnliche Modelle ließen sich ebenfalls in Form von kleinen, modularen
Reaktoren in Serie fertigen. Herr Feiler schloß seinen Vortrag mit dem klaren
Bekenntnis, daß die „Kernenergie die Energie der Zukunft“ sei und daß es
dringend erforderlich wäre, Deutschland wieder mit ins Boot zu setzen und hier
eine Renaissance der Kernkraft in Gang zu bringen.
sko
|