Die Beziehungen USA-China
Wege zur Kriegsvermeidung und Zusammenarbeit
Von Richard Black
Oberst a.D. Richard H. Black war Landessenator des
US-Bundesstaates Virginia, Offizier der US-Marines und Leiter der
Strafrechtsabteilung der US-Armee im Pentagon. Zwischenüberschriften wurden
hinzugefügt.
Ich bin Senator Dick Black. Lassen Sie mich gleich zu Beginn sagen, daß ich
einen militärischen Hintergrund habe. Ich kämpfte in schweren Bodenkämpfen mit
der 1. Marines-Division und wurde verwundet. Meine beiden Funker wurden neben
mir getötet. Ich flog im Kampf auch 269 Hubschraubereinsätze. Und mein
Hubschrauber wurde bei vier Gelegenheiten von Bodenfeuer getroffen und mußte
in einem Fall eine Bruchlandung machen.
Ich erwähne das nur, um zu sagen, daß ich ein Patriot bin, ich habe viel
Blut für dieses Land vergossen. Ich habe also einen sehr konservativen
Standpunkt, aber einen, der meiner Meinung nach gut begründet ist.
Heute werde ich über unsere Beziehungen zu China sprechen. Und beginnen
möchte ich mit unseren Beziehungen zu Taiwan. Lassen Sie mich sagen, daß ich
über die wachsenden chinesisch-amerikanischen Spannungen besorgt bin. Ich
stimme sicherlich nicht mit denen überein, die meinen, daß die Vereinigten
Staaten in Asien eine Hegemonie ausüben müssen. Und ich hoffe, daß wir die
Spannungen abbauen können.
Lassen Sie mich mit einem Rückblick auf die Situation mit Taiwan beginnen.
Wenn man die Entwicklungen im historischen Rückblick der letzten 50 Jahre
betrachtet, sind die Beziehungen zwischen China und Taiwan eine innere
Angelegenheiten der chinesischen Nation. Und so, wie wir erwarten würden, daß
China sich einer Einmischung in die amerikanische Innenpolitik enthält,
sollten wir uns auch einer übermäßigen Einmischung in Chinas innere
Angelegenheiten enthalten. Wenn man noch ein wenig weiter zurückblickt, so
stattete Präsident Nixon 1971 China einen Besuch ab, der vielleicht der
folgenreichste diplomatische Besuch war, den je ein amerikanischer Präsident
gemacht hat. In der Folge profitierten die Vereinigten Staaten und China enorm
von der Verbesserung des Handels und der nationalen Sicherheit. Grundlage für
diese historischen Entwicklungen war das Shanghai-Kommuniqué, das bis heute
die Basis für die bilateralen Beziehungen bildet.
Die Taiwan-Frage
Präsident Nixon und der chinesische Ministerpräsident Zhou Enlai hielten es
für notwendig, die Taiwan-Frage zu lösen. Sicherlich gab es erhebliche
Meinungsverschiedenheiten in den Ansichten der beiden Nationen, aber sie
überbrückten diese Differenzen, indem sie die Politik „Ein China, zwei
Systeme“ anerkannten. Und als praktisches Ergebnis ihrer Vereinbarung haben
wir seit einem halben Jahrhundert Frieden und Harmonie zwischen unseren
Nationen. Solange die Vereinigten Staaten die Taiwan-Frage mit Sensibilität
und Respekt behandelten, hat es den Interessen beider Parteien genutzt, und
der Frieden an der Straße von Taiwan wurde aufrechterhalten.
Im Jahr 1971 geschah etwas sehr Bedeutendes. Es gibt fünf Mitglieder des
UN-Sicherheitsrates, die ein Vetorecht haben. Das sind die fünf mächtigsten
Nationen, eine von ihnen ist China. Und die Vollversammlung der Vereinten
Nationen verabschiedete mit der stillschweigenden Zustimmung der Vereinigten
Staaten die Resolution 2758 und übertrug die Kontrolle über diesen sehr
mächtigen Sitz der Republik China von der alten Regierung Chiang Kai-sheks auf
die VRC, die Volksrepublik China. Als Folge davon wurde die Pekinger Regierung
von den Vereinten Nationen als legitime Regierung Chinas anerkannt. Alle
diplomatischen Beziehungen der großen Mehrheit der Nationen verlagerten sich
auf sie. Und Taiwan befand sich in einer ähnlichen Situation, wie man kurz
davor Hongkong betrachtet hatte. Taiwan blieb stark und unabhängig, aber 1979
erkannten die USA formell die VRC, die Volksrepublik, als einzige legitime
Regierung Chinas an. Und so ist es ziemlich seltsam, uns [die US-Regierung]
heute in einer Weise reden zu hören, als wäre sie vielleicht nicht die einzige
legitime Regierung Chinas.
Wir haben eine Zeit erlebt, in der der Handel zwischen den beiden Nationen
explosionsartig gewachsen ist. Das war in vielerlei Hinsicht sehr vorteilhaft
für uns. In mancher Hinsicht hatte es auch einige Nachteile. Aber in jedem
Fall führte der enorme Handel schließlich zu einigen Handelsspannungen, die
unvermeidlich waren. Und Präsident Trump hat einige sehr legitime Probleme mit
den Chinesen angesprochen, in Bezug auf die Verletzung von geistigem Eigentum,
von unseren Patenten und Urheberrechten. Ich denke, er hat das sehr zu Recht
getan. Er hat auch zu Recht die einseitige Handelsbilanz hervorgehoben, und es
wurden Verhandlungen aufgenommen, um diese Probleme zu lösen.
Unglücklicherweise war es ein Jahr der Präsidentschaftswahl, wo all dies
stattfand. Und schon bald beschuldigten sich Republikaner und Demokraten
gegenseitig, China gegenüber weich zu sein. Schließlich artete die Rhetorik in
eine schrille Kakophonie von feindseligen, unvernünftigen Stimmen aus. Es gab
übertriebene Behauptungen über chinesische militärische Absichten gegenüber
Taiwan, und diese wurden von den Vereinigten Staaten mit provokativen
Marineübungen erwidert. Und im Gegenzug führt China recht provokative
Überflüge von Flugzeugen in den Gewässern vor Taiwan durch. Keines von beiden
war notwendig. Sie waren einfach ein Schlag ins Gesicht für den anderen. Ich
bin überzeugt, daß die wachsenden chinesisch-amerikanischen Spannungen
niemandem nutzen, und ich bin überzeugt, die US-Führung wäre klug, das
bleibende Vermächtnis von Präsident Nixon wieder aufleben zu lassen, nämlich
die Normalisierung der Beziehungen zwischen beiden Ländern.
Xinjiang und das Terrorismusproblem
Lassen Sie mich kurz ein anderes Thema ansprechen. Ich möchte etwas über
den Umgang Chinas mit den Uiguren in der Provinz Xinjiang sagen. Die Provinz
Xinjiang ist eine riesige Region im Nordwesten Chinas. Sie ist sehr karg. Sie
ist nur dünn besiedelt. Es herrscht dort eine beträchtliche Armut, einfach
aufgrund der Verhältnisse.
Noch einmal, es ist wichtig, den Kontext dieser Dinge zu verstehen, wenn
man hört, daß nun gegen diese armen Uiguren vorgegangen wird. 2014 hatten mit
Messern bewaffnete Terroristen den Bahnhof von Kunming besetzt und verübten
einem sehr berüchtigten Angriff gegen die Han-Chinesen. Über 170 Menschen
wurden von Terroristen mit Messern getötet oder verletzt. Das waren uigurische
Separatisten. Sie trugen eine handgemalte Ostturkestan-Flagge, und sie
schlachteten einfach Dutzende völlig hilflose Menschen ab. Das war nicht der
erste derartige Angriff, es hatte davor bereits Dutzende ähnlicher
Terroranschläge in der gesamten Provinz Xinjiang gegeben.
Die militanten Uiguren wollen einen radikal-islamischen Staat gründen und
stützen sich dabei auf aus Saudi-Arabien und ähnlichen Ländern importiertes
wahhabitisch-fundamentalistisches Gedankengut. Sie wollen diese sehr, sehr
brutale Art der Herrschaft aus dem 7. Jahrhundert einführen. Und sie wollen
alle Han-Chinesen, die gegenwärtig in der Provinz Xinjiang leben, vertreiben.
Die chinesische Regierung war also wirklich gezwungen, zu reagieren.
Es gibt Berichte, wonach eine große Anzahl von Uiguren dort in
verschiedenen Lagern interniert wurde. Ich denke, es ist wichtig, daß man das
in einem etwas größeren Zusammenhang sehen muß.
Gehen wir zum Zweiten Weltkrieg zurück, der noch gar nicht so lange her
ist, als Japan uns militärisch angegriffen hat. Es gab keine subversive
Bewegung von japanischen Amerikanern in den Vereinigten Staaten; sie begingen
keine Gewalttaten. Dennoch beschlossen wir, alle Menschen japanischer
Abstammung in Internierungslager an abgelegenen Orten zu stecken.
Heute blicken die Leute zurück und sagen, was für eine schreckliche Sache
das war. Aber damals war es ziemlich unumstritten, in einem Maße, daß China,
Mexiko und viele südamerikanische Länder diesem Beispiel folgten und ebenfalls
alle Menschen mit japanischer Abstammung aufgriffen und viele von ihnen zur
Internierung in die Vereinigten Staaten schickten.
Ich denke daher, daß wir China gegenüber etwas weniger kritisch sein
sollten, weil es einen wichtigen Unterschied gibt. Denn die japanischen
Amerikaner hatten uns nie etwas angetan. Aber die uigurischen Kämpfer waren
extrem militant, umstürzlerisch und gewalttätig. Und deshalb war es sehr
notwendig, daß einige handfeste Maßnahmen ergriffen wurden.
Chinas Herangehensweise an die Situation der Uiguren ist komplex und
vielschichtig. Sie unternehmen Schritte, um die historische Armut in diesem
riesigen Gebiet zu lindern, und sie betreiben ein sehr umfassendes, extrem gut
finanziertes Wirtschaftsprogramm. Die Idee ist, die Ursachen für die
dschihadistische Radikalisierung zu beseitigen. Es gibt Berufsausbildung,
verbesserte Lese- und Schreibfähigkeiten, Arbeitsvermittlung, Modernisierung
der Landwirtschaft, die dort sehr wichtig ist, und den Bau von modernen
Wohnungen für die Menschen.
Wir müssen das also ins rechte Licht rücken und erkennen, daß es keine
höhere Verpflichtung einer Nation gibt, als ihre Bürger vor schwerer Gewalt zu
schützen. Und als wir in den Vereinigten Staaten die Gründe für unsere
Abspaltung [vom Britischen Empire] und für die Gründung einer neuen Regierung
erklärten, sagten wir, daß einer der vier Gründe für die Einrichtung der
Regierung war, die innere Ruhe zu gewährleisten. Und die Chinesen haben diese
Verpflichtung gegenüber ihrem Volk nicht weniger als wir.
Die westliche Propaganda über „Völkermord“ ist meiner Meinung nach unfair,
unzutreffend und unverantwortlich. Während die Vereinigten Staaten alle
Japaner interniert haben, haben die Chinesen nur einen kleinen Prozentsatz der
12 Millionen Uiguren, die dieses Gebiet bewohnen, in Internierungslager
gesteckt. Es ist also viel zielgerichteter. Die Menschen bleiben auch nicht
einfach auf unbestimmte Zeit dort. Und ich denke, wir müssen ein bißchen mehr
Verständnis für die Situation aufbringen.
Ich denke, es ist wichtig zu verstehen, was heute in der Provinz Xinjiang
passiert. Die türkische Regierung unterstützt die Entsendung von uigurischen
Kämpfern aus China durch die Türkei in die syrische Provinz Idlib. Dort gibt
es eine 4000 Mann starke Brigade von ultramilitanten Uiguren, die gegen die
rechtmäßige Regierung Syriens kämpfen. Sie sind ein Teil der Al-Kaida-Kräfte
und dienen unter Abu Mohammed Al-Jalani. Sie operieren von Al-Shughur aus,
einem sehr wichtigen Stützpunkt dort. Und sie gehören zu den blutrünstigsten
Terroristen der Welt – Männer, die für Enthauptungen, Massenvergewaltigungen,
Kreuzigungen und Sklaverei berüchtigt sind. Diese Mentalität tragen sie mit
sich, wenn sie zwischen China und Syrien hin und her pendeln. Das ist also
sehr gefährlich für China. Und ich denke, es ist bedauerlich, aber die CIA hat
die Terroristen in der syrischen Provinz Idlib ständig unterstützt. Wir setzen
routinemäßig Terroristen in verschiedenen Brennpunkten auf der ganzen Welt
ein, völlig ungeachtet des enormen Risikos von Kollateralschäden, das sich
daraus für die Vereinigten Staaten wie für Europa ergibt.
Chinas Unterdrückung des Extremismus wird häufig als Völkermord
hingestellt, doch es ist nichts dergleichen; ich denke, das ist ein Hohn auf
den Begriff des Völkermords. Sogar das US-Außenministerium, seine
Rechtsabteilung, hat erklärt, daß es keine Beweise gibt, die den Begriff eines
Völkermords an den Uiguren rechtfertigen. Das kommt also aus dem
US-Außenministerium! Ich denke, die Welt wird von gefährlichen Dschihadisten
bedroht, und die Nationen sollten zusammenarbeiten, um sie zu unterdrücken,
anstatt sie zu Schachfiguren in einem gefährlichen Spiel zwischen den Ländern
zu machen.
Eine Lösung für Syrien
Ich möchte nur noch eine weitere Frage ansprechen, bevor ich schließe: Die
USA und China sollten wirklich anfangen, zusammenzuarbeiten, um zu versuchen,
einige der Spannungen in der Welt zu lösen. Ich denke, Syrien wäre ein
geeigneter Ort, um damit zu beginnen.
Syrien ist seit zehn Jahren vom Krieg zerrissen. Das gilt für die Menschen
auf beiden Seiten. Denn 90% des Landes sind unter Kontrolle der syrischen
Regierung, aber die anderen 10% werden von den Terroristen kontrolliert. Auf
beiden Seiten herrscht eine große Kriegsmüdigkeit. Und das einzige, was den
Krieg wirklich am Laufen hält, ist, daß wir eine effektive Seeblockade gegen
Syrien verhängt haben.
Außerdem gibt es noch die Caesar-Sanktionen, die ziemlich barbarisch sind;
sie verursachen vielerorts Hungersnöte. Wenn wir einfach die Blockade und die
Sanktionen aufheben würden, könnten wir mit dem Wiederaufbau beginnen.
Und sobald der Wiederaufbau beginnt, haben die jungen Männer in Syrien kein
Interesse mehr daran, Soldaten zu sein, aber im Moment haben sie keine andere
Möglichkeit. Wenn jemand seine Familie ernähren will, muß er auf der einen
oder anderen Seite Soldat sein. Und es ist wirklich an der Zeit, damit
anzufangen, ihre Gewehre zu Pflugscharen zu machen und das Land wieder
aufzubauen. Jetzt ist es besonders wichtig, daß China alles Erdenkliche tut,
um beim Wiederaufbau Syriens zu helfen, denn vergessen Sie nicht diese 4000
uigurischen Extremisten in Al-Shughur. Sollte es den Terroristen von Al-Kaida
auf irgendeine Weise gelingen, die Nation Syrien zu stürzen, würde dies die
geschwächten Militanten enorm stärken. Sie würden einfach wieder in die
Provinz Xinjiang einfallen, um dort die Revolution mit enormen Mengen an
eingeschleusten Waffen fortzusetzen, und so weiter. Und das wäre wirklich eine
existentielle Bedrohung für China.
Es ist bedauerlich, daß die Central Intelligence Agency und der MI6 sich
all dessen sehr wohl bewußt sind. Wir organisierten die „Operation Zyklon“
gegen die Sowjetunion und Afghanistan und stellten eine 300.000 Mann starke
Armee von Terroristen auf, die von saudischen Geistlichen in der
wahhabitischen Weltanschauung ausgebildet wurden, um Christen und andere
Nicht-Muslime zu töten. Ich bin mir ziemlich sicher, daß es in der CIA Leute
gibt, die ein Auge auf die Provinz Xinjiang geworfen haben und eine
Gelegenheit für eine neue Operation Zyklon suchen, wie wir die Operation
nannten, die die Sowjets aus Afghanistan vertrieb.
Ich denke, das hätte schreckliche Folgen für die ganze Welt, es würde die
ganze Welt destabilisieren, wenn wir das in China anfangen würden. Deshalb
hoffe ich, daß die Vereinigten Staaten gegenüber China eine vernünftigere
Haltung einnehmen werden. Gleichzeitig bin ich besorgt darüber, daß einige der
altgedienten chinesischen Diplomaten jetzt von der Bühne abtreten und durch
aggressivere Diplomaten abgelöst werden. Ich denke, was wir brauchen, sind
Diplomaten, die nach Gemeinsamkeiten suchen und die Spannungen abbauen, damit
wir in Frieden leben können.
Wir müssen uns immer vor Augen halten, daß wir im Fall eines Krieges gegen
China entweder einen Landkrieg in Asien führen – und die Resultate kennen wir
–, oder wir führen einen Atomkrieg. Das sind die beiden Optionen. Ein
Atomkrieg bedeutet die Vernichtung eines Großteils der Menschheit. Und so
hoffe ich, daß wir die Dinge diplomatisch lösen und daß sich kühlere Köpfe
durchsetzen.
Vielen Dank, daß ich zu Ihnen sprechen konnte.
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