Lokale und regionale Nahrungsmittel-Infrastruktur statt Monopole
Von Mike Callicrate
Mike Callicrate ist Rinderzüchter in Colorado, Gründer von
Ranch Foods Direct, und Betreiber des Internetblogs „No Bull Food News“. Im
vierten Abschnitt der Internetkonferenz des Schiller-Instituts hielt er am 21.
März den folgenden Vortrag.
Hallo, ich bin Mike Callicrate. Ich bin in Colorado Springs in meinem
Lebensmittelzentrum und Fleischbetrieb, Ranch Foods Direct.
Ich möchte über den Welthunger und die Armut auf der ganzen Welt sprechen
und ein wenig darüber diskutieren, welche Art von Lebensmittelsystem den
Interessen der Menschheit am besten dienen wird. Das wird keine
hochkonzentrierte Monokultur sein, die von einer Handvoll großer Konzerne
zentral geplant wird. Es wird kein extraktiver Bergbau sein, denn das hat nur
eine sehr kurze Lebensdauer im Verlauf der menschlichen Existenz. Es wird
nicht die Technik sein, die uns rettet und uns in Zukunft ernährt. Es werden
mehr Menschen auf dem Land sein, die Lebensmittel produzieren, die wir essen
können, statt Lebensmittel, die zu etwas verarbeitet werden müssen, das
ehrlich gesagt nicht gut für unsere Gesundheit ist.
Die Frage ist also: Wird die Menschheit gedeihen oder untergehen? Was ist
die Lage seit COVID, und was müssen wir tun, um weiterzukommen? Wir wissen,
daß in diesem Jahr möglicherweise mehr Menschen an Hunger sterben werden als
an dem Coronavirus, sagt Oxfam. Das Virus hat viele Menschen getötet, es hat
unsere Volkswirtschaften erschüttert, es hat gezeigt, wie verwundbar wir mit
einem industriellen Lebensmittelsystem sind, das Lieferketten nutzt, die bei
einem Krankheitsausbruch wie COVID auseinanderfallen.
Was würde also unseren Bedürfnissen besser dienen?
Ich würde sagen, daß ein dezentraleres System unserem System mit Sicherheit
besser dienen würde; ein mehr lokaler und regionaler Ansatz würde unserer
Lebensmittelversorgung und den Bürgern auf der ganzen Welt viel besser
dienen.
Die Verarmung und Unterernährung einer Zivilisation steht in direktem
Zusammenhang mit der Konsolidierung und Industrialisierung der
Lebensmittelversorgung. Wir haben das in den Vereinigten Staaten an den vielen
leeren Regalen während des COVID-Ausbruchs gesehen: die Zusammenbrüche in der
Lieferkette, die Verwundbarkeit. Wir können einfach nicht zu diesem System
zurückkehren.
Die kleinen Fabriken wie meine waren in der Lage, mit 400% des Vorjahres zu
produzieren, weil unsere Arbeiter einfach mehr und länger gearbeitet haben.
Außerdem hatten wir eine Lieferkette, der das Vieh nicht ausging, und ich
konnte einfach die Schlachtung steigern und mehr Fleisch in die Regale bringen
und mich um die Versorgung vor Ort kümmern. Im Gegensatz zu den großen
Fleischfabriken, deren Systeme alle versagt haben, zusammen mit ihren
Einzelhandelspartnern und Food-Service-Unternehmen. Sie alle haben darin
versagt, die Bedürfnisse der Menschheit während dieser COVID-Krise zu
erfüllen.
Gesunde Böden, gesunde Gemeinden
Die Konzentration von Macht und Reichtum ist die größte Bedrohung für jede
freie Gesellschaft. Daher denke ich, daß alles, was wir in Zukunft tun, um die
Welt zu ernähren, die lokale und regionale Lebensmittelinfrastruktur
einbeziehen muß. Die größte Sorge und „Bedrohung“ für ein konzentriertes
Lebensmittelsystem ist lokal: lokale Lebensmittel und Menschen, die sich von
ihren eigenen Gemeinschaften ernähren.
Das Modell, das wir in den letzten 50 Jahren hatten, das industrielle
Modell, hat unserem Land so viel angetan. Es ist wie ein Bergbaubetrieb. Es
baut den Reichtum von gesundem Boden ab, es zerstört unser Land für den
kurzfristigen Nutzen einiger großer globaler Konzerne. Wir müssen gegen die
großen globalen Konzerne und ihre Monopolmacht über unsere
Lebensmittelversorgung vorgehen.
Sehen Sie sich den Landverlust an; sehen Sie sich den Bodenverlust an.
Franklin Roosevelt sprach davon, daß eine Nation, die ihre Böden zerstört,
sich selbst zerstört. Hier sehen Sie ein Bild, das ich von meinem Flugzeug aus
am 24. Dezember 2013 aufgenommen habe. Die Staubwolke war 320 km lang, von
Colorado Springs bis zur Grenze von Kansas. Sie war 4 km hoch, über 6 km tief
und bewegte sich mit 80 km/h nach Süden.
Der Osten von Colorado leidet unter einem enormen Bodenverlust. Damit
verlieren wir die Möglichkeit, uns zu ernähren. Die weiße Farbe des Bodens auf
diesem Foto ist sehr bezeichnend für die Bodengesundheit im östlichen
Colorado. Das ist Land, das über Generationen und Jahrzehnte hinweg weggespült
und weggeblasen wurde. Jetzt kann man auf diesem Land ohne chemische
Düngemittel keine Nahrung mehr anbauen. Nur Tiere können dieses Land heilen;
nur Tiere und der Dung von diesen Tieren können dieses Land heilen. Damit
wieder Tiere auf dem Land sind, braucht man Menschen, die auf das Land
zurückkehren.
Wir brauchen also das Lokale, das Regionale, und wir müssen die Monopole
und die Raubtiere auf dem Markt unter Kontrolle bringen, damit neue
Infrastrukturen Erfolg haben und gut arbeiten und unsere Bedürfnisse decken
können. Ich denke, die Lösung für Armut und Hunger liegt darin, die Monopole
aufzubrechen und gleichzeitig eine lokale, regionale Lebensmittelinfrastruktur
um Gemeinden und gesunde Böden herum aufzubauen.
Ich empfehle vier Bücher,1 von denen ich hoffe, daß viele von
Ihnen sie lesen werden und eine Politik und Gesetzgebung unterstützen, die
Monopole bricht und unabhängige Unternehmen fördert. Lassen Sie die Menschen
auf der ganzen Welt sich vor Ort ernähren. Das wird einige große politische
Veränderungen erfordern, um das Land der Kontrolle der modernen
Großgrundbesitzer zu entziehen und den Menschen die Verantwortung für ihre
eigene Lebensmittelinfrastruktur und ihre Fähigkeit, sich selbst zu ernähren,
zurückzugeben.
Das ist das „Callicrate-Modell“ für regenerative Landwirtschaft und
Viehzucht. Beachten Sie, daß es ein zirkuläres Modell ist, das vom Boden
zurück zum Boden führt. Gesunde Böden machen gesunde Menschen zu gesunden
Gemeinschaften. Das derzeitige System ist ein lineares System der Extraktion;
es ist ein Bergbauunternehmen. Wir müssen es loswerden und es durch dieses
regenerative Landwirtschafts- und Viehwirtschaftssystem ersetzen, das wir bei
Callicrate Cattle Company entwickelt haben. Sie können auf
mikecallicrate.com gehen und sich meinen Blog und die anderen Dinge,
die wir tun, ansehen. Ich freue mich wirklich über die Gelegenheit, heute hier
zu sein und mit Ihnen allen darüber zu diskutieren. Ich danke Ihnen.
Anmerkung
1. Monopolized: Life in the Age of Corporate Power von David Dayen;
Break ’Em Up: Recovering Our Freedom from Big Ag, Big Tech, and Big
Money von Zephyr Teachout; Liberty from All Masters: The New American
Autocracy vs. The Will of the People von BarryC. Lynn und Monopolies
Suck: 7 Ways Big Corporations Rule Your Life and How to Take Back Control
von Sally Hubbard.
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