Das „Gemeinsame“ zur absoluten menschlichen Priorität machen
Warum Gesundheits-, Bildungs- und Ernährungspolitik eine
gemeinsame Herausforderung ist
Von Jacques Cheminade
Der dritte Abschnitt der Internetkonferenz des
Schiller-Instituts am 27. Juni 2021 befaßte sich mit dem Thema „Wiederholung
von Weimar 1923: Weltweite Glass-Steagall-Bankentrennung zur Verhinderung der
Hyperinflation“. Jacques Cheminade, der Leiter der LaRouche-Bewegung in
Frankreich, eröffnete diese Runde mit dem folgenden Vortrag.
Wie wir wissen, enthält die kurze „Gemeinsame Erklärung der Präsidenten der
USA und Rußlands zur strategischen Stabilität“, die der Welt von US-Präsident
Joe Biden und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin vorgestellt wurde,
folgende gemeinsame Verpflichtung: „Heute bekräftigen wir das Prinzip, daß ein
Atomkrieg nicht gewonnen werden kann und niemals geführt werden darf.“ Es ist,
vom Standpunkt unserer Zukunft aus gesehen, ein Schritt zurück vom Abgrund.
Dennoch zeigt die Tatsache, daß eine so offensichtliche Aussage gemacht
werden mußte, wie groß und unmittelbar die Gefahr war. War? Alles deutet
darauf hin, daß sie es immer noch ist... Denn es fehlt immer noch die positive
Seite, die nötig ist, um den Frieden zu sichern.
Was sich ändern muß, ist die Art des Denkens und Handelns, vor allem in
unserem westlichen Teil der Welt. Das heißt, wir müssen bei uns selbst
aufräumen, und das ist der Zweck dieser Konferenz. Lyndon LaRouche hatte diese
Herausforderung schon in seinem Dokument mit dem Titel „Die LaRouche-Doktrin:
Entwurf eines Abkommens zwischen den USA und der UdSSR“ aufgegriffen. Er
schrieb dieses Dokument im März 1984. Seitdem ist aus der UdSSR wieder Rußland
geworden, aber 37 Jahre nach 1984 ist die Weltlage nicht nur nicht besser,
sondern viel schlechter geworden.
Die „unbedingte Souveränität jedes einzelnen und aller Nationalstaaten“
wird nicht anerkannt. Es gibt keine „Zusammenarbeit zwischen souveränen
Nationalstaaten zur Förderung unbegrenzter Möglichkeiten, an den Vorteilen des
technischen Fortschritts teilzuhaben, zum gegenseitigen Nutzen aller und jedes
einzelnen“. Außer der chinesischen One Belt, One Road-Initiative gibt es kein
Projekt für die Zivilisation.
In diesem Panel geht es darum zu erklären, warum das so ist: Was ist das
finanzielle, militärische und soziale Damoklesschwert, das über unseren Köpfen
hängt, und was muß getan werden, um es loszuwerden? Die westlichen Mächte
haben den Zentralbanken, den „Geldmanagern“, wie Roosevelt sagte, und ihren
oligarchischen Hintermännern erlaubt, die Menschheit in eine Sackgasse zu
führen, wo die Alternative nur noch hyperinflationäre Zerstörung und
deflationärer Zusammenbruch ist.
Paul Gallagher wird erklären, wie dies nach dem Treffen der Zentralbanker
im August 2019 auf der jährlichen Konferenz in Jackson Hole, Wyoming,
organisiert und verschärft wurde. Sie nennen das einen „Regimewechsel“, wobei
sie für ihre globale finanzielle Ausplünderung dasselbe Wort
„Schutzverantwortung“ verwenden, mit dem sie auch die politische Unterwerfung
der Nationen unter ihre feudale Finanzordnung unter dem heuchlerischen Vorwand
der „Demokratie“ erzwingen wollen.
Unter einer solchen Herrschaft bricht der reale Wohlstand zusammen, die
Welt verarmt, da immer weniger Geld in die Produktion fließt und immer mehr
Scheingeld ausgegeben wird. In den letzten sechs Monaten wuchsen die
Vermögenswerte der Federal Reserve um 94%, während die reale, physische
Produktion überhaupt nicht anstieg, trotz des Mediengeschwafels.
Paul wird Ihnen alle relevanten Zahlen nennen, aber lassen Sie mich Ihnen
bereits eine nennen: Um nach dem Zweiten Weltkrieg einen Dollar an realer
Produktion zu erzeugen, mußte etwa ein Dollar an Schulden aufgewendet werden.
Etwas später brauchte man etwa eineinhalb Dollar. Jetzt, in den letzten fünf
Jahren, müssen für einen Dollar Produktion etwa 4,5 Dollar Schulden
aufgewendet werden. Und in Wirklichkeit ist die Zahl noch viel größer, wenn
man den Inflationseffekt mit einbezieht.
Zwei weitere Zahlen definieren die Situation in der Höhle der Finanzwelt:
Der Wert der gesamten Aktienkapitalisierung im Vergleich zum
US-Bruttoinlandsprodukt (BIP) liegt bei 317% (am Ende des dritten Quartals
2007 erreichte er „nur“ 210%). Die gleiche Art der Steigerung gilt für das
Verhältnis von Immobilien zum BIP.
Das ist es, was Hyperinflation ausmacht: ein immer größer werdender Strom
von Scheingeld, das vom Finanzsystem ausgegeben wird, um monetären Reichtum
auf Kosten der Produktion und des Lebensstandards der Bevölkerung anzuhäufen.
Im Klartext: primitive Akkumulation gegen das Gemeinwohl und die zukünftigen
Generationen!
Paul wird Ihnen zeigen, was Hjalmar Schacht, Hitlers Finanzminister, getan
hat, um die Nazis in Deutschland an die Macht zu bringen, und wie er eine
brutale wirtschaftliche Austerität durchgesetzt hat. Aber das allein reichte
nicht, es hätte zu heftige Unzufriedenheit im Lande erzeugt. Es wurde etwas
anderes benötigt, um das „Geld“ zu stützen. Die einzige verfügbare Lösung war,
draußen zu plündern – andere Nationen auszuplündern. Paul betont, daß Schacht
in nur zwei Jahren die Rüstungsproduktion von 2% des deutschen BIP auf 20%
gesteigert hat!
Nehmen wir zum Vergleich die heutige Situation in den USA.
Man könnte argumentieren, daß es doch eine überparteiliche Einigung auf
einen Infrastrukturplan von 1,2 Billionen Dollar über einen Zeitraum von acht
Jahren gegeben hat. Und daß Biden und die Demokraten versuchen, einen
1-Billionen-Plan für amerikanische Familien durchzubringen. Das sind zwar bis
zu einem gewissen Grad notwendige Ausgaben, aber was die Infrastruktur
betrifft, so handelt es sich hauptsächlich um wirtschaftlichen Nachholbedarf,
und das Geld des Familienplans wird ohne eine Gegenleistung in realer
physischer Produktion ausgegeben werden. Und diese Politik ist Teil des Green
New Deal, der Blase aller Finanzblasen.
Halten wir außerdem zwei Punkte fest. Der erste ist, daß die
Militärausgaben der USA offiziell bei etwa 740 Mrd. Dollar pro Jahr liegen,
aber wenn man die indirekten Ausgaben hinzurechnet, kommen wir auf über 900
Milliarden. Zwei Jahre Militärausgaben (1,48 Billionen bei der unteren
Schätzung) sind also mehr als der Infrastrukturplan über acht Jahre! Außerdem
sind die fortschrittlichsten technologischen Innovationen direkt mit der
Defense Advanced Projects Agency (DARPA) und dem IN-Q-TEL-Investitionsfonds
der CIA verbunden. Silicon Valley war von Anfang an deren Lieblingsprojekt,
basierend auf systemischer Datenkontrolle. Insgesamt ist das amerikanische
Verteidigungsbudget größer als das der wichtigsten zehn Länder nach den USA
zusammen!
Es mag übertrieben sein, zu sagen, daß die gegenwärtige US-Politik eine
bewußte Neuauflage des „Lebensraums“ der Nazis ist. Aber der
militärisch-industrielle Komplex oder besser gesagt der
militärisch-finanzielle Komplex verfolgt, wie Eisenhower schon 1969
feststellte, mehr und mehr die Logik einer weltweiten Wirtschafts- und
Handelskriegsführung, die in einen ausgewachsenen Cyberkrieg und in letzter
Konsequenz einen Atomkrieg ausarten kann. Der auslösende Faktor wäre das
bösartige „britische Gehirn“, das die „amerikanischen Muskeln“ in einen
Konflikt hinein manipuliert, der eine Katastrophe für uns alle bedeutet. Der
Zusammenbruch des anglo-amerikanischen Finanzsystems würde „das Unmögliche
möglich machen“, wie es Admiral Charles A. Richard, Kommandeur des U.S.
Strategic Command, mit seinen eigenen Worten ausdrückte.
Gibt es ernstzunehmende Opposition von irgendeinem anderen westlichen Land?
Diese findet sich zwar in einigen Erklärungen, aber sie sind alle im gleichen
System gefangen. Anders gesagt: Einige beklagen den gegenwärtigen Kreuzzug der
NATO gegen China, aber bisher sind das nur Worte. Unterdessen haben wir
gesehen, wie der britische Zerstörer HMS Defender die russischen
Streitkräfte im Schwarzen Meer provozierte und prompt Warnschüsse abgegeben
und Bomben vor ihn geworfen wurden. Das Damoklesschwert über uns ist, in
unserem weltwirtschaftlichen Kontext, ein neuer Zwischenfall wie in Sarajevo,
der zum offenen Krieg führt.
Die gemeinsame Herausforderung
Kommen wir also zurück zum Titel meines Vortrags: Warum sind Gesundheits-,
Bildungs- und Ernährungspolitik eine gemeinsame Herausforderung? Weil wir, um
die Bedingungen für dieses „eine“ zu schaffen, zuerst einen Paradigmenwechsel
für uns alle brauchen.
Es bedeutet zum Beispiel, das zu erreichen, was China erreicht hat: eine
ständig verbesserte Lebenserwartung; und an diesem Punkt ist China den USA
voraus. Helga Zepp-LaRouche hat oft betont, daß ein Gesundheitssystem für alle
Menschen das ist, was den Zusammenfall der Gegensätze möglich machen wird; in
diesem Zusammenhang können Frankreich und Deutschland, Japan und China, die
Vereinigten Staaten und China für eine gemeinsame Sache zusammenarbeiten.
Dennis Small und die folgenden Redner werden erklären, wie dies
wirtschaftlich erreicht werden kann: durch das LaRouche-Programm für das
erfolgreiche Überleben der Menschheit, ein globales Glass-Steagall, um die
Hyperinflation zu beenden.
Aber ich warne Sie: Microsoft und seine Sponsoren aus der Finanzwelt
bereiten bereits etwas vor, das sie HUBHealth nennen, um die Daten jedes
Menschen auf der Erde zu kontrollieren. Das könnte eine gute Idee sein, wenn
die Absicht wäre, eine bessere Versorgung zu schaffen. Aber das Gegenteil ist
der Fall: Wenn es keinen Paradigmenwechsel gibt, werden die Informationen an
die Versicherungsgesellschaften weitergegeben, die dann unter Berücksichtigung
des Profils der prädiktiven Medizin bestimmen, wieviel jeder Mensch zahlen
soll.
Das würde bedeuten, daß die Armen und sogar die Mittelschicht in unseren
westlichen Ländern auf der Strecke bleiben, weil sie nicht zahlen können, und
den ärmsten Ländern der Welt würde eine malthusianische Entvölkerung, ein
Schachtsches Massaker aufgezwungen. Selbst wenn es nicht zu einem Krieg kommt,
das ist bereits in Vorbereitung.
Unabhängig von möglichen Meinungsverschiedenheiten in einigen Fragen
sollten wir uns also alle zusammentun, um dieses „eine“ aus meiner Überschrift
zur ersten, zur höchsten menschlichen Priorität zu machen. Wenn wir das nicht
tun, werden wir zu Komplizen einer gegenseitig zugesicherten Zerstörung
unserer Menschheit.
Lassen Sie mich mit einem Zitat von Emile Zola schließen, dem Emile Zola
von „J'accuse“, der sich zur Verteidigung von Hauptmann Dreyfus erhob, wie die
meisten von uns hier zur Verteidigung von Lyndon LaRouche. Zola sagt uns:
„Wenn die Zukunft hoffnungslos ist, nimmt die Gegenwart einen schändlichen
Geschmack von Bitterkeit an.“
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