Der „Regimewechsel“ der Zentralbanker im Jahr 2019 und der „Great
Reset“
Von Paul Gallagher
Im dritten Abschnitt der Internetkonferenz des
Schiller-Instituts am 27. Juni 2021 hielt der EIR-Wirtschaftsredakteur Paul
Gallagher den folgenden Vortrag.
Ich beginne mit einem Grundprinzip, das dem zugrunde liegt, was wir in
diesem Panel vorstellen. Lyndon LaRouche hat das Amerikanische
Wirtschaftsmodell gelehrt und stark vorangetrieben, das mit Alexander
Hamiltons kühner Aussage begann, die Quelle wirtschaftlichen Werts sei die
menschliche Erfindungsgabe – die einzigartige Kreativität des individuellen
menschlichen Geistes.
In seinem Bericht an den Kongreß über das Manufakturwesen aus dem Jahr 1790
erklärte und widerlegte Finanzminister Hamilton Adam Smiths Doktrin, die
Quelle des Reichtums sei der Handel; und er beschrieb dann menschliche
Erfindungen, die der Staat schützen und fördern sollte, als die Quelle des
Fortschritts und des Wohlstands.
Das britische imperiale oder „Freihandels“-System basiert auf der mit Adam
Smith und anderen verbundenen Idee, daß Wert oder Wohlstand aus dem Handel und
nationaler Wohlstand aus dem internationalen Handel kommt.
Die Fähigkeit, etwas zu kaufen und dann mit größerem finanziellen Vorteil
zu verkaufen, ist nur ein Teil dieser Vorstellung von Wohlstand. Untrennbar
davon ist der Reichtum aus der Spekulation auf den Handel: auf Währungen, auf
Kreditzinsen, auf zukünftige Preise, auf Erfolg oder Mißerfolg im Handel.
Menschliche Kreativität wird am häufigsten durch die Entwicklung neuer
Infrastruktur-Plattformen in die Wirtschaft eingeführt. Hier werden die
meisten wahren technischen Fortschritte zuerst angewandt und treten in Form
neuartiger Investitionsgüter auf. LaRouche hat dies häufig erklärt, und die
Regierung von Franklin Roosevelt und die darauffolgende Zeit bis zur Regierung
von John F. Kennedy haben es in der Praxis gezeigt.
Ein Paradebeispiel ist der rasante Fortschritt von Wissenschaft und Technik
bei den Missionen zur Erforschung des Weltraums – was die Entwicklung neuer
Infrastrukturen bedeutet: Transportinfrastrukturen für die Raumfahrt,
Kommunikationsinfrastrukturen im Weltraum, Navigationsinfrastrukturen im und
aus dem Weltraum, Energieinfrastrukturen für die Erforschung und Kolonisierung
des Weltraums usw.
Es ist daher wichtig zu verstehen, daß es 1971 eine fundamentale
Veränderung in der Weltwirtschaft gab, zum Schlechteren, und diese Veränderung
ist die Ursache der aktuellen Wirtschafts- und Finanzkrise, die sich seit dem
globalen Finanzcrash von 2008 immer weiter verschärft hat.
Bis 1971 schuf Roosevelts Bretton-Woods-Währungssystem in den
Volkswirtschaften der Vereinigten Staaten und Europas eine beständige
Nachfrage nach mehr Investitionen in Investitionsgüter und neue Infrastruktur,
qualifizierte Arbeitskräfte und landwirtschaftliche Familienbetriebe; es
verhinderte, daß internationales Kapital grenzüberschreitend spekulierte.
Nach der fatalen Entscheidung Nixons 1971, den US-Dollar aus der
Bretton-Woods-Goldreserve herauszulösen, förderte das System der freien
Wechselkurse, das an seine Stelle trat, vor allem die Spekulation und trieb
Investitionen in die Spekulation.
In dem halben Jahrhundert, das seither vergangen ist, verschwand die
Nachfrage nach neuer Infrastruktur und neuen Investitionsgütern allmählich und
wich der Nachfrage nach billigerer, großangelegter Produktion existierender
Produkte. Die Billigproduktion, die in die Entwicklungsländer ausgelagert
wurde, verdrängte völlig Roosevelts Absicht, Investitionsgüter für große
Infrastrukturprojekte in die Entwicklungsländer zu exportieren.
Die Periode des hyperinflationären Gelddruckens, die wir jetzt erleben,
geht nicht auf die Pandemie und den sogenannten „Aufschwung“ zurück, sondern
auf die Entscheidungen und Handlungen der großen Zentralbanken unter dem, was
sie im Herbst 2019 ihren „Regimewechsel“ nannten.
Die Weimarer Inflation
Tabelle 1: Weimarer Inflation
|
Datum
|
Dollarkurs in
Mark
|
1. Juli 1914
|
4,20
|
31. Januar 1920
|
42,00
|
31. Januar 1921
|
60,43
|
3. Oktober 1921
|
127,37
|
31. Januar 1922
|
199,40
|
21. Oktober 1922
|
4.439,-
|
31. Januar 1923
|
49.000,-
|
26. Juni 1923
|
760.000,-
|
8. August 1923
|
4.860.000,-
|
7. September 1923
|
53.000.000,-
|
3. Oktober 1923
|
440.000.000,-
|
11. Oktober 1923
|
5.060.000.000,-
|
22. Oktober 1923
|
32.150.000.000,-
|
3. November 1923
|
418.950.000.000,-
|
9. November 1923
|
628.500.000.000,-
|
15. November 1923
|
4,20 RM =
4.200.000.000.000,-
|
Quelle: Hermann Bente: Die deutsche Währungspolitik von 1914–1924. In: Weltwirtschaftliches Archiv. Band 25, 1926, Nr. 1, S. 134.
|
Tabelle 1 zeigt die berüchtigte Inflation in Deutschland 1922-23,
bekannt als die „Weimarer Hyperinflation“. Das ist die Reichsmark im
Verhältnis zum US-Dollar: von ein paar hundert zu eins auf fünf oder sechs
Billionen zu eins in diesem 18-monatigen Zeitraum. Das Vermögen der Haushalte,
das Einkommen der arbeitenden Bevölkerung wurde ausgelöscht.
Die deutsche Zentralbank tat dies absichtlich, indem sie Geld druckte, um
zu versuchen, durch Hyperinflation die deutschen Kriegsschulden und
Reparationszahlungen zu beseitigen.
Ganz am Ende des Jahres 1923 übernahm ein Mann namens Hjalmar Schacht die
Zentralbank, die Reichsbank. Schacht nutzte einen großen internationalen
Kredit, der vom Haus Morgan organisiert wurde, um den Druck der
Auslandszahlungen zu beseitigen. Mit Hilfe der Einführung einer neuen Währung,
die Schacht extrem knapp hielt, beendete er schlagartig die Inflation. Wie Sie
sehen: nur etwa 4 neue Mark, genannt Rentenmark, für einen Dollar; so blieb es
die nächsten zehn Jahre. Schacht und die Regierung nutzten die extreme
Devisenknappheit, um eine brutale wirtschaftliche Austerität durchzusetzen und
alle Vorschläge zu vereiteln, der Wirtschaft irgendwelche produktiven Kredite
zuzuführen. Es genügt zu sagen, daß die Arbeitslosenquote in Deutschland vor
dem Crash 1929 bei 12% lag.
Hyperinflation ist also in der Tat „vorübergehend“, wie unsere heutigen
Zentralbanker behaupten – sie könnten sie abrupt mit ihrem Gegenteil, der
Deflation, beenden, mit mörderischen Folgen.
Deutschland war damals ein Sonderfall. Der allgemeine Fall in den
Vereinigten Staaten und im größten Teil Europas war, daß die Regulierung der
Geschäftsbanken aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg aufgehoben wurde. Große
Geschäftsbanken durften Investmentbanken übernehmen und
Aktienspekulations-Trusts bilden, und Bank-Holdinggesellschaften durften
Investmentbanken sowie das, was wir heute „Schattenbanken“ aller Art nennen,
besitzen.
Sie wurden zu sogenannten „Universalbanken“, die „One-Stop-Banking“
(„Alles-Banking“) anboten – dieser Begriff wurde von der Wall Street in den
1920er Jahren ebenso verwendet wie heute. Vor allem in den Vereinigten Staaten
gingen die großen Banken der Wall Street und aus Chicago
Spekulations-Partnerschaften mit kleineren Banken im ganzen Land ein und
verkauften ihnen Wertpapiere, die diese kleinen und mittelgroßen Banken
wiederum an ihre Kunden weiterverkauften. In den Vereinigten Staaten,
Deutschland, Italien, Frankreich, Österreich wurden die großen Universalbanken
mit Einlagen überhäuft, schränkten aber die Kreditvergabe drastisch ein –
genauso wie es auch jetzt der Fall ist.
Dieses Verhalten der Banken verursachte die Aktiencrashs und Bankpleiten
von 1929-33. Dieser Prozeß ist gut und gründlich in einem Buch beschrieben,
das letztes Jahr von Prof. Arthur Wilmarth von der George Washington
University veröffentlicht wurde: Taming the Megabanks: Why We Need a New
Glass-Steagall Act („Die Zähmung der Megabanken: Warum wir ein neues
Glass-Steagall-Gesetz brauchen“).
Glass-Steagall war die Lösung. In den Vereinigten Staaten wurden mit
Roosevelts Bankfeiertag vom März 1933 die Geschäftsbanken reorganisiert, wobei
ihre spekulativen Wertpapiere aussortiert und abgeschrieben wurden. Diese
Reorganisation wurde drei Monate später durch den Glass-Steagall Act
„dauerhaft“ gemacht.
Diese Abschreibung bedeutete, daß neue Kredite in großem Umfang notwendig
waren. Roosevelt sagte auf einer Pressekonferenz im April 1933:
„Sehen Sie, bei der Schließung der Banken haben wir etwa vier Milliarden
Dollar beseitigt. Es war wahrscheinlich schon vorher eingesperrt [d.h. wertlos
– Anm. d. Verf.], aber die Leute wußten es nicht. Jetzt ist es weggesperrt,
und die Leute wissen es. Das ist deflationär.“
Er wußte also, nachdem er diese „Universalbanken“ zerschlagen hatte, daß
die Tennessee Valley Authority und die „Four Corners“-Infrastrukturprojekte
sofort benötigt wurden, und ebenso sofort die Reconstruction Finance Company
als eine Art nationale Bank für produktive Kredite – ein wesentlicher Teil von
Glass-Steagall. Das war damals die eigentliche Lösung.
Hören wir nun Lyndon LaRouche im Jahr 2010, nach dem Crash, den er zu
verhindern versucht hatte, indem er im Kongreß für die Wiedereinführung des
Glass-Steagall-Gesetzes warb:
„Und wenn wir das in den Vereinigten Staaten tun – wenn wir eine
Glass-Steagall-Reform durchsetzen –, dann wird das Billionen von Dollar an
wertlosem Papier auslöschen. Aber das Auslöschen von Billionen von Dollar an
wertlosem Papier und die Beendigung der Befugnisse bestimmter Arten von
Banken, der spekulativen Banken, würde bedeuten, daß wir in der Lage sein
werden, die US-Wirtschaft zu retten, zumindest innerhalb der Vereinigten
Staaten...
Wir müssen dann ein neues Kreditsystem schaffen, und wenn wir ein neues
Kreditsystem schaffen, müssen wir zu einem System mit festen Wechselkursen
zwischen den Nationen übergehen, die an der Reform teilnehmen. Indem wir zu
einem System fester Wechselkurse übergehen, können wir die grundlegenden
Kreditkosten für reguläre Kredite beibehalten, die bei 1,5% oder so ähnlich
als Basiszinssatz liegen.
Wir können und müssen dann eine Perspektive von etwa zwei Generationen,
etwa 50 Jahren, des Wiederaufbaus der Weltwirtschaft einnehmen. Weil wir so
viel Industrie und so viel Landwirtschaft zerstört haben, wird der Schwerpunkt
am Anfang auf Infrastrukturprogrammen liegen – wie Massenverkehrsmittel, zum
Beispiel Eisenbahnen, Magnetschwebebahnsysteme; Verbesserungen der
Wassersysteme und ebenso der Massen-Wassertransportsysteme; eine viel größere
Betonung der Kernenergie als Energiequelle; Verbesserungen der kommunalen
Infrastruktur und so weiter. Die Verbesserung im Bereich der grundlegenden
wirtschaftlichen Infrastruktur wird eine Nachfrage nach Produktion aus der
Industrie schaffen.“
Das ist jetzt der Anfang der Lösung.
Die „Universalbanken“, die den Crash von 1929-33 verursacht hatten und
durch Glass-Steagall ein halbes Jahrhundert lang in den Vereinigten Staaten
und einem Großteil Europas verboten waren, kamen ab den späten 1980er Jahren
mit Volldampf zurück. Nach Londons „Big-Bang“-Bankenderegulierung 1986
erlaubten die Regulatoren das Universalbanking überall. Heute ist es nur noch
in China verboten.
Seit dem Aktiencrash und der Sparkassenabwicklung 1987 blähten sich
Schuldenblasen auf und platzten dann alle paar Jahre.
Abb. 1: US-Hypothekenschulden 2003-2019, in Billionen US-Dollar.
© OECD
Abb. 2: Zwischen 2008 und 2018 wurden weltweit etwa 13 Billionen US-Dollar
an Unternehmensanleihen ausgegeben.
Der Krach von 2007-08 und die Folgen
Der Finanzcrash 2007-08 erwuchs, wie jeder weiß, aus einer Blase von
Hypothekenschulden (Abbildung 1), die von Universalbanken der Wall
Street und Londons und ihren Hypothekengesellschaften geschaffen wurde. Die
Haushalte konnten sich die steigenden Ausgaben für ihre Häuser nicht leisten,
also nahmen sie Kredite auf, weil sie dachten, damit Gewinn zu machen.
Natürlich waren diese 10 Billionen Dollar Schulden bis 2008, doppelt so
viel wie fünf Jahre zuvor, nur ein kleiner Teil der weltweiten Schuldenblase,
die platzte; dazu kamen noch 10 Billionen Dollar in hypothekenbesicherten
Wertpapieren und vielleicht 100 Billionen Dollar in anderen
Derivatewetten.
Nach diesem Crash wurde die Lösung abgelehnt: nämlich LaRouches
Glass-Steagall-Lösung, die Zerschlagung der
Universalbank-Holdinggesellschaften und die Abschreibung ihrer wertlosen
Wertpapiere – dazu ein Verbot von Zwangsversteigerungen von Häusern und
Wohnungen, solange dies ablief. Stattdessen begannen die Zentralbanken mit
einem koordinierten massiven Gelddrucken, um diese Universalbanken liquide zu
halten, auch wenn sie ihre Finanzwetten verloren, und ihnen angeblich genug
Reserven zu geben, um den nächsten Crash zu überleben.
Die Blase der Hypothekenschulden wurde dann durch eine noch größere globale
Blase von Unternehmensschulden abgelöst (Abbildung 2). Von 2008 bis
2018 wurden etwa 13 Billionen Dollar an Unternehmensanleihen ausgegeben (der
hohe rote Balken), mehr als in den beiden vorangegangenen Jahrzehnten
zusammen (die beiden grauen Balken). Aber das ist nur eine Kategorie, die
gesamte Schuldenblase der Unternehmen beträgt mehr als 20 Billionen Dollar,
doppelt so viel wie die Schuldenblase der amerikanischen Privathaushalte, die
vor ihr geplatzt ist. Dazu kommen noch Schuldverschreibungen und Hunderte von
Billionen an Zinsswaps und anderen Derivaten.
Tabelle 2: Vermögenswerte der vier größten
Wall-Street-Banken (in Billionen Dollar)
|
2007
|
4,05
|
2010
|
7,45
|
2015
|
8,2
|
2017
|
8,4
|
Tabelle 2 zeigt die nominellen Vermögenswerte der vier größten
Wall-Street-Universalbanken zusammengenommen – eine große Expansion während
und nach dem Crash von 2008, den sie verursacht haben, dann ein langsameres,
aber anhaltendes Wachstum zu monströser Größe, als sie mit der „quantitativen
Lockerung“ des Gelddruckens der Federal Reserve aufgepäppelt wurden.
Und dann ist da noch die riesige Wall-Street-Vermögensverwaltungsfirma
BlackRock, Inc., auf die Prinz Charles und die Oligarchen des Great Reset
zählen, um Tausende von Unternehmen aus fossilen Brennstoffen und
kohlenstoffhaltigen Industrieprozessen heraus und in Windparks und
Solaranlagen hinein zu zwingen. BlackRock wurde bezeichnet als „ein Riese, der
aus dem Crash auftauchte“, dank der quantitativen Lockerung der Fed; sein
verwaltetes Vermögen betrug 2008 eine Billion Dollar, 2017 schon 6 Billionen,
heute fast 9 Billionen.
Das alles ist nur das Vorspiel zu dem, was im Herbst 2019 begann, was die
Zentralbanker selbst als „Regimewechsel“ bezeichnen und was jetzt kurz vor dem
Ausbruch steht.
Schachts Politik
Gehen wir zurück zu Herrn Hjalmar Schacht, dem deutschen Zentralbankchef in
den 1920er Jahren. Nach 1929 nahm sich Herr Schacht ein paar Jahre eine
Auszeit, um von Bankiers- und Industriefreunden in Deutschland und London Geld
für Hitler zu beschaffen und bei den Wahlen 1932 und Anfang 1933 für die Nazis
zu werben. Er fand aber Zeit, bei der Gründung der Bank für Internationalen
Zahlungsausgleich (BIZ) in Basel mitzuwirken, der sogenannten „Zentralbank für
Zentralbanken“. Und er war ein ziemlicher Liebling des Chefs der Bank von
England, Montagu Norman, und wurde ein Liebling des britischen Ökonomen John
Maynard Keynes.
1933 kehrte Schacht als Hitlers Reichsbankchef und Wirtschaftsminister
zurück, mit viel mehr Macht, als er zehn Jahre zuvor gehabt hatte. Damals
hatte der deflationäre Schacht das Geld sehr knapp gemacht, jetzt druckte er
Geld in einem Ausmaß, wie es kein Zentralbanker je zuvor getan hatte. Die
„Mefo-Wechsel“, die er druckte, waren seine Idee, nicht die von Hitler oder
Göring. Er ließ einen Kreis der größten Banken und industriellen
Rüstungsproduzenten eine Scheinfirma gründen, massenhaft eigene Schuldscheine
ausgeben, und seine Reichsbank kaufte sie mit neuem Geld. Mit diesem Plan nahm
er der Nazi-Regierung die Befugnisse über den Haushalt und machte die
Zentralbank zur dominierenden Kraft bei den nominellen Staatsausgaben.
Das war ein Zentralbank-„Regimewechsel“. Wichtiger war sein Zweck, eine
gewaltige Verschiebung der Wirtschaftstätigkeit auf breiter Front: In nur zwei
Jahren von 1933-35 trieb Schacht die Rüstungsproduktion von 2% des deutschen
BIP auf 20% des BIP. Einige andere Industrien – zum Beispiel die Textil- und
Bekleidungsproduktion, Landmaschinen, Wohnungsbau – wurden gedrosselt. Im
Rahmen dieser Umstellung begann das System der Arbeitslager, das sich
allmählich zum Horror des 20. Jahrhunderts entwickelte.
Das war das Modell. Lyndon LaRouche machte Anfang der 1970er Jahre, als
Roosevelts Bretton-Woods-System zerschlagen wurde, ein Riesenthema daraus und
warnte, dadurch werde am Ende ein „Schachtscher Faschismus“ entstehen.
Die „Regimewechsel“-Pläne der Zentralbanker
Im August 2019 trafen sich die führenden Zentralbanker auf der jährlichen
Konferenz der Federal Reserve in Jackson Hole, Wyoming, und diskutierten über
einen Vorschlag ehemaliger Zentralbankchefs aus vier Ländern, die jetzt alle
Führungskräfte bei BlackRock, Inc. sind, dem größten Finanzunternehmen der
Welt. Sie nannten es „Regimewechsel“: Es sei an der Zeit, daß die
Zentralbanken den Regierungen die Kontrolle über die Ausgabenbefugnisse
abnehmen. Auf der Konferenz diskutierte man auch über einen Vortrag des Chefs
der Bank von England, Mark Carney – dem „Mister Null-Emission“ der
Zentralbanker –, der sagte, die Zentralbanken müßten eine synthetische
Weltreservewährung schaffen, die den US-Dollar ersetzt.
Der Grund für beide Vorschläge ist: Die Zentralbanken müssen es endlich
schaffen, ihre zehnjährige „Mission impossible“ nach dem Crash von 2008 zu
erfüllen, nämlich eine Inflation auszulösen. Sie müssen riesige Mengen an
Konsumnachfrage schaffen, indem sie Geld drucken und es quasi mit dem
Helikopter herabregnen lassen.
Die Wahrheit ist natürlich, daß die Regierungen vielmehr eigentlich
Nachfrage nach Investitionsgütern, neuen Technologien und produktiver
Beschäftigung schaffen müßten, und zwar auf die Art und Weise, die Lyndon
LaRouche vorgegeben hat: durch die Ausgabe von Krediten für neue, große
Infrastrukturprojekte. Aber solche Investitionen waren 50 Jahre zuvor
eingestellt worden, als Roosevelts Bretton-Woods-System zusammenbrach.
Stattdessen nahmen die Zentralbanken sich das Recht, durch ihr Gelddrucken
eine riesige Nachfrage nach Waren und Dienstleistungen zu schaffen.
Abb. 3: Die Zentralbanken haben ihre Geldruckpolitik dramatisch
ausgeweitet.
Tabelle 3: Vermögenswerte, Einlagen und Kreditvergabe von JP
Morgan Chase (in Billionen US-Dollar)
|
Quartal
|
1/2018
|
4/2018
|
1/2019
|
4/2019
|
1/2020
|
Vermögenswerte
|
2,6
|
2,6
|
2,7
|
2,65
|
3,15
|
Einlagen
|
1,5
|
1,5
|
1,5
|
1,55
|
1,8
|
Kredite
|
0,9
|
0,95
|
0,9
|
0,95
|
0,96
|
Quelle: JP Morgan Chase
|
Quelle: Federal Reserve
Abb. 4: Vermögenswerte der Federal Reserve
Jedoch waren die von ihnen gedruckte Geldmengen dazu verdammt, größtenteils
in neuen Finanzspekulationen der größten Firmen der Wall Street und Londons zu
versickern. Aber der Regimewechsel ging weiter, beginnend mit der
Wiederaufnahme der quantitativen Lockerung durch die Federal Reserve Anfang
Oktober 2019, gefolgt von der EZB. Der Vorwand war die
US-Interbanken-Kreditkrise („Repo-Krise“) vom September 2019 – eine Pandemie
war noch nicht in Sicht.
In Abbildung 3 sehen Sie das Ausmaß dieser Beschleunigung des
transatlantischen Liquiditäts- und Reservedruckens der Zentralbanken über die
Universalbanken ab Ende 2019. Ich habe Ihnen bis jetzt Diagramme gezeigt, die
2018 oder 2019 endeten. Danach kam die dramatische Verschiebung durch die
„Regimewechsel“-Politik der Zentralbanken.
Schauen Sie sich die Auswirkungen auf die größten Banken an (Tabelle
3). Das ist JPMorgan Chase, die größte Wall-Street-Bank. Schauen Sie sich
die Zunahme ihrer Größe an, nur vom vierten Quartal 2019 bis zum ersten
Quartal 2020: eine Zunahme der Einlagen um ca. 250 Mrd. $ und eine Zunahme der
Vermögenswerte um ca. 450 Mrd. $. Und dies hat sich fortgesetzt: Die Aktiva
von JPMorgan sind nun in einem Jahr um 30% in die Höhe geschossen.
Aber schauen Sie sich die Kredite und Leasinggeschäfte an – keine
Veränderung! Genau wie in den 1920er Jahren: Megabanken, die monströs an
Einlagen und Vermögenswerten zunehmen, aber keine Kredite vergeben. Die
Zentralbanken haben riesige untote Universalbanken geschaffen, die im Grunde
genommen nicht scheitern können – weil die Zentralbanken ihr Scheitern nicht
erlauben, egal wieviel von ihren Vermögenswerten sich in nichts auflöst –, die
aber auch keine Kredite vergeben können.
Das muß gestoppt werden. Und die Glass-Steagall-Reform, wie sie Roosevelt
und LaRouche verstanden haben, ist die Waffe, um das zu stoppen.
Abbildung 4 zeigt die Aktiva der Federal Reserve selbst; sie ist
schließlich auch eine Bank, die aber ihre eigenen neuen Aktiva schafft – gegen
einen sehr dünnen Kapitalanteil –, indem sie Geld druckt. Diese Graphik ist
zwar neu, hinkt aber trotzdem hinterher; seit Anfang des Monats beläuft sich
die Bilanz der Fed auf über 8 Billionen Dollar. Sie ist also zehnmal so groß
wie 2008. Sehen Sie sich noch einmal die plötzliche Verschiebung und
Beschleunigung Ende 2019 an: der Beginn des „Regimewechsels“.
Der Zweck dieses „Regimewechsels“ ist seit Herbst 2019 klarer geworden,
insbesondere mit Mark Carneys neuer Rolle als UN-Klimabotschafter, während er
in öffentlichen Reden immer mehr Befehle der Zentralbanker ausgibt:
Unternehmen müssen „kohlenstoffrei werden oder untergehen“, Investitionen in
fossile Brennstoffe müssen aufhören, Entwicklungsländer müssen
„Emissionszertifikate“ als Bezahlung akzeptieren und dafür ihre eigene
Entwicklung stoppen, Banken und große Fondsmanager müssen diese totale
Umstellung der Investitionen durchsetzen.
Wie damals Hjalmar Schacht nutzen die Zentralbanken ihre Macht zum
Gelddrucken und zur Regulierung zusammen mit den größten transatlantischen
Universalbanken, um eine dramatische Verschiebung der wirtschaftlichen
Aktivität zu erzwingen. Ihre große Verschiebung ist in das, was aus ihrer
Sicht eine 30-40 Billionen Dollar große „grüne“ Finanzblase werden soll, die
sie durch einen globalen Schuldenkollaps hindurch retten soll. Das ist der
sogenannte „Great Reset“.
Das muß gestoppt werden. Ist es wie die Weimarer Hyperinflation, oder
stehen wir am Rand eines deflationären Zusammenbruchs? Die Zentralbanken haben
beides zusammen geschaffen. Entscheidend ist, daß es gestoppt werden muß.
Glass-Steagall-Zerschlagung dieser Banken in jedem Land und Verstaatlichung
der Zentralbanken, um nationale Kreditinstitute für Produktivität und
produktive Beschäftigung zu schaffen, das ist der Weg dahin.
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