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Schiller-Institut e. V.
"Zweck der Menschheit ist kein anderer als die
Ausbildung der Kräfte des Menschen, Fortschreitung."
Friedrich Schiller

 

Der Schweizerische Ansatz zum Thema Klima

Von Emanuel Höhener

Emanuel Höhener ist Beratender Ingenieur im Energiesektor und Vorsitzender des Carnot-Cournot-Netzwerks. Im zweiten Abschnitt der Internetkonferenz des Schiller-Instituts am 26. Juni 2021 hielt er den folgenden Vortrag.

Am Wochenende vom 13. Juni dieses Jahres hatte die Schweizer Bevölkerung über drei Vorlagen zu bestimmen. Alle betrafen Themen im Zusammenhang mit Umweltschutz und alle drei wurden verworfen.

Zum besseren Verständnis der Schweizerischen politischen Instrumente folgendes:

  • Die Schweiz kennt auf Bundesebene die demokratischen Instrumente „Referendum“ und „Initiative“. Beim „Referendum“ handelt es sich um die Option, daß ein Beschluß des Bundesparlaments (zwei Kammern) nochmals dem Volk vorgelegt werden muß. Ein fakultatives Referendum kann ausgelöst werden, wenn dies binnen einer bestimmten Frist von mindestens 50.000 Stimmberechtigten verlangt wird. Anmerkung: Für Verfassungsänderungen sowie völkerrechtliche Verträge gilt in der Schweiz ein obligatorisches Referendum.

  • Ein weiteres politisches Instrument ist die Initiative. Interessierte Kreise können eine Initiative zu Gesetzesänderungen einleiten, wenn binnen einer bestimmten Frist 100.000 Stimmberechtigte eine solche verlangen.

Besondere Aufmerksamkeit, auch im Ausland, erhielt die Abstimmung am 13. Juni 2021 über ein Referendum zu einer vom Parlament bereits beschlossenen, sehr strikten CO2-Gesetzgebung. Diesem Referendum wurde von der Mehrheit der Stimmenden und Stände zugestimmt, was bedeutet, daß die sehr einschneidende neue CO2-Gesetzesvorlage abgelehnt wurde.

Das zur Diskussion stehende CO2-Gesetz war maßgeblich beeinflußt von politisch links-grünen Interessen und entsprechender Ideologie und hätte sehr schnell zu kostentreibenden Maßnahmen geführt: Verteuerung der Treibstoffpreise, Verteuerung von Brennstoffen für Heizung, Abgaben auf Flugtickets, Zwang zu Haussanierungen und damit besonders auch eine Erhöhung der Mietkosten. Bis 2050 hätte die Schweiz nach dieser Auslegung 100% CO2-frei sein müssen, was bedeuten würde: komplettes Verbot der Verwendung von fossilen Energieträgern.

Es wäre absolut falsch, das Verdikt der Schweizer Bevölkerung dahingehend zu interpretieren, daß man sich um Umweltprobleme nicht kümmert. In der Schweiz haben wir seit langem bereits sehr strenge Auflagen betreffend der Wärme-Isolation von Häusern, ebenso die Betriebsqualität von Heizungen und Fahrzeugen, welche regelmäßig und in kurzen Abständen überprüft werden (inklusive Einhaltung von bereits strengen CO2-Emissionsgrenzwerten).

Ein wichtiger Grund, warum die Schweizer Bevölkerung das vorgeschlagene Gesetz abgelehnt hat: Die Stimmbürger haben das Vertrauen in die Versprechungen der Politik verloren und sind überzeugt, daß dessen Annahme des Gesetzes an der Klimasituation nichts ändert, jedoch die Lebenshaltungskosten in die Höhe treiben würde und ein weiterer unnützer Staatsapparat geschaffen würde.

Der Slogan der Befürworter dieses Gesetzes war: „Wir retten das Klima!“ Wie absurd dieser Anspruch ist, wenn die Schweiz eine derartige Gesetzgebung im Alleingang einführt, mögen folgende Überlegungen aufzeigen: Der Anteil der Schweiz am globalen (errechneten) CO2-Ausstoß beträgt aktuell rund 0,13%. Würde die Schweiz den Ausstoß von 2020 bis 2050 linear senken, dann wäre der akkumulierte Ausstoß in dieser Periode von 10.950 Tagen rund 770 Mio.t. Die drei größten Emittenten, China, USA und Indien stoßen diese Menge in 16 Tagen aus!

Eine glaubwürdige Politik zur Reduktion des CO2-Ausstoßes kann nur dann funktionieren, wenn diese international breit abgestützt ist. Zudem ist sich die Wissenschaft nicht einig, was denn letztlich die maßgeblichen Einflußfaktoren den Klimawandel betreffend sind, CO2 ist allenfalls einer von diesen. Ein möglicherweise wichtiger Aspekt ist, daß die Menschheit lernen muß, sorgfältiger mit den Ressourcen Öl, Gas, Kohle – da endlich – umzugehen.

Auch steht die Frage im Raum, was ist unter dem Stichwort „netto Null“ (CO2) zu verstehen und wie kann das erreicht werden? Gemäß laufender Energiegesetzgebung in der Schweiz sollen bis 2035 alle fünf Kernkraftwerke außer Betrieb sein und die fehlende Leistung ausschließlich durch Photovoltaik (PV) ersetzt werden. Leider ist es so, daß der Materialaufwand für Installationen zur Nutzenergie-Erzeugung hoch geht, je geringer deren Energiedichte ist. Das bedeutet auch, daß der anrechenbare Energieaufwand und somit CO2-Anteil für den Materialaufwand steigt, „Graue Energie“ nennt man so was. Ich habe errechnet, daß mit dem Wegfall der Nuklearanlagen und dem Ersatz durch PV-Leistung und den absolut notwendigen Subsystemen wie Hydro-Speicherung der jährlich anrechenbare CO2-Ausstoß der Schweiz sich um rund 8,7 Mio. t erhöht, das sind rund 20% des gegenwärtigen Ausstoßes.

Das bringt uns zum Thema, womit oder wie können die fossilen Energieträger ersetzt werden? Wie erwähnt, der gegenwärtigen Politik schwebt vor, daß dies primär mittels PV geschehen soll. Will man die Schweiz „dekarbonisieren“ – gemeint ist von der Verbrennung von fossilen Energieträgern befreien –, so wäre dazu rund 220 GW nominelle elektrische PV Leistung zu investieren! Diese Zahl beinhaltet auch den Ersatz der Kernkraft durch PV sowie die Deckung der Verlustleistung, welche durch die zusätzlich zu investierenden gewaltigen Hydro-Speicherkapazitäten anfällt. Es würde schwierig sein, diese Anlagen in der hydraulisch bereits ausgebauten Schweiz noch unterbringen zu können.

Zudem ist der Zug auch bereits abgefahren, dies alles bis 2050 umsetzen zu können. Es gibt letztlich nur eine realistische Lösung, die Versorgungssicherheit mit Strom gemäß den heutigen Standards zu vernünftigen Kosten auch in Zukunft zu gewährleisten: Kernenergie-Anlagen neuester Technologie!

Es ist Aufgabe von uns allen, die Politik in Europa wieder auf diesen einzigen Pfad der Vernunft zurückzuführen.