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Schiller-Institut e. V.
"Zweck der Menschheit ist kein anderer als die
Ausbildung der Kräfte des Menschen, Fortschreitung."
Friedrich Schiller

 

„Westliche Perspektiven zu Chinas Volksdemokratie als Ganzes“

CGTN interviewt Helga Zepp-LaRouche

Der englischsprachige chinesische Auslandssender CGTN veröffentlichte am 2. November einen sechsminütigen Ausschnitt aus einem Interview mit der Gründerin des internationalen Schiller-Instituts, Helga Zepp-LaRouche, in dem sie gebeten wurde, das Konzept der „Volksdemokratie als Ganzes“ zu kommentieren. Dieses Konzept wurde vor etwa zwei Jahren während des Besuchs des chinesischen Präsidenten Xi Jinping in einem Bürgerzentrum in Shanghai erstmals vorgestellt und wird seither von einigen westlichen Medien als „hohl und irreführend“ angegriffen.* CGTN fragte Frau Zepp-LaRouche nach den Gründen für diese Angriffe. Sie antwortete:

    „Ich verstehe diese ,Volksdemokratie als Ganzes‘ so, daß es sich um einen innerparteilichen demokratischen Prozeß handelt, bei dem man auf Grundlage der Meritokratie herausfindet, welche Personen am besten für eine bestimmte Aufgabe qualifiziert sind und wer dem Gemeinwohl am besten dient. Und ich denke, es gibt einen empirischen Beweis für die Richtigkeit dieser Methode, denn China hat es geschafft, 850 Millionen Menschen aus der extremen Armut zu befreien. Das ist der größte Beitrag zur Geschichte, den ich kenne.

    Aber so viele Menschen aus der Armut zu befreien und dies auch den Entwicklungsländern anzubieten, ist in den Augen der westlichen Menschen, die China in diesem Punkt angreifen, ein Verbrechen, denn China hat die extreme Armut im eigenen Land überwunden und hilft nun den Entwicklungsländern, dies ebenfalls zu tun.“

Diese Haltung des Westens sei genau die gleiche Denkweise wie die von Malthus aus der Zeit der Britischen Ostindiengesellschaft, die hinter den Opiumkriegen gegen China stand. „Es geht nicht um das, was gesagt wird, sondern es geht darum, daß das chinesische Modell die gesamte Weltordnung auf den Kopf gestellt hat. Denn den Entwicklungsländern wurde zum ersten Mal die Möglichkeit geboten, Armut und Unterentwicklung zu überwinden, und die [anderen] wollen die koloniale Ordnung beibehalten. Ich denke, das ist die eigentliche Quintessenz der Vorwürfe gegen China.”

Sie verwies auf die positive Einstellung der chinesischen Bevölkerung als Beleg für ihre Einschätzung: „Ich war viele Male in China, und ich hatte immer den Eindruck, daß der Geist der Menschen extrem positiv und optimistisch in Bezug auf die Zukunft ist. Daher muß die KP Chinas etwas sehr richtig machen. Wenn Sie die Menschen im Westen fragen, sind die meisten pessimistisch, was die Zukunft angeht. Ich denke also, daß das mehr Wahrhaftigkeit ausdrückt als alle propagandistischen Zeilen in den Mainstream-Medien.”

CGTN fragte Zepp-LaRouche nach den Unterschieden zwischen der chinesischen Demokratie und der Demokratie, wie sie im Westen praktiziert wird. Sie antwortete:

    „Demokratie klingt sehr schön, aber in vielen Fällen ist sie nur ein Etikett, und man sollte besser darauf schauen, was der Inhalt der Flasche ist, auf der das Etikett klebt. Denn heutzutage sind die verschiedenen Parteien meist nur Lobbyisten, die unterschiedliche Interessen vertreten.“

Sie zitierte hierzu George Washingtons Warnung vor dem Parteiengeist in seiner „Abschiedsrede“ als Präsident der Vereinigten Staaten 1796:

    „Die abwechselnde Herrschaft einer Fraktion über eine andere, verschärft durch den Geist der Rache, der den Parteienstreitigkeiten eigen ist und der in verschiedenen Zeitaltern und Ländern die schrecklichsten Ungeheuerlichkeiten verübt hat, ist selbst ein schrecklicher Despotismus. Aber dies führt schließlich zu einem formelleren und dauerhaften Despotismus.”

Sie fuhr fort: „Ich glaube, das ist es, was wir derzeit im Westen erleben. In vielen Ländern gibt es keine echte Demokratie, sondern eine Form von Despotismus, etwa in den Vereinigten Staaten. Die Polarisierung zwischen den Republikanern und den Demokraten hat das Land völlig zerrissen. In Deutschland, wo man jetzt versucht, eine neue Koalition zu bilden, bekommen die Wähler als Regierung nicht das, was sie gewählt haben, weil ganz willkürlich Koalitionen gebildet werden.“

Es habe aber auch Zeiten gegeben, in denen die westliche Demokratie funktionierte. „Das war zu Beginn der Amerikanischen Revolution der Fall, und das war der Fall in der Fünften Republik von Charles de Gaulle. Aber leider haben wir uns im Westen sehr weit von diesen edleren Vorstellungen entfernt, so daß wir uns eher in einem System der Despotie befinden, vor dem George Washington gewarnt hat.“

CGTN wollte auch wissen, ob China und der Westen „gute und stabile Beziehungen aufrecht erhalten können. Sie antwortete:

    „Ich denke, daß es in der Tat verschiedene Modelle der Demokratie gibt, je nach Tradition und Kultur. Es ist durchaus möglich, daß diese verschiedenen Systeme zusammenarbeiten. Das wird aber nur funktionieren, wenn sie durch ein höheres Ziel geeint werden, das im Interesse der gesamten Menschheit liegen muß.

    Ich denke, das Modell, das dem am nächsten kommt, ist das, was Präsident Xi Jinping vorgeschlagen hat – eine Gemeinschaft mit einer gemeinsamen Zukunft, denn das schließt die Idee der Menschheit als Ganzes ein. Im Westen gibt es eine Idee, die sehr ähnlich oder sogar identisch ist, und zwar die philosophische Idee eines Denkers aus dem 15. Jahrhundert, Nikolaus von Kues: der Zusammenfall der Gegensätze. Das ist die Idee, daß wir, da der Mensch die einzige Spezies ist, die zu schöpferischer Vernunft fähig ist, immer das Höhere denken können, eine Ebene der Einheit, auf der alle Unterschiede verschwinden.

    Ich denke also, wir müssen einen Dialog darüber führen, warum dieses Konzept des Zusammenfalls der Gegensätze und Präsident Xi Jinpings Idee einer Gemeinschaft mit einer gemeinsamen Zukunft ein und dieselbe Idee sind. Und wenn wir uns darüber einig sind, wird die Zusammenarbeit sehr einfach sein, denke ich.“

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Das Video und das Transkript finden Sie hier:
https://news.cgtn.com/news/2021-11-02/Western-perspectives-on-China-s-whole-process-people-s-democracy-14RhavG7Kfu/index.html