Lyndon LaRouche, Entwicklung für alle und die neue Weltwirtschaftsordnung
Von Dr. Kirk Meighoo
Dr. Kirk Meighoo ist politischer Analyst, Kommentator und
ehemaliger unabhängiger Senator in Trinidad und Tobago.
1975 forderte Fred Wills, der Außenminister des karibisch-südamerikanischen
Landes Guyana, bei den Vereinten Nationen eine Neue Weltwirtschaftsordnung und
eine Internationale Entwicklungsbank.
Fred Wills war ein Verbündeter der LaRouche-Bewegung; er kam aus einer
kritischen intellektuellen und politischen Tradition in der Karibik. Viele aus
dieser Tradition führten ihre Länder in den 60er Jahren, einige auch in den
70er Jahren, in die Unabhängigkeit. Die Idee einer Neuen
Weltwirtschaftsordnung wurde von vielen in der Region, darunter der
charismatische Premierminister Michael Manley aus Jamaika, begrüßt. Dies
resultierte aus den Erfahrungen, die die größeren englischsprachigen Länder
der Karibik mit der Unabhängigkeit in den 60er Jahren gemacht hatten – Jamaika
(1962), Trinidad und Tobago (1962), Guyana (1966) und Barbados (1966).
Viele junge Menschen waren zu der Zeit von der Unabhängigkeit
desillusioniert. Ihre Träume erfüllten sich nicht, die wirtschaftliche
Entwicklung, die sie sich vorstellten, fand nicht statt, und die Art von
Freiheit und Kreativität, nach der sie sich sehnten, war von der neuen,
unabhängigen politischen Klasse nicht zu erwarten. Die Führer der
Unabhängigkeitsbewegung wurden als Fortsetzer des Neokolonialismus oder
Neoimperialismus betrachtet, und die politische Unabhängigkeit wurde als
unzureichend oder höchstens als erster Schritt in Richtung Freiheit und
Entwicklung angesehen.
In der gesamten Region spitzte sich die Lage zwischen 1968 und 1972 zu, als
Black-Power-Bewegungen, Gewerkschaftsbewegungen und andere Protestbewegungen
die Inseln überschwemmten. Einige dieser dissidenten Bewegungen kamen in den
70er Jahren auch an die Macht, während andere Teil der offiziellen Opposition
wurden.
Die Neue Weltwirtschaftsordnung wurde von diesen Führern aufgegriffen und
gefördert, weil sie erkannten, daß die formale Unabhängigkeit nicht
gleichbedeutend mit Wohlstand und Fortschritt für ihre Bevölkerung war.
Karibische Ökonomen wie Lloyd Best, Clive Thomas, Havelock Brewster und auch
lateinamerikanische Ökonomen begannen, die strukturellen und historischen
Gründe dafür zu untersuchen, warum unsere Länder arm blieben. Leute wie
Fernando Henrique Cardoso sahen, daß die Handelsbedingungen zum Nachteil der
Rohstofflieferanten in den Entwicklungsländern manipuliert wurden, Leute wie
André Gunder Frank sprachen von der „Entwicklung der Unterentwicklung“ und
untersuchten die strukturellen Beziehungen zwischen dem Zentrum und der
Peripherie, und stellten fest, daß Unterentwicklung ein Produkt
ausbeuterischer Beziehungen war. Dies begann die Innen- und Außenpolitik der
radikalisierten Länder zu beeinflussen.
Institutionen wie die UN-Konferenz für Handel und Entwicklung (UNCTAD) oder
die UN-Wirtschaftskommission für Lateinamerika und die Karibik wurden von
radikalen Regierungen in Lateinamerika und der Karibik gegründet, die die
strukturellen Probleme der Unterentwicklung in der Weltwirtschaft angehen
wollten. Nach dem Vorbild der OPEC wurden Kartelle der Rohstoffproduzenten
gegründet, um mehr Kontrolle über die ausbeuterischen, manipulierten
Weltmärkte zu erlangen. Die Reform von IWF und Weltbank steht seit Jahrzehnten
auf der Tagesordnung, wurde aber von Europa und den USA abgelehnt.
Mit dem Aufkommen des Neoliberalismus in den 80er und 90er Jahren und den
massiven Schuldenkrisen, die viele dieser Länder heimsuchten, verblaßte diese
Vision der Neuen Weltwirtschaftsordnung, selbst in unseren Ländern, in denen
sie befürwortet wurde.
Als junger Student lernte ich diese Theorien an der Universität von Toronto
kennen. Später, während meines Masterstudiums in Jamaika, erhielt ich
Unterricht von vielen Regierungsberatern dieser radikalen Regierungen in der
Karibik und von den Vordenkern dieser Ideen. Im Vereinigten Königreich, wo ich
promovierte, arbeitete ich mit Beratern der britischen Regierung, Beratern der
Reagan-Administration und Experten für Entwicklungspolitik zusammen, die über
jahrzehntelange Erfahrung in diesem Bereich verfügten, mit Regierungen in den
Entwicklungsländern zusammenarbeiteten und auch die britische Regierung in
Entwicklungsfragen berieten.
In dieser ganzen Zeit habe ich jedoch nie den Namen Lyndon LaRouche gehört.
In den 2000er Jahren entdeckte ich ihn trotzdem, dank der Magie des Internets,
und ich erkannte die Weite seiner Vision und sein 40jähriges Engagement in
diesem Kampf. Ich sah, wie er mit López Portillo in Mexiko und Indira Gandhi
in Indien zusammengearbeitet hat, wie er für die Industrialisierung Afrikas
und Indiens eintrat, die Gründung einer Internationalen Entwicklungsbank
forderte und den Begriff Neue Weltwirtschaftsordnung prägte. Ich sah auch
seine Verbindung zu Fred Wills, und mir wurde klar, daß dieser Teil der
Geschichte zensiert worden war.
Nicht einmal an den Universitäten, an denen ich mich auf
Entwicklungsstudien spezialisierte, wurde uns etwas über die Theorien von
Lyondon LaRouche beigebracht, die nicht nur intellektuell, sondern auch
praktisch im Hinblick auf seine politische Mobilisierung von entscheidender
Bedeutung waren.
Als ich mich mit seinem Werk zu beschäftigen begann, erfuhr ich, daß
LaRouche das Amerikanische System der Ökonomie vertrat, das interessanterweise
auf Alexander Hamilton zurückging, der selbst auf den Westindischen Inseln
geboren war. LaRouches Weiterführung des Amerikanischen Systems war für mich
persönlich faszinierend, denn mein intellektueller Mentor war einer der großen
Intellektuellen von Trinidad und Tobago und der Karibik, Lloyd Best. Einer
seiner bleibenden intellektuellen Beiträge war die Formulierung des
Plantagenwirtschafts-Modells zur Beschreibung des imperialen Systems, durch
das die Westindischen Inseln von den Metropolen ausgebeutet wurden und durch
das sie auch in der Unabhängigkeit gefesselt blieben, auch wenn Imperialismus
und Kolonialismus formell beendet waren.
Diese Theorien waren notwendige Ergänzungen, um das System als Ganzes zu
verstehen, wie es sich durch Zeit und Raum entwickelte. Best hatte in der Zeit
vor seinem Tod schon damit begonnen, diese unterschiedlichen Modelle
aufzudecken, aber ich fand sie später von LaRouche vollständig
ausgearbeitet.
LaRouches Analyse des Britischen Empires und des transatlantischen Systems
ist äußerst wichtig, um zu verstehen, wie die Unterentwicklung
aufrechterhalten wird. Die Kritik am Modell des sogenannten „Freihandels“ und
die Betonung tiefgreifender struktureller Probleme in der Wirtschaft sind
entscheidend.
Die neoliberalen Modelle, die seit den 80er Jahren vorherrschen, brauchen
ein wirksames wirtschaftliches Gegenmittel und politische Gegenvorschläge.
LaRouches Ideen spielen dabei eine zentrale Rolle.
Der Aufstieg der BRIC-Staaten – Brasilien, Rußland, Indien und China –
hätte auf natürliche Weise zu einer Neuordnung der Weltwirtschaft führen
müssen, welche die Bedürfnisse der Entwicklungsländer viel stärker
berücksichtigt, und tut es vielleicht auch. Frühere Schritte in diese
Richtung, wie die Bildung der Gruppe der 77 oder der Gruppe der 20, um ein
Gegengewicht zur G-7-Kabale zu schaffen, haben dies bereits vorweggenommen. Es
hat zwar einige Veränderungen gegeben und es sind daraus Konflikte entstanden,
doch im wesentlichen hat sich der Neoliberalismus als vorherrschende Theorie
und Praxis durchgesetzt, und die BRIC-Gruppe hat sich mehr oder weniger
aufgelöst.
LaRouches Ideen zur Weltlandbrücke, zum Wissenschaftsmotor, zur Steigerung
produktiver Kapazitäten im Gegensatz zur Finanzspekulation sind von
entscheidender Bedeutung. Die aktuelle Pandemie und die Lockdowns haben
weltweit produktive Wirtschaftskapazitäten zerstört und sie durch eine Flut
von gedrucktem Geld ersetzt. Dies hat zu einem massiven Anstieg der
Vermögensungleichheit, einem beispiellosen Schrumpfen der Wirtschaft und einem
obszönen Vermögenstransfer von Arm zu Reich geführt.
LaRouches Einsatz für die Weltlandbrücke, die zu einem großen Teil in die
Neue Seidenstraße integriert wurde, ist von großer Bedeutung. Das globale
Vier-Mächte-Abkommen, die Wiedereinführung der Glass-Steagall-Bankentrennung
und andere Maßnahmen können nur wirksam werden, wenn wir uns vom neoliberalen
Kurs insgesamt lösen, nicht nur von der Strategie, sondern auch vom
neoliberalen Verständnis der Wirtschaft überhaupt.
Ich begrüße es, daß die LaRouche Legacy Foundation diese Mission
weiterführt, die so wichtig ist, damit die Menschheit ihr volles Potential auf
der Erde und im Universum entfalten kann.
|