Friedrich Schiller Denkmal
Friedrich Schiller



Hauptseite
       

Schiller-Institut e. V.
"Zweck der Menschheit ist kein anderer als die
Ausbildung der Kräfte des Menschen, Fortschreitung."
Friedrich Schiller

 

Papst Franziskus bringt dem Irak eine Botschaft der Hoffnung und Versöhnung

Papst Franziskus hat seine Irak-Reise wohlbehalten absolviert, nachdem er ein großes Risiko eingegangen war, sowohl im Hinblick auf die verbreitete COVID-Pandemie als auch auf die persönliche Sicherheit in einem Land, das immer noch unter Terroranschlägen und Scharmützeln zwischen US-Streitkräften und irakischen Milizen leidet. Die Reise vom 5. bis 8. März war eine wichtige Intervention in den Irak, um die Wunden der vielen Kriege zu heilen – aber mehr noch die der sektiererischen Gewalt, die das Land seit der anglo-amerikanischen Invasion 2003 erfaßt und alle religiösen und ethnischen Gruppen trifft.

„Ich komme als Pilger, als bußfertiger Pilger, um vom Herrn Vergebung und Versöhnung zu erflehen nach Jahren des Krieges und des Terrorismus“, sagte Papst Franziskus in seiner Botschaft, bevor er in den Irak flog. „Ja, ich komme als Pilger des Friedens, auf der Suche nach Brüderlichkeit und angetrieben von dem Wunsch, gemeinsam zu beten und gemeinsam zu gehen, auch mit unseren Brüdern und Schwestern anderer religiöser Traditionen, auf den Spuren von Vater Abraham, der Muslime, Juden und Christen in einer Familie vereint.“

Der Papst besuchte die antike Stadt Ur im Südirak, den Geburtsort Abrahams, und leitete dort ein interreligiöses Treffen, bei dem Verse aus dem Koran rezitiert wurden und Vertreter verschiedener Religionen und Konfessionen unter freiem Himmel in einer ruhigen Atmosphäre in der Nähe der restaurierten antiken Ruinen sprachen. Die Region um Ur war die Wiege der sumerischen Zivilisation, die noch vor Abraham entstand, mit den ersten organisierten Siedlungen bäuerlicher Gesellschaften, die Kanalbau und Bewässerungstechnik, Astronomie sowie das sexagesimale mathematische System (auf 60er-Basis) entwickelten. Dies ist heute eine wichtige Quelle der Identität und des Stolzes für das irakische Volk.

Eine der wichtigsten Interventionen war der Besuch von Papst Franziskus beim geistlichen Führer der irakischen Schiiten, Ajatollah Ali Al-Sistani. Dieser war 2014 entscheidend daran beteiligt gewesen, die Iraker und besonders die Schiiten zu mobilisieren, gegen den sog. „Islamischen Staat“ (IS) zu kämpfen, nachdem Armee und Sicherheitskräfte es nicht geschafft hatten, die von syrischem Gebiet ausgehende IS-Offensive zurückzuschlagen.

Diese Mobilisierung rettete nicht nur den Irak und half bei der Zerschlagung des „Islamischen Staates“, sondern rettete auch das Leben vieler Christen und gab ihnen ihre Kirchen in Mossul zurück. Laut einer Erklärung des Vatikans dankte der Papst Al-Sistani dafür, daß er „inmitten der Gewalt und großen Nöte der letzten Jahre die Schwächsten und Verfolgten verteidigt und die Heiligkeit des menschlichen Lebens und die Bedeutung der Einheit des irakischen Volkes bekräftigt hat“.

In einer Erklärung von Al-Sistanis Büro hieß es, er habe Franziskus für den Aufruf zu Brüderlichkeit und Frieden zwischen den verschiedenen Glaubensrichtungen gedankt. Allerdings sprach Al-Sistani über auch „das Leiden vieler Menschen in verschiedenen Ländern aufgrund von Ungerechtigkeit, Verfolgung, Armut und religiöser und intellektueller Unterdrückung sowie der Unterdrückung von Freiheiten und fehlender sozialer Gerechtigkeit“, insbesondere durch „Kriege, Gewaltakte, Wirtschaftssanktionen und Deportationen, und speziell des palästinensischen Volkes in den besetzten Gebieten“.

Die Erwähnung der Palästinenser und ihrer Not in den besetzten Gebieten wurde in Medien und sozialen Medien als Absage an eine „Normalisierung der Beziehungen zu Israel“ ausgelegt. Nachdem US-Präsident Trump in den letzten Jahren das „Abraham-Abkommen“ zwischen den Emiraten (VAE) und Israel organisiert hatte, hatten auch Bahrain und der Sudan Schritte zur Normalisierung unternommen. Einige Analysten hatten besorgt vermutet, der Besuch des Papstes könnte dazu dienen, auch im Irak eine entsprechende Atmosphäre zu schaffen, doch es wurde vom Papst nicht aufgegriffen. Al-Sistani rief die Großmächte auf, bei der Lösung von Konflikten auf „Weisheit“ zu setzen. Sein Verweis auf die Kriege und Wirtschaftssanktionen bezieht sich offensichtlich (ohne sie namentlich zu nennen) auf die Politik der Anglo-Amerikaner gegenüber Syrien, Jemen und Iran sowie den Palästinensern.

Eine besonders berührende Veranstaltung fand im Zentrum der Altstadt von Mossul statt, die durch Vandalismus des IS wie auch durch die US-Bombardierung von IS-Kämpfern im Juni 2017 in Trümmer gelegt wurde. Auf dem Hosh al-Bieaa (Kirchenplatz) in Mossul sagte Papst Franziskus am 7. März:

    „Herr, unser Gott, in dieser Stadt bezeugen zwei Symbole die immerwährende Sehnsucht der Menschheit, sich dir zu nähern: die Al-Nuri-Moschee mit ihrem Al-Hadba-Minarett und die Kirche Unserer Lieben Frau von der Uhr. Diese Uhr erinnert alle Vorübergehenden seit mehr als hundert Jahren daran, daß das Leben kurz und die Zeit kostbar ist. Lehre uns verstehen, daß du uns deinen Plan der Liebe, des Friedens und der Versöhnung anvertraut hast, damit wir ihn in der Zeit, in der kurzen Spanne unseres irdischen Lebens verwirklichen können. Laß uns verstehen, daß es nur dann möglich sein wird, diese Stadt und dieses Land wiederaufzubauen und die vom Schmerz zerrissenen Herzen zu heilen, wenn wir deinen Plan der Liebe ohne Umschweife in die Tat umsetzen.“

Irakische Fernsehsender übertrugen die Ereignisse an allen Tagen live, und die Menschen überschlugen sich in den sozialen Medien mit Anerkennung für den Papst, der in den Augen der meisten Iraker diesem Land, das immer noch unter den Folgen von Krieg und Terrorismus leidet, eine große Botschaft der Versöhnung und des Friedens brachte.

Videos der Reise sind auf dem YouTube-Kanal des Vatikans verfügbar.

Hussein Askary