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Schiller-Institut e. V.
"Zweck der Menschheit ist kein anderer als die
Ausbildung der Kräfte des Menschen, Fortschreitung."
Friedrich Schiller

 

Stellt das Völkerrecht wieder her:
Respektiert Syriens vollkommene Souveränität!

Von Dr. Bouthaina Shaaban

Dr. Bouthaina Shaaban ist Politik- und Medienberaterin der syrischen Präsidentschaft. Im ersten Abschnitt der Internetkonferenz des Schiller-Instituts am 8. Mai hielt sie den folgenden Vortrag.

Guten Morgen Ihnen allen. Zunächst möchte ich meiner Freundin Helga LaRouche und dem Schiller-Institut danken, daß sie mich eingeladen haben, heute morgen bei Ihnen zu sein, zu einem Thema, das mein Herz berührt. Ich möchte über Syrien und die Weltordnung sprechen und darüber nachdenken, was in den letzten zehn Jahren passiert ist, und inwiefern das meiner Meinung nach für die Diskussion Ihrer wertvollen Konferenz relevant ist.

Vom ersten Tag des Krieges gegen Syrien an, am 15. März 2011, hatten wir das Gefühl, daß wir einen doppelten Krieg führen – einen, der auf den Straßen stattfindet, mit Menschen aus Fleisch und Blut, angeleitet von gut organisierten, geheimen Kräften, die ihnen Anweisungen geben, was sie zu tun haben und wie, und einen zweiten, parallelen Krieg, der mit Konzepten und Behauptungen zu tun hat und sich darauf konzentriert, das syrische Volk darüber zu verwirren, was in seinem Land geschieht und was das Endziel dieser außergewöhnlichen Bewegungen auf den Straßen wie auch in den westlichen Medien ist.

Ich erinnere mich, daß sich am 24. März (2011) die Regionalführungen und die Regierung trafen und große Entscheidungen trafen, um auf alle Forderungen der Menschen auf der Straße zu reagieren. Am selben Tag berief ich eine Pressekonferenz für das gesamte Medienkorps in Damaskus ein. Und die Syrer waren an diesem Abend sehr glücklich, einige feierten sogar und glaubten, die Probleme seien vorbei.

Weit gefehlt. Die Bewegung auf den Straßen und der Medienkrieg gegen Syrien schienen neuen Antrieb zu bekommen und sich in neue Gebiete des Landes auszubreiten.

Heute, nachdem wir einige durchgesickerte Dokumente verschiedenen Ursprungs zu lesen bekamen, wissen wir z.B. aus durchgesickerten britischen Papieren, daß der britische Staat über verschiedene Agenten syrische Männer und Frauen gefunden hat, die sie „Augenzeugen“ nennen. Alle Medien des Westens und der Golfstaaten wurden aus Syrien abgezogen, und sämtliche westliche Medien bezogen ihre Nachrichten von diesen „Augenzeugen“ und von einem Mann, der in englischen Coventry sitzt und dessen Name Rami Abdul Rahman ist, der eine Plattform namens „Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte“ erfand. Die Regierungen des Westens und der Golfstaaten stachelten syrische Regierungsbeamte zum Abweichen auf und bestachen einige mit Geld, damit sie sich den Regierungsgegnern anschließen, und sie versicherten ihnen, das politische System würde innerhalb von ein oder zwei Wochen stürzen und zusammenbrechen.

Anfang April 2011 traf ich mich mit den amerikanischen, britischen und französischen Botschaftern und sagte ihnen: Was Sie in Syrien anzetteln, wird das Leben der Menschen in Syrien nicht besser machen. Im Gegenteil, es wird ihr Leben viel schlechter machen, der Irak ist dafür das beste Beispiel.

Heute, nach all der Zerstörung, die über Syrien hereingebrochen ist, und all dem Tod, Blutvergießen und Verlust von Leben und Institutionen und unserer Ökologie und eines Teils unserer zivilisierten Identität, ist es für uns ganz offensichtlich, daß westliche Regierungen, insbesondere Militär und Geheimdienste, Tausende von Terroristen rekrutiert, ausgebildet und losgeschickt haben, mit Hilfe von Geld aus Katar und den Emiraten und türkischer Unterstützung, um Syrien zu zerstören, und daß sie nie daran interessiert waren, Syrien zu einem besseren Ort für seine Menschen zu machen. Vielmehr wollten sie aus Syrien einen kaputten Satellitenstaat machen, der ihren Befehlen folgt, und dessen Ressourcen sie plündern, genau wie bei den Kriegen gegen den Irak, Libyen und Jemen.

Wenn man genauer über diesen Punkt nachdenkt, haben die westlichen Mächte uns eigentlich immer als Kolonisierte behandelt, und sie leiteten ihre Ansichten über uns von den Orientalisten ab, die auf uns herabblickten, nicht von unserer Realität, unserer Geschichte und unserer Werteordnung.

Die Unterwerfung Syriens war für die westlichen Mächte wichtig, weil Syrien, wie jeder weiß, das „Kronjuwel“ der arabischen Welt ist: Deshalb setzten sie Milliarden von Ölgeldern, Waffen und Terroristen ein, um ihren Job für sie zu erledigen.

Sobald sie erkannten, daß dies eine „Mission impossible“ ist, wegen ihrer Unsummen an Kosten und der Opferbereitschaft des syrischen Volkes, verschoben sie den Fokus von einem militärischen Krieg zu schrecklichen, kriminellen, einseitigen Zwangsmaßnahmen gegen das syrische Volk, die in jeder Hinsicht illegal sind, weil sie eine Form der Kollektivstrafe für das syrische Volk sind.

Sobald die Terroristen weitgehend besiegt waren, schickten die USA ihr eigenes Militär, um das syrische Volk auszuhungern und seinen Willen zu brechen.

Es ist jetzt ganz klar, nach dem, was im Irak, in Syrien, Libyen und im Jemen stattgefunden hat, daß die westlichen Mächte darauf aus sind, unser Land zu zerstören und unsere Ressourcen zu plündern. Der gute Nebeneffekt des Krieges gegen Syrien, wenn es so etwas überhaupt gibt, ist der, daß China und Rußland sich zusammengetan haben, um im Sicherheitsrat mehr als zehnmal ihr doppeltes Veto einzulegen, um eine weitere militärische Aggression der westlichen Mächte gegen Syrien zu verhindern.

Der Fall Syrien war sehr wichtig, um die Notwendigkeit eines neuen Paradigmas zu verdeutlichen. Die würdelosen amerikanischen Sanktionen gegen Rußland und China und ihre eklatante Einmischung in die inneren Angelegenheiten Chinas durch den sogenannten „Fall Taiwan“, Hongkong, Xinjiang, beschleunigen die Geburt dieses neuen Paradigmas.

Ich denke, einer der Gründe, warum Präsident Biden gewählt wurde, ist die Wiederherstellung der transatlantischen Beziehungen, die unter der vorherigen Regierung sehr gelitten haben. Aber diese Bemühungen werden nicht zum gewünschten Ergebnis führen, und zwar aus mehr als einem Grund: Erstens ist China eine aufstrebende wirtschaftliche, technologische und moralische Kraft, und seine Allianz mit Rußland und anderen Ländern wird sicherlich ein multipolares System etablieren. Aber der andere Grund ist, daß der Krieg gegen Syrien dazu beigetragen hat, zweifelsfrei zu beweisen, daß die westliche Politik gegenüber Afghanistan, Irak, Syrien, Libyen und Jemen bankrott ist und das Narrativ ihrer Dekrete und Papiere nicht mehr glaubwürdig ist: Wir glauben nicht mehr an das westliche Narrativ.

Viele Freunde von mir, und auch ich, verfolgten früher begeistert die westlichen Medien. Jetzt verschwendet keiner von uns mehr seine Zeit damit, zu wissen, was sie fabrizieren und welche Wahrheit sie zu verbergen versuchen.

Glaubwürdigkeit ist von größter Bedeutung, ob in Bezug auf Menschen, Staaten oder Systeme, und wer sie verloren hat, existiert nicht mehr. Das jüngste Beispiel ist, was die OPCW [Organisation für das Verbot von Chemiewaffen] gegenüber Syrien getan hat. Obwohl diejenigen, die vor Ort den Fall untersuchten, klare Beweise dafür lieferten, daß die OPCW die Erkenntnisse des Teams abänderte und ihren eigenen, unwahren Bericht schrieb, um Syrien zu belasten, stimmten sie trotzdem gegen Syrien. Der Verlierer hier ist nicht Syrien: Es ist die OPCW, denn sie hat in den Augen neutraler und logisch denkender Menschen ihre Glaubwürdigkeit verloren.

Auf der anderen Seite gewinnen China und Rußland in den Augen der Welt an Glaubwürdigkeit, und ihr Umgang mit COVID-19 und den Impfstoffen ist ein klares Beispiel für die Effizienz Chinas und Rußlands, verglichen mit der Ineffizienz der meisten westlichen Länder im Umgang mit dieser Seuche. Was unsere Völker und Länder angeht, sind wir sicher, daß die transatlantische Welt eine Kolonialmacht ist, aber ihre Realität und die fehlende Sorge für das Leben und die Gier ihrer herrschenden Klasse nach dem Vermögen anderer Menschen sowie die Lügen, mit denen ihre Medien ihre kriminelle Politik weltweit vermarkten, waren noch nie so offenkundig wie heute.

Ich denke, wir sind Zeugen des allmählichen Zusammenbruchs von 500 Jahre alten westlichen Kolonialreichen und des aufstrebenden Schicksals des Ostens. Aber wir alle müssen aktive Partner bei der Gründung des neuen Weltsystems sein und sicherstellen, daß es das Streben und die Hoffnung der Menschheit auf eine bessere, sicherere, friedlichere und wohlhabendere Zukunft widerspiegelt.

Die konsequenten Bemühungen des Schiller-Instituts und von Ihnen allen auf verschiedenen Plattformen sind wichtige Beiträge zu diesem Schicksal, auf das wir, unsere Kinder und Enkelkinder warten.

Vielen Dank, ich freue mich sehr, bei Ihnen zu sein, und danke Ihnen nochmals für die Einladung, auf diesem sehr wichtigen Forum zu sprechen.