„Ich lasse mich nicht davon abhalten, zu berichten“
Von Eva Bartlett
Eva Bartlett ist eine kanadische Journalistin, die über die
Kriege in Gaza, Syrien und im Donbaß berichtet hat.
Hallo, mein Name ist Eva Karene Bartlett. Ich bin kanadische und
US-amerikanische Staatsbürgerin und Journalistin. Ich berichte seit 2007 aus
Konfliktgebieten, als ich zum ersten Mal in das besetzte Palästina ging. Ende
2008 ging ich in den Gaza-Streifen, wo ich bis März 2013 mit Unterbrechungen
insgesamt drei Jahre lang lebte. Ich war dort während des israelischen Krieges
in Gaza 2008-09 und auch während des israelischen Krieges in Gaza 2012.
Im April 2014 begann ich, aus Syrien zu berichten, und ich bin immer wieder
nach Syrien zurückgekehrt, auch im vergangenen Jahr, insgesamt 15 Mal,
manchmal für längere Zeit.
Im September 2019 reiste ich zum ersten Mal in die Volksrepublik Donezk im
Donbaß und verbrachte dort etwa drei Wochen in der Gegend um das nördliche
Dorf Gorlowka, wo ich Gebiete besuchte, die jeden Tag und jede Nacht von den
ukrainischen Streitkräften beschossen wurden, und mit den meist älteren
Bewohnern sprach, die ich traf und die durch den ukrainischen Beschuß
terrorisiert wurden. Sie konnten nirgendwo hin und hatten nur die Möglichkeit,
mit dem Beschuß zu leben und ihre Häuser so gut es ging zu flicken. Es war
wirklich eine entsetzliche Situation.
Der Verwalter des Dorfes Saizewo beschrieb den ukrainischen Beschuß und die
gezielten Angriffe auf die Häuser, wodurch die Ukraine Haus für Haus, Straße
für Straße ausräumte und zerstörte. So sah ich während meines Besuchs die
schwelenden Überreste eines Hauses, das ein oder zwei Tage zuvor beschossen
worden war.
Nach meinem Besuch im Jahr 2019 verfaßte ich einen langen Artikel für
MintPress News, in dem ich ausführlich beschrieb, was ich gesehen,
gehört und erlebt hatte. Irgendwann danach wurde ich auf die berüchtigte
ukrainische Mirotworez-Tötungsliste gesetzt. Das hielt mich aber nicht von der
Berichterstattung ab.
Ich bin auch in diesem Jahr wieder in den Donbaß gereist, im März mit einer
Delegation anderer Journalisten und im April dann noch einmal auf eigene
Faust. Ich blieb einige Wochen und fuhr auch in den folgenden Monaten weiter
herum, bis ich Mitte August den Donbaß verließ.
Durch meine Berichterstattung aus den Volksrepubliken Donezk und Lugansk
habe ich viele Greueltaten und Kriegsverbrechen der Ukraine gesehen und davon
gehört. Während eines meiner Besuche beschoß die Ukraine beispielsweise einen
belebten Marktplatz und tötete fünf Menschen. Die Leichen lagen noch auf dem
Markt, als ich ihn besuchte. Ich glaube, es war im Juni, als die Ukraine das
Zentrum von Donezk heftig beschoß; auch hier gab es keinerlei militärische
Infrastruktur, sondern nur zivile Infrastruktur, es war reiner ukrainischer
Terror gegen Zivilisten. Die Ukraine bombardierte ein
Entbindungskrankenhaus.
Ende Juli begann die Ukraine mit dem Abschuß von Raketen mit PFM-1- oder
Schmetterlingsminen und ließ sie auf Donezk und die umliegenden Gebiete,
einschließlich des Stadtzentrums von Donezk, herabregnen. Diese Minen sind
unglaublich schwer auszumachen, selbst wenn sie gekennzeichnet sind und es
irgendeinen Hinweis um sie herum gibt. Ich selbst habe viele davon gesehen,
hatte aber Mühe, sie mit bloßem Auge zu erkennen. Ich kam nicht nahe genug
heran, damit sie mir die Hand oder den Fuß wegsprengen konnten, wozu sie
gedacht sind. Als ich das letzte Mal eine Aktualisierung sah, waren es fast 60
Zivilisten, denen diese verbotenen Minen meist die Beine, manchmal auch die
Hände abgerissen hatten.
Die Ukraine hat den Ottawa-Vertrag unterzeichnet, und der Einsatz dieser
Minen ist illegal; es handelt sich um ein Kriegsverbrechen. Das ist also eines
von vielen Kriegsverbrechen, die ich in meinen Berichten aus dem Donbaß
dokumentiert habe.
Kanada unterstützt die Ukraine bedingungslos. Kanada hat die Ukraine schon
mit bis zu 1 Milliarde Dollar unterstützt. Kanada hat ukrainische Soldaten
ausgebildet, einschließlich Asow-Leuten, und Kanadier haben selbst in der
Ukraine gekämpft. Wenn sie diese Nazi-Ideologie nicht schon vorher hatten,
werden Kanadier, die nach Kanada zurückkehren, diese Ideologie mit Sicherheit
haben, nachdem sie in der Ukraine waren und dort von den Nazis indoktriniert
wurden.
Wenn ich als Journalistin und kanadische Staatsbürgerin nach Kanada
zurückkehren würde, habe ich keine Ahnung, was einige dieser ukrainischen
nationalistischen Kanadier mit mir machen würden. Aber ich bin sicher, daß die
kanadische Regierung mich überhaupt nicht schützen würde. Zudem hat der
kanadische Staatssender und Hauptpropagandist, die Canadian Broadcasting
Corporation (CBC), im Juli eine Verleumdungskampagne gegen mich gestartet,
in der sie mich im wesentlichen als „russischen Propagandistin“ darstellten.
Sie erwähnten nicht einmal, was ich aus dem Donbaß berichtet habe, und
beschönigten damit die Kriegsverbrechen der Ukraine. Stattdessen konzentrierte
sich die CBC in ihrem Bericht auf meine Teilnahme an einem
Kriegsverbrechertribunal in Moskau.
Das Interessante daran ist, abgesehen von der im Grunde ziemlich schäbigen
und erbärmlichen Verleumdung meiner Person, daß die CBC meine Teilnahme
an diesem Tribunal für April angab, obwohl es in Wirklichkeit der 11. März
war. Woher hatte die CBC diese Information? Nun, der einzige Ort, woher
sie diese Information haben können, ist der Eintrag in der ukrainischen
Mirotworez-Verleumdungsliste über mich, dort wird nämlich meine Teilnahme an
diesem Gremium im einzelnen aufgeführt und fälschlicherweise als April
angegeben.
Ich weiß also mit Sicherheit, daß die CBC von der Tötungsliste und
meinem Eintrag darin weiß, sich aber entschieden hat, nicht darüber zu
berichten. Einige unabhängige Medien haben sich Ende Mai an mich gewandt und
ein Interview mit mir über meine Berichterstattung aus dem Donbaß und auch
über den Eintrag in Mirotworez geführt. Abschließend erklärten sie, daß sie
sich an die großen Medienunternehmen in Kanada wenden würden. Kein einziges
davon hat mich wegen dieser Mordliste kontaktiert.
Am 4. August, als ich in Donezk war, bombardierte die Ukraine das
Stadtzentrum massiv. Die ersten drei Bomben fielen etwa 200 Meter von dem
Hotel entfernt, in dem ich untergebracht war. Die vierte und fünfte Bombe
schlugen 50 Meter entfernt und dann genau neben dem Hotel ein. Es mag Zufall
gewesen sein, daß die Ukraine ein Hotel voller Journalisten bombardierte, oder
auch nicht, denn es war bekannt, daß dort Journalisten wohnten. Vier Tage
zuvor hatte [die Ex-Unterhausabgeordnete und Bloggerin] Louise Mensch den
ukrainischen Spezialkräften getwittert, daß ich im Donbaß sei. Ihr Tweet
zielte darauf ab, mich zu „liquidieren“, wie die Mirotworez-Leute zu sagen
pflegen.
Um auf das Thema Mirotworez zurückzukommen: Es ist absolut entsetzlich, daß
eine Datenbank wie diese existiert, die offen zur Ermordung von Menschen wie
mir, Ihnen und 327 Kindern aufruft, nur weil wir über die Kriegsverbrechen der
Ukraine und die Korruption in der Ukraine sprechen. Diese Liste stellt eine
sehr reale Bedrohung für die Ukrainer dar, nicht nur für Journalisten und
Menschen, die sich zu Wort melden, sondern auch für viele Ukrainer in der
Ukraine selbst. Viele Ukrainer sind bereits verschwunden oder umgebracht
worden.
Wie ich bereits sagte, wird mich nichts davon abhalten, zu berichten, und
ich bereite mich darauf vor, in naher Zukunft in den Donbaß zurückzukehren.
Aber die Mirotworez-Liste dürfte es nicht geben. Wir müssen alles in unserer
Macht Stehende tun, um sie abzuschaffen und diejenigen, die dahinter stehen,
und diejenigen, die sie stillschweigend unterstützen, für den Terrorismus zur
Verantwortung zu ziehen.
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