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Schiller-Institut e. V.
"Zweck der Menschheit ist kein anderer als die
Ausbildung der Kräfte des Menschen, Fortschreitung."
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Echte Wissenschaft widerlegt den Mythos
der linearen schwellenwertlosen Strahlungsmodells

Interview mit Dr. Edward Calabrese

Dr. Edward Calabrese ist Professor für Umwelt- und Gesundheitswissenschaften, University of Massachusetts Amherst; Mitherausgeber von Hormesis (Hormesis: eine Revolution in Biologie, Toxikologie und Medizin). Er ist Autor von über 750 veröffentlichten wissenschaftlichen Arbeiten und zehn Büchern. Für die Konferenz des Schiller-Instituts am 19. Juni 2022 übermittelte er das folgende Video-Interview, die Fragen stellte Kynan Thistlethwaite vom Schiller-Institut. Die Zwischenüberschriften wurden hinzugefügt. (Übersetzung aus dem Englischen.)

© Lawrence Berkeley National Laboratory, U.S. Department of Energy


Dr. Calabrese hat sich eingehend mit den historischen Grund­lagen des LNT-Modells (Linear No-Threshold) und seiner Anwendung auf die Bewertung von Krebsrisiken (Linie B in der Abbildung) beschäftigt, und allgemein mit der Art und Weise, wie wir heute über Strahlenbelastung denken. Er hat dokumentiert, daß LNT auf der Grundlage von betrügerischer Forschung, Manipulation der wissenschaftlichen Literatur und wissen­schaftlichem Fehlverhalten durch die U.S. National Academy of Sciences zur geltenden Politik gemacht wurde. Dagegen vertritt Dr. Calabrese die Idee einer nichtlinearen, auf Schwellenwerten basierenden Dosis-Wirkungsbeziehung für ionisierende Strahlung und andere Chemikalien und argumentiert, daß die Exposition mit Dosen unterhalb des Schwellenwerts gesund­heitliche Vorteile bieten kann (Kurve D in der Abbildung). Seine Arbeit war kürzlich Gegenstand einer viel beachteten 22-teiligen Dokumentation der Health Physics Society.

Frage: Vielen Dank, Dr. Calabrese, daß Sie sich Zeit für uns genommen haben und uns die Möglichkeit geben, mit Ihnen zu sprechen. Um den Zuhörern einen Eindruck zu vermitteln: Was ist das LNT-Modell, und was haben Sie in Bezug auf die historischen Grundlagen dieses Modells und die Art und Weise, wie wir heute darüber denken, erforscht?

Dr. Edward Calabrese: Das LNT-Modell ist ein Dosis-Wirkungs-Modell, eine sehr allgemeine Art von Dosis-Wirkungs-Modell. Und für die breite Öffentlichkeit ist das Dosis-Wirkungs-Modell etwas, das wir alle jeden Tag erleben: Es geht darum, wieviel wir etwas tun, sei es Sport, Alkoholkonsum oder irgend etwas anderes – wieviel tun wir und wie wirkt sich das aus?

Und es geht nicht nur darum, wieviel man tut, sondern auch darum, wie schnell man es tut. Wenn man zum Beispiel ein Glas Wein trinkt und das Glas Wein zu schnell austrinkt, kann man sich sehr schnell schwindelig fühlen.

Das ist ein Beispiel für eine Dosis-Wirkung und eine Dosis-Rate-Wirkung. Es handelt sich dabei um eine allgemeine Erfahrung, die wir machen, wenn wir bestimmte Aktivitäten ausführen, wir sehen bestimmte Auswirkungen, und diese werden in Diagrammen dargestellt. Das ist die Arbeit, die Pharmakologen, Toxikologen und Epidemiologen in der Regel machen, wenn sie versuchen, Dosis-Wirkungs-Beziehungen herauszufinden und herauszufinden, wie Medikamente oder Schadstoffe oder andere Dinge auf biologische Systeme wirken. Das ist die allgemeine Vorstellung von einer Dosis-Wirkungs-Beziehung, und das ist etwas, das man wahrscheinlich schon mit sechs Jahren lernt. Wenn wir älter werden, fügen wir allerdings Zahlen hinzu und machen es ein bißchen komplizierter.

Ich denke, mit dem gesunden Menschenverstand würden die meisten Menschen davon ausgehen, daß viele Dinge dazu neigen, über eine Schwelle zu wirken. Das bedeutet, daß man ein bestimmtes Maß an Exposition überschreiten muß, bevor eine Wirkung wahrnehmbar oder meßbar wird oder irgendwie auf der Skala registriert wird, auf der man sie zu registrieren versucht. So funktionierten die Glaubenssysteme vor 120, 150 Jahren und dann immer weiter.

Doch dann, etwa 1930, begann ein Strahlungsgenetiker in diesem Land, sich mit den Auswirkungen von Strahlung zu befassen und mit der Frage, wie sie das Genom beeinflussen könnte. Man kam auf die Idee, daß es kein sicheres Expositionsniveau gibt, daß es so etwas wie einen Schwellenwert nicht gibt, daß sich Strahlung stark von Chemikalien oder anderen Dingen unterscheidet und daß jede einzelne Exposition eine genetische Veränderung verursacht und nicht repariert wird. Und daß die Auswirkungen kumulativ sind, daß sie irreversibel sind, daß sie nicht repariert werden können.

Wenn man all diese drei Dinge miteinander verknüpft, erhält man eine lineare Dosis-Wirkungsbeziehung. Und diese lineare Dosisreaktion ging davon aus, daß jede beliebige Menge Exposition Schaden verursachen würde, und letztlich könnte sogar eine einzige Ionisierung durch ein einziges Strahlungsteilchen das Potential habe, Schaden zu verursachen.

Im Laufe der Zeit – ich würde sagen, von etwa 1930, als diese Idee zum ersten Mal aufkam, bis, sagen wir, in den späten 1950er Jahren – dauerte es etwa 30 Jahre, bis diese Idee Resonanz fand, Anhänger fand und sich bestimmte internationale Situationen zunutze machte, wie die Atombombe, die oberirdischen Tests, die Angst vor radioaktivem Fallout. Schließlich wurden Politiker, Wissenschaftler und die Weltgemeinschaft dazu gebracht, von einem Schwellenwertmodell zu einem LNT-Modell überzugehen, und zwar hauptsächlich auf der Grundlage von Angst. Und letztendlich hat stets die Angst die Politiker und andere angetrieben und das Land vorwärts oder rückwärts bewegt, wie immer man es sehen will, so beeinflußt die Angst unser Verhalten und unsere Politik.

Frage: Als Sie Ihre Erkenntnisse über die Grundlagen des LNT-Modells veröffentlicht und dessen Fehler aufgedeckt hatten, haben Sie da Widerstand von Ihren Kollegen und anderen wissenschaftlichen Einrichtungen erfahren?

Calabrese: Nun, ich muß sagen, daß meine Infragestellung des Glaubenssystems der wissenschaftlichen Gemeinschaft, der Gemeinschaft der Toxikologen und der Gemeinschaft der Strahlenschützer, wahrscheinlich Anfang der 1990er Jahre begann. Aber erst in den frühen 2000er Jahren wurde ich wirklich ernst genommen.

Es ist nun so, daß man, wenn man nicht ernst genommen wird, auch nicht zum Ziel vieler Angriffe wird. Sobald man im Visier ist, neigen die Leute dazu, diese Person für wichtig zu halten. Wenn man nicht wirklich angegriffen wird, dann merkt man wahrscheinlich, daß man in den Augen der Opposition nicht sehr wichtig ist.

Ich wußte also, daß ich in den 1990er Jahren auf etwas Aufregendes gestoßen war und daß es heiß werden würde, aber ich wußte auch, daß ich noch viel mehr Arbeit leisten mußte, um dorthin zu gelangen – um es einmal so auszudrücken. Und ich habe in vielerlei Hinsicht im Stillen gearbeitet, so wie man als Forscher eben arbeitet, indem man das Spiel spielt, das man machen soll, indem man Artikel veröffentlicht und so weiter.

Und dann kam für mich eine Art Durchbruch, sowohl in positiver als auch in negativer Hinsicht. Im Jahr 2003 wurde ein Artikel von mir in der Zeitschrift Nature veröffentlicht, und ich wurde in deren Werbepaket aufgenommen. Ich hatte noch nie in Nature veröffentlicht, und ich war auch noch nie in einem Werbepaket, aber wow – ich sah, was das für Folgen hatte!

In dem Artikel ging es nicht nur um einen Angriff auf LNT, sondern auch auf das Schwellenwertmodell. Ich behauptete, daß das Phänomen, das Hormesis genannt wird, d.h. eine biphasische Dosis-Wirkungsbeziehung, bei der niedrige Dosen von schädlichen Dingen tatsächlich sogar vorteilhaft sein können, meiner Meinung nach das vorherrschende Dosis-Wirkungsmodell in der Toxikologie sein sollte.

Und das ist wirklich eine radikale Aussage! Das ist so, als würde man sagen, daß das Fachgebiet von Anfang an alles falsch gemacht hat. Und weil es so skurril und herausfordernd war, hat es, glaube ich, die Aufmerksamkeit der Redaktion von Nature erregt, und sie wollten die Idee weitergeben – mir erlauben, die Idee weiterzugeben. Wie ich später erfuhr, haben sie mir die Erlaubnis erteilt, denn ein Insider aus dem Redaktionsausschuß erzählte mir, daß es einen großen Streit darüber gab, wie viele Wörter und wie viele Zahlen mir zugestanden würden. Sie kämpften also um 2500 Wörter und zwei oder drei Abbildungen und gaben mir schließlich Platz für 1500 Wörter und eine Abbildung. Darin also bestand meine Arbeit.

Aber als mein Artikel in Nature und in das Pressepaket aufgenommen wurde, bekam er eine Menge Publicity, die aus Titelseitenartikeln in mehreren Zeitungen bestand. In meiner Heimatstadt erschien ein Artikel im Boston Globe; ich bekam einen kleinen Artikel im Wall Street Jourrnal. U.S. News & World Report brachte einen sehr großen Artikel mit meinem Bild darin. Später hat dann das Science Journal eine vierseitige Geschichte gebracht, in der auch mein Bild zu sehen war. Es gab noch viele andere Dinge, alle möglichen Debatten. Und so wurde ich von einer Art Unbekannten zu einem bekannten Produkt, sozusagen zu einem „New Kid on the Block“.

Aber dann fingen sich die Leute an Sorgen zu machen, denn hier war jemand, der sagte, daß nicht nur LNT falsch sei, sondern daß giftige Substanzen in niedrigen Dosen sogar positive Auswirkungen haben könnten. „Der muß ja verrückt sein, und wenn er nicht verrückt ist, muß er gefährlich sein. Auf jeden Fall muß er in Frage gestellt und wahrscheinlich gestoppt werden. Wir werden sehen, wie ernst es ihm wirklich ist.“

Die Entwicklung der Forschung studieren

Frage: Amerika sollte viel mehr Menschen hervorbringen, die zu dem fähig sind, was Sie getan haben. Sie sind auch Dozent. Was muß ein Student, der etwas in der Wissenschaft entdecken will, Ihrer Meinung nach tun, um sich vorzubereiten?

Calabrese: Ich muß Ihnen sagen, daß ich mich in diesem Bereich erst mit 50 Jahren entwickelt habe, okay? Und ich bin sehr breit ausgebildet. Ich bin ein sehr traditioneller Mensch, ein sehr traditioneller Wissenschaftler, ein sehr traditioneller labororientierter Mensch. Ich habe ein breites Spektrum an Kursen belegt und bin insofern sehr altmodisch. Ich bin sehr altmodisch, wenn es darum geht, daß ich sehr belesen bin, aber auch viel praktisch im Labor arbeite, so daß ich hoffentlich mein Lehrgeld bezahlt habe und den Arbeitsprozeß verstehe und sehr selbstkritisch bin.

Aber ich muß Ihnen etwas sagen, das für mich sehr wichtig war und das für Studenten sehr nützlich sein könnte: Als ich ein junger Doktorand war, gab es etwas, was wir „neue Inhalte“ nannten, und das sah so aus, daß wir jede Woche in einem Club versuchten, einen Blick auf die neuesten Arbeiten zu werfen, um zu sehen, was gerade passiert. Auch nach meinem Abschluß und als ich Mitglied der Fakultät wurde, mußte ich über alles auf dem Laufenden bleiben.

Aber ich habe eine ganz umgekehrte Art des Lernens entwickelt: Wenn ich etwas schreiben sollte – und ich habe viele Bücher geschrieben –, habe ich nicht nach dem aktuellen Stand der Forschung geschaut, sondern mir das allererste Buch besorgt, das jemals über das Thema geschrieben wurde, und dann alles, was seitdem passiert ist. Und ich würde niemals den neuesten Artikel zuerst lesen! Den lese ich zuletzt! Ich würde mir den allerersten Artikel ansehen und lesen, was damals herausgefunden wurde.

Dann würde ich versuchen, mich zu fragen: „Was sollte das nächste Experiment sein? Und wie würde ich es machen?“ Und dann würde ich nachsehen, was gemacht wurde. Und meistens wurde das, was meiner Meinung nach hätte gemacht werden sollen, nie gemacht! Und ich machte immer wieder diesen Schritt, wie ein umgekehrter Kegel, und das änderte nach und nach die Art und Weise, wie ich Wissenschaft als Geschichte sah. Und ich begann, Wissenschaft als Biographie zu sehen. Und ich behaupte, daß die meisten unserer guten Ideen auf diesem Weg verlorengegangen sind.

Die Art und Weise, wie Wissenschaft heute gelehrt wird, ist eine gerade Linie, von den Anfängen bis heute, eine gerade Linie. Aber sie ist alles andere als eine gerade Linie! Es ist eine gezackte Linie, sie hat Lücken. Ich glaube, die besten Ideen wurden nie in Betracht gezogen oder weiterverfolgt. Und doch denken wir immer, daß es eine gerade Linie ist, und wir gehen immer sofort zum Neuesten. Das habe ich also irgendwie selbst herausgefunden, und ich glaube, das war der Kern davon, daß ich diese historischen Entdeckungen über LNT gemacht habe – indem ich die Dinge einfach etwas anders angepackt habe und ganz anders darüber nachgedacht habe als mit der Ungeduld der heutigen Wissenschaftler, die immer nur das Neueste lesen müssen.

Ich bin sehr für das Neueste: Ich schaue mir jeden Tag an, was heute passiert. Aber ich vergesse nicht, daß man wirklich zu den Ursprüngen zurückgehen muß, um sie dann weiter zu verfolgen. Man muß also doppelt so viel Arbeit leisten, aber es ist synergetisch besser, als wenn man es nicht tut. Ich glaube, das ist einer der Gründe für meine glücklichen Entdeckungen auf meinem Weg, könnte man sagen.

Wie setzen sich Ideen durch?

Frage: Wie werden Ihrer Meinung nach in Zukunft neue Wissenschaftsbereiche erschlossen? Welche Bedingungen müssen Ihrer Meinung nach erfüllt sein, damit neue Durchbrüche erzielt werden können?

Calabrese: Es ist interessant, daß Sie das ansprechen. In gewisser Weise hatte ich Gelegenheit, sowohl die negative als auch die positive Seite dieser Entwicklung zu erleben – wie schnell sich Theorien entwickeln können. Ich möchte Ihnen einfach eine Analogie geben, okay? Ich habe vor einigen Jahren ein Buch gelesen, in dem es darum ging, wie sich eine Idee durchsetzt und sich in der Kolonie oder in der Gesellschaft verbreitet.

In diesem Fall ging es um Anthropologen, die zwei Pavian-Kolonien untersuchten. Sie waren geographisch isoliert, aber in beiden herrschte die gleiche soziale Struktur vom ranghöchsten männlichen bis zum niedrigsten weiblichen Pavian, was ihre Machtstruktur anbelangt. Die Forscher wollten den Pavianen eine neue und wichtige Methode der Nahrungsbeschaffung beibringen und wollten sehen, wie lange es dauern würde, bis die Idee von allen Mitgliedern der Pavian-Kolonie erlernt und übernommen würde. In einem Fall wurde dieses Wissen dem obersten Männchen beigebracht. Es dauerte etwa drei Stunden, bis alle anderen Paviane es lernten, beobachteten, aufgriffen und umsetzten. Dann gingen sie zu einer anderen Pavian-Kolonie und brachten es dem untersten Weibchen bei. Es dauerte Monate über Monate, bis diese großartige Idee angenommen wurde.

Und ich sagte mir: „Wow! Das ist erstaunlich, es ist die gleiche Idee, aber es hängt davon ab, wer die Idee hat, wie schnell sie aufgegriffen wird.“

Also, in meinem Fall hatte ich diese Idee der Hormesis, der Strahlungshormesis und dergleichen, eine revolutionäre Idee, und damals in den 1980er Jahren hatte diese große Datenbank, die Webber Science Database, dazu etwa 10 oder 15 Zitate pro Jahr. Jetzt, 40 Jahre später, habe ich sehr intensiv daran gearbeitet, und im letzten Jahr sind die Zitate – es hat 40 Jahre gedauert, aber es sind jetzt über 18.000. Man könnte sagen, das ist furchtbar viel, aber es ist auch ein sehr, sehr langsamer Anstieg, und jetzt geht es ziemlich schnell nach oben.

Ich kann Ihnen jedenfalls versichern, daß ich das Äquivalent eines weiblichen Pavians bin, die Person mit dem niedrigsten Rang, die eine großartige Idee hatte und 40 Jahre brauchte, um diese Sache ins Rollen zu bringen. Wäre ich, sagen wir mal, der Dekan der Harvard School of Public Health, oder jemand anderes, der etwas auf sich hält, und hätte diese Idee gehabt, die ich schon früh hatte, dann hätte das die Welt schon längst revolutioniert!

Ich glaube also, daß eines der großen Probleme hier darin besteht, daß es bestimmte soziale Strukturen gibt, die gute Ideen beschleunigen können, und soziale Strukturen, die es sehr schwierig machen, daß Ideen angenommen werden. Und das sagt etwas über die politische Struktur, die soziale Struktur oder etwas anderes aus, aber ich kann Ihnen sagen, daß meine Ideen, entweder aufgrund meines geringen Ansehens in der Gesellschaft oder was auch immer sonst noch vor sich geht, furchtbar lange gebraucht haben. Okay, das ist die negative Seite.

Aber auf der positiven Seite habe ich an meine Ideen geglaubt, ich habe tatsächlich an meine Ideen geglaubt und ich habe sie studiert, und ich kann Ihnen sagen, daß ich weiß, wovon ich rede, und daß ich in meinem Denken viel besser geworden bin, weil ich alle Arten von verschiedenen Problemen selbst ausgearbeitet habe, ohne daß mir jemand auch nur ein Quäntchen Ermutigung gegeben hätte! Meistens meiden sie dich, sie weisen dich zurück, all das. Aber was in diesem Fall letztendlich passieren wird, ist, daß ich weiß, daß ich mit diesen anderen Ideen im Laufe der Zeit recht behalten werde.

Und das Gleiche gilt für die LNT-Frage. Am Anfang, als ich darauf hinwies, daß Muller in seiner Nobelpreisrede wahrscheinlich gelogen hat und daß Muller wahrscheinlich gar keine Genmutationen ausgelöst hat, bekam man einen Schlag auf den Kopf und wurde sozusagen die Toilette hinuntergespült, sie behandelten einen nach dem Motto: „Du bist als Wissenschaftler ausgegrenzt, du bist ein Nichts.“ Aber irgendwann, wenn die Beschimpfungen vorbei sind – und sie haben sich wirklich auf Beschimpfungen und andere Arten der Ausgrenzung spezialisiert -, tröstete ich mich immer damit, daß die Kritik, die ich bekam, nur lautete, daß ich nicht so klug wie Muller sei, daß ich nicht auf einer Top-Universität war und daß ich als Wissenschaftler ausgegrenzt sei, weil ich an dieser Hormesis-Frage arbeite. Und ich sagte: „Nun, alles das ist wahr, aber würden Sie mir einen Gefallen tun und mir sagen, wo mein Fehler liegt?“ Und dann fangen sie wieder an, persönliche Angriffe zu wiederholen, anstatt sich mit der wissenschaftlichen Frage zu befassen, die ich aufgeworfen habe.

Man muß sich also anhören, was die Kritikpunkte sind. Wenn die Kritik nur darin besteht, wie dumm Sie sind, oder daß Sie keinen Nobelpreis haben, oder daß Sie nicht an der Harvard Universität studiert haben, nun, all das ist wahr, aber das ist hier nicht die relevante Frage! Sie müssen sich also mit der relevanten Frage befassen.

Es gibt verschiedene Wege, auf denen Menschen versuchen, dich daran zu hindern, weiterzukommen und dich an den Rand zu drängen. Man muß nur versuchen zu verstehen, welche Argumente stichhaltig und welche nicht stichhaltig sein sollten. Und dann werden sich die Leute hoffentlich letztlich dazu durchringen – aber man muß stark sein, und man muß mutig sein, und man muß selbstkritisch sein.

Wissen Sie, es gibt viele Kritiker da draußen, aber der wichtigste Kritiker in Ihrem Leben ist, raten Sie mal, wer? Das müssen Sie selbst sein! Sie müssen Ihre eigene schlimmste, härteste, krasseste und schwierigste Person sein, die Sie zufriedenstellen können. Und wenn man all diese rauhen, harten Dinge für sich selbst sein kann, wird einem der Rest der Welt irgendwie leicht vorkommen, wenn man sich ihr stellt.