Möge LaRouches Andenken ewig leben!
Von Sergej Glasjew
Grußbotschaft des russischen Wirtschaftswissenschaftlers Sergej
Glasjew, Minister für Integration und Makroökonomie in der Eurasischen
Wirtschaftskommission, dem Exekutivorgan der Eurasischen Wirtschaftsunion, zu
Lyndon LaRouches 100. Geburtstag.
In diesem Jahr feiern fortschrittliche Menschen auf der ganzen Welt den
100. Jahrestag der Geburt des brillanten Denkers und – ich würde nicht zögern
zu sagen – Propheten unserer Zeit, Lyndon LaRouche. Leider können wir uns
nicht mehr mit ihm unterhalten, und es ist schade, daß er den Tag nicht mehr
erlebt hat, an dem seine Warnungen vor dem Zusammenbruch des Weltfinanzsystems
in Erfüllung gingen.
Schon vor 30 Jahren, vielleicht sogar noch früher, machte Lyndon LaRouche
darauf aufmerksam, daß das Aufblähen von Finanzblasen, von Derivatblasen, und
die Schaffung von Finanzpyramidensystemen unweigerlich zum Zusammenbruch des
Weltfinanzsystems führen würden. Und er schlug vor, rechtzeitig Maßnahmen zu
ergreifen, um diesen Zusammenbruch abzuwenden.
Hätten die Staats- und Regierungschefs der Welt auf die Stimme von Lyndon
LaRouche gehört, hätten wir vielleicht die sozialen Verwerfungen vermeiden
können, mit denen wir heute infolge des Zusammenbruchs des Weltfinanz- und
Wirtschaftssystems konfrontiert sind, das auf der unbegrenzten Emission von
Dollars und anderer westlicher Reservewährungen beruht.
Diese Finanzblasen werden nicht kleiner. Wir haben gesehen, daß Versuche,
sie zu beheben, in der Aufblähung neuer Blasen enden. Selbst der Crash von
2008, bei dem zig Billionen Dollar an Ersparnissen der Menschen,
einschließlich der Rentenfonds, vernichtet wurden, hat nicht verhindert, daß
sich die Finanzblasen durch die unbegrenzte Emission von Weltreservewährungen
mit Hilfe der sogenannten quantitativen Lockerung erneut aufblähen.
Lyndon LaRouche schlug einen gegenseitigen Schuldenerlaß unter Beachtung
des Prinzips von Fairneß und Effektivität vor.
Was wir jetzt sehen, ist, daß sich die Emittenten von Weltreservewährungen
einfach weigern, ihrer Verantwortung nachzukommen. Es war vorhersehbar, daß,
wenn die Länder, die den Weg des Aufpumpens von Finanzblasen eingeschlagen und
ihr Monopol auf das Emissionsrecht einer Weltwährung mißbraucht haben, in eine
Situation geraten, in der das Ausmaß dieser Finanzpyramiden die Fähigkeit des
Landes, sie zu bedienen, bei weitem übersteigt, unweigerlich die Frage
auftauchen würde, wie man diese Schulden verwerfen kann. Einfach vor der
ganzen Welt den Bankrott erklären oder einen anderen Weg wählen, um sich
seiner Verpflichtungen zu entledigen – sie zu verwerfen?
Die Vereinigten Staaten, Großbritannien, die Europäische Union und Japan
haben diesen zweiten Weg gewählt. Sie haben Rußlands Devisenreserven einseitig
beschlagnahmt und blockiert. Das bedeutet, daß sie sich weigern, ihre
Verpflichtungen gegenüber Rußland zu erfüllen.
Rußland hat diesen Ländern einen Kredit in Höhe von mehr als vierhundert
Milliarden Dollar gewährt – das ist die staatliche Komponente und die eigenen
Devisenreserven der Regierung – und weitere rund eine Billion Dollar, die
privaten Parteien gehören, befinden sich in den Ländern der westlichen
Emittenten von Weltreservewährungen.
Der Versuch, diese Gelder zu blockieren, bedeutet im Grunde einen
Zahlungsausfall, aber einen Ausfall dessen, was man einem seiner
Gläubiger schuldet. In der Vergangenheit nannte man dies Piraterie oder
Raub.
Natürlich können diese außergewöhnlichen Maßnahmen, die völlig gegen
internationales Recht verstoßen und jede denkbare Regel des Anstands sowie die
Standards der Welthandelsorganisation und des Internationalen Währungsfonds
verletzen, vor Gericht angefochten werden. Aber zum einen würde dies mit der
staatlichen Entscheidung des Emittentenlandes kollidieren, welche die eines
Piraten oder eines Räubers sein kann, wie wir gerade erleben.
Andererseits wird ihr Vorgehen das System nicht retten, denn selbst wenn
die USA und ihre europäischen Verbündeten sich weigern, ihre Verpflichtungen
gegenüber Rußland zu erfüllen, ist das nur ein kleiner Prozentsatz der
finanziellen Verpflichtungen, die die Emittenten der Weltreservewährung
gegenüber der gesamten Welt und ihren eigenen Binnenmärkten haben.
Die Welt stürzt also ins Chaos, und zwar genau nach dem Szenario, dem
Negativszenario, von dem Lyndon LaRouche in seinen Prognosen vor 30 oder 40
Jahren sprach.
Damals schlug er vor, daß die Länder, die die Weltreservewährung emittieren
– anstatt Finanzblasen aufzupumpen – zusammen mit ihren Partnern und anderen
Ländern in den Aufbau einer globalen Infrastruktur investieren sollten, was
die Kosten des Handels senken, die Effizienz der internationalen
Wirtschaftsbeziehungen erhöhen und insgesamt zur Verbesserung der weltweiten
Konnektivität beitragen würde. Er betrachtete die Globalisierung als einen
Prozeß der Ausweitung der Zusammenarbeit zwischen den Ländern und nicht als
Versuch einiger Länder, andere auszubeuten.
LaRouche kritisierte die liberale Globalisierung, die heute zum
Zusammenbruch des Weltfinanzsystems führt. Er schlug ein anderes
Globalisierungsmodell vor, das auf den Prinzipien der physischen Ökonomie
beruht: insbesondere das berühmte Projekt, das er und seine Frau Helga
Zepp-LaRouche in die internationale Diskussion eingebracht haben – die
sogenannte Eurasische Brücke.
Dies ist ein großartiges und interessantes Projekt, das nun nach vielen
Jahren durch die chinesische „Belt and Road“ Initiative, die wir durch eine
Verbindung mit der Eurasischen Wirtschaftsunion unterstützen, in die Tat
umgesetzt wird.
Lyndon LaRouche blickte Jahrzehnte voraus. Er warnte die USA und ihre
Partner vor dem unvermeidlichen Zusammenbruch ihrer finanziellen
Expansionspolitik, bei der die Interessen der Spekulanten das nationale
Interesse und die Entwicklung der Wirtschaft in den Hintergrund drängen.
Die globalen Spekulanten und die Weltoligarchie, die die monetäre Emission
der Weltwährungen ausnutzen, haßten LaRouche dafür sehr. Er wurde verfolgt und
mußte ins Gefängnis gehen. Er kandidierte mehrmals für das Amt des
US-Präsidenten, und wenn Lyndon LaRouche zum Präsidenten gewählt worden wäre,
würde sich die Welt heute stabil entwickeln. Es gäbe nicht das wachsende
Chaos, es gäbe nicht die weltweiten Kriege und Provokationen, die die globale
Oligarchie betreibt, um ihre Schulden zu tilgen.
Es gibt ein russisches Sprichwort: „Krieg schreibt alles ab.“ Um seine
Schulden gegenüber Rußland und Europa zu tilgen, hat Washington den Krieg in
der Ukraine provoziert und verschärft die Konfrontation weiter. Die Dinge
haben einen Punkt erreicht, an dem Washingtons Einflußagenten ein
Atomkraftwerk beschießen, um den Konflikt anzuheizen und die Grundlage für
einen Zusammenstoß zwischen Rußland und der gesamten NATO zu schaffen: Eine
NATO-Aggression gegen Rußland.
Der gegenwärtige albtraumhafte Moment mit dem Zusammenbruch des gesamten
internationalen Rechtssystem und der internationalen Zusammenarbeit, dem
Zusammenbruch des Finanzsystems, hätte vermieden werden können, wenn die
Demokratische Partei LaRouche vor vielen Jahren als Präsidentschaftskandidaten
unterstützt hätte. Aber leider kennt die Geschichte den Konjunktiv nicht.
Oder, wie wir zu sagen pflegen: Niemand ist ein Prophet im eigenen Land.
LaRouches Stimme wurde sehr wohl gehört. Wir erinnern uns an ihn. In
praktisch allen großen Ländern der Welt, die sich heute erfolgreich entwickeln
– vor allem in Indien und China – gibt es Anhänger von LaRouche. Sie haben
seine Gedanken und Ideen genutzt, um ihre Wirtschaftswunder zu realisieren. Es
sind die Prinzipien der physikalischen Ökonomie, für die LaRouche eintrat, die
heute dem chinesischen Wirtschaftswunder zugrunde liegen und die auch in den
Grundlagen der indischen Wirtschaftsentwicklungspolitik enthalten sind. Die
Anhänger von LaRouche in diesen Ländern üben einen fruchtbaren, sehr positiven
und konstruktiven Einfluß auf die Gestaltung der Wirtschaftspolitik in diesen
führenden Nationen des neuen Weltwirtschaftsparadigmas aus.
Wir sollten das schöpferische Vermächtnis von Lyndon LaRouche nicht
vergessen, das die Verflechtung der heutigen Ereignissen mit ihren Wurzeln vor
vielen Jahrhunderten verdeutlicht. Ich war immer beeindruckt von Lyndon
LaRouches enormer Gelehrsamkeit. Er sah die parasitäre globale Oligarchie von
ihren Ursprüngen her und zeichnete nach, wie diese oligarchischen Familien
zunächst in Venedig vom Handel parasitierten. Dann siedelten sie sich in
Holland an und bauten dort durch internationalen Handel und globale
Spekulationen ihre Finanzmacht weiter aus, dann siedelten sie nach England um
und übernahmen danach die Kontrolle über das politische System der Vereinigten
Staaten.
Lyndon LaRouche sah die gesamte Weltgeschichte durch das Prisma des Kampfes
zwischen dem Guten – den nationalen Interessen, dem Interesse an der
Verbesserung des Allgemeinwohls – und den Kräften des Bösen – der
Weltfinanzoligarchie, die die Entwicklung der Länder behindert, die danach
strebt, spekulative Superprofite aus dem Handel und der wirtschaftlichen
Zusammenarbeit zu ziehen, und die die ganze Welt täuscht, indem sie
Spekulationsblasen aufbläst und ihre Machtpositionen in den Ländern
mißbraucht, in denen sie das politische System beherrscht. Wir sehen, wie die
heutige US-Finanzoligarchie einen hybriden Weltkrieg entfesselt, bis hin zur
Gefahr einer nuklearen Katastrophe, um ihre globale Hegemonie
aufrechtzuerhalten.
Lyndon LaRouches Warnungen bewahrheiten sich. Es ist wichtig, daß diese
Warnungen nicht abstrakt waren. Sie sind nicht einfach Linien auf einem
Diagramm. Ich erinnere mich an die berühmte [Dreifach-]Kurve, in der er die
wachsende Kluft zwischen der Größe der [realen] Weltwirtschaft und der Größe
des Weltfinanzsystems aufzeigte. Er war der erste, der auf dieses
Mißverhältnis hinwies, das vor 30 Jahren noch nicht so groß war; es hätte noch
überwunden werden können, indem die überschüssigen Finanzaggregate in den
realen Sektor – in reale Investitionsprojekte – umgewandelt worden wären.
Heute ist das ein gigantischer Abgrund. Es ist heute unmöglich, Billionen von
Dollar an Finanzblasen in Investitionen in den realen Sektor der Wirtschaft
umzuwandeln. Dafür gibt es einfach keine Mechanismen. Nichts wurde geschaffen,
weil die parasitäre Finanzoligarchie, die LaRouche haßte, die immer versuchte,
ihm den Mund zu stopfen, ihn verfolgte und versuchte, ihn hinter Schloß und
Riegel zu halten, schließlich ein Monopol auf die politische Macht in den
Vereinigten Staaten erwarb.
Und heute nutzt sie ihren politischen Einfluß in Washington, um alle Länder
der Welt zu zwingen, ihrem Willen zu gehorchen. Sie beherrscht weiterhin die
Welt und übt ihre Hegemonie aus, um Superprofite aus Spekulationsgeschäften zu
ziehen.
Lyndon LaRouche hat recht behalten. Heute stützen wir uns auf seine Arbeit,
seine Schriften, wenn wir Vorschläge für einen sehr schnellen Übergang zu
einem neuen Weltwirtschaftsparadigma machen. Wir nennen es ein integriertes
Weltwirtschaftsmodell, in dem das Finanzkapital den Aufgaben der
Wirtschaftsentwicklung untergeordnet wird und in dem die Prinzipien der
physikalischen Ökonomie zur Geltung kommen werden. Wie wir sehen können, haben
die Länder, die diesen Weg gehen, Erfolg.
Es besteht kein Zweifel, daß die herrschende amerikanische Finanzoligarchie
den hybriden Weltkrieg, den sie gegen die gesamte Menschheit angezettelt hat,
verliert. Es ist nur bedauerlich, daß der Preis, der dafür gezahlt werden muß,
sehr hoch sein wird. Dazu gehören auch die Menschenleben, die durch den Krieg,
den die amerikanische und europäische Finanzoligarchie gegen Rußland auf dem
Territorium der Ukraine organisiert hat, verlorengehen. Wir müssen alle unsere
Kräfte bündeln, um dieses Übel zu bekämpfen, und das kreative Vermächtnis von
Lyndon LaRouche hilft dabei. Möge sein Andenken ewig leben.
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