Die Medien als Faktor bei der Mobilisierung der Welt
für Frieden und Entwicklung
Von María de los Ángeles Huerta del Río
María de los Ángeles Huerta del Río war von 2018 bis 2021
Abgeordnete im mexikanischen Bundeskongreß.
Ich grüße Sie alle und wünsche Ihnen einen schönen Nachmittag.
Wenn man sich auf die traditionellen Medien als Instrument der
Anti-Kriegsmobilisierung stützen will, muß man gründlich darüber nachdenken,
zusätzlich zu den Strategien, die wir hier vorstellen und diskutieren. Es
scheint mir notwendig, wenn wir eine weltweite Mobilisierung für Frieden und
Entwicklung auf der Grundlage der hier gemachten Vorschläge organisieren
wollen, daß wir einmal innehalten und gründlich darüber nachdenken müssen, was
die Steuerung der Kommunikationsmedien durch die globalen Mächte bisher
bedeutet hat.
Wenn wir über die traditionellen, privaten, kommerziellen Medien in der
Welt nachdenken, können wir feststellen, daß sie von Anfang an als das
fungiert haben, was der Italiener Antonio Gramsci als „ideologische
Instrumente des Staates“ bezeichnet hat. Ich werde kurz darauf eingehen: Wenn
wir an diese Medien als Instrumente der Herrschaft und der Legitimation der
Machtstrukturen denken, dann wirken sie in dieser Art, weil die
konventionellen Medien, besonders Radio und Fernsehen und die Printmedien, in
das Denken der Öffentlichkeit kollektiv und individuell eindringen können.
Das bedeutet, daß die Durchsetzung wirtschaftlicher und politischer
Modelle, die hochrangige globale Autoritäten erreicht haben, in den großen,
globalen Medienketten stets einen sehr wichtigen Arm der Unterstützung hatten
- nicht viel anders als im Zweiten Weltkrieg, als Hitler und die Nazis das
praktizierten, indem sie Lügen ständig wiederholten, bis sie einen großen Teil
der Bevölkerung davon überzeugt hatten, daß es die Wahrheit wäre.
Denken Sie daran, was jetzt vor sich geht und wie wichtig das ist: 80% der
Fernsehzuschauer und Radiohörer in vielen Ländern der Welt werden
ausschließlich von zwei oder drei Medienunternehmen bedient. Das geschieht
weltweit. 70% des weltweiten Kommunikationsangebots liegt in den Händen von
nur sechs Medienkonzernen – 70% der Informationsproduktion der Welt bei nur
sechs Medienkonzernen! Was bedeutet das? Es bedeutet, daß sich der Rahmen
eines Medienoligopols, der auf globaler Ebene besteht, auch auf nationaler
Ebene in jedem Land wiederholt.
Meiner Meinung nach ist das eine globale Tragödie für die Bürger der Welt,
denn dieses globale Medienoligopol hat schreckliche Folgen für die Art und
Weise, wie diese globalen Mächte ihre wirtschaftliche, finanzielle und
politische Vorherrschaft in der ganzen Welt ausüben, solange die nationalen
Gesetze nicht radikal reformiert werden, was unbedingt getan werden muß. Die
Gesetze sollten diese Macht auf globaler Ebene nicht zulassen, damit sie nicht
in der Lage sind, eine solche Macht über die Kommunikation auszuüben.
Denn was bedeutet das? Sie können Narrative schaffen. Sie erfinden die
Darstellungen, die die Menschen in Bezug auf Wirtschaft, Umwelt, Politik und
alles andere irgendwann glauben. Alles wird durch Narrative entschieden und
definiert, die von den Medienkonglomeraten weltweit verbreitet werden.
Wie ich bereits sagte: Solange keine nationalen Gesetze erlassen werden,
die diese Realität in den einzelnen Nationalstaaten radikal verändern, wird es
sehr schwierig sein, ein globales Bewußtsein für irgendein Thema zu erreichen
- und ganz besonders für das Thema, mit dem wir uns hier beschäftigen, der
Weltkrieg.
Das läßt sich auf jede Situation anwenden, denn sie beherrschen nicht nur
die Produktion von Narrativen, sie monopolisieren auch die Zuschaueranteile
auf globaler Ebene. Wenn man zum Beispiel an Länder wie Brasilien oder Mexiko
denkt, gibt es im Fall Mexikos nur zwei Fernsehkonzerne, die 94% der
Zuschauerzeit vereinnahmen, und in Brasilien ist es eine ähnliche
Situation.
Es ist höchst unwahrscheinlich, daß wir eine bewußte Weltbürgerschaft
entwickeln können, wenn wir diese Fesseln, die das globale Narrativ verzerren,
nicht lösen.
Ich behaupte also, wenn wir Veränderungen in Wirtschaft, Finanzen und
Politik herbeiführen wollen, dann müssen wir in der Lage sein, auf der Idee
einer Weltbürgerschaft aufzubauen. Und dazu müssen wir uns auch so
organisieren, daß wir diesen Schemata der Narrative entgegenwirken können, die
uns einen realistischen Blick auf die Geschehnisse auf der Erde und in jedem
Land der Welt verwehren.
Bisher ist die Regel, daß diese Mächte sich gegenüber den Mehrheiten mit
Narrativen legitimieren können, die nur den Interessen dienen, die diese
Hegemonie innehaben. So wurde beispielsweise viele Jahre lang der
Neoliberalismus als das einzig Wahre, als das Nonplusultra dargestellt. Es
gibt immer noch Menschen, die die neoliberale Politik als Option zur Lösung
der finanziellen und wirtschaftlichen Probleme in der Welt verteidigen. Es
gibt immer noch Menschen, die glauben, daß bestimmte wirtschaftspolitische
Maßnahmen oder politische Maßnahmen im allgemeinen die einzigen sind, die den
Planeten retten können. Wir als Weltbürger müssen uns fragen, ob das wahr ist,
oder ob wir vielleicht die Logik in Frage stellen sollten, auf der dieses
Narrativ aufbaut.
Darüber ließe sich viel sagen, leider haben wir nicht so viel Zeit. Aber
wenn im letzten und vorletzten Jahrhundert die Hauptfeinde von Gleichheit und
Gerechtigkeit die Besitzer der Produktionsmittel waren, so können wir heute
sagen, daß das Problem nicht zuletzt auch darin besteht, wer die globalen
Kommunikationsmedien besitzt.
Ich behaupte daher, daß wir als Menschheit nicht weiterhin blind gegenüber
diesem weltweiten Phänomen sein dürfen. Wir können keine echte
Weltbürgerschaft aufbauen, wenn wir als Nationalstaaten und Weltbürger nicht
alles Notwendige tun, um dieser brutalen Macht der globalen Medienmonopole
entgegenzuwirken. Wenn wir als Bürger in dem Kampf, den wir uns vorgenommen
haben, erfolgreich sein wollen, dann müssen wir wirklich sehr gründlich über
die Tatsache nachdenken, daß Informationen die kollektiven Wahrnehmungen auf
dem gesamten Planeten bestimmen.
Wenn die Menschen durch verzerrte und unwahre Informationen beeinflußt
werden, werden wir höchstwahrscheinlich nicht in der Lage sein, die
kollektiven Maßnahmen zu ergreifen, die erforderlich sind, um dieses
Informationsumfeld zu verändern, wo 70-80% der Bevölkerung an allem
Lebensnotwendigen – Wasser, Strom usw. – Mangel leiden, und diese im Besitz
von nur 1%, 2%, höchstens 3% sind, einer winzigen Minderheit. Es ist sehr
besorgniserregend, daß wir immer noch solche materiellen Defizite haben.
Wir haben das Internet, die sozialen Medien zur Verfügung, über die wir
beginnen können, einen Kurswechsel zu schaffen.
Wie lange muß dieser Krieg noch weitergehen? Wie lange werden diese
Lügengeschichten noch vorherrschen, bis wir in der Lage sind, dieses Problem
zu besiegen?
Ich danke Ihnen, das ist alles, was ich sagen wollte.
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