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Schiller-Institut e. V.
"Zweck der Menschheit ist kein anderer als die
Ausbildung der Kräfte des Menschen, Fortschreitung."
Friedrich Schiller

 

Eine Hommage an Indien zum 75. Jahrestag der indischen Unabhängigkeit

Von Helga Zepp-LaRouche

Im Rahmen des „Manhattan-Dialogs“ am 20. August, der dem 75. Jahrestag der Unabhängigkeit Indiens gewidmet war, hielt die Vorsitzende des Schiller-Instituts den folgenden Vortrag. (Die Zwischenüberschriften wurden von der Redaktion hinzugefügt.)

Guten Tag. Es ist wirklich eine Freude, des 75. Jahrestages der Unabhängigkeit Indiens zu gedenken, der vor fünf Tagen, am 15. August 1947, begangen wurde. Obwohl es in den westlichen Medien kaum erwähnt wurde, ist dieses Ereignis von größter Bedeutung, weil es in einem der größten Länder der Welt stattfand. Einem Land, das eine äußerst faszinierende und reiche Kultur hat.

Es ist dringend notwendig, daß wir diese Geschichte lebendig machen und die Menschen in der Welt über die Bedeutung dieses Ereignisses aufklären. Das ist keine Frage der Vergangenheit, sondern die Ideen, die in den Unabhängigkeitskampf und den Sieg über das Britische Empire eingeflossen sind, vor allem unter der Führung von Mahatma Gandhi, sind von absoluter Aktualität für die Lösung der Probleme der Welt von heute.

Mahatma Gandhis Idee, die weltweit im Allgemeinen mit dem Begriff der Gewaltlosigkeit in Verbindung gebracht wird, ist in Wirklichkeit ein viel umfassenderes Konzept als das, was die meisten Menschen kennen. Es geht nicht nur darum, keine Gewalt anzuwenden, sondern auch um das Gegenteil von Gewalt: Es ist die Philosophie der Liebe, es ist eine Philosophie, die Menschen einzubeziehen, die Welt in Geist und Herz aufzunehmen und auf diese Weise eine Harmonie zu schaffen, die Frieden schafft.

Die Renaissance der Blockfreien-Bewegung

Gandhis Gedanken waren der wichtigste Einfluß auf die Entstehung der Bewegung der Blockfreien Staaten, und im Grunde genommen erleben wir heute – und das ist interessanterweise auch den meisten Menschen im Westen nicht bekannt – eine umfassende Renaissance der Blockfreien-Bewegung. Das geschah nicht von selbst, sondern als direkte Reaktion auf den Versuch, eine unipolare Welt durchzusetzen, was die „westlichen“ Länder seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion versuchen. Die ganze Situation ist jetzt sehr weit eskaliert, und insbesondere als Reaktion auf den Krieg in der Ukraine gibt es Bestrebungen, darauf zu bestehen, daß die ganze Welt im Lager der sogenannten Demokratien stehen müsse, die sich in einem tödlichen Kampf gegen die sogenannten Autokratien befänden. Damit verbunden ist derzeit die Absicht, die Vereinigten Staaten, Großbritannien, die EU, Japan, Südkorea, Australien – mehr ist das Lager der „Demokratien“ nicht – vollständig von Rußland abzukoppeln und einen Bruch herbeizuführen, was wegen der brutalen Sanktionen bereits fast vollständig geschehen ist, aber gleichzeitig auch „die Abhängigkeit von China zu verringern“, was ein andere Formulierung für einen wirtschaftlichen Bruch ist. Und alle sollen irgendwie in eine globale NATO gezwungen werden.

Das hat sich als ein völliger Bumerang erwiesen, denn die Entwicklungsländer haben von den „Demokratien“ nicht viel Gutes erfahren und sie haben eine lebhafte Erinnerung daran, was der Kolonialismus ihnen angetan hat und noch immer antut. Sie weigern sich, in eine geopolitische Blockbildung hineingezogen zu werden, weil sie genau wissen, daß es sich nicht um einen Konflikt zwischen „Demokratien“ und „Autokratien“ handelt, sondern zwischen den Kräften, die das koloniale System erhalten wollen, und den Kräften, die darauf bestehen, daß es eine Befreiung davon geben muß.

Was stattdessen kommen muß, ist das Recht auf Entwicklung für jede Nation der Welt. Auf diese Weise ist die Bewegung der Blockfreien Staaten völlig neu entstanden, und das mit großem Nachdruck.

Das Wesen des Britischen Empire

Wenn man sich Gandhis Konzept der Gewaltlosigkeit anschaut, ist das tatsächlich eine der wichtigsten Ideen, um die nukleare Vernichtung der menschlichen Gattung zu verhindern. Man muß darüber nachdenken, es ist nicht selbstverständlich, und wenn jemand Fragen dazu hat, sollten wir darüber diskutieren. Aber die Menschen im Westen müssen herausfinden – und sie wissen fast nichts über die tiefe philosophische Weltsicht, die damit einhergeht –, daß die Methode, mit der Gandhi das Britische Empire besiegen konnte, was ja keine Kleinigkeit war – daß diese Methode extrem wichtig ist, um den Frieden in der Welt heute zu erhalten.

Wenn man sich zurückerinnert, war Britisch-Indien, der britische Raj, eigentlich eine Geschichte von zwei Jahrhunderten Verbrechen und Völkermord. Die vollständige Zerstörung einer relativ blühenden Wirtschaft in die Armut. Shashi Tharoor, ein indischer Parlamentarier, den ich bei der ersten Sitzung des Raisina-Dialogs der indischen Regierung 2016 kennengelernt habe, wo er mit mir auf dem Podium saß, wurde weltberühmt, als er die Briten in einer 15-minütigen Rede vor der Oxford Union, die sehr witzig und köstlich war, herausforderte. Er präsentierte dem völlig verblüfften Publikum die Geschichte von 200 Jahren britischem Kolonialismus – von Ausbeutung, Unterdrückung und äußerster Brutalität gegenüber den Menschen. Er forderte Reparationen. Dabei machte er ganz deutlich, daß es ihm nicht um die Summe ging, die Indien erhalten sollte, sondern darum, daß die Briten ihre Schuld eingestehen sollten, was offensichtlich nie geschehen ist. Keine der Kolonialmächte hat sich jemals bei den Opfern, die unter ihrem Kolonialismus zu leiden hatten, entschuldigt.

Tharoor hat ein Buch mit dem Titel Das unrühmliche Empire: Was die Briten Indien angetan haben (The Inglorious Empire; What the British Did to India) geschrieben… Tharoor schreibt in seinem Buch, daß die indische Wirtschaft, als die Briten Indien in Besitz nahmen, 25% der Weltwirtschaft ausmachte. Als die Briten wieder abzogen, waren es nur noch 3%, während das Britische Empire zu einem Riesenreich angewachsen war, in dem angeblich die Sonne nie unterging. Tharoor scherzte: „Der Grund, warum die Sonne nie untergeht, ist, daß selbst Gott den Briten im Dunkeln nicht trauen kann.“

Was er in diesem Buch beschreibt und was allgemein bekannt ist, ist, daß die Briten ein brutales System horrender Steuererhebung einführten. Sie betrieben die Zerstörung bestehender Industrien wie Textilien, Stahl, Metallurgie und Schiffsbau. Gleichzeitig verhängten sie unbezahlbare Zölle auf indische Waren, so daß Indien nicht nach Großbritannien exportieren konnte, und ähnliche Regeln eines sog. „freien Handels“. Indien wurde immer ärmer. Die Briten erließen auch ein Gesetz, das den Bau von Lokomotiven in Indien verbot. Sie verschlimmerten absichtlich mehrere Hungersnöte, und während der Hungersnot in Bengalen 1943 sagte Churchill offen, daß er die Inder hasse. Allein bei der Hungersnot in Bengalen verhungerten vier Millionen Menschen, insgesamt starben mehr als 35 Millionen Menschen in Hungersnöten.

Das unmittelbare Erleben der britischen Brutalität während der Unruhen in Kolkata (Kalkutta) 1946 hat Lyndon LaRouche, der im Zweiten Weltkrieg als Soldat in China-Indien-Burma war, sehr beeindruckt. Zu sehen, was die Briten bei diesen Unruhen anrichteten, die Brutalität, mit der sie vorgingen, hat seine Weltsicht und sein Verständnis völlig verändert. Es unterstrich für ihn auch auf sehr direkte Weise den großen Unterschied zwischen dem Ziel, das Franklin Roosevelt hatte – nämlich nach dem Zweiten Weltkrieg den Kolonialismus zu beenden und den Lebensstandard der Entwicklungsländer zu heben, was leider nie umgesetzt wurde, weil er vorher starb – und Truman und Churchill auf der anderen Seite. Laut Roosevelts Sohn sagte Churchill in einer Diskussion mit Roosevelt das berühmte Zitat: „Ich habe nicht am Zweiten Weltkrieg teilgenommen, um das Britische Empire zu begraben.“

Gandhis Leistung

Wenn man bedenkt, was für ein Ungeheuer das Britische Empire war, ist Mahatma Gandhis Leistung enorm. Nachdem er in seinem Leben viel verändert hatte – er begann als Anwalt in Großbritannien, dann ging er nach Südafrika –, kam Gandhi mehr und mehr zu der Überzeugung, daß allein Gewaltlosigkeit – ich glaube, das Hindi-Wort dafür ist ahinsa, Ablehnung von Gewalt – das Gesetz unseres Lebens werden muß, wenn die Menschheit überleben soll.

Albert Einstein hatte genau den gleichen Gedanken. Er war davon überzeugt, daß es auf der Welt erst dann keinen Krieg mehr geben wird, wenn es eine grundlegend neue Art des Denkens gibt.

Gandhi glaubte auch an die Einheit Gottes, unabhängig von der Bezeichnung der Religion. Für ihn spielte es keine Rolle, ob es sich um Christen, Farsi, Hindus, Muslime oder sogar Unberührbare handelte. Ich denke, dieser Gedanke Gandhis ist für das heutige Indien, in dem die Rassenspannungen wieder zunehmen, äußerst wichtig. Er setzte sich auch für die Abschaffung des Kastensystems ein, eine der Hinterlassenschaften des britischen Kolonialismus, denn die Briten hatten aus einer vorhandenen Struktur in Indien eine ganz brutale Trennung zwischen den sogenannten Kasten gemacht.

In diesem Sinne rief Gandhi mehrere Massenbewegungen ins Leben, die immer auf der Idee der Gewaltlosigkeit beruhten: die Nicht-Kooperation 1922, der Salzmarsch 1930 und der Kampf für die Unabhängigkeit, „Quit India“, 1942. Er gab dieser emotionalen Kraft den Namen Satyagraha, was so viel bedeutet wie Kraft der Liebe und Wahrheit.

Friedrich Schiller drückte in seinen Philosophischen Briefen genau dieselbe Idee aus, indem er sagte, alles, was man liebt, macht uns reicher; es wird Teil des eigenen Selbst, und was man haßt, das verliert man.

Martin Luther King, der nach Indien reiste, um Gandhis Methode der Gewaltlosigkeit zu studieren, kam zu dem gleichen Schluß. Er schrieb: „Die größte Schwäche der Gewalt ist, daß sie eine Abwärtsspirale ist, die genau das hervorbringt, was sie zu zerstören sucht. Anstatt das Böse zu vermindern, vervielfacht sie es. Mit Gewalt kann man zwar den Hassenden töten, aber man tötet nicht den Haß. Vielmehr vergrößert Gewalt den Haß. Wer Gewalt mit Gewalt vergilt, der vervielfacht die Gewalt und macht eine ohnehin schon sternlose Nacht noch finsterer. Finsternis kann die Finsternis nicht vertreiben – das kann nur das Licht, das kann nur die Liebe.“

LaRouche und Indien

Lyndon LaRouche und ich reisten 1982 zum ersten Mal nach Indien und trafen uns mit Indira Gandhi. Wir haben uns sogar zweimal mit ihr getroffen. Nach ihrer Ermordung setzten wir unsere Arbeit mit Rajiv Gandhi fort. Aber über viele Jahre hinweg pflegten wir auch die Freundschaft mit mehreren Mitgliedern ihres Kabinetts, wie K.R. Ganesh, Ganesh Shukla, auch dem Wirtschaftswissenschaftler Arjun Kumar und Jayshree Sengupta. 2001 trafen wir mit K.R. Narayanan, dem Präsidenten, aber auch mit Premierminister Vajpayee von der BJP zusammen. Im Laufe der Jahre haben wir auch viele andere getroffen.

Was wir mit Indira Gandhi besprachen, war ein 40-Jahres-Entwicklungsplan, dessen Grundidee darin bestand, daß es etwa zwei Generationen dauern würde, Indien in einen modernen Staat zu verwandeln.

Das beginnt mit dem Aufbau einer grundlegenden Infrastruktur in allen Regionen Indiens – Anfang der 80er Jahre gab es in vielen Teilen Indiens nicht einmal Straßen, nur unbefestigte Wege.

Zweitens braucht man eine allgemeine Schulbildung für alle Kinder. Sie haben vorhin die schönen Bilder von Lyn und den Kindern gesehen, aber das Problem ist, daß viele dieser Kinder nur sehr kurz zur Schule gehen konnten, weil sie die meiste Zeit ihren Eltern auf dem Feld bei der Ernte helfen mußten, so daß sie keine Bildung erhielten.

Dann braucht man natürlich Großprojekte. Anfang der 80er Jahre gab es in den Städten 50 Millionen Menschen mit einer Bildung auf europäischem Niveau. Aber im Vergleich zu den 750 Millionen Menschen auf dem Land, die nicht so gebildet waren, gab es eine große Kluft.

Indira Gandhi gefiel das Programm, und sie begann sofort, es umzusetzen. Sie war eine großartige Führungspersönlichkeit, und ich denke immer noch gerne an die Gespräche mit ihr zurück, denn wenn man eine so herausragende Persönlichkeit kennenlernt, verändert es das ganze Leben. Ich habe mich sehr gefreut, mit ihr über Schillers Jungfrau von Orleans zu sprechen, die sie während ihres Studiums in Paris sehr mochte. Sie nahm sich Jeanne d'Arc als Vorbild, und ich muß zugeben, daß dieses Stück von Schiller auch mein politisches Leben tief beeinflußt hat.

Wiege der Zivilisation

Wir sprachen mit ihr über die große Gupta-Zeit, in der großartige, schöne Dramen geschrieben wurden, und über die Bedeutung von Panini, dem großen Philologen, der um 700 v. Chr. lebte. Unser Interesse an Sanskrit und Panini war sogar so groß, daß wir daraufhin Professor Dandekar, einen der führenden Sanskrit-Philologen Indiens, in Puna aufsuchten. Panini bestand darauf, daß alle Begriffe der Sprache – die Struktur des Ausdrucks – vom transitiven Verb abgeleitet sind. Mit dieser Idee ist eine ganze Tradition von Wissenschaftlern wie Cusa, Kepler, Leibniz, Gauß verbunden, die die elementaren Phänomene anhand der Form des transitiven Verbs definierten. Dies steht im Gegensatz zu denen, die das Substantiv betonen, das ist die Tradition der Empiristen und Nominalisten wie Bacon, Descartes, Newton, die bekanntlich auch die Existenz von Hypothesen ablehnten. Die erste Tradition vertritt die Idee, daß wir in einem Universum leben, das sich negentropisch entwickelt, während die zweite Gruppe von der Vorstellung ausgeht, daß das Universum entropisch ist, sich gewissermaßen auflöst.

Wilhelm von Humboldt, ein sehr berühmter Philologe in Deutschland zu Beginn des 19. Jahrhunderts und ein guter Freund von Friedrich Schiller, sprach tatsächlich 40 Sprachen. Er kam zu dem Schluß, daß Sanskrit die reichhaltigste Sprache ist und daß sich im Grunde alle indoeuropäischen Sprachen von ihr ableiten.

Lyn war in diesem Zusammenhang sehr an der Erforschung der Wurzeln des frühen wissenschaftlichen Denkens interessiert. Denn Sanskrit hat die vedischen Hymnen zunächst nur mündlich, später aber auch schriftlich überliefert.

Ein äußerst interessanter Hinweis darauf sind die Schriften von Bal Gangadhar Tilak, der Bücher wie Der Orion und Die arktische Heimat in den Veden schrieb. In diesen Büchern zeigte er, daß die frühesten vedischen Hymnen, die sehr wichtige Kalenderinformationen enthielten, auf vor 4000 v. Chr. datiert werden müssen. Man konnte darauf schließen, weil die Position der Tagundnachtgleiche mit einer bestimmten Konstellation des Orion zusammenfiel. In Die arktische Heimat in den Veden, das 1903 verfaßt wurde, beschrieb Tilak, wie die astronomischen Angaben in der vedischen Literatur präzise Daten über das Alter der verschiedenen Perioden in den vedischen Schriften liefern. Es zeigt auch, daß der Beginn der arischen Zivilisation Tausende von Jahren vor der ältesten vedischen Periode liegen muß, und daß diese Zivilisation sowohl eiszeitlich als auch zwischeneiszeitlich gewesen sein muß. Das bedeutet, daß sie allen mesopotamischen und ägyptischen Zivilisationen um mehrere Jahrtausende vorausgeht.

Das ist nicht die offizielle Geschichtsschreibung der Briten – die Briten versuchen immer, die Geschichte kürzer aussehen zu lassen, als sie ist, und sie versuchen, die Beiträge anderer Zivilisationen zu unterdrücken. Aber in die gleiche Richtung weist die Entdeckung einer versunkenen Stadt, die 2001 im Golf von Khambhat (Cambay) gefunden wurde. Diese versunkene Stadt, die etwa 40 Meter unter dem Meer liegt, wird auf ein Alter von 9500 Jahren geschätzt. Sie liegt etwa 30 km westlich von Gujarat, und Archäologen fanden unter dem Wasser Menschenknochen, Steinwerkzeuge, Keramikstücke und Skulpturen. Mit der Radiokarbonmethode konnten sie nachweisen, daß diese Artefakte 9500 Jahre alt sind und daß die Stadt am Ende der letzten Eiszeit existierte. Sie liegt 36 Meter unter dem Meeresspiegel und war riesig. Sie hatte eine Fläche von 7,5 km mal 3,5 km. Es war eine gigantische Stadt, und sie ist 5000 Jahre älter als alle anderen bekannten Städte in Mesopotamien und an anderen Orten.

Im Rigveda, einem der frühesten Zeugnisse der menschlichen Zivilisation, wird ein Fluß namens Sarasvati erwähnt. Dieser Fluß sei vom Himalaja bis zum Arabischen Meer geflossen, durch das Gebiet, in dem jetzt diese Stadt gefunden wurde. Lange Zeit waren die Spuren dieses Flusses nicht mehr sichtbar, und die Menschen hielten ihn für eine Erfindung. Erst vor ein paar Jahren war es möglich, mit der NASA Bilder aus dem Weltraum zu machen, die tatsächlich belegen konnten, daß ein solches Flußbett genau dort existierte, wo es in den Schriften stand. Es war nur aufgrund tektonischer Bewegungen verschwunden, die diese Spuren beseitigt hatten. Aber der Rigveda spricht von hochentwickelten Zivilisationen, darunter die sogenannten Harappan-Städte in Indien, Pakistan und vielleicht sogar in Afghanistan.

All das bedeutet, daß die Bedeutung dieser Region der Welt als eine der Wiegen der Menschheit noch viel mehr erforscht werden muß und daß wir viel mehr Teil der einen universellen menschlichen Kultur sind, als den Menschen allgemein bewußt ist.

Die Bedrohung überwinden

Um also auf den Anfang zurückzukommen, auf die Frage, die ich nach der Dringlichkeit von Gandhis Philosophie gestellt habe, möchte ich es noch einmal sagen: Wir sind mit einer unglaublichen Situation konfrontiert, mit der Gefahr eines Atomkriegs, der zur Auslöschung der Menschheit führen würde. Wir erleben mit zunehmendem Tempo, wie das Finanzsystem durch Hyperinflation zusammenbricht. Wir stehen vor einer weltweiten Hungersnot, und selbst Henry Kissinger warnt im Alter von 99 Jahren vor einem bevorstehenden Dritten Weltkrieg – obwohl man sagen muß, daß er selbst viel zur Situation der Welt, wie sie heute ist, beigetragen hat.

Wir haben also im Moment zwei völlig unterschiedliche Situationen: auf der einen Seite die westliche Welt, die versucht, ein dominanter Faktor zu bleiben, und auf der anderen die Renaissance der Blockfreien-Bewegung, die BRICS-Länder, die Gürtel- und Straßen-Initiative, die Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit und ein Großteil des globalen Südens, die tatsächlich versuchen, eine neue Weltwirtschaftsordnung zu schaffen. Sie arbeiten auch sehr aktiv an einem neuen Kreditsystem, wie dem Neuen Bretton Woods, das Lyndon LaRouche vor vielen Jahren als die absolut notwendige Lösung definiert hat.

Wir haben den Vorschlag gemacht, den Dritten Weltkrieg zu verhindern, indem man eine globale internationale Sicherheits- und Entwicklungsarchitektur schafft, was der gleichen Idee entspricht wie die von Xi Jinping vorgeschlagene globale Sicherheitsinitiative und globale Entwicklungsinitiative. Dabei ist das „Panchsheel“, das Nehru aus dem Gedankengut von Mahatma Gandhi entwickelt hat, die Fünf Prinzipien der friedlichen Koexistenz, ein absolut wichtiger und nicht verhandelbarer Teil.

Auch wenn es manchmal sehr schwierig aussieht: Wie kann man eine Kriegsmaschinerie stoppen? Ein Krieg in der Ukraine droht jetzt außer Kontrolle zu geraten, die Spannungen um Taiwan nehmen zu. Ist Gandhis Methode, die Gewaltlosigkeit, immer noch das Mittel, um Frieden zu schaffen?

Ich möchte meine Ausführungen mit der Antwort beenden, die Nehru 1960 auf die Frage eines Journalisten namens Karangia gab. Nehru sagte: „Seine [Gandhis] Gedanken, Methoden und Lösungen haben dazu beigetragen, die Kluft zwischen der industriellen Revolution und dem Atomzeitalter zu überbrücken.... Schließlich ist die einzig mögliche Antwort auf die Atombombe die Gewaltlosigkeit, nicht wahr?“

Dem kann ich nur zustimmen.