Ohne eine Sanierung des Finanzsystems
ist kein dauerhafter Frieden möglich
Die Internetkonferenz des Schiller-Instituts am 18. und 19. Juni mit dem
Titel „Nur eine Konkurssanierung des sterbenden transatlantischen
Finanzsystems kann dauerhaft Frieden schaffen“ war ein außerordentlicher
Dialogprozeß darüber, was Weltbürger dazu beitragen können, daß angesichts der
derzeitigen Zusammenbruchsspirale und Kriegsgefahr möglichst schnell eine neue
globale Wirtschafts- und Sicherheitsarchitektur geschaffen wird.
An der Konferenz nahmen 31 Redner aus zwölf Ländern teil, darunter Rußland,
China, USA, Brasilien, Indien und Afghanistan. Die Vorträge waren in vier
Sitzungen gegliedert, die von Aktivisten des Schiller-Instituts aus den
Vereinigten Staaten und Deutschland moderiert und jeweils mit klassischer
Musik eröffnet wurden.
Helga Zepp-LaRouche, die Gründerin des Schiller-Instituts,
die die Konferenz einberufen hatte, betonte, die Ansichten der Redner müßten
unbedingt so weit wie möglich verbreitet werden, weil sie einen „Gegenpol zu
den gleichgeschalteten Medien“ darstellten, deren Behauptungen komplett von
der Realität abgekoppelt seien.
An den beiden Tagen wurde die Konferenz von mehreren Tausend Menschen live
verfolgt, und die 1300 angemeldeten Teilnehmer vertraten Dutzende von
Nationen. Es gab Simultanübersetzungen in Spanisch, Französisch und Deutsch.
Derzeit werden einige kurze Videoclips erstellt, um die wichtigsten Ideen
möglichst schnell im Internet zu verbreiten. Die Videomitschnitte der vier
Konferenzabschnitte sind bereits archiviert (im englischen Original, siehe https://schillerinstitute.com/blog/2022/06/17/),
die Reden werden bald auch einzeln zugänglich sein. Transkriptionen und
Übersetzungen für die weltweite Verbreitung sind in Arbeit.
Eine Besonderheit der Konferenz waren ausgewählte historische Videoclips
mit dem verstorbenen Wirtschaftswissenschaftler und Staatsmann Lyndon
LaRouche, dessen Geburtstag sich in diesem Jahr zum hundertsten Mal
jährt, als Einleitung zu den Sitzungen.
Die Idee zu dieser Konferenz war im Rahmen eines laufenden
Mobilisierungsprozesses entstanden, zu dem auch eine internationale Petition
des Schiller-Instituts vom Februar 2022 gehört – „Einberufung einer
internationalen Konferenz zur Schaffung einer neuen Sicherheits- und
Entwicklungsarchitektur für alle Nationen“ –, die bis Mitte Juni von fast 5000
Menschen aus Dutzenden von Ländern unterschrieben wurde (https://schillerinstitute.com/de/blog/2022/02/24/).
Am 9. April hatte eine internationale Konferenz des Instituts mit Teilnehmern
aus 65 Ländern stattgefunden, die die Grundlage für die zweitägige
Veranstaltung in diesem Monat bildete.
Was ist zu tun?
Zepp-LaRouche betonte in den Diskussionsrunden, die westlichen
Regierungseliten hätten in den Wochen seit April absolut nichts in die
richtige Richtung unternommen. Sie stellte den Rednern und dem Publikum
unverblümt die Frage, was angesichts dieser Lage unser nächster Schritt sein
sollte. Als konkreten Vorschlag stellte sie eine neue internationale Petition
für ein „Neues Bretton Woods“ zur Diskussion – ein gerechtes Kreditsystem, das
den Entwicklungsinteressen aller Nationen dient, so wie es Präsident Franklin
Roosevelt beim alten Bretton-Woods-System ursprünglich vorschwebte.
Das Schiller-Institut hat bereits in der Vergangenheit, 1997, 2000 und
2006, u.a. durch Petitionen mit Tausenden von Unterstützern, darunter viele
Parlamentarier, auf dieses Anliegen aufmerksam gemacht. Darin wurden Aspekte
eines Neuen Bretton Woods erörtert, wie feste Wechselkurse, die stabile
Handelsbeziehungen ermöglichen, und großangelegte Infrastrukturprojekte zum
gegenseitigen Nutzen, die weltweit die Produktivität auf eine höhere Ebene
heben.
Die bedrohlichen Ereignisse unmittelbar vor der Konferenz unterstrichen,
welche entscheidende Rolle das Schiller-Institut bei der Bündelung der Ideen
und Kräfte für den dringend notwendigen Kurswechsel einnimmt.
Am 15. und 16. Juni trafen sich die Verteidigungsminister der 30
NATO-Mitgliedsstaaten, um ihre Agenda einer „globalen NATO“ für den Gipfel der
NATO-Regierungschefs am 29. Juni zu bestätigen, wobei China als Bedrohung
eingestuft wird und noch mehr Streitkräfte in Osteuropa stationiert werden.
Gleichzeitig setzen die transatlantischen Regierungen auf rücksichtslose
Sparpolitik im Energiebereich und verwandte Maßnahmen, die ihre eigene
Wirtschaft zerstören und Hungersnöte und Krankheiten auf der ganzen Welt
verschärfen.
Den Gegenpol dazu bildeten die internationalen Aktivitäten für reale
wirtschaftliche Entwicklung im Rahmen der Gürtel- und Straßeninitiative (BRI)
und der Zusammenarbeit mit verbündeten Ländern und Organisationen wie der
Eurasischen Wirtschaftsunion. Am Internationalen Wirtschaftsforum in St.
Petersburg vom 14. bis 17. Juni in Rußland nahmen 14.000 Personen teil, 130
Nationen waren vertreten, und es wurden Wirtschaftsabkommen im Wert von 100
Milliarden Dollar geschlossen.
Helga Zepp-LaRouche betonte zum Abschluß der Konferenz: „Wir steuern
geradewegs auf eine Katastrophe zu.“ Dies sei „der Moment, in dem wir neue
Ideen einbringen können“, die den Lauf der Geschichte verändern. Das
Schiller-Institut werde erneut einen internationalen Aufruf für ein Neues
Bretton Woods veröffentlichen, Aktivisten in allen Ländern müßten diese
Forderung vorbringen. „Das ist nicht der Zeitpunkt, Zaungast zu sein!“
Entkopplung der Systeme oder Neues Paradigma?
Führende Redner aus Rußland, China, Indien, Deutschland und den Vereinigten
Staaten zeichneten im ersten Konferenzabschnitt ein eindrucksvolles Bild der
globalen Krise, mit der die Menschheit heute konfrontiert ist, der „größten
Krise in der Geschichte der Zivilisation“, wie Zepp-LaRouche sagte. Sie
betonten die Dringlichkeit eines neuen Paradigmas von Kooperation statt
Geopolitik, das unter Beteiligung aller maßgeblichen Nationen, allen voran die
USA, Rußland, China und Indien, ausgehandelt und umgesetzt werden müsse.
Zepp-LaRouche gab ihrer Grundsatzrede den Titel „Entweder wir schaffen das
Unmögliche oder wir suchen uns einen anderen Planeten!“ Sie beschrieb die
Weltlage mit dem Bild eines Schnellzugs, der mit Höchstgeschwindigkeit auf
eine Klippe zurast, während der Lokführer – d.h. die westlichen Eliten –
verrückt geworden ist und nichts tut, um den Zug zu stoppen. Sie rief die
Menschen auf, „die Notbremse zu ziehen“. Sie legte dar, wie sich die massiven
Sanktionen gegen Rußland und die zunehmende Abkopplung von China für den
Westen als selbstzerstörerisch erweisen, sein bereits kollabierendes Finanz-
und Wirtschaftssystem ins Chaos stürzen und 1,7 Milliarden Menschen mit dem
Hungertod bedrohen. Lyndon LaRouche habe schon 1971 in weiser Voraussicht
gewarnt, daß Präsident Nixons Aufgabe des Bretton-Woods-Systems zu einer
solchen Zusammenbruchskrise und der Gefahr eines Weltkriegs führen würde. (Den
Text ihrer Rede finden Sie in dieser Ausgabe auf den Seiten 6-7.)
Redner aus Rußland und China ergänzten das Bild. Andrej
Kortunow, Generaldirektor des Russian International Affairs Council
(RIAC), sprach über die „Unteilbare Sicherheit aller Nationen“. Die harten
wirtschaftlichen und militärischen Maßnahmen gegen Rußland seien keine
Reaktion auf den Einsatz in der Ukraine, sondern seien seit Jahren vorbereitet
worden; er verwies auf die AUKUS- und QUAD-Bündnisse, Bidens „Gipfel der
Demokratien“ und vieles ähnliches. Was jedoch von den imperialen
geopolitischen Kräften als historischer Gegensatz zwischen Ost und West, Nord
und Süd dargestellt wurde, verliere schnell seine relative Bedeutung. Eine
neue Kräftekoalition um China, Rußland u.a. vereinige nun Nationen aus allen
Teilen der Welt.
Professor Wang Wen, geschäftsführender Dekan des Chongyang
Instituts für Finanzstudien und Vizedekan der Silk Road School an der
Renmin-Universität in China, sprach zum Thema „Warum Chinas Aufstieg für die
Welt von Vorteil ist“. Er gab einen Überblick über Chinas aufsehenerregenden
Aufstieg in den letzten 40 Jahren. Heute entfallen 30% des
Wirtschaftswachstums der Welt auf China; in Afrika leistet China 60% der
Investitionen. China sehe in seiner Stärke ein Mittel für Entwicklung und
Frieden auf der Welt.
Oberst a.D. Richard Black, ein Kriegsveteran der US-Marines,
ehemaliger Leiter der Strafrechtsabteilung der US-Armee im Pentagon und
ehemaliger Landessenator von Virginia, hielt eine eindringliche Rede zum Thema
„Die Ukraine hat den Krieg verloren, aber es droht immer noch ein Atomkrieg“.
Er forderte eine Lösung möglicherweise nach dem österreichischen
„Neutralitätsmodell“. Diejenigen im Westen, die den Einsatz von Atomwaffen ins
Spiel brächten, seien verrückt.
Drei weitere Redner vervollständigten das Podium. Sam
Pitroda, ehemaliger Minister oder Berater von sieben indischen
Premierministern, sprach aus Chicago über „Indien und die entstehende neue
Weltarchitektur“. Er rief zu einer gründlichen Umgestaltung von Wirtschaft und
Gesellschaft auf und betonte Gandhis Prinzipien: Gewaltlosigkeit und
„Wahrheit, Vertrauen und Liebe“.
Dr. Wolfgang Bittner, promovierter Jurist und erfolgreicher
Buchautor, sprach zum Thema „Der West-Ost-Konflikt – eine Inszenierung“. Er
räumte mit der Legende auf, in der Ukraine würden „westliche Werte“
verteidigt, während dort Neonazis offen Teil des Militärs sind. Europa sei ein
Untertan der US-Politik, ein Beispiel sei Deutschland, wo es elf
US-Militärstützpunkte gibt.
Dr. Cliff Kiracofe, ehemaliger leitender Mitarbeiter des
Auswärtigen Ausschusses des US-Senats und Präsident des Washingtoner Institute
for Peace and Development, prangerte an, daß die USA den Westen zurück in
einen Kalten Krieg führen, in einen „Kreuzzug“ gegen die Realität einer
multipolaren Welt und den Aufstieg Chinas. Sein Thema lautete „Diplomatie und
Zusammenarbeit in Krisenzeiten“.
Galoppierende Inflation oder Glass-Steagall?
Die zweite Sitzung umfaßte Vorträge von 15 Rednern – neun davon als Teil
eines Runden Tisches von Lebensmittelproduzenten, die wissen, was nötig ist,
um die wirtschaftliche Zusammenbruchskrise zu lösen, und die sich für Lösungen
einsetzen. Harley Schlanger vom Schiller-Institut übernahm die
Moderation.
Die Podiumsdiskussion begann mit einem Videoausschnitt aus einer Rede von
Lyndon LaRouche auf einer Konferenz des Schiller-Instituts vom 4. September
1994, wo er erläutert, wie man selbst in einer Zusammenbruchskrise, wie wir
sie heute haben, Kredit generieren kann. Man brauche
„Billionen-Dollar-Projekte“ für neue Infrastruktur, das bedeute „Billionen
Dollar an Arbeit“.
Diane Sare, unabhängige Kandidatin der LaRouche-Bewegung aus
New York für den US-Senat, sprach über das Thema „Der Zusammenbruch des
Westens und die dringende Notwendigkeit, sich der Gürtel- und
Straßen-Initiative anzuschließen“. Sie zeigte in einer bebilderten
Präsentation beispielhaft vier große Infrastrukturprojekte, die mit Hilfe des
amerikanischen Kreditsystems realisiert wurden: der Erie-Kanal, die
Transkontinentale Eisenbahn, die Tennessee Valley Authority und das
Apollo-Projekt.
Geoff Young, Kandidat der Demokratischen Partei für den 6.
Kongreßbezirk von Kentucky, ist ein langjähriger Befürworter der
Glass-Steagall-Bankentrennung und anderer wichtiger Maßnahmen. Er sprach über
seinen Sieg bei den Vorwahlen seiner Partei mit dem Slogan: „Ich würde niemals
dafür stimmen, Milliarden von Dollar an Nazis zu schicken.“
Drei Redner – aus Japan, Deutschland und Griechenland – boten eine wichtige
internationale Perspektive. Daisuke Kotegawa, ehemaliger
Sanierer bankrotter Banken im japanischen Finanzministerium und
Exekutivdirektor des IWF für Japan, hielt einen eindringlichen Vortrag mit dem
provozierenden Thema „Lassen Sie nicht zu, daß diese Welt von dreckigen
Zockern ruiniert wird, die sich Banker der Wall Street und der Londoner City
nennen“. Anders als bei den früheren Betrügereien der City im Rahmen des
Plaza-Abkommens von 1985 und danach sollten wir dieses Mal die Grundsätze der
Konkurssanierung wirksam anwenden, um mit dem Problem fertigzuwerden. Falscher
Respekt dürfe nicht verhindern, daß diese arroganten und kriminellen Banker
bekommen, was sie verdient haben.
Dr. Uwe Behrens, Logistikexperte und Buchautor aus
Deutschland, sprach zum Thema „Die Doktrin der Nicht-Rivalität“. Er ging
darauf ein, wie China und die BRI die sogenannte „unipolare Welt“ Londons und
Washingtons infrage stellen.
Botschafter Leonidas Chrysanthopoulos, ehemaliger
griechischer Botschafter in Polen, Kanada und Armenien und ehemaliger
Generalsekretär der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit am
Schwarzen Meer (BSEC), sprach über „Die Krise im östlichen Mittelmeer und die
Gürtel- und Straßen-Initiative“.
Die anderen Podiumsteilnehmer konzentrierten sich auf die Landwirtschaft
und die weltweite Nahrungsmittelkrise. Der italienische
Wirtschaftswissenschaftler Nino Galloni, ehemaliger
Generaldirektor des italienischen Arbeitsministeriums, forderte in seinem
Vortrag: „Macht Afrika wieder zum Selbstversorger!“ Er ging darauf ein, wie
westliche Kartelle die Landwirtschaft in Afrika untergraben, indem sie den
Kontinent von Getreideimporten abhängig machten und seine Entwicklung, etwa
mit dem Anbau von regional besonders geeignetem Getreide, verhinderten. Das
müsse sich ändern.
Runder Tisch zur Nahrungsmittelkrise
Es folgte ein Runder Tisch mit Nahrungsmittelproduzenten – Farmer, Rancher
und Fischer – zum Thema „Wissenschaft und Kultur zur Beendigung der Hungersnot
– Prinzipien der landwirtschaftlichen Produktivität“. Bob Baker,
Landwirtschaftsbeauftragter des Schiller-Instituts, stellte die Redner vor.
Mike Callicrate aus Colorado und Kansas, Rinderzüchter und
-verarbeiter sowie Gründer und Präsident von Ranch Foods Direct, prangerte die
unsinnige Behauptung der Regierung an, daß „Amerika die Welt ernähren wird“.
In Wirklichkeit „kann Amerika sich nicht einmal selbst ernähren!“ Aus Iowa
sprachen Wilbur, Ken und Kyle Kehrli, eine Familie, die seit
drei Generationen Viehzucht und Ackerbau betreibt. Ebenfalls aus Iowa stammt
Jon Baker, Viehzüchter und Bankier in der Landwirtschaft. Aus
Kalifornien sprach Frank Endres, Weizen- und Viehzüchter im
Sacramento Valley und langjähriger Leiter des Bauernverbands National Farmers
Organization (NFO). James Benham ist Präsident des
Bauernverbands von Indiana und Mitglied des nationalen Vorstands der National
Farmers Union. Aus Sitka in Alaska sprach der Hochseefischer James
Moore, der frühere Präsident der Alaska Trollers Association.
Die Redner forderten die Wiedereinführung der Glass-Steagall-Bankentrennung
und die Zerschlagung der Lebensmittelkonzerne, der größten Banken und anderer
Warenkartelle, da sonst Massenhunger drohe. Sie prangerten die grüne
Weltanschauung an, die mit der Lüge, Menschen und Nahrungsmittelproduktion
gefährdeten den Planeten, Hoffnungslosigkeit verbreiten. Sie betonten die
Bedeutung der Familienbetriebe in Fischerei und Landwirtschaft für Engagement
und Weitergabe von Wissen über Generationen. Callicrate rief dazu auf, die
Lebensmittelkartelle zu zerschlagen und Spekulation mit Nahrungsmitteln zu
beenden, und stellte ein von ihm realisiertes Modell der regionalen Produktion
und Vermarktung vor.
Wissenschaftliche Prinzipien für dauerhaften Fortschritt
Der dritte Konferenzabschnitt am Sonntag befaßte sich mit dem Zustand und
den Aufgaben der Wissenschaft. Fünf Redner stellten viele Aspekte der
Forschung unter dem Gesichtspunkt des wirtschaftlichen Fortschritts und der
Notwendigkeit kreativer Durchbrüche dar.
Stephan Ossenkopp aus Berlin moderierte die Sitzung und
begann mit einem Bericht über den neuesten Irrsinn in der Energiepolitik in
Europa, wo deutsche und andere Regierungsvertreter die Rationierung von
Treibstoff und Strom vorbereiten.
Den Hauptvortrag über „Wernadskijsche Zeit – Zeit für die Menschheit“ hielt
Jason Ross, Schatzmeister der amerikanischer
LaRouche-Organisation (TLO) und früherer wissenschaftlicher Berater von Lyndon
LaRouche. Zeit und Entwicklung hätten eine Richtung, einen „Zeitpfeil“. Er
erläuterte dieses Prinzip, wie es von Wladimir Wernadskij dargelegt worden
war, sowie dessen Einteilung von Prozessen auf der Erde in drei Hauptbereiche:
nichtlebende, lebende und „Noosphäre“. Ross erörterte ferner den Zusammenhang
zwischen lebenden Prozessen und der Wirtschaft des Menschen, wie LaRouche ihn
definierte.
Drei Wissenschaftler aus Italien, Rußland und den Vereinigten Staaten
stellten Aspekte ihrer Fachgebiete vor. Francesco Battaglia,
Professor für Physikalische Chemie an der Universität Modena, sprach über den
„Betrug von Klimawandel und Energiewende“. Anhand von Grafiken
veranschaulichte er den Betrug des Klimawandel-Narrativs und die schrecklichen
Schäden für die Gesellschaft, die durch schlechtere Energieversorgung für die
Wirtschaft entstehen.
Dr. Ed Calabrese, Professor für Umwelt- und
Gesundheitswissenschaften an der University of Massachusetts in Amherst und
Mitherausgeber des Buches Hormesis („Hormesis: Eine Revolution in
Biologie, Toxikologie und Medizin“), entlarvte einen weiteren Schwindel,
nämlich daß Strahlung immer schädlich sei. In seinem Vortrag „Wirkliche
Wissenschaft widerlegt den Mythos des linearen Dosis-Wirkungs- (LNT-)Modells“
berichtete er u.a. über Knochenheilung durch gezielte Strahlungsdosen.
Aus Rußland sprach Professor Sergej Pulinez zum Thema „Ein
Wernadskijscher Ansatz zur Erdbebenvorhersage“. Er ist Forschungsleiter des
Weltraumforschungsinstituts der Russischen Akademie der Wissenschaften in
Moskau. Der Untertitel seines Vortrags lautete: „Wir sollten uns zusammentun
und überleben!“ Er würdigte Wernadskij als Wegbereiter seiner heutigen
Arbeiten und stellte diese mit vielen Illustrationen vor, um einen Eindruck
von der dreidimensionalen Dynamik der Erdatmosphäre zu vermitteln. Er forderte
auch mehr internationale wissenschaftliche Zusammenarbeit auf der Grundlage
eines ganzheitlichen Ansatzes für Klima, Wetter und seismische
Aktivitäten.
William C. Jones, ehemaliger EIR-Korrespondent im
Weißen Haus, rundete das Bild von Wladimir Wernadskijs Leben ab,
einschließlich seiner politischen Geschichte, der wissenschaftlichen
Fortschritte und der großen kulturellen Beiträge. Sein Thema war „W.I.
Wernadskij, wissenschaftliches Denken als geologische Kraft“. Da Wernadskij
Russe und Ukrainer war, sollte er heute auch eine Inspiration sein, um die
Bevölkerung beider Länder im Geist der Zusammenarbeit zu erziehen.
Klassische Kultur und Dialog der Kulturen
Der Schlußabschnitt der Konferenz begann mit zwei Musikvideos als Beispiele
klassischer Schönheit: das „Kyrie“ aus Mozarts Requiem, gesungen vom
Chor des Schiller-Instituts, aus dem Jahr 2014, und eine Aufführung des
Spirituals „Little Boy“ in einem Arrangement von Roland Hayes, gesungen vom
verstorbenen Operntenor George Shirley und begleitet von Sylvia
Olden Lee, aus den 90er Jahren. In seinen einführenden Worten erklärt Shirley,
es gebe ein universelles „klassisches Prinzip“ bei Mozart, Schubert oder Negro
Spirituals. Dennis Speed vom Schiller-Institut, der schon die erste
Konferenzsitzung moderiert hatte, stellte die Musikbeispiele vor und führte
durch den Abschnitt.
Fünf Redner, jeder aus einem anderen Land, befaßten sich mit
unterschiedlichen Aspekten der Kultur, wobei alle betonten, in der heutigen
Krise müßten die Menschen im Dienst der ganzen Menschheit aktiv werden. Der
fünfte Redner informierte über verschiedene kulturfeindliche und
entmenschlichende Kampagnen, die bekämpft werden müssen.
Jacques Cheminade, Vorsitzender der Partei Solidarité et
Progrès in Frankreich, hielt den Hauptvortrag zum Thema „Eine Kultur der
Neugier und der Beharrlichkeit, um das Unmögliche zu erforschen“. Cheminade
bezog sich zunächst auf die Vereinigten Staaten, wo die NASA immer noch eine
„Schatzkammer des Optimismus“ sei. Für die Sanierung des sterbenden, aber
immer noch vorhandenen Finanzsystems brauche man „Neugier“ (englisch
Curiosity) wie auch „Beharrlichkeit“ (Perseverance) – die beiden
Namen von Mars-Rovern der NASA, die amerikanische Kinder in einem Wettbewerb
vorgeschlagen hatten. Auch wenn die Zeit knapp sei, müßten wir die Kraft
aufbringen, die Herausforderung zu meistern.
Felipe Maruf Quintas aus Brasilien sprach über „Brasiliens
Rolle im Dialog der Zivilisationen und in der Weltwirtschaft“. Er ist
Professor für Politikwissenschaft an der Bundesuniversität Fluminense in Rio
de Janeiro und Kolumnist für die Tageszeitung Monitor Mercantil.
Quintas gab einen Überblick über Brasiliens Ressourcenreichtum und die
Aufgabe, „den Südatlantik vom angelsächsischen Imperialismus zu befreien“,
sowie über die positiven Beziehungen, die durch die BRICS sowie die
Verbindungen nach Asien und Afrika bereits in Gang gekommen sind.
Dr. Zaher Wahab, emeritierter Professor für
Erziehungswissenschaften und früherer Berater des afghanischen Ministeriums
für Hochschulbildung sowie von 2013-20 Dozent an der Amerikanischen
Universität in Afghanistan, sprach zum Thema „Dialog statt Kampf der
Kulturen“. Dr. Wahab stammt aus Afghanistan, lebt aber jetzt in Oregon. Er
verurteilte Samuel Huntingtons These vom „Kampf der Kulturen“ und forderte ein
Ende der arroganten Vorherrschaft und des Machtmißbrauchs des Westens.
Eine Ansicht darüber, wie die Beziehungen zwischen den USA und China
aussehen sollten, präsentierte Dr. George Koo, ein pensionierter
Unternehmensberater für den bilateralen Handel dieser beiden Länder und
Vorsitzender der Burlingame Foundation. Sein Thema lautete: „Die kulturellen
Beziehungen zwischen den USA und China sind entscheidend, um einen Krieg zu
verhindern“. Er warnte besonders davor, daß Washington Taiwan dazu treibt, die
roten Linien Pekings zu überschreiten. Das wäre ein Weg in die
Katastrophe.
Mike Robinson aus Großbritannien, Mitbetreiber der
Internet-Nachrichtenseite UKColumn, lieferte eine dramatische
Beschreibung der Feinde von Kultur und Zivilisation, er sprach zum Thema „Die
entmenschlichende Meta-Sphäre“. Anhand von Artikelüberschriften wie „Macht die
Nanotechnologie den Menschen überflüssig?“ spannte Robinson den Bogen von
Bedrohungen wie dem „Transhumanismus“ – der Vermischung von menschlichem
Gehirn und Computer – bis hin zu der Vorstellung, ein Computer-Avatar im
Metauniversum solle die gleichen Rechte haben wie ein echter Mensch.
In der abschließenden Diskussionsrunde der Konferenz, an der auch Helga
Zepp-LaRouche und Diane Sare teilnahmen, herrschte Einigkeit darüber, daß
trotz all der beschriebenen Gefahren das alte Paradigma der Geopolitik und der
Not zunehmend durch ein Paradigma gegenseitiger Entwicklung und Problemlösung
unter gleichberechtigten Nationen abgelöst wird.
(Beiträge zu diesem Bericht kamen von Marcia Merry Baker, Michael
Billington, Paul Gallagher, Janet West und Philip Ulanowski.)
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