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Schiller-Institut e. V.
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Ausbildung der Kräfte des Menschen, Fortschreitung."
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US-Sanktionen gegen Rußland und China sind Selbstmord für den Dollar

Von George Koo

George Koo ist Vorsitzender der Burlingame-Stiftung und war internationaler Unternehmensberater. In der Internetkonferenz des Schiller-Instituts am 9. April hielt er den folgenden Vortrag.

In meinem Kommentar, der Anfang dieser Woche in der Asia Times veröffentlicht wurde, wies ich darauf hin, daß der Krieg in der Ukraine Folgen hat, die die Existenz der Welt, in der wir leben, bedrohen.

Ich bezog mich dabei auf die alarmierende Haltung Washingtons, das zu einem nuklearen Kräftemessen mit Rußland bereit ist, und darauf, daß die Neokonservativen, die jetzt unsere Regierung leiten, der Überzeugung sind, daß ein begrenzter Atomkonflikt gewonnen werden kann.

Ich gehe davon aus, daß auch andere Redner auf die Risiken eines nuklearen Holocausts eingehen werden, und wir können in der Fragerunde weiter diskutieren.

Lassen Sie mich in der mir zur Verfügung stehenden Zeit die wichtigsten Punkte skizzieren, die zeigen, wie eine selbstverschuldete Verletzung durch das Weiße Haus unter Biden den Untergang des Dollars als Weltreservewährung bedeuten könnte.

Zunächst einmal basiert die Außenpolitik der USA auf einem sehr einfachen Spielplan, nämlich: „Wenn ihr nicht tut, was wir von euch verlangen, werden wir euch so hart sanktionieren, daß ihr es nicht mehr aushalten könnt.“

Im Falle Rußlands begannen die USA damit, russische Währungsreserven in Höhe von rund 300 Milliarden Dollar einzufrieren, Frankreich fror rund 22 Milliarden Euro ein und Großbritannien und die USA beschlagnahmten russisches Gold, das in New York und London lagerte. Andere Verbündete und sogar die bündnisfreie Schweiz schlossen sich an, um den Schmerz Rußlands zu vergrößern.

Aber als Rußland nicht anfing zu schreien, beschloß Onkel Biden, den Druck zu erhöhen, indem er die Beschlagnahmung von persönlichem Reichtum und Privateigentum anordnete, z. B. von 100-Millionen-Dollar-Yachten ausgewählter russischer Oligarchen, und Rußland aus dem internationalen Finanztransfersystem SWIFT (Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunication) ausschloß, wodurch Rußland faktisch vom globalen Handel ausgeschlossen wurde.

Wie viele Experten festgestellt haben, ist das, was Biden getan hat, in der modernen Geschichte beispiellos. Mit einem Schlag kann nun jedes Land erkennen, daß sein öffentliches und privates Vermögen beschlagnahmt und eingezogen werden kann, wenn es sich den Unmut der USA zuzieht. Anstatt wie ein ehrenhafter und vertrauenswürdiger Treuhänder zu handeln, verhalten sich die USA wie ein Schlägertyp und Gangster. Biden hat „die volle Glaubwürdigkeit und Kreditwürdigkeit“ der Vereinigten Staaten ernsthaft in Frage gestellt.

Damit die von Biden verhängten Sanktionen jedoch maximale Wirkung auf Rußland haben, müssen sich die meisten, wenn nicht sogar alle Mitgliedstaaten der Welt den Sanktionen anschließen und ihre Geschäfte mit Rußland einstellen.

Bislang hat sich außer den USA, Kanada und den EU-Ländern keines der 53 afrikanischen Länder den Sanktionen angeschlossen. Keines der 33 lateinamerikanischen Länder hat sich angeschlossen. Keines der 22 Länder des Nahen Ostens hat sich angeschlossen. Nur drei von 48 Ländern in Asien – Japan, Südkorea und Singapur – haben sich angeschlossen. Australien und Neuseeland sind die beiden anderen unter den Inselstaaten.

Bedeutende Länder mit einer großen Bevölkerung und einer beträchtlichen Kaufkraft wie Brasilien, China und Indien haben es abgelehnt, den Handel mit Rußland einzustellen und damit die russische Wirtschaft in Gang gehalten.

Offensichtlich war das Weiße Haus unvorbereitet, als Putin die Sanktionen konterte, indem er plötzlich ankündigte, daß er für den Verkauf von russischem Erdgas und Öl an „unfreundliche“ Länder nur noch Zahlungen in Rubel akzeptieren werde. Später dehnte er diese Ankündigung auf die Annahme von Gold als Zahlungsmittel zum Kurs von 5000 Rubel für ein Gramm Gold aus.

Dies ist besonders schmerzlich für die Europäische Union, da die EU für 40% ihrer Erdgasversorgung von Rußland abhängig ist. Das meiste Erdgas in der übrigen Welt ist langfristig vertraglich gebunden und könnte kaum abgezweigt werden, um das russische Gas zu ersetzen. Erdgas wird nicht nur zum Heizen von Häusern benötigt, sondern auch als Rohstoff für die petrochemische Industrie der EU.

Die EU-Länder können aufschreien, protestieren und sich weigern, in Rubel zu zahlen. Daraufhin sagt Putin: „Gut, keine Rubel, kein Gas.“ Rußland hat mit Indien ein Rupien-Rubel-Geschäft abgeschlossen, das Indien günstige Preise für seinen Energiebedarf bietet.

Schon vor dem Krieg in der Ukraine haben die Länder ihre Abhängigkeit vom Dollar verringert. Rußland hat einen langfristigen Vertrag über Öl- und Gaslieferungen an China auf der Grundlage des Renminbi abgeschlossen. Saudi-Arabien hat ebenfalls einen Vertrag über den Verkauf von Öl an China auf der Grundlage des Yuan abgeschlossen.

China hat mit etwa 40 Ländern Swap-Vereinbarungen getroffen, in denen sich die Länder verpflichten, ihren Handel in der jeweiligen Landeswährung abzuwickeln und nicht mehr in Dollar zu zahlen. Das bedeutet, daß sie den Dollar nicht mehr vorhalten müssen, um ihre Geschäfte zu begleichen.

Rußland ist zudem ein großer Exporteur von Getreide, landwirtschaftlichen Erzeugnissen und chemischen Düngemitteln. Putin wird wahrscheinlich als Nächstes auch für den Verkauf dieser Produkte die ausschließliche Verwendung des Rubels vorschreiben.

Es dürfte nur eine Frage der Zeit sein, bis die EU-Länder zu dem Schluß kommen, daß die Verbundenheit mit den USA, um in den Genuß der vom amerikanischen Militär gebotenen Sicherheit zu kommen, es nicht wert ist, unter Engpässen und inflationären Preisen für Benzin, Lebensmittel und andere Güter des täglichen Bedarfs zu leiden.

Übrigens ist die Ukraine auch ein wichtiger Produzent von Getreide und landwirtschaftlichen Erzeugnissen. Eine Unterbrechung der landwirtschaftlichen Produktion durch den Krieg würde nicht nur die EU treffen, sondern hätte Auswirkungen auf die ganze Welt. Dies wird selbstverständlich das weltweite Elend in Form von Knappheit, Hunger und Inflation noch vergrößern.

Als die Sanktionen gegen Rußland zum ersten Mal angekündigt wurden, stürzte der Rubelkurs ab, als ob ihm Zementstiefel angezogen worden wären. Aber durch das Beharren auf lediglich dem Rubel für Öl- und Gasgeschäfte ist der Rubelkurs auf das Vorkriegsniveau zurückgestiegen.

Der Rest der Welt wird sich fragen, ob es besser ist, Rubel zu halten, die an reale Vermögenswerte gebunden sind, oder den Dollar, der durch die bis dahin unantastbare „volle Glaubwürdigkeit und Kreditwürdigkeit“ Washingtons gesichert ist.

Die amerikanische Öffentlichkeit ist sich vielleicht noch nicht im Klaren darüber, daß die Folge ein weltweiter Vertrauensverlust in den Dollar sein wird, eine Währung, die nicht an Gold oder andere reale Werte gebunden ist und bisher davon abhängig war, daß man den USA als sicherem Ort für sein Geld vertraut.

Durch das einseitige Handeln [der USA] wird der amerikanische Dollar nicht mehr als sicherer Ort angesehen, an dem man die Währungsreserven eines Landes oder das Privatvermögen eines Tycoons parken kann. Der Dollar wird seinen Status als Reservewährung verlieren. Wenn der Dollar nicht mehr das Papier wert ist, auf dem er gedruckt wird, wird dies zum Zusammenbruch der US-Wirtschaft führen, den die Geschichte direkt auf Bidens Torheit zurückführen wird.

Die USA kennen nur einen diplomatischen Ansatz, nämlich die Androhung von Sanktionen, und sie werden es vielleicht auch bei China versuchen: „Wenn du, China, dich unseren Sanktionen gegen Rußland nicht anschließt und deine normalen Handelsbeziehungen mit Rußland nicht einstellst, werden wir auch dich sanktionieren.“

Wie wird China auf diese Drohung reagieren? China ist der wichtigste Handelspartner für über 120 Länder, praktisch für die ganze Welt. China ist zur Fabrik der Welt geworden und stellt Produkte her, die die Welt braucht und kaufen will. Sogar die USA gehören zu dieser Kategorie. Daher wird sich China nicht durch die Androhung von Sanktionen einschüchtern lassen.

Sollte Biden auf der Verhängung von Wirtschaftssanktionen gegen China bestehen, werden die Rückwirkungen Amerika schaden. Waren „Made in China“ werden für den amerikanischen Verbraucher teurer und gleichzeitig knapper.

Es wird zu Engpässen kommen, nicht nur, weil die Sanktionen das Angebot aus China einschränken werden, sondern auch, weil es Jahre dauern wird, chinesische Hersteller durch „Made in the USA“ zu ersetzen. In den USA herrscht bereits jetzt ein Arbeitskräftemangel. Die Suche nach qualifizierten Arbeitskräften für neue Fabriken wird bestenfalls eine Herausforderung sein.

Es wird immer deutlicher, daß die USA zwar laut drohen, aber mit einem Stöckchen, der gar nicht mehr so furchteinflößend ist. Bei dem Versuch, sich von China abzukoppeln, werden die USA allein dastehen und den Dollar halten müssen, eine Währung, vor der immer mehr Menschen in der Welt sich scheuen werden, sie zu halten.