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Schiller-Institut e. V.
"Zweck der Menschheit ist kein anderer als die
Ausbildung der Kräfte des Menschen, Fortschreitung."
Friedrich Schiller

 

Die wirklich „natürliche“ Art, menschlich zu handeln

Von Stephan Ossenkopp

Stephan Ossenkopp vom Schiller-Institut eröffnete den dritten Abschnitt der Internetkonferenz des Schiller-Instituts am 19. Juni 2022 mit den folgenden Bemerkungen.

Deutschland, nominell eines der fortschrittlichsten Industrieländer, wird nach Angaben des Wirtschaftsministeriums demnächst Erdgas rationieren. Haushalte und Industrie werden Anweisungen erhalten, wann sie heizen und wann sie produzieren sollen. Das ist ein Novum und wird ein Schock für die Menschen sein, nicht nur in Deutschland. Während die Menschen also ermutigt werden, ihr Geld in den Markt zu stecken und mit ihren Handys Aktien zu handeln, sollen sie zu Hause sitzen, arbeitslos sein und frieren? Für ein „höheres Gut“, um Rußland zu bestrafen und die „Demokratie“ zu retten. Das ist ein System in der Sackgasse.

Apropos Finanzmärkte: Die meisten sogenannten „Wirtschaftsnachrichten“ bestehen heute aus irgendwelchen Reportern, die auf einem Börsenparkett stehen und versuchen, Erklärungen dafür zu finden, warum sich die Tabellen hinter ihnen in die eine oder andere Richtung bewegen und warum die Händler glücklich oder unglücklich sind.

Ich möchte diesen Punkt anhand eines Beispiels aus dem beliebten Film The Wolf of Wall Street etwas verdeutlichen. In einer Szene sagt ein kokainschnüffelnder, Martini-schlürfender Börsenmakler:

    „Regel Nummer eins an der Wall Street: Niemand, nicht einmal Warren Buffett, weiß, ob eine Aktie steigt, fällt, seitwärts läuft oder sich im Kreis dreht, am wenigsten die Börsenmakler. Es ist alles ein Fugazi, wissen Sie, was ein Fugazi ist? Es ist eine Fälschung, es ist Feenstaub, es existiert nicht. Es ist keine Materie, es ist nicht in der Elementartafel. Es ist nicht real!“

Was heute als Wirtschaft – oder überhaupt als Wissenschaft – durchgeht, ist oft Fugazi und Feenstaub. Die Zahlen werden so verzerrt, daß sie zu einem politischen Zweck und einem bestimmten Narrativ passen. Was ist das für ein Narrativ? Daß die Menschen ein mythisches „Gleichgewicht der Natur“ zerstören, daß die Nutzung der Ressourcen durch die Menschen zur Verbesserung ihres Lebensstandards einem Verbrechen gegen die Natur gleichkäme, eine Natur, die vergöttert und unantastbar gemacht wird.

Jetzt sollen wir also unser hart verdientes Einkommen gegen Feenstaub eintauschen, während gleichzeitig unsere veralteten Brücken unter unseren Füßen zusammenbrechen, Treibstoff und Gesundheitsversorgung knapp und unbezahlbar sind, und wir sollen uns schuldig fühlen, wenn wir unsere Häuser heizen oder ein Steak essen? Das ist absurd.

Natürlich hat dies eine lange Vorgeschichte, die auf den willigen Handlanger des britischen Empire, Thomas Robert Malthus, und seine Idee zurückgeht, daß die Ressourcen begrenzt sind und die menschliche Bevölkerung zahlenmäßig an sie angepaßt werden muß. Nicht nur in der Anzahl, sondern auch in der Klasse. Die britischen Eugenik-Gesellschaften vertraten lange Zeit die pseudowissenschaftliche Ansicht, daß die unteren Klassen und nicht-weiße Rassen im Grunde genommen wertlos seien und als Wegwerfartikel behandelt werden könnten. Sie setzten sogar ein Preisschild an Babys. Wußten Sie, daß John Maynard Keynes der Schatzmeister der Eugenik-Gesellschaft der Universität Cambridge war?

Heute wird diese Rolle den Klima-Alarmisten und ihrer Fugazi-Wissenschaft zugewiesen, die lediglich Schlagworte zitieren und wiederholen, die Öffentlichkeit mit Ängsten und Zweifeln einschüchtern und sie bedrohen, indem sie die Menschen zum Problem erklären und von ihren eigenen Greueltaten ablenken, indem sie den Menschen grundlegende Wirtschaftsgüter vorenthalten, wie angemessene und erschwingliche Energie, Trinkwasser, Wohnraum, sinnvolle Bildung und andere Dinge, die ein Leben in Würde ermöglichen.

Die aktuellen Ereignisse zeigen deutlich, daß dies kein fernes Phänomen oder eine abstrakte Bedrohung für unser Leben ist. Sie ist plötzlich sehr real! Und das ist unser System. Es hat nichts mit den Entwicklungen in der Ukraine im Besonderen zu tun.

Die derzeitigen westlichen Eliten wollen ihr Feenstaubsystem beibehalten, das ihnen Status, Reichtum und Einfluß gebracht hat, anstatt zu einem wissenschaftlich fundierten Wirtschaftssystem überzugehen, das nach physikalischen Gesetzen und den Gesetzen des technischen Fortschritts funktioniert.

Die Alternative

Der Wirtschaftswissenschaftler Lyndon LaRouche, von dem wir in den letzten Sitzungen viele Auszüge gehört haben, ist ein Pionier für ein nationales wie globales Wirtschaftssystem, das auf physikalischen Gesetzen beruht, deren Ursache und Wirkung nachgewiesen werden kann. Auf der Grundlage dieser Gesetze lassen sich reale Prognosen darüber anstellen, welche Mittel den Lebensstandard einer Bevölkerung wie und über welchen Zeitraum verbessern werden.

Herr LaRouche hat eine bemerkenswerte Anzahl von Studien hinterlassen, die jetzt in Bänden seiner gesammelten Werke zusammengestellt werden. Wenn Sie es noch nicht getan haben, kann ich Ihnen nur empfehlen, sich jetzt ein Exemplar der ersten Bände zu besorgen und es selbst zu studieren. Eine umfassende intellektuelle Verbesserung ist die beste Waffe, die wir gegen die neo-malthusianische Oligarchie haben.

Ich möchte ein Beispiel für ein Land anführen, das sich aus einer fast unmöglichen Situation zu dauerhafter Verbesserung und Wohlstand emporgearbeitet hat: China.

Jetzt arbeitet China konsequent daran, den Anteil der Kernspaltungsenergie zu erhöhen und die thermonukleare Fusion bis zum Jahr 2035 in einer breit anwendbaren Weise zu beherrschen.

Das Gleiche gilt übrigens auch für Rußland, wo sich das staatliche Kernenergieunternehmen Rosatom verpflichtet hat, bis zum Ende dieses Jahrhunderts 85% des nationalen Energieverbrauchs durch Kernkraft zu decken. Präsident Putin hat zu Recht die „grüne“ Agenda und die „grüne“ Finanzierung des Westens kritisiert, die absichtlich Investitionen von fossilen Brennstoffen abziehen und so eine künstliche Verknappung und Preisinflation verursachen.

Wie hat China das geschafft? Der große Reformer Deng Xiaoping sagte: „Unser Land will zu den am weitesten entwickelten Ländern der Welt aufschließen. Was sollten wir zuerst tun? Ich glaube, wir müssen uns zuerst um Wissenschaft und Bildung kümmern“, sagte er in einer Rede am 8. August 1977. Er fuhr fort: „Der Fortschritt der wissenschaftlichen Forschung in unserem Land hängt von der Verfügbarkeit von qualifizierten Arbeitskräften ab. Wir müssen in der Bildung gute Arbeit leisten, denn die wissenschaftliche Forschung ist auf diesen Bereich angewiesen, um junge Fachkräfte zu bekommen.“

Damals, vor 45 Jahren, in einem sehr armen China, war es gewagt, sich eine solche Zukunft vorzustellen. Zu dieser Zeit standen die Chancen gegen China schlecht. Im Jahr 1977 gab es in den Vereinigten Staaten 1,2 Millionen wissenschaftliche Forscher, in der Sowjetunion etwa 900.000, aber nur etwa 200.000 in China. Aber China konnte sich diese Kräfte „auf einheitliche und rationale Weise zunutze machen“, so Deng.

Heute betreibt China etwa die Hälfte aller Hochgeschwindigkeitszüge der Welt im eigenen Land. Der gesamte europäische Kontinent etwas mehr als ein Drittel. Die mächtigen USA liegen absurderweise am Ende der Tabelle, zusammen mit Ländern wie der Türkei und Saudi-Arabien. In China hat ein systematisch aufgebautes Hochgeschwindigkeitsnetz von über 40.000 km Länge Hunderte von modernen Städten miteinander verbunden. Kürzlich wurde auch der Prototyp einer chinesischen Magnetschwebebahn vorgestellt, die Geschwindigkeiten von bis zu 620 km/h erreichen soll. Er verwendet Hochtemperatur-Supraleiter im Fahrzeug und Permanentmagnete in der Schiene.

Im Januar dieses Jahres veröffentlichte der chinesische Staatsrat ein Papier mit dem Titel „Chinas Raumfahrtprogramm: Eine Perspektive für 2021“. Die Mission und Vision der chinesischen Raumfahrtaktivitäten ist es, „das Verständnis der Menschheit für die Erde und den Kosmos zu erweitern; den Erfordernissen der wirtschaftlichen, wissenschaftlichen und technologischen Entwicklung, der nationalen Sicherheit und des sozialen Fortschritts gerecht zu werden und das wissenschaftliche und kulturelle Niveau des chinesischen Volkes anzuheben...“

Die Spacelab-Module Wentian und Mengtian werden dieses Jahr an die chinesische Raumstation andocken. Wentian wird sich auf die Forschung im Bereich der Biowissenschaften konzentrieren: Wachstum, Entwicklung, Genetik und Alterung verschiedener Arten von Pflanzen, Tieren und Mikroorganismen unter Weltraumbedingungen. Mentian wird sich auf die Forschung in den Bereichen Flüssigkeitsphysik, Materialwissenschaft, Verbrennungswissenschaft, Grundlagenphysik und Raumfahrttechnologie konzentrieren.

Außerdem wurde ein Fahrplan für den Bau der Mondbasis bis 2035 vorgestellt. Die chinesische und die russische Raumfahrtbehörde haben gemeinsam einen Leitfaden herausgegeben. Dem Dokument zufolge sollen die Physik, Chemie und Geologie des Mondes so weit erforscht werden, daß Ressourcen für das langfristige Überleben von Menschen zur Verfügung gestellt werden können, die die erste menschliche „außerirdische“ Kolonie mit einer Mondwirtschaft bilden würden.

Der Westen sollte, anstatt vor den Menschenrechten zu erstarren, mit dieser erstaunlichen Perspektive kooperieren. Wir müssen die Feenstaub-Ökonomie und die Fugazi-Wissenschaft beiseite schieben und zu den wirklichen wissenschaftlichen Grundlagen zurückkehren, die einst unsere Industrialisierung und unsere Fortschritte im Gesundheitswesen, unsere Selbstversorgung mit Nahrungsmitteln und unsere Begeisterung über die Leistungen des kreativen menschlichen Geistes ermöglicht haben.

Das ist die wirklich „natürliche“ Art und Weise, die Dinge als Menschen zu tun.