Friedrich Schiller Denkmal
Friedrich Schiller



Hauptseite
       

Schiller-Institut e. V.
"Zweck der Menschheit ist kein anderer als die
Ausbildung der Kräfte des Menschen, Fortschreitung."
Friedrich Schiller

 

Vier Grundlagen, um die Welt neu aufzubauen

Von Connie Rahakundini Bakrie

Connie Rahakundini Bakrie aus Indonesien ist Dozentin und strategische Analystin. In der Internetkonferenz am 15. April hielt sie den folgenden Vortrag. (Übersetzung aus dem Englischen, Zwischenüberschriften wurden von der Redaktion hinzugefügt.)

In meinem heutigen Vortrag geht es um die Neue Weltordnung und ihre vierfachen Grundlagen. Ich vertrete dabei den Standpunkt der Dynamik der gemeinsamen Entwicklung, hin zur Verwirklichung eines echten Gleichgewichts der Kräfte in der Weltwirtschaft und in der globalen Sicherheit.

Warum sage ich das so? Weil ich überzeugt bin, daß die Zeit gekommen ist für die mehr als sechs Milliarden Menschen, die außerhalb des Westens leben.

66% von ihnen stehen Rußland positiv gegenüber, auch im Rußland-Ukraine-Krieg, und 70% stehen China positiv gegenüber, trotz der Taiwan-Frage, die in letzter Zeit aufgetaucht ist. Und bei denen, die Rußland positiv gegenüberstehen, sind es in Südostasien 75%, im frankophonen Afrika 68% und in Südostasien 62%. Die öffentliche Meinung über Rußland bleibt auch positiv in Indonesien – meinem Land –, in Saudi-Arabien, Malaysia, Indien, Pakistan und Vietnam. Die Umfrage zu diesem Thema hat die Universität Cambridge durchgeführt.

Es gibt fünf Gründe, warum die Lage so ist:

  1. Erstens glaubt der Globale Süden nicht, daß der Westen seine Probleme versteht oder mitfühlt.

  2. Der zweite Grund ist, daß die Geschichte eine Rolle spielt - also: wer hat während des Kolonialismus und nach der Unabhängigkeit wo gestanden?

  3. Und der dritte Punkt ist der Krieg in der Ukraine, bei dem es aus Sicht des Globalen Südens hauptsächlich um die Zukunft Europas geht, nicht um die der ganzen Welt.

  4. Und das vierte Stichwort ist eine Wirtschaft, die nicht mehr amerikanisch dominiert oder westlich geführt ist, weil der Globale Süden andere Optionen hat.

  5. Und das letzte ist schließlich die „regelbasierte internationale Ordnung“, der es an Glaubwürdigkeit mangelt und an der es immer weniger Interesse gibt.

Die Haltung „Globaler Norden über alles“ ist zum Problem geworden.

Viele im Globalen Süden sehen es so, daß der Westen bzw. der Globale Norden seit Jahrzehnten mit der Welt umspringt, wie er will, ohne Rücksicht auf andere.

So wurde einfach mutwillig in einige Länder ohne Genehmigung des UN-Sicherheitsrats einmarschiert. Dazu gehören das ehemalige Jugoslawien, Irak, Afghanistan, Libyen und Syrien. Diese Völker wurden unterdrückt, und nach welchen Regeln wurden diese Länder eigentlich angegriffen oder verwüstet? Waren diese Kriege provoziert oder vielleicht sogar unprovoziert?

Wir sehen, daß Julian Assange im Gefängnis dahinvegetiert und Ed Snowden im Exil ist, nur weil sie den Mut (oder die Kühnheit) haben, die Wahrheit über diese Dinge aufzudecken. Und der jüngste Fall ist die Anklage des Internationalen Strafgerichtshofs gegen Präsident Putin.

Man muß wissen, daß der Rest der Welt all dies ganz anders sieht.

Ich würde sagen, die vierfache Grundlage, von der ich sprach, ist eigentlich ein New Deal. Und dies hier sind die vier Elemente:

  1. Das erste sind die BRICS.

  2. Das zweite ist die neue Blockfreie Bewegung.

  3. Das dritte Element ist die Wahl von Trump zum US-Präsidenten.

  4. Und das letzte ist das „neue Rußland“.

BRICS und die neue Blockfreie Bewegung

Warum ist die Blockfreie Bewegung wichtig für das Machtgleichgewicht zwischen dem Globalen Norden und dem Globalen Süden? Weil der Kampf der Blockfreien für Gleichheit immer noch relevant ist, solange es immer noch ein so große Gefälle zwischen Nationen gibt.

Die Bipolarität der Welt war nach dem Kalten Krieg nicht weg, es gibt immer noch ein großes wirtschaftliches Gefälle zwischen einer Milliarde Menschen und mehr als sieben Milliarden Menschen.

Die Blockfreie Bewegung ist auch von Bedeutung für die Aufrechterhaltung des Weltfriedens, indem sie eine aktivere Rolle spielt, um ihre Gründungsprinzipien und Ziele zu verwirklichen, vor allem ein echtes Gleichgewicht einer friedlichen und wohlhabenden Welt.

Die Blockfreie Bewegung ist als internationale Bewegung immer noch sehr relevant wegen ihrer Prinzipien, vor allem da die Welt von der Supermacht danach eingeteilt wird, wer in der „Koalition der Willigen“ ist und wer die „Koalition der Unwilligen“ bildet. Das ist etwas, was die Blockfreie Bewegung stärker machen kann.

Das nächste Element sind die BRICS. Chinas Gürtel- und Straßen-Initiative zeigt uns zusammen mit der Initiative der neuen Blockfreien Bewegung den Weg hin zum Aufbau eines realen Instruments für Handel, Finanzen, Technologie, Industrie, Währung und Investitionen, und nicht zuletzt die Vision einer „Bruderschaft des Globalen Südens“. Ich denke, daß die BRICS-Bewegung sich nicht mehr nach Norden, sondern eher nach Süden orientiert. Und wenn wir heute Rußland betrachten, glaube ich, daß Rußland sich jetzt dem Süden zuwendet und nicht mehr dem Norden zuordnet.

Und Trump schließlich ist die einzige Antwort, damit Amerika sich mehr auf eine nach innen gerichtete Strategie konzentriert, anstatt auf die nach außen gerichtete.

Die UNO verbessern

Die Blockfreie Bewegung ist also wichtig für die Aufrechterhaltung des Machtgleichgewichts zwischen dem Globalen Norden und dem Globalen Süden. Denn sie hat eine bedeutende Rolle dabei, die UNO zu stärken, zu verändern oder zu verbessern, damit die Vereinten Nationen als Friedensplattform erhalten bleiben. Und ich denke, wir brauchen die Blockfreie Bewegung, um die Schwäche der UNO zu beheben, wenn ich das einmal so sagen darf.

Dann wird die neue Blockfreie Bewegung zu einem integralen Bestandteil einer relevanten Außenpolitik, hauptsächlich, um weitere Formen von „Kontrolle und Diktat“ des Globalen Nordens gegenüber den Ländern des Globalen Südens zu verhindern.

Und die Blockfreie Bewegung muß in der Lage sein, als Katalysator zu fungieren, um die Zusammenarbeit des Globalen Südens voranzutreiben, die Konnektivität zu beschleunigen und die Entwicklung zu beschleunigen, um eine gleichberechtigte, faire und ausgewogene Welt zu schaffen.

Hier spreche ich auch von einem „neuen Rußland“ und wie dieses neue Rußland die Globalisierung schwächen kann.

Erstens muß Präsident Putin betonen, daß das neue Rußland seine Beziehungen zum Globalen Süden weiter ausbauen wird, und zwar durch die Globale Entwicklungsinitiative und die Globale Sicherheitsinitiative für Nichtkriegerische Militäroperationen (military operations other than war, MOOTW), was wirklich wichtig ist.

Zweitens: Da die Globalisierung schwächer wird, sollten die Freiheiten Ziele werden, die von den gewöhnlichen, normalen Bürgern verfolgt werden. Dazu müssen wir die Bürger aufklären.

Und drittens und letztens könnte es das wichtigste Zeichen eines politischen Erwachens von Rußland sein, wenn es Vorreiter beim Schutz der individuellen Rechte wird. Ich denke, dies kann eine Anregung für Rußland sein, entsprechend zu handeln.

Und nochmals, was Präsident Trump betrifft, so denke ich, daß wir die Trump-for-President-Bewegung brauchen, weil Amerika damit versuchen wird, „wieder groß zu sein“, was bedeutet, daß sie sich mehr auf eine nach innen gerichtete Haltung konzentrieren werden, anstatt auf eine nach außen gerichtete Haltung und die Kontrolle über den Großteil der Welt.

Sicherheit ohne Krieg

Der letzte Punkt ist die neue Blockfreie Bewegung in Bezug auf Rußland und die globale strategische Tiefe.

Wenn Rußland und die Nationen des Globalen Südens in ihrer strategischen Tiefe in Bezug auf Wirtschaft, Handel, Ressourcen und Technologie weiter aufholen, müssen einige Richtlinien und natürlich speziell der rechtliche Rahmen für Nichtkriegerische Militäroperationen (MOOTW) erweitert werden, damit sich die Streitkräfte der blockfreien Länder an neue Situationen vor Ort anpassen können.

Die objektiven Fakten vor Ort deuten nicht darauf hin, daß die Zerstörung, die gegenwärtig Europa verheert, in der unmittelbaren Zukunft (bis 2025) auf Ostasien und Südostasien übergreift und es ruiniert. Dazu denke ich, Amerika muß aufhören, Ärger um Taiwan und um Süd- und Ostasien zu machen.

Nichtkriegerische Militäroperationen im Globalen Süden müssen auf zehn Initiativen zurückgehen; wir müssen den Ländern helfen in Bezug auf

    1. Souveränität,
    2. territoriale Integrität,
    3. Bekämpfung von „Staatsterrorismus“,
    4. Aufrechterhaltung der Stabilität,
    5. Sicherheitsoperationen,
    6. humanitäre Hilfe,
    7. Unterstützung der Umweltsicherheit,
    8. Katastrophenhilfe,
    9. Rettung und Hilfe im Globalen Süden sowie
    10. friedenserhaltende Operationen im Globalen Süden.

Auch hier sollte gelten: mehr für den Globalen Süden als für die internationale Ebene.

Für diese MOOTW des Globalen Südens braucht es eine Art gemeinsame Doktrin. Dieses MOOTW-Konzept wird festlegen, wie das neue Rußland, China und die neuen Blockfreien Staaten militärische Aktivitäten oder Küstenschutz im Rahmen von Missionen zum Schutz der Nationen des Globalen Südens durchführen werden, um Souveränität und territoriale Integrität zu schützen. Entlang umstrittener Landgrenzen sowie im See- und Luftraum müssen wir eine „Gemeinsame Doktrin des neuen Rußland, Chinas und der neuen Blockfreie Bewegung für Nichtkriegerische Militäroperationen“ entwickeln.

Ich denke, das ist es, was ich bei dieser Gelegenheit ansprechen kann. Ich freue mich auf die Diskussion darüber. Ich danke Ihnen.