Vier Grundlagen, um die Welt neu aufzubauen
Von Connie Rahakundini Bakrie
Connie Rahakundini Bakrie aus Indonesien ist Dozentin und
strategische Analystin. In der Internetkonferenz am 15. April hielt sie den
folgenden Vortrag. (Übersetzung aus dem Englischen, Zwischenüberschriften
wurden von der Redaktion hinzugefügt.)
In meinem heutigen Vortrag geht es um die Neue Weltordnung und ihre
vierfachen Grundlagen. Ich vertrete dabei den Standpunkt der Dynamik der
gemeinsamen Entwicklung, hin zur Verwirklichung eines echten Gleichgewichts
der Kräfte in der Weltwirtschaft und in der globalen Sicherheit.
Warum sage ich das so? Weil ich überzeugt bin, daß die Zeit gekommen ist
für die mehr als sechs Milliarden Menschen, die außerhalb des Westens
leben.
66% von ihnen stehen Rußland positiv gegenüber, auch im
Rußland-Ukraine-Krieg, und 70% stehen China positiv gegenüber, trotz der
Taiwan-Frage, die in letzter Zeit aufgetaucht ist. Und bei denen, die Rußland
positiv gegenüberstehen, sind es in Südostasien 75%, im frankophonen Afrika
68% und in Südostasien 62%. Die öffentliche Meinung über Rußland bleibt auch
positiv in Indonesien – meinem Land –, in Saudi-Arabien, Malaysia, Indien,
Pakistan und Vietnam. Die Umfrage zu diesem Thema hat die Universität
Cambridge durchgeführt.
Es gibt fünf Gründe, warum die Lage so ist:
- Erstens glaubt der Globale Süden nicht, daß der Westen seine Probleme
versteht oder mitfühlt.
- Der zweite Grund ist, daß die Geschichte eine Rolle spielt - also: wer
hat während des Kolonialismus und nach der Unabhängigkeit wo gestanden?
- Und der dritte Punkt ist der Krieg in der Ukraine, bei dem es aus
Sicht des Globalen Südens hauptsächlich um die Zukunft Europas geht, nicht um
die der ganzen Welt.
- Und das vierte Stichwort ist eine Wirtschaft, die nicht mehr
amerikanisch dominiert oder westlich geführt ist, weil der Globale Süden
andere Optionen hat.
- Und das letzte ist schließlich die „regelbasierte internationale
Ordnung“, der es an Glaubwürdigkeit mangelt und an der es immer weniger
Interesse gibt.
Die Haltung „Globaler Norden über alles“ ist zum Problem geworden.
Viele im Globalen Süden sehen es so, daß der Westen bzw. der Globale Norden
seit Jahrzehnten mit der Welt umspringt, wie er will, ohne Rücksicht auf
andere.
So wurde einfach mutwillig in einige Länder ohne Genehmigung des
UN-Sicherheitsrats einmarschiert. Dazu gehören das ehemalige Jugoslawien,
Irak, Afghanistan, Libyen und Syrien. Diese Völker wurden unterdrückt, und
nach welchen Regeln wurden diese Länder eigentlich angegriffen oder verwüstet?
Waren diese Kriege provoziert oder vielleicht sogar unprovoziert?
Wir sehen, daß Julian Assange im Gefängnis dahinvegetiert und Ed Snowden im
Exil ist, nur weil sie den Mut (oder die Kühnheit) haben, die Wahrheit
über diese Dinge aufzudecken. Und der jüngste Fall ist die Anklage des
Internationalen Strafgerichtshofs gegen Präsident Putin.
Man muß wissen, daß der Rest der Welt all dies ganz anders sieht.
Ich würde sagen, die vierfache Grundlage, von der ich sprach, ist
eigentlich ein New Deal. Und dies hier sind die vier Elemente:
- Das erste sind die BRICS.
- Das zweite ist die neue Blockfreie Bewegung.
- Das dritte Element ist die Wahl von Trump zum US-Präsidenten.
- Und das letzte ist das „neue Rußland“.
BRICS und die neue Blockfreie Bewegung
Warum ist die Blockfreie Bewegung wichtig für das Machtgleichgewicht
zwischen dem Globalen Norden und dem Globalen Süden? Weil der Kampf der
Blockfreien für Gleichheit immer noch relevant ist, solange es immer noch ein
so große Gefälle zwischen Nationen gibt.
Die Bipolarität der Welt war nach dem Kalten Krieg nicht weg, es gibt immer
noch ein großes wirtschaftliches Gefälle zwischen einer Milliarde Menschen und
mehr als sieben Milliarden Menschen.
Die Blockfreie Bewegung ist auch von Bedeutung für die Aufrechterhaltung
des Weltfriedens, indem sie eine aktivere Rolle spielt, um ihre
Gründungsprinzipien und Ziele zu verwirklichen, vor allem ein echtes
Gleichgewicht einer friedlichen und wohlhabenden Welt.
Die Blockfreie Bewegung ist als internationale Bewegung immer noch sehr
relevant wegen ihrer Prinzipien, vor allem da die Welt von der Supermacht
danach eingeteilt wird, wer in der „Koalition der Willigen“ ist und wer die
„Koalition der Unwilligen“ bildet. Das ist etwas, was die Blockfreie Bewegung
stärker machen kann.
Das nächste Element sind die BRICS. Chinas Gürtel- und Straßen-Initiative
zeigt uns zusammen mit der Initiative der neuen Blockfreien Bewegung den Weg
hin zum Aufbau eines realen Instruments für Handel, Finanzen, Technologie,
Industrie, Währung und Investitionen, und nicht zuletzt die Vision einer
„Bruderschaft des Globalen Südens“. Ich denke, daß die BRICS-Bewegung sich
nicht mehr nach Norden, sondern eher nach Süden orientiert. Und wenn wir heute
Rußland betrachten, glaube ich, daß Rußland sich jetzt dem Süden zuwendet und
nicht mehr dem Norden zuordnet.
Und Trump schließlich ist die einzige Antwort, damit Amerika sich mehr auf
eine nach innen gerichtete Strategie konzentriert, anstatt auf die nach außen
gerichtete.
Die UNO verbessern
Die Blockfreie Bewegung ist also wichtig für die Aufrechterhaltung des
Machtgleichgewichts zwischen dem Globalen Norden und dem Globalen Süden. Denn
sie hat eine bedeutende Rolle dabei, die UNO zu stärken, zu verändern oder zu
verbessern, damit die Vereinten Nationen als Friedensplattform erhalten
bleiben. Und ich denke, wir brauchen die Blockfreie Bewegung, um die Schwäche
der UNO zu beheben, wenn ich das einmal so sagen darf.
Dann wird die neue Blockfreie Bewegung zu einem integralen Bestandteil
einer relevanten Außenpolitik, hauptsächlich, um weitere Formen von
„Kontrolle und Diktat“ des Globalen Nordens gegenüber den Ländern des Globalen
Südens zu verhindern.
Und die Blockfreie Bewegung muß in der Lage sein, als Katalysator zu
fungieren, um die Zusammenarbeit des Globalen Südens voranzutreiben, die
Konnektivität zu beschleunigen und die Entwicklung zu beschleunigen, um eine
gleichberechtigte, faire und ausgewogene Welt zu schaffen.
Hier spreche ich auch von einem „neuen Rußland“ und wie dieses neue Rußland
die Globalisierung schwächen kann.
Erstens muß Präsident Putin betonen, daß das neue Rußland seine Beziehungen
zum Globalen Süden weiter ausbauen wird, und zwar durch die Globale
Entwicklungsinitiative und die Globale Sicherheitsinitiative für
Nichtkriegerische Militäroperationen (military operations other than
war, MOOTW), was wirklich wichtig ist.
Zweitens: Da die Globalisierung schwächer wird, sollten die Freiheiten
Ziele werden, die von den gewöhnlichen, normalen Bürgern verfolgt werden. Dazu
müssen wir die Bürger aufklären.
Und drittens und letztens könnte es das wichtigste Zeichen eines
politischen Erwachens von Rußland sein, wenn es Vorreiter beim Schutz der
individuellen Rechte wird. Ich denke, dies kann eine Anregung für Rußland
sein, entsprechend zu handeln.
Und nochmals, was Präsident Trump betrifft, so denke ich, daß wir die
Trump-for-President-Bewegung brauchen, weil Amerika damit versuchen wird,
„wieder groß zu sein“, was bedeutet, daß sie sich mehr auf eine nach innen
gerichtete Haltung konzentrieren werden, anstatt auf eine nach außen
gerichtete Haltung und die Kontrolle über den Großteil der Welt.
Sicherheit ohne Krieg
Der letzte Punkt ist die neue Blockfreie Bewegung in Bezug auf Rußland und
die globale strategische Tiefe.
Wenn Rußland und die Nationen des Globalen Südens in ihrer strategischen
Tiefe in Bezug auf Wirtschaft, Handel, Ressourcen und Technologie weiter
aufholen, müssen einige Richtlinien und natürlich speziell der rechtliche
Rahmen für Nichtkriegerische Militäroperationen (MOOTW) erweitert werden,
damit sich die Streitkräfte der blockfreien Länder an neue Situationen vor Ort
anpassen können.
Die objektiven Fakten vor Ort deuten nicht darauf hin, daß die Zerstörung,
die gegenwärtig Europa verheert, in der unmittelbaren Zukunft (bis 2025) auf
Ostasien und Südostasien übergreift und es ruiniert. Dazu denke ich, Amerika
muß aufhören, Ärger um Taiwan und um Süd- und Ostasien zu machen.
Nichtkriegerische Militäroperationen im Globalen Süden müssen auf zehn
Initiativen zurückgehen; wir müssen den Ländern helfen in Bezug auf
1. Souveränität,
2. territoriale Integrität,
3. Bekämpfung von „Staatsterrorismus“,
4. Aufrechterhaltung der Stabilität,
5. Sicherheitsoperationen,
6. humanitäre Hilfe,
7. Unterstützung der Umweltsicherheit,
8. Katastrophenhilfe,
9. Rettung und Hilfe im Globalen Süden sowie
10. friedenserhaltende Operationen im Globalen Süden.
Auch hier sollte gelten: mehr für den Globalen Süden als für die internationale Ebene.
Für diese MOOTW des Globalen Südens braucht es eine Art gemeinsame Doktrin.
Dieses MOOTW-Konzept wird festlegen, wie das neue Rußland, China und die neuen
Blockfreien Staaten militärische Aktivitäten oder Küstenschutz im Rahmen von
Missionen zum Schutz der Nationen des Globalen Südens durchführen werden, um
Souveränität und territoriale Integrität zu schützen. Entlang umstrittener
Landgrenzen sowie im See- und Luftraum müssen wir eine „Gemeinsame Doktrin des
neuen Rußland, Chinas und der neuen Blockfreie Bewegung für Nichtkriegerische
Militäroperationen“ entwickeln.
Ich denke, das ist es, was ich bei dieser Gelegenheit ansprechen kann. Ich
freue mich auf die Diskussion darüber. Ich danke Ihnen.
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