„Die Sanktionen sind von der Besetzung nicht zu trennen“
Von Vanessa Beeley
Vanessa Beeley ist eine in Syrien ansässige britische
Aktivistin und Bloggerin.
Vielen Dank, daß Sie mich eingeladen haben. Ich denke, was ich heute abend
sagen will, ist, daß die Sanktionen natürlich aufgehoben werden sollten. Das
Caesar-Gesetz ist eines der kriminellsten und rachsüchtigsten Sanktionspakete,
das jemals gegen eine souveräne Nation eingesetzt wurde. Es wurde erwähnt, daß
es faktisch jedes Land daran hindert, Syrien beim Wiederaufbau und der
Wiederherstellung des Landes zu einem funktionsfähigen Territorium zu
helfen.
Aber ich persönlich sehe es so – ich lebe seit vier Jahren in Syrien und
arbeite seit sieben Jahren hier –, daß die Sanktionen Hand in Hand gehen mit
der illegalen Besetzung dieses Landes an drei seiner Grenzen. Die einzige
befreundete Grenze ist die zum Libanon, und wir wissen, daß auch der Libanon
selbst von den Engländern angegriffen wird, um ihn weiter zu schwächen, damit
er nicht oder kaum in der Lage ist, Syrien gegen diesen Versuch, es zu
verwüsten und zu zerstören, umfassend zu helfen.
Bei der Besetzung syrischer Gebiete im Nordosten haben wir es natürlich mit
den Vereinigten Staaten und ihren kurdischen Verbündeten zu tun. Entlang der
nördlichen Grenze hält die Türkei über ihre eigenen Stellvertreter, von denen
wir wissen, daß es sich um die umbenannte Freie Syrische Armee und
Al-Kaida-Elemente handelt, eine Region im Norden Syriens besetzt. Der
Nordwesten wird von Al-Kaida beherrscht, von der wir wissen, daß sie ein
Aktivposten der USA ist; Botschafter Jeffrey hat sie während der
Trump-Regierung selbst so bezeichnet. Jake Sullivan schrieb 2012 eine E-Mail
an Hillary Clinton, in der er feststellte, daß Al-Kaida in diesem
Regimewechsel-Krieg auf der Seite der Vereinigten Staaten stand. Und im Süden
haben wir die langjährige illegale Annexion der Golanhöhen durch das
zionistische Gebilde.
Die Besetzung dieser Gebiete und die Besetzung Palästinas ist meiner
Meinung nach ebenfalls eine Priorität. Die Sanktionen sind für mich in
gewissem Sinne Symptome für die Ursache, und die Ursache ist die illegale
Besetzung syrischer und palästinensischer Gebiete.
Warum sage ich das? Wenn ich mit Syrern spreche, können sie ehrlich gesagt
mit den Sanktionen umgehen. Sanktionen werden seit Jahrzehnten gegen sie
verhängt, bekanntlich auch wegen der „Beherbergung“ der als PKK bezeichneten
Terroristen, die jetzt bekanntlich von den Vereinigten Staaten als Waffe gegen
Syrien eingesetzt werden.
Die Lage ist jetzt, daß die Grenzübergänge nach Syrien vollständig unter
der Kontrolle feindlicher Staaten stehen, mit Ausnahme einer einzigen Öffnung,
nämlich Abu Kamal im Nordosten, und das wird regelmäßig vom zionistischen
Gebilde bombardiert, das schon vor dem Erdbeben humanitäre Konvois zerstört
hat. Und wie hat das zionistische Gebilde auf die humanitäre Tragödie in
Syrien reagiert? Es hat Syrien bombardiert. In den frühen Morgenstunden des
19. Februar schossen israelische Kampfflugzeuge Raketen auf mehrere Orte in
Syrien ab.
Man stelle sich das vor: Nach einem Erdbeben am 6. Februar und mehreren
Nachbeben, mit einer Fortsetzung der Verwüstung des Landes, des Terrors und
dem Streß für die Bevölkerung, die nun zum zweiten oder dritten Mal seit 2011
obdachlos geworden ist, bombardiert Israel, obwohl es versprochen hat, Hilfe
zu schicken, tatsächlich die hiesige Bevölkerung. In Kafr Sousa, das etwa 15
Minuten von meinem Wohnort entfernt liegt, starben fünf Zivilisten, ein
Wohnblock wurde irreparabel beschädigt. Unter diesen Zivilisten waren ein
Kardiologe, ein Apotheker und ein Ingenieur. Das iranische Kulturzentrum liegt
etwa drei Häuserblocks von dem Ort entfernt, an dem die Anschläge verübt
wurden.
Sie haben auch die Zitadelle von Damaskus angegriffen, ein archäologisches
Institut, das über modernste Ausrüstung zur Untersuchung archäologischer
Stätten verfügt, und verschiedene historische Dokumente über die Zitadelle und
auch über Damaskus zerstört. Das ist faktisch Eugenik, die Zerstörung und
Auslöschung der kulturellen Identität und des kulturellen Erbes durch das
zionistische Gebilde. Und das läuft natürlich schon seit 2011 so.
Neuer Krieg wird vorbereitet
Gleichzeitig hat jemand ganz richtig darauf hingewiesen, daß der Westen
diese Tragödie ausnutzt, um den Krieg gegen Syrien wieder in Gang zu bringen.
Warum kann ich das mit einiger Sicherheit sagen? Es war die Rede davon, es
werde verhindert, daß im Nordwesten Hilfsgüter nach Syrien gelangen. Das ist
nicht wahr. Tatsächlich gelangen Hilfsgüter oder besser gesagt Ausrüstung über
den Grenzübergang Bab al-Hawa in den Nordwesten, der ganz von Al-Kaida
kontrolliert wird. In der Vergangenheit war dieser Grenzübergang sogar eine
Einnahmequelle für Al-Kaida. Jede humanitäre Hilfe, die über diesen
Grenzübergang eintrifft, wird von Al-Kaida beschlagnahmt und dann zu
überhöhten Preisen an die unter ihrer Kontrolle stehende syrische Bevölkerung
verkauft. Nichts von dieser humanitären Hilfe kommt bei der syrischen
Bevölkerung in den von der Al-Kaida kontrollierten Gebieten an.
Trotzdem werden jetzt Millionenbeträge aufgebracht – für wen? Für die CIA,
den MI-6, die Weißhelme, von denen wir wissen, daß sie nichts anderes sind als
eine Hilfstruppe von Al-Kaida und den verschiedenen bewaffneten
Splittergruppen. Es geht um buchstäblich 85 Millionen Dollar aus der US-Hilfe,
und Hunderte von Millionen, die von ihrem PR-Komplex im Westen zugesagt
wurden. Wohin fließt dieses Geld? Dieses Geld fließt nicht, wie behauptet
wird, in schwere Maschinen [zur Behebung der Erdbebenschäden]. Bis zum Jahr
2022 hatte USAID bereits 25,2 Millionen Dollar für schwere Maschinen und
Ausrüstung für die Weißhelme bereitgestellt.
Diese Mittel, die jetzt vom Westen aufgebracht werden, dienen in
Wirklichkeit dazu, die bewaffneten Gruppen im Nordwesten neu zu bewaffnen und
zu verstärken, um den militärischen Feldzug gegen einen jetzt noch schwächeren
syrischen Staat wieder aufzunehmen. Wir haben buchstäblich zwei Tage nach dem
ersten Erdbeben am 6. Februar den Ausbruch aus dem Raju-Gefängnis im Norden
von Afrin erlebt, das unter der Kontrolle von ISIS-Terroristen türkischer
Geheimdienste steht, von denen wir auch mit Sicherheit wissen, daß sie ein
Stellvertreter der Vereinigten Staaten und ihrer Verbündeten im
globalistischen Kartell sind.
Seit dem Erdbeben wurden mindestens zwei Anschläge auf Zivilisten im Osten
von Homs verübt. Bei beiden Angriffen wurden Dutzende von Zivilisten entführt.
Von dem letzten Angriff wissen wir, daß 53 Zivilisten – keine Soldaten oder
Streitkräfte, sondern Zivilisten! – ermordet wurden, als sie im Osten von Homs
auf Trüffelsuche waren.
Wir wissen, daß die Vereinigten Staaten faktisch jetzt ISIS-Kräfte
verschieben, wie sie es schon getan haben, seit sie die Kontrolle über den
Nordosten haben. Sie schleusen ISIS über die irakische Grenze hin und her.
Jetzt schicken sie sie in die Ukraine. Jetzt wird diese ganze militärische
Stellvertreteroperation vom Westen erneuert und wiederbelebt, weil sie eine
Gelegenheit sehen, Syrien erneut militärisch anzugreifen.
Der Angriff des zionistischen Gebildes ist ein Teil dieser Kampagne, er ist
nicht davon zu trennen. Es gibt auch NGOs im Nordwesten, wie das Mohan-Team,
das Geld für die bewaffneten Gruppen sammelt, wovon wir ausgehen müssen. Wir
wissen jetzt, daß Israel in den letzten zwei Tagen ein Bankkonto eröffnet hat,
um speziell diese NGO im Nordwesten zu finanzieren. Die Tentakel des
zionistischen Gebildes und der anglo-amerikanischen Kabale strecken nun ihre
Fühler aus, um zu versuchen, Syrien militärisch zu zerstören.
Der Westen will im Grunde den Tod der Syrer. Die Sanktionen haben nicht
funktioniert. Die Syrer sind widerstandsfähig, sie sind einfallsreich. Und
obwohl 90% der Bevölkerung unter der Armutsgrenze leben, haben sie überlebt.
Jetzt haben sie – unabhängig davon, ob es sich um eine menschengemachte oder
natürliche Katastrophe handelt – eine schreckliche humanitäre Tragödie erlebt.
Schätzungsweise fünf Millionen Obdachlose in Syrien. Selbst im Nordwesten,
der, wie ich bereits sagte, unter der Kontrolle der vom Westen unterstützten
Terrorgruppen steht, ist es eine humanitäre Tragödie. Aber der Westen hilft
nicht.
Wer kommt den Syrern zu Hilfe? Rußland, der Iran, Algerien, Armenien,
Venezuela, der Libanon, die Hisbollah, die Haschd Al-Schaabi aus dem Irak. Die
Verbündeten, der Block der Blockfreien, haben sich den Caesar-Sanktionen
effektiv widersetzt und sind dafür bisher nicht bestraft worden.
Natürlich wissen wir nicht, was in Zukunft geschehen wird. Aber ich denke,
daß damit die Kampflinien gezogen wurden, es wurden Linien gezogen, an denen
wir sehr deutlich die Länder erkennen können, die bereit sind, die Hegemonie
der USA, der Zionisten und des Vereinigten Königreichs und der EU in der
Region herauszufordern.
Was Syrien jetzt braucht, ist die Aufhebung der Sanktionen, aber vor allem
muß die US-Besatzung beendet werden. Dabei darf man natürlich nicht vergessen,
daß die USA auch den Südosten des Landes mit ihrer Militärbasis Al-Tanf
besetzen, die auch das Flüchtlingslager Rukban kontrolliert. Die USA haben
eine 55 Kilometer lange Sperrzone eingerichtet, in der sie bewaffnete Gruppen,
darunter ISIS, ausbilden und mit Waffen versehen.
Beenden Sie also bitte die Besatzung!
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