LaRouches Entwurf für das neue Paradigma
Von Jacques Cheminade
Jacques Cheminade ist Vorsitzender der Partei Solidarité et
Progrès in Frankreich und kandidierte dreimal für das Amt des
Staatspräsidenten.
Unsere derzeitigen westlichen Staatsführer schwenken ein Banner, auf das
sie den Namen des Krieges geschrieben haben. Wenn sie unfähig sind, die Folgen
ganz abzuschätzen, ist das keine Entschuldigung, denn wie beim haßerfüllten
Rattenfänger von Hameln droht ihre barbarische Musik uns alle von der Klippe
in die nukleare Vernichtung zu stürzen.
Krieg! Sie haben ihre Absicht wiederholt bekundet, sie machen keinen Hehl
daraus. Ich erwähne nur Admiral Robert Bauer, Vorsitzender des
NATO-Militärausschusses seit Juni 2021: „Wir sind bereit für eine direkte
Konfrontation mit Rußland.“ Das ist nicht nur das Geschwätz von Annalena
Baerbock, die als eine Art deutsche Außenministerin fungiert – ebenfalls seit
2021 –, oder des dummen französischen Wirtschaftsministers Bruno Le Maire,
sondern das ist der regelbasierte Wahnsinn des Monsters der globalen
NATO-Oligarchie mit seinen „fünf Augen“.
Es bedeutet Kriegswirtschaft – den Vorrang bestimmter Rohstoffe und
Produktionsanlagen, die für die Rüstungsproduktion benötigt werden, gegenüber
der zivilen Produktion. Seien wir ehrlich, der wahre Name dafür ist „Kultur
des Todes“, wie einst Papst Johannes Paul II. sie als eine Richtung
charakterisierte, die nun Wirklichkeit wird.
Dem müssen wir entgegentreten, deshalb trägt dieses Panel den Titel „Der
Name des Friedens: eine neue Architektur für Sicherheit und wirtschaftliche
Entwicklung“. Wir kommen aus verschiedenen Teilen der Welt und von
verschiedenen Institutionen, die sich nicht nur dafür einsetzen, den Krieg zu
beenden, sondern auch dafür, eine Architektur des Friedens aufzubauen,
beruhend auf Prinzipien, um die Wurzeln des Krieges zu beseitigen. Helga
Zepp-LaRouche hat die Arbeit ihres ganzen Lebens in zehn Prinzipien
zusammengefaßt, um uns alle aus dem Schlaf der Vernunft zu wecken, der die
gegenwärtigen Ungeheuer hervorbringt. Wir sollten über die Kohärenz dieser
Prinzipien nachdenken und nach ihnen handeln, denn wenn wir in diesem
historischen Moment nicht handeln, werden wir zu Kollaborateuren des Bösen,
wie Martin Niemöller uns in seinem Gedicht „Als sie mich holten“ warnte.
In dem Krieg, der in Osteuropa stattfindet, werden die Ukrainer
abgeschlachtet. Die NATO-Mitgliedsländer haben ihre nach dem Fall der Berliner
Mauer gemachten Zusagen, ihre Präsenz nicht bis an die Grenzen Rußlands
auszudehnen, gebrochen. Angela Merkel, François Hollande und Petro Poroschenko
haben die Minsker Vereinbarungen verraten, die ukrainischen Regime den Donbaß
bombardieren lassen und die Militarisierung der Ukraine unter
anglo-amerikanischer Vormundschaft bewußt organisiert. Dann hatte Putin keine
andere strategische Wahl, als zu intervenieren. Mit einer ähnlichen
Einwilligung in das Verhängnis wie ihre sogenannten europäischen Vorgänger im
Sommer 1914 laufen die heutigen Mächte wie Schlafwandler in den Krieg.
Dem muß durch Diplomatie Einhalt geboten werden, statt durch die Lieferung
von immer mehr tödlichen Waffen. Es ist richtig, sich zu engagieren, aber
nicht im Rahmen einer verengten Sichtweise, eines Fehlschlusses. Wir sollten
uns mit dem größeren Bild befassen.
Eine internationale Finanz- und Militäroligarchie, die unser Freund Ray
McGovern als MICIMATT bezeichnet, der Militärisch-Industrielle Komplex, den
Dwight Eisenhower 1961 anprangerte, ist seitdem zu einem kriegstreiberischen
Klumpen mutiert, der nicht nur die Vereinigten Staaten, sondern den gesamten
„Westen“ beherrscht. Es handelt sich um etwas, das unentrinnbar dem Krieg
verpflichtet ist.
Eine aufschlußreiche Tatsache ist der Name des Raumes in Brügge in Belgien,
wo derzeit Diplomaten aus allen Ländern der Europäischen Union darin geschult
werden, „ihre nationalen Wurzeln zu vergessen“. Der Raum ist benannt nach
Madeleine Albright, der Frau, die Journalisten sagte, der Tod von 500.000
unschuldigen jungen Irakern sei der gerechtfertigte Preis für einen
notwendigen und gerechten Krieg!
Das Gesamtbild, zumindest seit den Kolonialkriegen des Vereinigten
Königreichs und Frankreichs und dem Vietnamkrieg der Vereinigten Staaten, ist
das einer Blutspur, die von Afrika über Lateinamerika bis hin zu Jemen, Syrien
und Afghanistan reicht und zu unserem heutigen historischen Moment führt.
Die oligarchische Bestie frißt ihre eigenen Kinder: Mehr als 40% aller
Kinder von Alleinerziehenden in Deutschland leben in Armut, und mehr als 7
Millionen Franzosen, mit ihren Familien etwa 20 Millionen, beziehen das
Äquivalent von Lebensmittelmarken. Schlimmer noch: In einer kürzlich
erschienenen Studie der Rand Corporation wird eingeräumt, daß die Richtung
ihrer Welt sich auf einen Krieg hin bewegt und daß ein langer Krieg gegen
Rußland nicht die beste Idee für die Vereinigten Staaten ist, weil der
eigentliche Krieg gegen China geführt werden wird.
Diesen ganzen Mist ein für alle Mal loszuwerden, das ist die
Herausforderung für uns, die wir im Bauch des MICIMATT sitzen – für uns,
bewaffnet mit unserem Vorschlag für eine neue globale Sicherheits- und
Entwicklungsarchitektur auf der Grundlage der „Zehn Prinzipien“ von Helga
Zepp-LaRouche.
Die nächsten 50 Jahre
Lyndon LaRouche sah laserscharf die Notwendigkeit einer solchen Trendwende
voraus, er entwickelte es in seiner Schrift von 2005, Die 50 nächsten Jahre
der Erde. Er forderte uns auf, „jetzt über den Westfälischen Frieden
hinauszugehen“:
„Wie ich bereits bei früheren Gelegenheiten argumentiert habe, hat die Welt
als Ganzes den Punkt der Entwicklung erreicht, an dem der gesicherte
Fortbestand des zivilisierten Lebens auf diesem Planeten es erfordert, daß wir
die Torheiten der Experimente mit der sogenannten ,Globalisierung‘
zurückweisen zugunsten eines Systems jeweils souveräner Nationalstaaten, die
eine Art planetarisches System der Zusammenarbeit schaffen. Damit würde eine
Form geschaffen, die man eher als Verwirklichung derselben Ziele und
Prinzipien bezeichnen kann, die im Westfälischen Frieden von 1648 enthalten
waren...
Im allgemeinen bedeutet das, ein neues Währungssystem nach dem erneuerten
Prinzip des Westfälischen Friedens zu schaffen, angewandt auf die
gegenwärtigen Umstände und ihre Herausforderungen. Es bedarf kaum mehr als
einer angemessenen Einschätzung der Lage, um zu sagen, daß wir, wenn wir
solche Schritte des Fortschritts unter den Bedingungen der allgemeinen,
andauernden Zusammenbruchskrise des gegenwärtigen, selbstzerstörerischen Geld-
und Finanzsystems der Welt unternehmen, erkennen müssen, daß wir uns auf die
impliziten Maßnahmen einer allgemeinen Reorganisation der Welt einlassen.
Einer Reorganisation, deren Anfangsphase nicht weniger als zwei Generationen
dauern wird, d.h., gemessen an den Anforderungen der modernen Gesellschaft und
ihrer Technologie, zwei Generationen, die sich auf etwa 50 Jahre
summieren.
Der große und entscheidende Teil der neuen Kapitalbildung in der
grundlegenden wirtschaftlichen Infrastruktur wird als internationales Kapital
in Verbindung mit langfristigen vertraglichen Vereinbarungen zwischen
souveränen Nationalstaaten erfolgen. Die Laufzeit des Großteils dieses neuen
Kapitals wird sich über ein Viertel- bis ein halbes Jahrhundert erstrecken,
wie im Fall der europäischen Beteiligung an der Entwicklung der chinesischen
Vermögenswerte. Dies verleiht dem Grundsatz des Westfälischen Friedens von
1648, ,zum Vorteil des anderen‘, eine ganz neue Bedeutung.“
Das Thema, so betont LaRouche in der Einleitung seines Buches, ist die
menschliche Kreativität:
„Der Begriff ,Kreativität‘ taucht im europäischen Wirtschaftsdenken als
prometheisches Prinzip auf: die Entdeckung und das Wissen um die Anwendung
universeller physikalischer Prinzipien durch den Menschen mit dem Effekt, die
potentielle relative Bevölkerungsdichte der Menschheit und die physische
Nettoleistung pro Kopf und Quadratkilometer Landfläche zu erhöhen.“
Natürlich können wir nicht erwarten, daß alle Kämpfer diese Ebene des
Verständnisses erreichen, um genügend Kräfte zu sammeln, um unseren Kampf für
den Frieden anzuführen. Der Punkt ist, daß die Hoffnung, wenn man beginnt, für
die gute Sache zu kämpfen, in dem Wissen, „daß der Mensch von Grund auf gut
ist und fähig, die Kreativität seines Geistes und die Schönheit seiner Seele
unendlich zu vervollkommnen“, die Fähigkeit mit sich bringt, in einem
Massenstreik-Ferment, wie es jetzt entsteht, Wunder zu vollbringen.
In Frankreich sehen wir Arbeiter im allgemeinen, alte Gewerkschafter, die
für ihre Renten und für den Frieden demonstrieren; eine Mehrheit von Generälen
und Obersten im Ruhestand, die über das Gemetzel, das Europa bedroht, und über
die Umwandlung der NATO in ein Angriffsbündnis empört sind; Bäcker,
Ladenbesitzer und Handwerker, die über die Arroganz der Regierung und der
herrschenden Oligarchie wütend sind: ein guter und vielversprechender
Volksblock, ein Zusammentreffen der Gegensätze, die zu vereinen und zu immer
höheren Formen des Engagements für die Zukunft unserer Nation und der
Menschheit zu erziehen unsere Aufgabe ist. Sie verstehen, daß wir uns in einem
epochalen Wandel befinden, und fragen uns nach Wegweisern, von der Neuen
Seidenstraße Chinas über die Geschehnisse in Lateinamerika bis hin zu der
Frage, warum Rußland nicht kollabiert und Westeuropa unterentwickelt ist.
Die Mauern werden fallen
Lassen Sie mich mit einem Gedicht von Victor Hugo schließen, das als
Reflexion auf seine Intervention auf dem Weltfriedenskongreß von 1849
geschrieben wurde, wo er zur „entstehenden universellen Brüderlichkeit aller
Menschen“ aufgerufen hatte, um „die Welt zu säubern, die Wüsten zu besiedeln,
die Schöpfung zu verbessern“.
Der Titel des Gedichts lautet: „Tönt, tönt auf ewig, Fanfaren des
Gedankens“
Es ist die Geschichte von Josua, der um Jericho herum marschiert:
Als Josua gegen die hochummauerte Stadt kämpfte,
marschierte er um sie herum das Banner hoch,
und seine Truppen folgten ihm in Reih und Glied.
Doch kein Schwert ward gezogen oder Schaft gestreckt,
Nur die Trompeten klangen schrill zum Angriff.
Beim ersten Stoß lächelte der König höhnisch,
Und beim zweiten spottete er, verwundert halb:
„Willst du mit Lärm mein’ Festung brechen?“
Dann kommen die nächsten drei, scheinbar erfolglosen Runden. Und es
folgt:
Beim sechsten Mal, auf eines Turmes hohem Wipfel,
So hoch, der Adler selbst sein Nest dort baute,
So hart, daß Blitze ihn vergebens trafen,
Erschien belustigt wiederum der König:
„Diese hebräischen Judenmusiker sind große Unterhalter!“
Spottete er lachend, „doch leben sie in Träumen“.
Die Prinzen lachten dem König unterwürfig zu,
Und da verbreitete das Lachen stadtweit sich.
Aber beim siebten Stoß fielen die Stadtmauern – les murailles
tombèrent.
Unsere Musik spielt die schöne Partitur des Wunders, das als nächstes
ansteht, vorausgesetzt, wir verbreiten den beharrlichen Geist Josuas, auch
wenn unsere Umsetzung davon unvollkommen ist.
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