„Immer mehr Experten sagen, daß die NATO nicht gewinnen kann“
Von Oberst a.D. Alain Corvez
Oberst a.D. Alain Corvez ist internationaler Sicherheitsberater
in Frankreich. In der Internetkonferenz vom 10.1. hielt er den folgenden
Vortrag. (Übersetzung aus dem Französischen.)
Sehr geehrte Damen und Herren, ich danke Ihnen für Ihre Einladung, auf
dieser wichtigen Konferenz zu sprechen.
Rußland hat das Vertrauen in den Westen verloren, und wir befinden uns in
einer dramatischen Situation. Denn Putin hatte, wie erwähnt wurde, im Dezember
2021 zwei Verträge mit den USA und der NATO zur Unterzeichnung vorgeschlagen,
die diesen Krieg hätten verhindern und Rußland legitime Sicherheitsgarantien
geben können. Es kam keine Reaktion auf den Vorschlag Rußlands, das daraufhin
eine Militäroperation startete, aus der mehr und mehr ein Krieg der NATO gegen
Rußland wurde.
Ich habe daher den Eindruck, daß die Vereinigten Staaten mit diesen Mitteln
die Kontinuität ihrer Hegemonie in der Welt sicherstellen wollten. Sie wollten
Rußland schwächen, vielleicht sogar zerstören und in mehrere Teile
aufspalten.
Aber ich denke, daß sich die Vereinigten Staaten jetzt mehr und mehr der
Fehler in ihren Analysen und Plänen bewußt werden. Immer mehr Experten in den
Vereinigten Staaten sagen, daß die NATO den Krieg nicht gewinnen kann und man
deshalb ein Ende für diesen Krieg finden muß.
Warum können sie diesen Krieg nicht gewinnen? Sie haben begriffen, daß
Rußland auf dem Schlachtfeld eine neue Strategie verfolgt, und es ist eine
Strategie, mit der man gewinnen kann. Ich finde es dramatisch, daß die USA und
die NATO ukrainische Menschenleben benutzen, um ihre Hegemonie in der Welt
aufrechtzuerhalten. So etwas ist für die heutige Zeit unmöglich,
entwürdigend!
Einige Leute in den Vereinigten Staaten, in den Geheimdiensten oder unter
denjenigen, die für die Festlegung der Politik für die Regierung
verantwortlich sind, haben erkannt, daß ihr Ziel nicht zu erreichen ist. Sie
sehen jetzt, daß die Allianz mit China und dem Iran stärker geworden ist und
daß Rußland viele Partnerschaften mit den BRICS-Staaten und der Shanghaier
Organisation für Zusammenarbeit unterhält. Die Türkei ist sich mit Rußland
einig, den Konflikt in Syrien, in dem der Iran und die Hisbollah eine
entscheidende Rolle spielen, durch den Abzug aller ausländischen Truppen, die
das Land illegal besetzt halten, zu beenden.
Diese Amerikaner kommen also zu dem Schluß, daß man eine ehrenhafte Lösung
für den Krieg finden muß. Helga Zepp-LaRouche sprach über die Initiative des
Vatikans, und ich denke, Rom wäre ein geeigneter Ort, um zu versuchen,
friedliche Verhandlungen zu führen. Aber wie General Delawarde sagte, müssen
die Friedensverhandlungen zu russischen Bedingungen geführt werden. Rußland
wird seine Bedingungen stellen, und wenn diese erfüllt sind, kann sich eine
Lösung ergeben.
Aber wie kann man mit Leuten [im Westen] verhandeln, die ständig lügen, die
sogar eine Doktrin der Lüge haben?
Dennoch glaube ich, daß die besten Köpfe in den Vereinigten Staaten der
Regierung allmählich begreiflich machen, daß es in ihrem Interesse ist, den
Krieg zu beenden: den Extremisten Selenskyj aufzugeben und eine ehrenhafte
Lösung zu finden, die nicht so demütigend ist wie der Rückzug aus
Afghanistan.
Ich möchte gleich mit einem kurzen Zitat aus Bidens Interview mit einem
ukrainischen Journalisten schließen, der ihn um eine Erläuterung bat, was er
mit seiner Ankündigung meinte, keinen Krieg mit Rußland führen zu wollen, als
Selenskyj im Dezember in Washington war. Ich denke, das zeigt etwas
Interessantes. Viele Journalisten haben es übersehen, aber man muß zwischen
den Zeilen lesen.
Wir müssen aus dem Konflikt herauskommen. Ich wiederhole es: Das
ukrainische Volk ist das tragische Opfer dieses schrecklichen Krieges, und
jetzt kommt der Winter und alles wird noch schlimmer werden. Und das haben sie
nicht verdient. Historisch wird man die Vereinigten Staaten als die
Provokateure des Krieges verurteilen, weil sie sich gegenüber der Ukraine
schrecklich verhalten haben. Es ist schrecklich, das Leben von Menschen für
ein politisches Ziel einzusetzen, das nicht einmal erreicht wird.
Ich glaube also wie gesagt, daß es in den Vereinigten Staaten einige Leute
gibt, die davon überzeugt sind, daß sie das verhindern müssen. Sie sind
besorgt über die Auswirkungen der Sanktionen. Viele Leute in den Regierungen
sind der Meinung, daß es nicht in ihrem Interesse ist, die Sache
fortzusetzen.
Die Sanktionen haben ihre Wirkung verfehlt. So ist zum Beispiel China zur
weltweit führenden Wirtschaftsmacht geworden und hat ein Monopol auf bestimmte
Schlüsseltechnologien. Die amerikanische Wirtschaft wird durch die Sanktionen
gefährdet, die die USA gegen andere Länder verhängen. Und deshalb werden wir
in den nächsten Monaten einen Wandel erleben, „eine Wende“, wie man in Amerika
sagt.
Vielleicht bin ich zu optimistisch. Aber ich denke, daß wir uns in einer
dramatischen Situation befinden, und Helga hat uns gesagt, daß wir kurz vor
einem Weltkrieg stehen, der ein nuklearer Krieg wäre. Diese Veränderung in den
USA ist wichtig.
Jetzt lese ich Ihnen das Zitat von Biden vor, über das die New York
Post am 21. Dezember am Rande von Selenskyjs Besuch in den Vereinigten
Staaten berichtet hat. Die Überschrift der New York Post lautet: „Biden
sagt, die Bewaffnung der Ukraine mit moderner Ausrüstung könnte die NATO
spalten“. Der Text ist:
„Präsident Biden hat am Mittwoch angedeutet, daß es in der Allianz der
westlichen Länder, die die Ukraine bewaffnen, einen Riß gibt, und stellte die
alarmierende Behauptung auf, daß es das Bündnis entzwei reißen könnte, wenn
man Kiew Zugang zu modernster NATO-Ausrüstung gewährt. ,Die Vorstellung, daß
wir der Ukraine Ausrüstung zur Verfügung stellen, die sich grundlegend von dem
unterscheidet, was dort bisher verwendet wird, könnte die NATO und die
Europäische Union spalten‘, antwortete Biden am Mittwoch auf die Frage eines
ukrainischen Reporters, warum die USA ihre modernsten Waffen nicht an das vom
Krieg zerrissene Land weitergeben. ,Sie sind nicht auf einen Krieg mit Rußland
aus – sie sind nicht auf einen dritten Weltkrieg aus‘, sagte er. ,Es gäbe
noch mehr zu sagen, aber ich habe wahrscheinlich schon zu viel gesagt‘, fügte
er hinzu, bevor er nach einem persönlichen Treffen im Weißen Haus eine
gemeinsame Pressekonferenz mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr
Selenskyj gab.“
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