BRICS-Plus:
Die Gürtel- und Straßen-Initiative nach Amerika bringen
Von Julio de Vido
Julio de Vido war Minister für Planung und öffentliche
Investitionen sowie Kongreßabgeordneter in Argentinien.
Zu Beginn meines Vortrags möchte ich zunächst dem Schiller-Institut, Helga
Zepp-LaRouche und Dennis Small für die Ehre danken, mich zu dieser Konferenz
einzuladen, die zum Frieden als Standard des universellen Zusammenlebens
aufruft und die mir auch die Möglichkeit gibt, mich mit angesehenen Rednern
aus sieben Ländern und sechs verschiedenen Kontinenten auszutauschen – ein
deutliches Zeichen für den ökumenischen Charakter dieses Instituts.
Ich möchte mit einer Anekdote vom ersten Besuch des damaligen Präsidenten
Néstor Kirchner in den Vereinigten Staaten im Jahr 2004 beginnen. Bei dieser
Gelegenheit sagte unsere heutige Vizepräsidentin, Cristina Fernández de
Kirchner, zu [US-Präsident G.W.] Bush, ihrer Meinung nach seien der von
Präsident Roosevelt betriebene New Deal und seine keynesianische
Wirtschaftspolitik die Erklärung für die enorme wirtschaftliche Entwicklung
der USA in der Nachkriegszeit. Bush entgegnete, dieses Phänomen des
plötzlichen Wachstums sei auf die phänomenalen Investitionen in die Industrie
für den Sieg im Krieg zurückzuführen. Es ist also klar, daß für
Präsident Bush und für die Interessen und Wähler, die er vertrat, Krieg der
eindeutige Grund für Wachstum und Entwicklung war.
An dieser Stelle muß man bedenken, daß für uns, die wir nach den üblichen
akademischen Lehrplänen ausgebildet wurden, die Geschichte sich im
wesentlichen als eine Abfolge von Kriegen darstellt. Seit den Mederkriegen
zwischen Persern und Griechen, über die Punischen Kriege zwischen Römern und
Karthagern, die römische Eroberung Europas, die chinesisch-mongolischen
Kriege, den Hundertjährigen Krieg zwischen Frankreich und England bis zu den
Feldzügen Napoleons usw. gab es nur wenige und kurze Friedenszeiten,
darunter z.B. das Jahrhundert des Perikles in Griechenland oder die Zeit von
Kaiser Augustus, in der Jesus geboren wurde, der Westfälische Frieden, sowie
jüngst die Minsker Abkommen, deren Verletzung zum Krieg zwischen der Ukraine
und Rußland geführt hat – so wie auch viele der genannten Konflikte zu
rassischer und religiöser Verfolgung bis hin zu Holocausts geführt haben und
dies immer noch tun. Einer der Gründe für den Krieg in der Ukraine waren
solche Verfolgungen, in diesem Fall der russischen Minderheit in Donezk.
Der Punkt, den Bush damals ansprach, zeigt deutlich den Willen zur
wirtschaftlichen und finanziellen Macht der Kräfte, die wir als Wall Street
kennen, die durch einen Prozeß der Hegemonisierung nominellen Reichtum
produziert, welcher aber nicht durch materielle Werte oder Produktion
gedeckt ist, wie LaRouche treffend beschrieben hat. Sie streben nach der
Herrschaft über unsere Völker von außerhalb unserer Länder, plündern
ihre Ressourcen, untergraben ihre Souveränität, was unweigerlich zu
brudermörderischen Konflikten und zu Zerfallsprozessen der Nationen führt, von
links wie von rechts, angeheizt von allmächtigen Imperien. Das britische
Modell ist ein nahezu perfektes Beispiel für diese Strategie, Dennis Small hat
das in einem seiner Berichte im Januar perfekt erläutert.
Diese Wirtschafts- und Finanzmacht, in unseren Ländern vertreten durch
Konzernoligarchien, die mit den Zentren der globalen Wirtschafts- und
Finanzmacht verbündet und ihnen untergeordnet sind, hat zunehmend absolute
politische und im wesentlichen wirtschaftliche Macht über jede
Regierungsverwaltung, sie üben Hegemonie und Herrschaft durch
künstliche Verschuldung über multilaterale Kreditorganisationen aus. All
dies führt unweigerlich zum Zusammenbruch unserer Gesellschaften und damit
unserer Kultur und unserer Nationalität. Niccolo Machiavelli hat uns in
seinem Meisterwerk Der Fürst schon vor 500 Jahren gezeigt, wie das
funktioniert.
Ich glaube zwar auch, daß es eine gute Sache ist, eine Vermittlung durch
die Kirche über das Papsttum zu unterstützen, wie es das Schiller-Institut tut
– in dem von Frau LaRouche erläuterten Sinne, auf der Grundlage eines Textes
Seiner Heiligkeit Benedikt XVI., der sich auf De Pace Fidei bezieht,
das Werk des Bischofs Nikolaus von Kues über die Notwendigkeit eines
himmlischen Konzils zur Schaffung von Frieden. Aber ich glaube auch,
daß wir analysieren sollten, welche Rolle die Kirche durch Johannes Paul II.
zusammen mit Ronald Reagan bei den Ereignissen spielte, die wir als Fall der
Berliner Mauer und Zusammenbruch der Sowjetunion kennen, was das Ende des
sogenannten Kalten Krieges markierte, mit dem Triumph des Westens über eine
nunmehr eindeutig unipolare Welt, die den Hintergrund der Realität bildet, mit
der wir konfrontiert sind und die uns heute beschäftigt.
Zu diesem Zweck und um das Vorgehen der genannten Oligarchien zu vereiteln,
ist es von entscheidender Bedeutung, die politische Initiative
zurückzugewinnen, indem wir die Staatsverschuldung abbauen und zu einer
souveränen Planung und Bewirtschaftung unserer natürlichen Ressourcen
übergehen und dem Staat die Zuständigkeit für den Außenhandel zurückgeben, so
wie es den natürlichen Ressourcen der Nation und ihrem wahren Reichtum
entspricht.
Daher halte ich es für grundlegend notwendig, an Prozessen des
gemeinsamen proaktiven Regionalismus, regionalen Infrastrukturprojekten und
der Schaffung von Finanzinstrumenten als Handelswährungen zu arbeiten (wie
Lawrow in Angola unter Bezugnahme auf BRICS+ vorgeschlagen hat), zunächst
zwischen Nachbarländern und auf regionaler Ebene, wie z.B. mit Organisationen
wie Mercosur und Unasur in Südamerika und CELAC, die Mittelamerika einbringen.
Die Gürtel- und Straßen-Initiative wird zweifelsohne eine vergleichbare
Rolle spielen.
In dieser Phase müssen wir uns darum bemühen, daß vor allem Mexiko und
Argentinien den BRICS beitreten.
In Argentinien haben wir während der Regierungen von Néstor Kirchner und
Cristina Fernández, in deren Amtszeit ich Bundesplanungsminister war,
Programme zur Finanzierung von Infrastruktur im Rahmen einer wirklich
multilateralen Außenpolitik vorangetrieben, wobei wir unseren wichtigsten
Handelspartnern, Brasilien und China, absolute Priorität einräumten.
Dies führte dazu, daß wir, noch bevor die Gürtel- und
Straßen-Initiative ins Leben gerufen wurde, mit China eine Finanzierung in
Höhe von 20 Milliarden US-Dollar für den Bau von zwei Kernkraftwerken und zwei
Wasserkraftwerken aushandelten, um die produktive Entwicklung Argentiniens
durch Energiesouveränität zu stärken.
Leider wurden diese Projekte von der auf uns folgenden neoliberalen
Regierung von Präsident Macri, einem Vertreter der Wall-Street-Interessen in
Argentinien, aufgegeben und eingefroren. Aber ich bin sicher, daß die
Unterschriften, die dieses wichtige globale Projekt stützen, das wiederbeleben
werden.
Ich bin davon überzeugt, der Beitritt zu den BRICS sowie die Bewältigung
der globalen Herausforderung, die uns die BRI bietet, wird ein sehr wichtiger
Beitrag zum Titelthema dieser Konferenz sein: Frieden schaffen als eine
neue Architektur für Sicherheit und wirtschaftliche Entwicklung. Ich danke
Ihnen vielmals.
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