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Schiller-Institut e. V.
"Zweck der Menschheit ist kein anderer als die
Ausbildung der Kräfte des Menschen, Fortschreitung."
Friedrich Schiller

 

„Das Wort des Westens ist nichts mehr wert“

Von General a.D. Dominique Delawarde

General a.D. Dominique Delawarde war Chef des Nachrichtenwesens und der elektronischen Kriegsführung im Planungsstab der französischen Armee. In der Internetkonferenz des Schiller-Instituts am 10. Januar hielt er den folgenden Vortrag. (Übersetzung aus dem Französischen.)

Guten Tag allerseits, ich bin General Delawarde, der ehemalige Chef des Nachrichtenwesens und der elektronischen Kriegsführung im Operationsplanungszentrum der Armee meines Landes. Ich wünsche Ihnen allen ein gutes neues Jahr – daß es besser wird als das vergangene und daß die Dinge irgendwie geklärt werden.

Wir sind hier, um zu versuchen, Antworten auf Fragen zu finden, die sich stellen.

Die erste Frage war: Welchen Sinn könnte eine wie auch immer geartete Vereinbarung mit Vertretern des Westens haben, wenn man davon ausgehen muß, daß sie alles nur tun und sagen, um ihren eigenen Fahrplan durchzusetzen? Meine Antwort ist die folgende:

Vereinbarungen jeder Art mit Vertretern des Westens hätten unter den gegenwärtigen Umständen keinen Sinn. Warum? Weil das gegebene Wort des Westens seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion nichts mehr wert ist, weil der Westen seit 1990 nie sein Wort gehalten hat und weil diese bedauerliche Tendenz zur Doppelzüngigkeit und Lüge immer mehr zunimmt.

Erinnern wir uns an das schreckliche Geständnis von US-Außenminister Mike Pompeo an der A & M University in Texas am 15. April 2019, wo er wörtlich sagte: „Wir haben gelogen, wir haben betrogen, wir haben gestohlen. Wir hatten ganze Trainingskurse, um zu lernen, wie man das macht. Das erinnert einen an die Glorie des amerikanischen Experiments.“ Und das alles unter dem tosenden Beifall einer Zuhörerschaft gutgelaunter junger Studenten.

Deshalb ist es unmöglich, mit Gesprächspartnern eines solchen Modells der Diplomatie, in den Vereinigten Staaten wie generell in den westlichen Regierungen, in vollem Vertrauen zu verhandeln.

Es ist nützlich, hier an einige historische Fakten zu erinnern, die Putin aus erster Hand erlebt hat:

  • die falsche Behauptungen über die kuwaitischen Brutkästen im Oktober 1990, der Vorwand für den ersten Irakkrieg;

  • die falschen Berichte über das Massaker von Racak im Januar 1999, das als Vorwand diente, um die Endphase der Zerstückelung Ex-Jugoslawiens und die Bombardierung Belgrads einzuleiten;

  • die falsche Aussage Colin Powells vor der UNO am 5. Februar 2003 über Saddam Husseins angebliche Massenvernichtungswaffen; ein Vorwand, um den zweiten Golfkrieg zu beginnen;

  • die vielen Giftgasangriffe unter falscher Flagge in Syrien zwischen September 2013 und 2018, die gemeinsame Angriffe der „Dreierbande“ – Vereinigte Staaten, Vereinigtes Königreich und Frankreich – auf Syrien rechtfertigen sollten;

  • die NATO-Osterweiterung von 1995 bis heute, die in völligem Widerspruch zu den Versprechen steht, die Gorbatschow 1990 gegeben wurden.

Hinzu kommt das Anzetteln der Skripal-Affäre durch das Vereinigte Königreich und der Nawalny-Affäre durch die Europäische Union mit dem Ziel, Rußland und vor allem Putin persönlich pausenlos zu verleumden.

Die ganze Welt hat diese Doppelzüngigkeit angelsächsischen Ursprungs beobachtet, erlebt und durchlebt. Das hat weltweit ein echtes Bewußtsein und eine Sensibilisierung hervorgerufen, was tendenziell Verachtung, Ablehnung und Verzweiflung hervorruft.

Putin hat seit seinem Machtantritt 22 Jahre lang die Lügen und Doppelzüngigkeit des Westens miterlebt. Jetzt ist das Maß voll und das Vertrauen völlig zerstört, denn Angela Merkel und François Hollande haben vor der ganzen Welt zugegeben, daß die Minsker Vereinbarungen nicht getroffen wurden, um sie einzuhalten, sondern um Zeit zu gewinnen und die Ukraine auf einen Krieg gegen Rußland vorzubereiten.

Kann man angesichts der Lügen des Westens das Vertrauen wiederherstellen? Meine Antwort lautet: Nein.

Warum? Weil der Aufbau von Vertrauen nur möglich ist, wenn das neokonservative und globalistische Establishments der USA und Europas aus der politischen Landschaft verschwindet. Solange das nicht erreicht und verwirklicht ist, wird die Wiederherstellung des Vertrauens unmöglich bleiben, weil sonst das „Projekt für ein neues Jahrhundert amerikanischer Hegemonie“, das mit allen Mitteln durchgesetzt werden soll, für die Regierungen der USA und der EU die Regel bleiben wird.

Bisher ist der Sturz der globalistischen Neokonservativen, die mit den Finanzmächten verbunden sind, die in Amerika bei Präsidentschafts- und Kongreßwahlen Gott spielen, noch undenkbar, angesichts der beträchtlichen Summen, die in die Eroberung und den Erhalt ihrer Macht fließen. Deshalb muß Putins Rußland alles tun, damit dieser Traum platzt, indem es den westlichen Adler schwächt und ihm die Flügel stutzt.

Gestern hat Rußland den Kalten Krieg durch einen wirtschaftlichen und sozialen Zusammenbruch verloren – heute wird es auf den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenbruch des globalen Westens hinarbeiten, indem es mit seinen zahlreichen und mächtigen Verbündeten und Partnern die Energiewaffe einsetzt und das Monopol des Dollars zerbricht.

Was die Ukraine betrifft, so wird Rußland erst dann verhandeln, wenn die Zeit reif ist, aus einer Position der Stärke heraus und zu seinen eigenen Bedingungen. Aber es muß sich Zeit lassen, denn die Zeit arbeitet jetzt für Rußland, weil es den Westen in wirtschaftliche und soziale Probleme stürzt.

Kurzfristig ist also nichts zu erwarten, im besten Falle im Frühsommer 2023, wahrscheinlicher erst 2024; mindestens ein weiterer Winter, um die Schwächung der westlichen Volkswirtschaften und die territoriale Eroberung der Ukraine zu erreichen, wäre für mich keine Überraschung.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.