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Schiller-Institut e. V.
"Zweck der Menschheit ist kein anderer als die
Ausbildung der Kräfte des Menschen, Fortschreitung."
Friedrich Schiller

 

„Die Sanktionen gegen Syrien müssen aufgehoben werden!“

Von Helga Zepp-LaRouche

Helga Zepp-LaRouche ist Gründerin des Schiller-Instituts und Vorsitzende der Bürgerrechtsbewegung Solidarität (BüSo). Sie eröffnete das Internetseminar des Schiller-Instituts am 21. Februar mit den folgenden Bemerkungen.

Ich grüße Sie. Offensichtlich befinden wir uns in einer entsetzlichen Situation. Wir haben es mit einer Eskalation der Kriegsgefahr zwischen der NATO und Rußland zu tun, die nach den Worten des chinesischen Außenministers außer Kontrolle geraten könnte.

Wir erleben dramatische Entwicklungen. Putin hat in seiner jährlichen Rede zur Lage der Nation die Teilnahme Rußlands am START-Vertrag im wesentlichen ausgesetzt, und das ist das letzte Element der Rüstungskontrollverträge, die nun beendet sind.

Dann gibt es heute eine dramatische Sitzung des UN-Sicherheitsrates, die von Rußland einberufen wurde, um die Enthüllungen von Seymour Hersh zu erörtern, der ein ganzes Bündel von Beweisen dafür vorgelegt hat, daß es aller Wahrscheinlichkeit nach die Vereinigten Staaten waren, die die Sabotage der Nord Stream-Pipelines verübt haben.

Ich möchte diese Dinge jedoch nur anreißen, um zu sagen, daß all diese Entwicklungen uns nicht davon abhalten sollten, das Augenmerk auf die beispiellose Krise in Syrien zu richten, die Gefahr läuft, völlig unterzugehen. Was getan werden muß – und das ist ein Appell an die Weltgemeinschaft –, ist eine sofortige humanitäre Hilfe. Das aber setzt voraus, daß die Sanktionen, die verhindern, daß Hilfe rechtzeitig oder in nennenswertem Umfang in Syrien ankommt, sofort aufgehoben werden.

Diese Sanktionen sind ohnehin illegal. Wie Sie wissen, gab es am 6. Februar ein schweres Erdbeben der Stärke 7,8 auf der Richterskala. Unmittelbar darauf folgten zwei weitere schwere Erdbeben, und sogar vor ein paar Stunden folgte noch ein weiteres. Die Zahl der Todesopfer ist schwer zu beziffern, sie liegt aber in der Türkei und in Syrien bereits bei etwa 50.000 Menschen.

Während es in der Türkei internationale Hilfe gab, ist die Lage in Syrien aufgrund der Sanktionen eine totale Katastrophe. Kardinal Zenari, der päpstliche Nuntius, hatte bereits vor einigen Jahren dringend dazu aufgerufen, die Sanktionen aufzuheben, weil sie zu einer Situation geführt haben, in der zusätzlich zum Krieg, zum Auseinanderreißen des Landes, das zum großen Teil auf die westliche Unterstützung der Rebellen, von Al-Kaida und ISIS zurückzuführen ist, mehr als 90% der Menschen bereits in großer Armut leben. Und das war vor dem Erdbeben.

Jetzt ist Kardinal Zenari nach Aleppo gereist und hat berichtet, daß es dort extrem kalt ist, daß es keine Unterkünfte gibt und daß viele Menschen, die aus Angst ihre Häuser verlassen haben, in religiösen Einrichtungen untergekommen sind. Sie haben Angst, in ihre Häuser zurückzukehren, weil alle diese Häuser nach jahrelangem Krieg durch Schüsse und frühere Beben stark geschwächt sind. Kardinal Zenari berichtet, daß viele Menschen völlig verzweifelt sind und sich fragen: „Warum passiert das gerade uns? Wir haben unter Bomben gelebt, wir mußten die Rebellen ertragen und jetzt diese Erdbeben.“ Die Bomben der Armut seien viel schlimmer, so beschrieb Zenari die Auswirkungen der Sanktionen.

Was das syrische Volk derzeit erlebt, ist eine Tragödie innerhalb einer Tragödie. Nach Aussagen von Zeugen vor Ort – wir werden einige von ihnen später in dieser Sendung hören – sind die Sanktionen der Grund dafür, daß die Lieferung von Hilfsgütern an der Grenze blockiert wird.

Wir dürfen nicht zulassen, daß das Schicksal der syrischen Bevölkerung aus dem Blickpunkt der internationalen Öffentlichkeit gerät. Nach zwölf Jahren Krieg, COVID, Sanktionen, dem Zusammenbruch der Währung und der jüngsten Katastrophe ist das einfach mehr, als die Menschen ertragen können. Aber wir wollen auch sagen, was Kardinal Zenari sagt: Das ganze Land versinkt in diesem Meer von Schmerz. Und trotz der Tatsache, daß es etwas Hilfe aus Rußland, dem Iran, den Vereinigten Arabischen Emiraten gibt, ist es auch wahr, was Xavier Bisits von der Hilfe für die Kirche in Not (ACN) sagt, nämlich daß es kaum oder keine internationale Hilfe gibt und ein völliger Mangel an internationaler Unterstützung herrscht.

Das Caesar-Gesetz

Der Hauptgrund dafür ist das Caesar-Gesetz [in den USA]. Das Gesetz beruht auf einem großen Betrug – das hat Max Blumenthal von Greyzone schon vor einigen Jahren aufgedeckt. Caesar war der Name dieser mysteriösen Person, die angeblich Fotos von Verbrechen der syrischen Regierung gegen die Zivilbevölkerung vorgelegt hat. Aber das war nur ein Vorwand für eine Regimewechsel-Operation gegen die syrische Regierung. Tatsächlich waren es meist von Terroristen ermordete syrische Soldaten, die auf diesen Bildern zu sehen waren.

Es ist ein Betrug, und dieser Betrug muß sofort aufhören! Wir rufen Sie, die Zuschauer, dazu auf, vom amerikanischen Kongreß die sofortige Aufhebung dieser Sanktionen zu fordern, denn jeder Tag und jeder Stunde mehr trägt zum Sterben des syrischen Volkes bei.

Das eigentliche Ziel hat James Jeffrey, der Sondergesandte für Syrien während der Trump-Administration, dargelegt, als er praktisch sagte, daß niemand, der Syrien wieder aufbauen will, das tun kann, ohne gegen die Caesar-Sanktionen zu verstoßen. Das heißt also im Grunde genommen: Das soll nie passieren.

Unilaterale Sanktionen machen die Frage der Menschenrechte ohnehin völlig bedeutungslos. Sie sind Teil der asymmetrischen Kriegsführung, sie sind eine kollektive Bestrafung der Zivilbevölkerung. Das Ziel ist es, ihr Leiden so unerträglich zu machen, daß sie zu einem Instrument des Regimewechsels wird. Das ist völlig illegal! Die Schwächsten, die Alten, die Kranken, die Kinder, die Frauen sind die Leidtragenden dieser ganzen Operation. Und das ist illegal. Einseitige Sanktionen sollten verboten werden, sie verstoßen gegen das Völkerrecht. Die einzigen Sanktionen, die überhaupt legal sein können, sind solche, die vom UN-Sicherheitsrat beschlossen werden – und auch nur dann, wenn sie die Grundrechte der Bevölkerung des betroffenen Landes nicht verletzen.

Also: die Sanktionen müssen weg. Aber dann müssen wir sofort auch den wirtschaftlichen Wiederaufbau Syriens auf die Tagesordnung setzen. Das Schiller-Institut hat bereits 2014 ein Projekt vorgestellt, das wir damals das „Phönix-Projekt“ nannten, das ist ein riesiges Programm zum kompletten Wiederaufbau der syrischen Wirtschaft, das jetzt mit einem gigantischen Wohnungsbauprogramm für die Rückkehr der vielen Millionen Flüchtlinge beginnen muß. Ich denke, es sind insgesamt etwa 10 Millionen Flüchtlinge, wenn man alle Flüchtlinge mitzählt, die in die Nachbarländer und in die europäischen Länder gegangen sind. In Syrien müssen u.a. Schulen und Krankenhäuser wieder aufgebaut werden. Aber auch die Landwirtschaft muß wieder aufgebaut werden, die pharmazeutische Industrie, die Petrochemie, die Luft- und Raumfahrt, die Elektronik, der Maschinenbau.

Präsident Assad hatte bereits schon die Vision der sogenannten „Strategie der Fünf Meere“, d.h. die Idee, das Mittelmeer, den Indischen Ozean, das Rote Meer, das Kaspische Meer und das Schwarze Meer durch ein Netz von Wasserstraßen zu verbinden, das zum Rückgrat der Integration Syriens in die Neue Seidenstraße, die Belt and Road Initiative (BRI) wird. In Anbetracht der Tatsache, daß sogar Saudi-Arabien und die Türkei die Mitgliedschaft in der BRICS-Gruppe beantragt haben und daß Präsident Xi Jinping die Integration des Mittelmeerraums in die Gürtel- und Straßen-Initiative angeboten hat, muß das unverzüglich auf die Tagesordnung gesetzt werden. Aber das ändert nichts an der unbedingten moralischen Verpflichtung Europas und der Vereinigten Staaten, sich am Wiederaufbau Syriens zu beteiligen.

Dabei möchte ich es belassen. Wir sollten die Weltbevölkerung unbedingt dafür mobilisieren!