„Laßt einen Garten von Millionen Gärten blühen!“
Von Helga Zepp-LaRouche
Helga Zepp-LaRouche eröffnete die Straßburger Konferenz des
Schiller-Instituts am 8.7. 2023 mit dem folgenden Vortrag.
Exzellenzen, sehr verehrte Gäste, liebe Freunde des Schiller Instituts!
Welche eine Freude ist es, Menschen von so vielen Nationen hier in
Straßburg persönlich begrüßen zu dürfen, nachdem die Umstände uns für über
drei Jahre gezwungen haben, unsere Schiller-Konferenzen nur virtuell
abzuhalten! Aber wir haben diese Zeit gut genutzt, indem wir so viele neue
Kräfte weltweit zusammengebracht haben, damit wir jetzt in diesem
entscheidenden Moment der Weltgeschichte zusammen intervenieren können, um ein
neues Paradigma für die Zukunft der Menschheit zu schaffen!
Um es gleich vorauszuschicken: Auch wenn sich unser Kontinent in einer
existentiellen Krise befindet, wir werden seinen Untergang nicht zulassen,
sondern das Beste, was die europäische Kultur hervorgebracht hat und was jetzt
hinter den Sprechblasen einer dekadenten Gegenkultur und der Barbarei des Ewig
Gestrigen verschüttet ist, lebendig machen und in die Gestaltung des Neuen
Paradigmas mit einbringen!
Wir befinden uns zweifellos im gefährlichsten Moment, dem die menschliche
Gattung je ausgesetzt war. Denn wir stehen kurz, extrem kurz davor, uns als
Gattung auf diesem Planeten auszulöschen, was die Konsequenz eines globalen
Nuklearkrieges sein würde. Und im Gegensatz zur Propaganda der
transatlantischen Mainstream-Medien ist die Gefahr nicht eine Konsequenz des
„unprovozierten Aggressionskrieg Rußlands“ noch des „immer aggressiver
auftretenden imperialen Machtanspruchs Chinas“, sondern des skrupellosen
Spiels mit dem atomaren Feuer seitens der transatlantischen Kräfte, die mit
allen Mitteln versuchen, die unipolare Dominanz über die Welt auszuüben, zu
einem Zeitpunkt, wo sich die Welt längstens in eine multipolare Richtung
entwickelt hat.
Während die Mainstream-Medien unisono jeden als „Putin-Versteher“
verunglimpfen, der wagt zu denken, daß die Geschichte nicht erst am 24.
Februar 2022 begonnen hat und die NATO und die US-Regierung Organisationen
finanzieren, die Menschen auf Listen setzen, die lebensgefährlich sind, haben
sich die Nationen des Globalen Südens sehr wohl eine unabhängige Sicht der
Dinge errungen. Die trotz gegenteiliger Versprechen sechsfach ausgeführte
Ostausweitung der NATO über 1000 km an die Grenzen Rußlands heran ließ sich
ebensowenig verheimlichen wie die Anstrengungen des Nord-„Atlantischen“
Verteidigungsbündnisses, sich nunmehr im Indopazifischen Raum als Globale NATO
auszubreiten. Vor allem aber mit den immer unverhohleneren und arroganteren
Appellen, mit denen die Vertreter der „regel-basierten Ordnung“ verlangen, daß
sich die ganze Welt ihren Intrigen und neumodischen Ablaß-Händeln, wie einer
Carbon-Steuer oder einem CO2-Emissionshandel, unterwerfen soll,
mittels derer sie die Existenz eines hoffnungslos bankrotten neoliberalen
Finanzsystem wenigstens noch etwas zu verlängern hoffen, haben sie den Rubikon
überschritten.
Wir erleben derzeit einen Epochenwechsel, allerdings nicht von der Art, von
der Bundeskanzler Scholz am 24. Februar 2022 sprach, der auf die
Militarisierung Europas als Protektorat der USA hinausläuft, sondern wir sehen
das Ende der 500 Jahre andauernden Kolonialzeit, die die Staaten des Globalen
Südens mit der Hilfe Chinas und der Gürtel- und Straßen-Initiative (BRI)
endgültig abzuschütteln entschlossen sind.
So verlangte Präsident Ramaphosa kürzlich in Paris beim Internationalen
Finanz-Gipfel, daß die internationale Gemeinschaft die Finanzierung des
Inga-Damm zur Verfügung stellen sollte; Zitat: „Laßt uns das verwirklichen,
und dann glauben wir Euch, daß Ihr es ernst meint mit den Versprechungen, die
Ihr macht... Schätzungsweise würde der Damm 80 Milliarden kosten und
mindestens 42 Gigawatt Elektrizität erzeugen, was einen absolut revolutionären
Effekt auf die Energieversorgung des gesamten Kontinent und seine Ökonomie
hätte.“
Über 30 Nationen haben einen Mitgliedsantrag bei den BRICS gestellt, zu
denen dann die bevölkerungsreichsten Staaten der Welt gehören werden. Der
hauptsächlich von den USA und Großbritannien ausgehende Versuch, sich von
China „abzukoppeln“ oder zu „de-risken“, wie diese alberne Formulierung
inzwischen heißt – von China, mit dem alle diese Staaten inzwischen eng
verbunden sind –, kann nur zu einem wirtschaftlichen Selbstmord oder zu einer
ebenso selbstmörderischen geopolitischen Blockbildung führen, die ebenso die
Saat für einen Weltkrieg in sich trüge.
Angesichts dieser tektonischen Machtverschiebung, wie sie höchstens ein
oder zweimal in einem Jahrtausend stattfindet, müssen sich die europäischen
Nationen, aber auch Amerika, entscheiden, ob sie mit dieser neu entstehenden
Weltordnung produktiv kooperieren wollen, oder ob sie mit der NATO, den USA
und Großbritannien auf die totale Konfrontation und den Versuch der
Unterdrückung der großen Mehrheit der Menschheit zusteuern wollen.
Mit der Entscheidung zwischen diesen beiden Optionen wird zugleich unsere
moralische Überlebensfähigkeit getestet: Sind wir als vernunftbegabte Wesen in
der Lage, uns gemeinsam mit den Staaten des Globalen Südens eine Ordnung zu
geben, die unser aller Zusammenleben garantiert und wie Leibniz es ausdrücken
würde, die Glückseligkeit kommender Generationen ermöglicht? Oder sind wir
seelenlose menschliche Maschinengewehre, die nur haßerfüllt auf die
Vernichtung des vermeintlichen Gegners gerichtet sind?
Die NATO und die Ukraine
Daß dies keine akademische Frage ist, wird nicht zuletzt in vier Tagen bei
dem jährlich stattfindenden NATO-Gipfel in Vilnius deutlich werden, zu dem die
ungarische Regierung dankenswerter Weise insistiert hat, daß eine Aufnahme der
Ukraine in die NATO außer Frage steht, solange der Krieg andauert, was
eigentlich selbstevident sein sollte.
Nun gibt es aber aktuelle Stellungnahmen der beiden führenden,
regierungsnahen Berliner Denkfabriken, Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP)
und Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP), die sich zu möglichen
Sicherheitsgarantien für die Ukraine jenseits einer formalen
NATO-Mitgliedschaft äußern. Auch wenn es sich dabei nur um Überlegungen von
Denkfabriken und nicht unbedingt die Politik der Berliner Regierung handelt,
so verdienen diese Papiere dennoch größte Aufmerksamkeit, denn ihre Autoren
sind typisch für die sogenannten „Experten“, die nonstop in den Talkshows zu
Worte kommen, um die Sichtweise der Bevölkerung auf diese Weise zu
beeinflussen.
Nicht nur in Frankreich macht man sich in der letzten Zeit große Sorge über
den anscheinend vollständigen Verlust jeglicher Souveränität Deutschlands (um
die es noch nie gut bestellt war), wie er in der fehlenden Reaktion der
deutschen Regierung auf die Sabotage der Nord-Stream-Pipelines zum Ausdruck
kam.
Nun muß man in Betracht ziehen, daß die SWP, die u.a. die Regierung, den
Bundestag, EU, NATO und UN berät, auf die Initiative des
Bundesnachrichtendienstes (BND) zurückgeht, der bei seiner Gründung unter der
Ägide der amerikanischen Besatzungsmacht 1962 Personal aus dem militärischen
Nachrichtendienst Fremde Heere Ost, einer Nazi-Organisation, und der
Gehlen-Organisation aufnahm. Die SWP hatte zunächst ihren Sitz in Ebenhausen,
einem Nachbarort von Pullach, dem Sitz des BND. Die sehr viel größere DGAP mit
2800 Mitgliedern wurde bereits 1955 in Zusammenarbeit mit und nach dem Vorbild
des amerikanischen Council on Foreign Relation und des britischen Royal
Institute for International Affairs, dem sogenannten „Chatham House“
gegründet.
In einem SWP-Papier vom 29.6.2023 heißt unter dem Titel „Von
Ad-hoc-Unterstützung zu langfristigen Sicherheitsgarantien als NATO-Mitglied“,
daß es außer einer vollen Aufnahme in die NATO für die Ukraine zwei Optionen
gäbe, die Kiew wirklich Sicherheit gewährten. Die erste sei eine
„Demilitarisierung“ Rußlands durch eine Reduzierung der Streitkräfte und der
Rüstungsindustrie auf ein Maß, das keine „Offensivoperationen“ mehr erlaube.
Dies sei nur möglich über „externe Schocks“, eine eindeutige Niederlage der
Armee, einen Verzicht der Führung auf ihr „neoimperiales Rollenverständnis“,
was einen Regimewechsel erfordere, und die gleichzeitige Denuklearisierung des
russischen Militärpotentials.
Die reden vom Dritten Weltkrieg! Rußland ist die größte Nuklearmacht der
Welt, es wird sich nicht einfach „denuklearisieren“ lassen. Sie sagen dann,
diese Option sei aber „zur Zeit unrealistisch“ – aber alleine, daß man so
denkt, ist Wahnsinn.
Die zweite Option bestünde darin, daß die Ukraine selber ein
Atomwaffenarsenal aufbaut. Für alle Fälle lieferte die DGAP noch eine weitere
Option, die unter dem Stichwort „Igel“ zirkuliert, als Sinnbild für eine so
massive Aufrüstung der Ukraine, als Super-Waffenschmiede sozusagen, die alle
künftigen Angriffe abschrecken solle. Dazu gehört auch die vom Vorsitzenden
des britischen Verteidigungsausschusses, Tobias Ellwood, vorgeschlagene
Variante, die die Unterstützung durch eine Koalition der Willigen und eine
schlagfertige Einsatztruppe, eine „Joint European Defense Initiative“ (JEDI)
vorsieht.
Der deutsche Rheinmetall-Konzern hat schon angekündigt, in der Ukraine eine
moderne Panzerfabrik und andere Waffenschmieden zu bauen. Derweil finanzierten
die amerikanischen Rüstungsfirmen Grumman, Raytheon und Lockheed Martin
Sektempfänge in der ukrainischen Botschaft in Washington, nicht zuletzt wohl
um das MoU zu feiern, das der größte Finanzdienstleister der Welt, BlackRock,
der eine Vermögensmasse von 10 Billionen Dollar verwaltet, mit der
ukrainischen Regierung an Land gezogen hatte, für den gesamten Wiederaufbau
der Ukraine.
JEDI soll also nur überbrücken helfen, langfristig sei ein NATO-Beitritt
unverzichtbar. Ziel sei es, die Ukraine unwiderruflich in den
euro-atlantischen Strukturen zu verankern. Vorrangig sei deshalb, den eigenen
Bevölkerungen „Sinn, Zweck und Ziele“ eines ukrainischen Nato-Beitritts
proaktiv zu vermitteln und gegen Einrichtungen vorzugehen, die sich als
zivilgesellschaftlich ausgeben – Organisationen wie das Schiller-Institut –,
aber de facto „vom russischen Staat kontrolliert sind“. Sind wir nicht, für's
Protokoll!
Was für ein Alptraum! Die weitgehend zerstörte Ukraine soll in ein
waffenstarrendes Land verwandelt werden, einen „Igel“, der an einen
permanenten Goldesel für den Militärisch-Industriellen Komplex auf beiden
Seiten des Atlantiks erinnert. Die Ukraine soll zu einem „eingefrorenen“
Konflikt werden, der jederzeit aktiviert werden kann, als permanente
Überschreitung der roten Linien Rußlands, das in der Zwischenzeit „ruiniert“
werden soll (Baerbock) oder dauerhaft geschwächt (Austin, RUSI, Stoltenberg
etc.).
Keinen einzigen Gedanken an ein Ende des Krieges durch Diplomatie, keine
Friedensverhandlungen, keine positive Vision für die ukrainische Bevölkerung,
und schon gar nicht eine Friedensordnung für die Welt als Ganze! Welch‘ ein
häßlicher, destruktiver Geist präsentiert sich hier, keine menschliche Regung
beeinflußt das Denken, kalt wie ein Roboter, der von einem wurmstichigen
Algorithmus gelenkt wird!
Dazu paßt, daß die amerikanische Regierung gerade beschlossen hat,
Streubomben in der Ukraine einzusetzen, was selbst Frau Baerbock dazu
veranlaßte, die USA zu kritisieren – immerhin.
Arroganz macht blind für die Realität
Aber die Arroganz, daß man ja zum Lager der „Guten“ gehört und deshalb
ungestraft die furchtbarsten Dinge vorschlagen kann, macht eben auch blind.
Die Realität ist ja keineswegs, daß die russische Wirtschaft kollabiert, ganz
im Gegenteil. Das Wirtschaftswachstum betrug im Mai 5,4%, während sich
Deutschland offiziell in einer Rezession befindet, und gezwungen durch die
Sanktionen mußte Rußland zu seinem eigenen Vorteil viele Produktionszweige im
eigenen Land aufbauen und den vom Westen abgeschnittenen Handel nach Asien
umlenken, wo ohnehin die Musik der Weltwirtschaft spielt. Der transatlantische
Finanzsektor hingegen sitzt auf einer Blase von 2 Billiarden $ ausstehender
Derivatkontrakte – das ist eine 2 mit 15 Nullen –, die letztlich eine
hoffnungslose Verschuldung des Systems bedeuten. Die Zentralbanken wanken in
anscheinender Orientierungslosigkeit zwischen quantitative easing (QE)
und quantitative tapering (QT) hin und her.
Den Vogel abgeschossen hat aber Josep Borrell, Hoher Vertreter der EU für
Außenpolitik, der auf einem ganz hohen Roß saß, als er in einer Rede in der
Europäisch-Diplomatischen Akademie in Brügge kürzlich meinte, Europa sei ein
Garten, der größte Teil der restlichen Welt hingegen ein Dschungel, der in
diesen Garten eindringen könne.
Mit dieser Sichtweise werden sich weder die z.T. 5000 Jahre alten
Kulturvölker Asiens anfreunden können, die zusammen mit den anderen Staaten
des Globalen Südens längst dabei sind, eine Neue Weltwirtschaftsordnung
aufzubauen – und wo Herr Borrell inzwischen als Humorist gilt, den man aber
nicht unbedingt mehr einladen muß, wie gerade von China –, noch die fast 50
Prozent der deutschen Unternehmen, die aufgrund des Mißmanagements der
deutschen Regierung und der nicht mehr bezahlbaren Energiepreise fluchtartig
das Land verlassen.
Bei Borrells deplaziertem Gartenvergleich wird man an den 10. Auftritt im
Zweiten Akt in Schillers Schauspiel Don Carlos erinnert, als der
Marquis von Posa, der sich als Weltbürger versteht und die Befreiung Flanderns
vom spanischen Joch im Herzen trägt, König Philipp II gegenüber tritt, dem
absoluten Herrscher von Spanien, dem Reich, von damals gesagt wurde, daß in
ihm „die Sonne nie untergeht“. Philipp sagt hier ganz ähnlich:
„Sehet in meinem Spanien Euch um. Hier blüht des Bürgers Glück in nie
bewölktem Frieden; und diese Ruhe gönn ich den Flamändern.“
Und Posa antwortet:
„Die Ruhe eines Kirchhofs,
Und Sie hoffen...den allgemeinen Frühling aufzuhalten,
der die Gestalt der Welt verjüngt? SIE wollen –
Allein in ganz Europa – sich dem Rade
des Weltverhängnisses, das unaufhaltsam
in vollem Laufe rollt, entgegenwerfen?
Sie werden nicht!..“
Die absolute Mehrheit in Deutschland z.B. hat kein Vertrauen mehr in die
Regierung, und laut jüngsten Umfragen sind 79% nicht zufrieden mit der Politik
der Regierung. Hier in Frankreich haben wir jüngst gesehen, wie es mit dem
sozialen Gefüge im „Garten“ bestellt ist.
Keine Mauer könne hoch genug sein, um den Garten zu schützen, meint
Borrell? Nun, wir sehen an den Außengrenzen der EU, wie diese Mauern aussehen.
Papst Franziskus bezeichnete die Auffanglager für Flüchtlinge in den
Anrainerstaaten Europas treffenderweise als KZs, die von hohen, mit NATO-Draht
geschützten Mauern umgeben sind, und deren demonstrierte Schrecklichkeit die
Menschen davon abhalten soll, sich in kleinen Booten aufs Mittelmeer zu wagen,
das längst zu einem grauenhaften Massengrab geworden ist.
Nein Herr Borrell, dieses Europa ist kein Garten. Es ist ein Kontinent, den
fähige Politiker wie Charles de Gaulle und Konrad Adenauer aus dem
Trümmerhaufen des Zweiten Weltkrieges in eine bessere Zukunft führen wollten,
und den eine durch und durch dekadente politische Kaste, die ihre
Friedenspflicht ad acta gelegt hat, heute dabei ist, in eine erneute
Katastrophe zu führen, die die Schrecken des Zweiten Weltkriegs bei weitem zu
übertreffen droht.
Und wenn weite Teile der Welt außerhalb Europas vielleicht an einen
Dschungel erinnern, dann deshalb, weil Europa in den vergangenen Jahrhunderten
Afrika nicht entwickelt hat, sondern bekannte Familien in der
transatlantischen Welt ihre Vermögen auf dem Sklavenhandel aufgebaut, vom
Opium-Handel profitiert haben, oder Profit ziehen aus dem modernen Nachfolger
des Kolonialismus, der Casino-Wirtschaft, in der die Regeln bestimmt werden in
unserer ach so phantastisch organisierten, regelbasierten Ordnung.
Oder vielleicht sind andere Regionen ein Dschungel, weil die
transatlantischen Interventionsarmeen darin gehaust haben, wie die NATO 20
Jahre in Afghanistan, eine Zeit, in der nichts aufgebaut wurde, nur um ein
Land in Schutt und Asche zu hinterlassen. Oder wie im Irak, der von einem ins
Moderne aufsteigenden Land zurückgebombt wurde in das Steinzeitalter, und bei
dem Madeleine Albright den Tod von 500.000 irakischen Kindern einen
angemessenen Preis für das Recht fand, das Land weiter zu ruinieren. Man
könnte die Liste noch um einiges fortsetzen, warum einige Länder dieser Erde
keine Gärten sind, Syrien, Jemen, Libyen, Haiti usw.
Der Globale Süden eröffnet einen Ausweg
Doch es gibt einen Ausweg. Die Nationen des Globalen Südens, deren Existenz
von der G7 gerade erst entdeckt wurde, nämlich bei ihrem Gipfeltreffen in
Hiroshima, und die die überwältigende Mehrheit der Menschheit repräsentieren,
sind längst dabei, die Fesseln des modernen Kolonialismus abzuschütteln und
eine neue internationale Währung, neue Entwicklungsbanken und ein neues
Kreditsystem zu schaffen. Über 30 Staaten haben Mitgliedschaft bei den
BRICS-Plus beantragt, die SCO, AU, ASEAN, EAEU, Mercosur und andere
Organisation sind dazu übergegangen, ihren Handel in nationalen Währungen
abzuwickeln. 151 Staaten arbeiten mit Chinas Belt & Road-Initiative
zusammen, die dieses Jahr ihr zehnjähriges Jubiläum feiert und es in diesem
Jahrzehnt geschafft hat, daß der Name „Entwicklungsländer“ auf die Staaten des
Globalen Südens wieder zutrifft.
Wir müssen in Europa, ja auch in Amerika den ohnehin zum Scheitern
verurteilten Versuch aufgeben, den Aufstieg dieser Länder durch eine
Abkopplung oder „De-risking“ einzudämmen, sondern wir müssen Konfrontation,
die ohnehin nur dem Militärisch-Industriellen Komplex nützt, durch Kooperation
ersetzen. Deutschland, Frankreich, Italien, und alle anderen europäischen
Nationen müssen Teil des neuen Paradigmas bei den internationalen Beziehungen
werden.
Unser Mittelstand, der jetzt unter dem alten Paradigma bankrott geht, kann
nicht nur helfen, den Inga-Damm zu bauen, sondern auch das Transaqua-Projekt
zu verwirklichen, das zwölf weitere Staaten in Afrika Elektrizität geben
würde. Wir können mit China kooperieren, den ganzen Globalen Süden mit einem
Schnellbahnsystem ausstatten, Häfen, Wasserwege bauen, Wüsten durch die
großangelegte Entsalzung von Meereswasser begrünen, neue Städte bauen.
Ja, und wo wir schon einmal dabei sind, können wir auch unsere eigene
Infrastruktur, die marode ist, erneuern, anstatt die Rüstungsindustrie reich
und die Bevölkerung arm zu machen, Schulen reparieren, das Gesundheitssystem
wieder funktionsfähig machen. Wir können die internationale Kooperation bei
dem Fusionsprojekt ITER zu einem Crash-Programm intensivieren, um die
kommerzielle Nutzung der Fusionsenergie schneller zu erreichen, und uns die
ganze Umweltverschmutzung und Landschaftszerstörung mit diesen unsäglichen
Windrädern sparen. Und wir können die Ukraine als Brücke zwischen Mitteleuropa
und Rußland als Teil der Neuen Seidenstraße wieder aufbauen.
Europa und Amerika auf diesen Kurs zu bringen: dazu verpflichten wir uns.
Und erinnern wir uns, was Posa weiter zu König Phillipp sagt, und was wir den
vielen Borrells heute mit Schiller sagen:
„Geben Sie die unnatürliche Vergöttrung auf,
die uns vernichtet!...
Sie wollen pflanzen für die Ewigkeit,
Und säen Tod? Ein so erzwungnes Werk
Wird seines Schöpfers Geist nicht überdauern...
Geben Sie,
Was Sie uns nahmen wieder! Lassen Sie,
Großmütig, wie der Starke, Menschenglück
Aus Ihrem Füllhorn strömen – Geister reifen
In Ihrem Weltgebäude, Geben Sie,
Was Sie uns nahmen, wieder. Werden Sie,
von Millionen Königen, ein König!“
Nun, wir brauchen heute keine Könige mehr, aber in Abwandlung on Posas
Worten laßt uns sagen:
|