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Schiller-Institut e. V.
"Zweck der Menschheit ist kein anderer als die
Ausbildung der Kräfte des Menschen, Fortschreitung."
Friedrich Schiller

 

Die Menschen der Welt müssen ihren Stimmen Gehör verschaffen

S. E. Donald Ramotar ist ehemaliger Staatspräsident von Guyana (2011-15), ehemaliges Mitglied des Parlaments (1992-2011), Generalsekretär der People’s Progressive Party (PPP) und Gewerkschafter. (Übersetzung aus dem Englischen.)

Kameraden und Freunde, ich grüße brüderlich alle Teilnehmer dieser Konferenz, die nach Mitteln sucht, den Krieg zu beenden, und am dringendsten, zu verhindern, daß er zum Atomkrieg eskaliert.

Wir sind uns alle einig, daß dies eine der gefährlichsten, wenn nicht die gefährlichste Periode ist, mit der unsere Welt konfrontiert ist. Es herrscht Konsens darüber, daß die Lage noch ernster ist als die Kubakrise 1962.

Es ist angebracht, sich daran zu erinnern, daß die beiden Weltkriege, die im letzten Jahrhundert geschahen, ihren Ursprung in Europa hatten. Daher muß jeder Konflikt in Europa als eine große globale Gefahr gesehen werden.

Die Ursache für diese beiden Kriege war der Kampf zwischen den großen Kolonialmächten darum, die Welt neu aufzuteilen und die existierenden Kolonien umzuverteilen. Die Bevölkerung, in dem, was heutzutage der Globale Süden genannt wird, hatte keine Stimme. Die Länder Asiens, Afrikas, Lateinamerikas und der Karibik waren meist Kolonien oder Halbkolonien. Wir wurden als Objekt der Ausbeutung gesehen.

Heute ist der wahre Grund für den Krieg der Wunsch der in der NATO zusammengeschlossenen imperialistischen Staaten, alle Länder zu vernichten, die sich ihrem Diktat widersetzen. Der mächtigste dieser Staaten sind die Vereinigten Staaten von Amerika. Die USA nutzen ihre wirtschaftliche und militärische Stärke, um die Menschen dieser Welt auszubeuten. Ihre Beziehungen zum Globalen Süden beruhen auf einer neukolonialen Sichtweise.

Es ist wichtig, daß wir zwischen der zentralen Rolle der USA bei der Schaffung der Gefahren, mit denen wir jetzt konfrontiert sind, und ihren Verbündeten in Europa unterscheiden. Das ist so, weil sogar die Beziehungen innerhalb des NATO-Bündnisses ungleich sind.Tatsächlich habe ich oft den Eindruck, daß europäische Regierungschefs zulassen, daß ihre Länder Halbkolonien der Vereinigten Staaten werden.

Wie anders läßt sich die Rolle erklären, die heute viele bei der Unterstützung von Stellvertreterkriegen der USA gegen Rußland spielen? Fast jede Position, die sie eingenommen haben, steht gegen die Interessen der Massen ihrer Länder. Das führt nicht nur zu mehr Armut in den unteren Schichten der Gesellschaft, sondern auch zu einer ernsthaften Beeinträchtigung der europäischen Bourgeoisie. Dennoch sind die heutigen europäischen Regierungen den USA gegenüber weiterhin so willfährig.

Deshalb ist eure und Ihre Arbeit sehr wichtig. Wir müssen uns bemühen, das Bewußtsein der europäischen Massen zu schärfen, um der Rückgratlosigkeit ihrer Regierungen entgegenzuwirken. Das ist in dieser Zeit besonders dringend und notwendig.

Es ist mir auch klar, daß wir in dieser Zeit die Unterstützung des Globalen Südens brauchen. Anders als im letzten Jahrhundert, als wir nie ein Mitspracherecht hatten, sind wir jetzt unabhängige Staaten. Das hat man bei der Abstimmung über die Ukraine im Jahr 2022 [in der UNO] und in anderen Gremien gesehen, in denen die USA ihre Interessen bedroht sahen.

Doch nun sehen wir eine neue Entschlossenheit des Globalen Südens. Die afrikanischen Regierungen spielen jetzt eine immer wichtigere Rolle in den internationalen Beziehungen. Sie ergreifen eigenständige Initiativen in Bezug auf den Krieg und die Notwendigkeit einer engeren Zusammenarbeit.

In Lateinamerika hat der brasilianische Präsident Lula konkrete Schritte zur Beendigung des Krieges in der Ukraine vorgeschlagen. Immer mehr führende Politiker des Südens stehen für ihre Rechte ein und widersetzen sich dem Diktat der NATO-Truppen.

Darin spiegelt sich die Erkenntnis des Südens wider, daß wir nicht tatenlos zusehen werden, wie die NATO versucht, die Weltherrschaft an sich zu reißen, selbst um den Preis eines möglichen Atomkonflikts mit Rußland.

Die Interessen des Globalen Südens und der Völker Europas stimmen in vielen Punkten überein. Wir müssen die neuen Tendenzen unterstützen, die auf der Weltbühne entstanden sind und durch die von den NATO-Staaten gegen Rußland und andere Länder verhängten Sanktionen beschleunigt wurden.

Dieser Kampf gegen die Sanktionen führt zu einer Demokratisierung des internationalen Handels und schafft die Möglichkeit, die enorme Last, die wir im Süden zu tragen haben, zu erleichtern. Es würde auch Europa helfen, sich aus den Fängen der USA zu befreien, und es besteht die Möglichkeit, mindestens Teile der Unabhängigkeit wiederherzustellen, die die USA in der Nachkriegszeit an sich gerissen haben.

Freunde, es ist jedoch wichtig, daß wir versuchen, ein Bündnis aufzubauen, um uns für die Abschaffung der Atomwaffen und für die allgemeine Abrüstung als unser Endziel einzusetzen. Wir können uns nicht weiter auf den Krieg vorbereiten und glauben, daß wir trotzdem Frieden haben werden.

Kameraden, erlauben Sie mir zu sagen, daß der Frieden, so sehr wir ihn uns auch wünschen, niemals von Dauer sein wird, solange Armut, Ungerechtigkeit und ungleiche Beziehungen in Staaten und zwischen Staaten bestehen. Solange die herrschenden Kreise im Norden den Süden als Objekt der Ausbeutung betrachten, solange wird es Kriege geben. Der Kampf gegen die genannten Mißstände ist mit dem Kampf für den Weltfrieden unmittelbar verbunden.

Wir müssen unseren Stimmen Gehör verschaffen. Wir müssen mobilisieren und unseren Kampf organisieren und ihn richtig konzentrieren. Das ist heute ganz dringend notwendig.

Erlauben Sie mir deshalb, abschließend die Hoffnung auszudrücken, daß diese Konferenz einen wichtigen Beitrag zum Kampf gegen Armut und Krieg leisten und Frieden zwischen all unseren Völkern schaffen wird. Ich danke Ihnen!