Das kommende afghanische Wirtschaftswunder
Von Abdul Fatah Raufi,
afghanische Exilgemeinde in den Niederlanden
(Übersetzung aus dem Englischen.)
Sehr geehrte Damen und Herren, zunächst möchte ich Ihnen meinen Dank und
meine Anerkennung dafür aussprechen, daß Sie mir die Gelegenheit geben, auf
dieser ehrenwerten Konferenz zu sprechen, und es ist mir auch eine Ehre, zu
den Rednern dieser Konferenz zu gehören, die über dieses Thema diskutieren:
Ohne die Entwicklung aller Nationen kann es keinen dauerhaften Frieden auf
dem Planeten geben. In der Tat wird es ohne die Entwicklung aller Nationen
keinen dauerhaften Frieden geben. Leider haben nur bestimmte Nationen die
Chance, sich zu entwickeln, und vielen anderen wird diese Chance bewußt
vorenthalten.
Lassen Sie mich darüber sprechen, was das für eine Nation bedeutet, der ich
angehöre: die afghanische Nation. Außerdem vertrete ich ein Team von
freiwilligen afghanischen Fachleuten im Exil, die am Projekt „Operation Ibn
Sina“ arbeiten. Ich werde später in meiner Ansprache darauf zurückkommen.
Sehr geehrte Damen und Herren, im letzten halben Jahrhundert haben viele
Länder der Welt erhebliche Fortschritte bei der Entwicklung ihrer
Volkswirtschaften gemacht, die zur Beseitigung von Hunger, Armut, Mangel an
sauberem Trinkwasser, Analphabetismus, unzureichender Gesundheitsversorgung
und anderen Problemen der Unterentwicklung geführt haben.
Das beste Beispiel hierfür dürfte die Volksrepublik China sein, die viele
Erfolge bei der Bewältigung der Herausforderungen in den oben genannten
Bereichen erzielt hat, was sie schließlich zu einem voll entwickelten Land
gemacht hat. Als sein Nachbarland wird Afghanistan definitiv von den
Entwicklungserfolgen der Volksrepublik China profitieren.
Im Gegensatz zu den oben genannten Ländern war die afghanische Nation im
letzten halben Jahrhundert zwei großen Invasionen ausgesetzt. Diese Invasionen
haben dem afghanischen Volk alle Möglichkeiten genommen, einen Schritt in
Richtung wirtschaftlicher Entwicklung zu tun, um Hunger, Armut,
Arbeitslosigkeit, Analphabetismus, unzureichende Gesundheitsversorgung und
andere Herausforderungen der Unterentwicklung zu beseitigen.
Außerdem haben alle Invasionen, denen das afghanische Volk ausgesetzt war,
nicht nur Unterentwicklung, sondern eine Katastrophe im Leben des gesamten
afghanischen Volkes verursacht, sogar im Leben derjenigen Afghanen, die diese
Invasionen und Kriege unterstützt haben.
Die Kriege als Folge dieser Invasionen haben Millionen von Afghanen getötet
oder dauerhaft verkrüppelt oder verwundet, und weitere Millionen von ihnen
waren gezwungen, ihre Heimat zu verlassen, um anderswo, außerhalb ihrer
Regionen oder sogar außerhalb ihres Heimatlandes, Nahrung und Unterkunft zu
finden.
Die letzte NATO-Invasion und der Krieg, der von fast 50 Ländern der
„zivilisierten Welt“ gegen das arme afghanische Volk geführt wurde, hat auch
dem afghanischen Volk enorme Verluste, Schmerzen, Kummer und Leid gebracht. Es
ist unmöglich, all diese Leiden mit Worten zu beschreiben.
Nach dem Abzug der NATO aus Afghanistan haben sie ein Volk zurückgelassen,
das von Krieg, Hunger, Armut, Korruption, organisiertem Verbrechen,
Krankheiten und Drogensucht verwüstet ist.
Nun sind diese Probleme nicht die Probleme der „zivilisierten Welt“,
sondern die Probleme einer armen Nation, die unter den Sanktionen der
„zivilisierten Welt“ steht. Nach ihrem Abzug haben sie das afghanische Volk
mit Sanktionen belegt und ihr Vermögen eingefroren, was zu einer weiteren
Verschlechterung der humanitären Lage in Afghanistan geführt hat.
UN-Angaben zufolge stellen afghanische Flüchtlinge nach mehr als 40 Jahren
nach wie vor eine der größten und langwierigsten Vertreibungssituationen im
Rahmen des Mandats des UNHCR dar. Mit einer Rekordzahl von 28,3 Millionen
Menschen – zwei Drittel der afghanischen Bevölkerung –, die im Jahr 2023
humanitäre Hilfe und Schutz benötigen, verschärft sich die schwere humanitäre
Krise in Afghanistan weiter. Die anhaltende Krise hat dazu geführt, daß die
Bemühungen zur Unterstützung der afghanischen Flüchtlinge und der
Aufnahmegemeinschaften im Iran und in Pakistan, die sie seit über vier
Jahrzehnten großzügig aufgenommen haben, intensiviert wurden.
Frau Mahbuba Saraj, eine US-amerikanische Staatsbürgerin afghanischer
Herkunft, die heute hauptsächlich in Kabul lebt und sich für die Rechte der
Frauen einsetzt, beschrieb in ihrem letzten Interview mit BBC Persian
die aktuelle humanitäre Lage in Afghanistan wie folgt: „Afghanistan steht vor
einer humanitären Katastrophe, und die Weltgemeinschaft unter der Führung der
UNO hat kein moralisches Recht mehr, tatenlos zuzusehen. Sie sollten eine
sofortige Lösung für diese Krise finden.“
Die „Operation Ibn Sina“
Sehr geehrte Damen und Herren, wie kann sich eine Nation unter solch harten
und ungerechten Bedingungen entwickeln?
Während die Afghanen in Afghanistan ums Überleben kämpfen, hat eine Gruppe
afghanischer Freiwilliger im Exil mit Unterstützung von Experten des
Schiller-Instituts das Projekt „Operation Ibn Sina“ ins Leben gerufen, um
einen Plan für die künftige wirtschaftliche Entwicklung Afghanistans zu
entwerfen.
Dieses Projekt ist nach Ibn Sina benannt, dem Begründer oder Vater der
modernen Medizin, der in der westlichen Welt als Avicenna bekannt ist; er
wurde in Balch, einer Provinz im Norden Afghanistans, geboren.
Dieser Plan wird die Afghanen in die Lage versetzen, ihr Land eigenständig
wiederaufzubauen. Die Afghanen haben weltweit eine große Expertengemeinschaft,
und die meisten von ihnen sind bereit, sich am Wiederaufbau ihres Landes zu
beteiligen. Außerdem wird dieses Projekt von der afghanischen Regierung
nachdrücklich unterstützt.
Ein weiterer Punkt, auf den ich die Aufmerksamkeit dieser ehrenwerten
Konferenz lenken möchte, ist, daß wir neben traurigen Nachrichten über die
humanitäre Krise in Afghanistan auch hoffnungsvolle Nachrichten von unseren
Familien und Freunden erhalten:
- Der Krieg ist endlich beendet, Frieden und Sicherheit sind nach fast
fünf Jahrzehnten ins Land zurückgekehrt.
- Die afghanischen Bürger können frei in jeden Winkel ihres Landes
reisen.
- Korruption, Vetternwirtschaft, Plutokratie, Heuchelei und Herrschaft
durch lokale Kriegsherren sind beendet.
- Die Plünderung der Staatseinnahmen wurde beendet.
- Mehrere kleinere und größere Entwicklungs- und Wiederaufbauprojekte
wurden in Angriff genommen.
- Die Preise für Lebensmittel werden unter strenger Kontrolle
gehalten.
- Die afghanische Währung ist nicht nur stabil, sondern hat auch langsam
an Wert gewonnen.
Das afghanische Volk hat die oben genannten Privilegien wirklich verdient,
nachdem es fast 50 Jahre lang unter den ausländischen Invasionen gelitten hat.
All dies wurde mit begrenzten Mitteln und unter den verheerenden Sanktionen
erreicht, und die großen Medien schweigen über diese Errungenschaften
absolut.
Um auch Afghanistan die Möglichkeit zu geben, Hunger und Armut zu
beseitigen und seine Wirtschaft zu entwickeln, möchte ich dazu aufrufen, die
Sanktionen aufzuheben, die vor allem Frauen und Kindern schaden, und das
Projekt der „Operation Ibn Sina“ zu unterstützen, das eine neue Hoffnung auf
ein entwickeltes Afghanistan darstellt und zu dauerhaftem Frieden und
wirtschaftlicher Entwicklung in der Region führt.
Wenn Sie weitere Informationen über dieses Projekt wünschen, wenden Sie
sich bitte an das Schiller-Institut; dort finden Sie auch die Kontaktdaten
unseres Teams.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
fatah.raufi@gmail.com
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