Der Kampf um die Nahrung ist ein Kampf für eine neue Weltordnung
Von Benjamin Robles
Benjamin Robles ist Abgeordneter des Mexikanischen Kongresses
und Präsident des Nationalen Kollegiums der Ökonomen Mexikos. In der
Internetkonferenz des Schiller-Instituts hielt er am 16. April den folgenden
Vortrag. (Übersetzung aus dem Spanischen.)
Ich danke Ihnen. Guten Morgen, hier in Mexiko, und guten Tag an alle meine
Freunde, die online zugeschaltet sind, Freunde aus der ganzen Welt!
Weltbürger, vereinigt euch!
Wenn Sie mir gestatten, möchte ich zu Beginn meiner Ausführungen den Aufruf
vom 16. November letzten Jahres, 2022, an alle Gesetzgeber, Präsidenten von
Nationen und Staatsoberhäupter der Welt wiederholen, sich dem Aufruf des
Schiller-Instituts anzuschließen, die Gefahr einer nuklearen Konfrontation
anzuprangern und zu beenden.
Seitdem wurde durch die Identifizierung der Ursprünge dieser Gefahr mehr
Klarheit darüber erlangt, warum die Friedensbemühungen vervielfacht werden
müssen, und es wurden die ersten Aktivitäten für das in Gang gesetzt, was man
eine neue Ordnung für Frieden und Fortschritt der Völker nennen könnte.
Wir, die wir von Mexiko aus diese Aktionen verfolgen, sind mit den
Ergebnissen ehrlich zufrieden. Aber wir müssen auch feststellen, daß die
Atomkriegsgefahr und nun auch die Nahrungsmittelkatastrophe nicht gebannt
sind, was uns zwingt, unser Tempo zu beschleunigen.
Deshalb möchte ich Sie alle über die Geschehnisse in meinem Land und die
ersten Aktivitäten der Koordinierung mit den lateinamerikanischen Ländern
informieren. Ich möchte Sie darüber informieren, daß ich vor einigen Tagen dem
mexikanischen Präsidenten Andrés Manuel López Obrador in einem ausführlichen
und respektvollen Schreiben dazu gratuliert habe, daß er einen persönlichen
Dialog mit den Präsidenten der Karibik und Lateinamerikas eingeleitet hat, um
ausgehend von den Ländern Lateinamerikas nach Wegen zur Lösung des
Inflationsproblems in verschiedenen Ländern der Welt zu suchen.
Worauf beziehe ich mich dabei konkret? Auf zwei Dinge: auf die Probleme der
zu geringen Produktion und Versorgung mit Nahrungsmitteln; und auf die
Notwendigkeit eines gerechten Finanzsystems, eines demokratischen,
integrativen und solidarischen Finanzsystems, das dieses und viele andere
Probleme lösen kann.
Ich habe diese Glückwünsche in meiner Eigenschaft als Präsident des
Nationalen Kollegiums der Ökonomen Mexikos ausgesprochen. In diesem
Zusammenhang möchte ich darauf hinweisen, daß wir mexikanischen
Wirtschaftswissenschaftler bereits zum 1. Januar des Vorjahres, also 2022,
ähnliche Maßnahmen vorgeschlagen hatten. Wir haben zahlreiche Briefe an
Präsident López Obrador und an den Finanzminister unseres Landes geschickt, in
denen wir Ideen und Maßnahmen zur Bekämpfung der Inflation vorstellten –
diesen ungewöhnlichen Preisanstieg, der in vielen Teilen der Welt auftrat, als
die Wirtschaft wieder zu wachsen begann, nachdem sie aufgrund der Pandemie
stagniert hatte.
Erlauben Sie mir, daß ich Ihnen ein wenig von der jüngsten Geschichte des
Kampfes um Nahrungsmittel für das Überleben erzähle, der sich hier in Mexiko
abspielt, denn sie spiegelt den Gedanken wider, liebe Freunde, daß wir eine
weltweite Perspektive brauchen, um dieses Problem zu lösen.
Im Januar 2022 schlugen wir mexikanischen Ökonomen dem Präsidenten López
Obrador einen kurzfristigen Anti-Inflationsplan vor, der neun Punkte enthielt,
und zwar zu einer Zeit, als die Erzeugerpreise, wie ich schon sagte, noch
recht stabil waren. Nur wenige glaubten damals, daß es zu einer
Inflationsspirale kommen würde, aber wie wir vorausgesagt hatten, begannen die
Preise schon bald, innerhalb von drei Monaten, plötzlich zu steigen. Die
Regierung leitete eine Eindämmungsstrategie ein, die darin bestand, den
Benzinpreis zu subventionieren und eine Vereinbarung mit den Unternehmern zu
treffen, die Preise für Lebensmittel und andere grundlegende Konsumgüter
einzufrieren. Wenig später beschloß die Regierung angesichts der drohenden
Knappheit, die Grenzen für den Handel weiter zu öffnen und die Zölle auf eine
Reihe weiterer Waren zu senken.
Aber die Inflation ließ nicht viel nach, sie machte kaum eine Pause, und
die Möglichkeit eines Wachstums blieb in der Schwebe. Außerdem geschah all
dies, während die Zinssätze aggressiv angehoben wurden. Die Zentralbanker der
Welt haben diesen geldpolitischen Weg eingeschlagen und die Zinsen deutlich
erhöht. Unter diesen Umständen rief Präsident López Obrador am 5. April die
lateinamerikanischen Nationen dazu auf, ein Bündnis für die
Nahrungsmittelproduktion und für eine neue Weltfinanzordnung einzugehen.
Weltweite Neuordnung notwendig
Aber ich möchte etwas hinzufügen, meine Freunde. Dies scheint mir zwar ein
ausgezeichneter Schritt zu sein, aber es gibt andere Teile der Erde, wo die
Situation der Nahrungsmittelarmut noch schlimmer ist, und deshalb ist eine
weltweite Neuordnung dringend notwendig. Ich möchte sagen, daß ich als
Wirtschaftswissenschaftler weiß, wie wichtig es ist, die wachsende Inflation
der Lebensmittelpreise auf der ganzen Welt zu analysieren, und auch, daß wir
etwas tun müssen, um dieser Herausforderung zu begegnen. Und deshalb schlage
ich vor, daß wir gemeinsam einige Aktionen und Maßnahmen in Erwägung ziehen,
so zum Beispiel:
- Schaffung einer internationalen Allianz zur Bekämpfung der weltweiten
Lebensmittelpreisinflation.
- Festlegung gemeinsamer Ziele und Rahmenbedingungen, um
sicherzustellen, daß alle Nationen an einem Strang ziehen.
- Durchführung detaillierter Studien und Analysen zum besseren
Verständnis der Ursachen für die Inflation der Lebensmittelpreise.
- Entwicklung einer makroökonomischen Politik, die die wirtschaftliche
Stabilität fördert und die Inflation eindämmt.
- Auflegung von Programmen zur Förderung der Entwicklung der
Landwirtschaft in den Regionen mit den höchsten Inflationsraten.
- Förderung von Investitionen in die landwirtschaftliche Infrastruktur
und Technologie, um die Produktivität zu steigern und die Kosten zu
senken.
- Einführung von Maßnahmen zur Preiskontrolle, um zu gewährleisten, daß
die Verbraucher Zugang zu Lebensmitteln zu erschwinglichen Preisen haben.
- Entwicklung eines Systems zur Überwachung der Lebensmittelpreise, um
Preiserhöhungen rasch zu erkennen und die erforderlichen Maßnahmen zu
ergreifen.
- Einrichtung von Kommunikationskanälen mit Kleinerzeugern und
Landwirten, um ihre Probleme und Bedürfnisse zu verstehen und neue Vorschläge
in dieser Hinsicht zu machen.
- Förderung des fairen Handels, um sicherzustellen, daß die Erzeuger für
ihre Arbeit angemessen entlohnt werden.
- Durchführung von Maßnahmen zur Unterstützung von Landwirten, die
aufgrund von externen Faktoren wie dem Klimawandel Verluste erleiden.
- Einführung von Maßnahmen zur Verringerung der
Lebensmittelverschwendung und zur Steigerung der Effizienz in der
Lieferkette.
- Entwicklung von finanziellen Bildungs- und Ausbildungsprogrammen für
Erzeuger und für Personen, die für die Verteilung von Lebensmitteln zuständig
sind.
- Förderung des Einsatzes von IT- und Kommunikationstechnologien zur
Verbesserung der Effizienz der Versorgungskette.
- Einrichtung sozialer Sicherheitsnetze für diejenigen, die von der
Lebensmittelpreisinflation am stärksten betroffen sind. Und, natürlich,
- Förderung von Investitionen in Forschung und Entwicklung.
Dies sind einige der Maßnahmen, die ich zur Diskussion stelle, so daß wir
sie in naher Zukunft erörtern und bereichern können. Es sollte eine
akademische, vor allem wirtschaftswissenschaftliche Diskussion sein, damit wir
dazu beitragen können, das weltweite Phänomen des ungewöhnlichen Preisanstiegs
nach der COVID-19-Pandemie, das wir erleben, zu bewältigen.
Ich möchte nun meine Ausführungen nicht länger ausdehnen. Ich grüße Sie,
liebe Freunde aus aller Welt, und verabschiede mich mit der Anregung, daß
diese Konferenz eine Erklärung an die lateinamerikanischen Präsidenten abgeben
könnte, an die Gremien, die am 5. und 6. Mai in Mexiko zusammenkommen werden,
um diese Strategische Allianz der lateinamerikanischen Länder gegen die
Inflation weiter zu konkretisieren. Meines Erachtens könnte es sich sogar
lohnen, darüber zu diskutieren, ob Delegierte von uns bei diesem Gipfel
anwesend sein können oder nicht.
Und so verabschiede ich mich mit dem Satz, den ich hier in meinem Land oft
benutze: Der Kampf wird weitergehen – jawohl, er wird weitergehen –, bis sich
die Dinge ändern! Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit und herzliche Grüße.
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