Kein sterbender Tümpel, sondern ein mächtiger Fluß
Diane Sare eröffnete den zweiten Abschnitt der
Internetkonferenz des Schiller-Instituts am 15. April mit dem folgenden
Vortrag.
Diane Sare tritt im US-Bundesstaat New York als unabhängige
„LaRouche-Kandidatin“ zur Wahl 2024 für den US-Senat an. (Übersetzung aus dem
Englischen, Zwischenüberschriften wurden hinzugefügt.)
Stellen Sie sich vor, Sie befinden sich auf einer flachen Ebene, die von
Hügeln umgeben ist und in der kleine Rinnsale einfließen, die sich am tiefsten
Punkt zu einem Tümpel – einer Art Teich – sammeln, der keine Quelle und keinen
tieferen Punkt hat, an dem das Wasser austreten könnte. Auf ein paar Regentage
folgen Wochen, in denen es fast nicht regnet, aber die Sonne heizt die große,
eher flache Pfütze auf. Nach einiger Zeit beginnen Grünalgen zu wachsen, und
Tiere trinken das Wasser und sterben in der Nähe, wodurch ein schrecklicher
Geruch entsteht, und Fliegen schwirren umher.
Scott Ritter würde das als Kumbaya bezeichnen (siehe Neue
Solidarität 18/23). Es ist eine Friedens-„Bewegung“ ohne Bewegung, ohne
Ziel. All die kleinen Wasserströme fließen am tiefsten Punkt zusammen, bleiben
dort und stinken. „Wir legen alle unsere Differenzen beiseite und freuen uns,
daß wir uns gemeinsam an den Händen halten und uns im stinkenden, faulenden
Schlamm suhlen.“
Lyndon LaRouche wußte, daß Frieden nicht statisch ist, er ist kein fixer
Zustand.
Stellen Sie sich nun ein anderes Bild vor:
Diesmal befinden wir uns in einem Tal, und viele Bäche strömen aus
verschiedenen Richtungen die Berghänge oder träge Hügel hinunter vermehrt
durch Regenfälle, aber das Tal bildet ein Flußbett, das in ein anderes Tal
mündet, das noch etwas tiefer liegt, und wieder in ein weiteres, bis der nun
mächtige Strom den Ozean erreicht.
Zunächst einmal wird sich dieser Fluß nicht mit toten Dingen füllen. Es
kommt immer wieder neues Wasser hinzu und sorgt für subtile Veränderungen, die
viele Formen von Leben nähren. Dieser Fluß kann eine Turbine antreiben, die
genug Strom erzeugt, um eine neue Stadt oder sogar eine halbe Nation zu
versorgen. Vielleicht können Schleusen und eine Reihe von Dämmen gebaut
werden, die den Fluß nicht nur zu einer großen Energiequelle, sondern auch zur
Schiffahrt geeignet machen.
Dieser mächtige Strom ist das, was wir werden müssen, um die Menschheit zu
einer höheren Stufe der Existenz zu führen.
Das alte System zerstört sich selbst
Zum Glück für uns müssen wir nicht die Aufgabe übernehmen, das alte System
zu zerstören. Es bricht unter seiner eigenen Last zusammen, darüber werden Sie
morgen in der Vormittagssitzung mehr hören. Was ich besprechen möchte, sind
die physikalischen Parameter, mit denen wir messen können, ob wir uns in die
richtige Richtung bewegen, wie Herr LaRouche in dem kurzen Clip gezeigt hat,
mit dem wir diese Sitzung begonnen haben.
Die menschliche Entwicklung muß die Gesetze der Schöpfung des Universums
widerspiegeln. Im Widerspruch zu Greta Thunberg, König Charles und Al Gore
geht das Universum nicht zu Ende. Es wird nicht von einem Gesetz der Entropie
beherrscht. Betrachtet man die Entwicklung der Biosphäre, so sind die
Lebensformen immer komplexer geworden, von den Pflanzen über die Tiere und
Säugetiere bis hin zum Menschen – und das ist keine lineare
Entwicklung, sondern die Sprünge von einer Phase zur nächsten geschehen wie
durch ein Wunder. Selbst nach einem Aussterbeereignis, wie dem Tod der
Dinosaurier und 99% aller lebenden Arten, entstanden neue Arten, die weiter
entwickelt waren. Wir wissen nicht wie, man kann das „fehlende Glied“, von dem
Bertrand Russell und ein KI-Nerd sprechen würden, nicht finden.
Mit dem Menschen haben wir eine neue Gattung mit zwei einzigartigen
Eigenschaften: kreativer Verstand und freier Wille. Wir alle spüren zwar den
Sog von Gewohnheiten und Instinkten, wir können uns aber auch dafür
entscheiden, diese niederen Motive zugunsten höherer zu ignorieren. Wir sind
uns bewußt, daß unser sterbliches Leben in der menschlichen Geschichte kurz
ist, und noch kürzer in der galaktischen Geschichte, aber jeder von uns ist
erstaunlicherweise einzigartig und in der Lage, eine prinzipielle Entdeckung
zu machen, die das Leben unserer Spezies auf Jahrtausende in der Zukunft
verändern wird.
Wer auch immer es war, der als erster das Feuer benutzte, er hat den Lauf
der menschlichen Existenz verändert. Ich wähle dieses Beispiel, obwohl es noch
andere gibt, wie das Rad, denn eine andere Art, Feuer zu betrachten, ist als
Energie.
Bevor wir Energie nutzbar machten, später in Form von Elektrizität, war der
Pro-Kopf-Energieverbrauch sehr gering im Vergleich zu dem, was er heute in
einer entwickelten industriellen Wirtschaft ist. Ich will damit sagen, daß es
natürlich ist, daß die Menschen von einer Generation zur nächsten immer mehr
Energie pro Kopf produzieren und verbrauchen. Und es ist nicht nur natürlich,
sondern auch notwendig.
Es ist auch notwendig, um eine wachsende Bevölkerung zu haben. Es gibt
einfach keine Möglichkeit, mehr Energie zu verbrauchen und zu produzieren, als
mit einer größeren Arbeitsteilung. Alexander Hamilton hat dieses Prinzip
bereits sehr gut verstanden und es in seiner Abhandlung über die Manufakturen
ausgearbeitet.
Die Technik wird immer komplexer werden, und es wird immer weniger
körperliche Arbeit geben, sondern immer mehr Denkarbeit, begleitet von sehr
präzisen Fähigkeiten. Wir werden also mehr Ingenieure und Wissenschaftler
brauchen, mehr spezialisierte Landwirte – und natürlich bessere Musiker und
Künstler, um den Verstand unserer Generationen von Genies zu beflügeln. Es
kann sein, daß künftig einige Menschen bis zum Alter von fast 30 Jahren
studieren müssen. Das bedeutet, daß die Menschen länger leben und für einen
größeren Teil ihres Lebens gesünder sein müssen.
Wir messen dies mit etwas, das Lyndon LaRouche die „potentielle relative
Bevölkerungsdichte“ nannte. Grob ausgedrückt: Wie viele Menschen könnten bei
höchstmöglichem Lebensstandard pro Quadratkilometer überleben? Ich denke, Sie
können sich vorstellen, warum die Kernkraft als Plattform für die Gesellschaft
der Holzkohleverbrennung weit überlegen wäre.
Wir brauchen eine Gesellschaft, die die bahnbrechenden Entdeckungen jedes
individuellen schöpferischen Genies würdigt und fähig ist, sie zu übernehmen.
Das ist die Rolle des Nationalstaates. Eine Regierung muß die Kreativität
ihrer Bürger schützen.
Was bedeutet das? Helga umreißt es, und es ist auch schon in der
Amerikanischen Unabhängigkeitserklärung enthalten.
Helga Zepp-LaRouches „Zehn Prinzipien“
Unter diesem Gesichtspunkt sollten Sie noch einmal über die Zehn Prinzipien
nachdenken, die Helga im vergangenen Dezember für uns formuliert hat. Ich
werde sie leicht abkürzen.
Erstens: Vollkommen souveräne Nationalstaaten auf der
Grundlage der Fünf Prinzipien der friedlichen Koexistenz und der
UN-Charta.
Zweitens: Linderung der Armut in allen Ländern der Erde,
Drittens: Die Lebenserwartung aller Menschen muß soweit wie
möglich verlängert werden, indem in jedem Land der Erde moderne
Gesundheitssysteme geschaffen werden.
Viertens: Zugang zu allgemeiner Bildung für jedes Kind und
jeden Erwachsenen.
Fünftens: Das internationale Finanzsystem muß so umgestaltet
werden, daß es produktive Kredite zur Erreichung dieser Ziele bereitstellen
kann. Ein Bezugspunkt kann das ursprüngliche Bretton-Woods-System sein, wie es
von Franklin D. Roosevelt geplant war, aber wegen seines frühen Todes nie
umgesetzt wurde, ein anderer die von Lyndon LaRouche vorgeschlagenen Vier
Gesetze.
Sechstens: Die neue Wirtschaftsordnung muß darauf
ausgerichtet sein, die Voraussetzungen für moderne Industrie und
Landwirtschaft zu schaffen: moderne Infrastruktur und Transportkorridore.
Siebtens: Die neue globale Sicherheitsarchitektur muß das
Konzept der Geopolitik abschaffen, indem sie die Aufteilung der Welt in Blöcke
beendet. Die Sicherheitsbelange jeder souveränen Nation müssen berücksichtigt
werden. Atomwaffen und andere Massenvernichtungswaffen müssen abgeschafft
werden, auch durch den Einsatz höherer Technologien, wie LaRouches Konzept der
Laserabwehr gegen Atomraketen.
- Die letzten drei Prinzipien lassen nicht abkürzen, deshalb lese ich sie
vollständig vor:
Achtens: Früher konnte eine Zivilisation an einem Ende der
Welt untergehen, und der Rest der Welt erfuhr es erst Jahre später, weil die
Entfernungen zu groß und die Reisezeiten zu lang waren. Heute sitzt die ganze
Menschheit aufgrund von Atomwaffen, Pandemien, Internet und anderen globalen
Wechselwirkungen zum ersten Mal in einem Boot. Daher kann eine Lösung für die
existentielle Bedrohung der Menschheit nicht über sekundäre oder partielle
Vereinbarungen gefunden werden, sondern die Lösung muß auf der Ebene des
höheren Einen gefunden werden, das mächtiger ist als die Vielen. Sie erfordert
das Denken auf der Ebene der Coincidentia Oppositorum des Nikolaus von
Kues.
Neuntens: Um die Konflikte zu überwinden, die aus den
Differenzen erwachsen, mit denen die Imperien die Kontrolle über ihre
Untertanen aufrechterhalten haben, muß die wirtschaftliche, soziale und
politische Ordnung mit der Gesetzmäßigkeit des physischen Universums in
Einklang gebracht werden. In der europäischen Philosophie wurde dies als das
Sein im Einklang mit dem Naturrecht diskutiert, in der indischen Philosophie
als Kosmologie, und in anderen Kulturen lassen sich entsprechende Begriffe
finden. Moderne Wissenschaften wie Weltraumwissenschaft, Biophysik oder
Kernfusionsforschung werden das Wissen der Menschheit über diese
Gesetzmäßigkeit kontinuierlich erweitern. Eine ähnliche Übereinstimmung findet
sich in den großen Werken der klassischen Kunst in verschiedenen Kulturen.
Zentens: Grundannahme des neuen Paradigmas ist, daß der
Mensch grundsätzlich gut ist und fähig ist, die Kreativität seines Geistes und
die Schönheit seiner Seele unendlich zu vervollkommnen; und daß er die am
weitesten entwickelte geologische Kraft im Universum ist, was beweist, daß die
Gesetzmäßigkeit des Geistes und die des physischen Universums in
Übereinstimmung und Kohäsion stehen und daß alles Böse das Ergebnis eines
Mangels an Entwicklung ist und daher überwunden werden kann.
Nullwachstum und Frieden sind unvereinbar
Diese dringende Notwendigkeit des Wachstums des Energieverbrauchs und der
Bevölkerung, die ein natürlicher Prozeß des Universums ist, ist der Grund,
warum die Umweltbewegung als Anti-Wachstums-Bewegung – d.h. eine Bewegung zur
Reduzierung der Bevölkerung und des Energieverbrauchs – mit dem Weltfrieden
unvereinbar ist. Tatsächlich wäre eine wachstumsfeindliche Haltung eine
Garantie für ewigen Krieg und letztlich die endgültige Auslöschung der
menschlichen Gattung.
Wenn man sich anschaut, was China und Rußland in den Ländern, mit denen sie
zusammenarbeiten, aufbauen – unter anderem Kernkraftwerke, moderne
Häfen und Eisenbahnen –, dann sieht man, warum sie die Fähigkeit haben,
Frieden zu schaffen. Genau das war früher einmal die Selbstverpflichtung der
Vereinigten Staaten, was John Quincy Adams und später die Präsidenten Lincoln,
Grant, Garfield und McKinley, Franklin D. Roosevelt und John F. Kennedy sehr
deutlich zum Ausdruck brachten. Es ist kein Zufall, daß auf vier dieser sieben
Attentate verübt wurden.
Wir in den Vereinigten Staaten sind dafür verantwortlich, unserer Republik
dieses Erbe zurückzugeben, und unsere europäischen Freunde werden in ihrer
eigenen Geschichte ähnliche Tendenzen finden, bis zurück zu Jeanne d'Arc und
insbesondere zu Leibniz. Das ist notwendig, wenn wir wieder Teil der
menschlichen Zivilisation werden wollen.
Aber die Menschheit muß auch nach vorne blicken – auf einen Durchbruch in
der Fusionsenergie und auf die Errichtung einer industriellen Basis auf dem
Mond und vielleicht einer bemannten Kolonie auf dem Mars. Die Entwicklung des
Universums ist der Ozean, in den unser mächtiger Fluß fließt.
Ich danke Ihnen.
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