Wo bleibt der Aufschrei?
Von Harley Schlanger
Harley Schlanger war seit 1972 Mitarbeiter und Sprecher von
Lyndon LaRouche. Er ist Journalist des Executive Intelligence Review und
Vorstandsmitglied des Schiller-Instituts.
Ich möchte nur einige zusammenfassende Bemerkungen machen, um in den
Abschnitt mit den Fragen und Antworten überzuleiten, denn ich denke, Sie haben
alle gesehen, wie eine Reihe von Menschen sich recht eloquent zu der Frage
geäußert haben, was getan werden kann, um die anglo-amerikanische NATO-Politik
im Stellvertreterkrieg gegen Rußland in der Ukraine zu ändern.
Merkels jüngstes Geständnis zeigt, daß die westlichen Regierungen nie die
Absicht hatten, ernsthaft auf die berechtigten Sicherheitsbedenken des
russischen Präsidenten Putin einzugehen. Helga [Zepp-LaRouche] hat deshalb in
letzter Zeit wiederholt gefragt, warum es keinen Aufschrei gegeben hat: Der
Verrat einer westlichen Regierungschefin, und das offensichtlich im Bunde mit
der übrigen westlichen Führung, hat die Toten im Stellvertreterkrieg in der
Ukraine verursacht. Die Regierung Poroschenko war daran ebenso beteiligt wie
die NATO-Verbündeten, sie alle waren damit einverstanden, die Ukrainer als
Kanonenfutter gegen Rußland zu benutzen.
Vor diesem Hintergrund sollten wir uns kurz ansehen, wie einige dieser
Kreise auf die Forderungen nach einer Verhandlungslösung reagiert haben, ich
spreche von der Reaktion von NATO-Persönlichkeiten und NATO-Staatschefs.
Erinnern Sie sich zunächst an den März und April dieses Jahres, als es ein
echtes Potential für ein Abkommen zwischen Rußland und der Ukraine gab: das
wurde von der NATO in der Person von Boris Johnson sabotiert, der als Bote –
damals war er britischer Premierminister – zu Selenskyj geschickt wurde: „Kein
Abkommen, keine Verhandlungen! Im Gegenzug werden wir euch bewaffnen und Geld
wird fließen.“
Und in der jüngsten Zeit, in der es wieder Diskussionen darüber gibt, ob es
zu Verhandlungen kommt, gab es eine Flut von Artikeln und Erklärungen
derselben Regierungen, derselben Denkfabriken, derselben Militärs,
insbesondere aus dem Vereinigten Königreich, die vor „verfrühten
Verhandlungen“ warnen, wie sie es nennen. Das enthüllt die wahren Absichten
der NATO, und ich möchte Ihnen nur ein Beispiel aus einem dieser Artikel
geben. Es ist ein Artikel, den ich auf Yahoo Finance gefunden habe, von
einem Kolumnisten namens Rick Newman, mit dem Titel „Milliarden für die
Ukraine sind das Geschäft des Jahrhunderts“.1
Er faßt die Sichtweise vieler dieser Leute zusammen. Er sagt, viele Leute
seien besorgt, daß die Kosten zu hoch seien – denken wir daran, was David Pyne
gerade über die Republikaner gesagt hat, die warnten, es werde keinen
Blankoscheck mehr geben. Dieser Kolumnist schreibt: „Vergessen Sie das: 38
Milliarden sind nicht genug. Machen Sie 50 Milliarden Dollar daraus. Oder
sogar 100 Milliarden Dollar. Je mehr, desto besser, bis die Aufgabe erledigt
ist.“
Zuerst dachte ich, das sei Sarkasmus, aber dann wurde mir klar, daß das die
selbstgefällige Arroganz der westlichen Führung ist. Er schreibt, daß „die
Vereinigten Staaten für ihre Investitionen in der Ukraine eine phänomenale
Rendite erhalten... Was die Schwächung eines militärischen Rivalen angeht, ist
die Hilfe für die Ukraine vielleicht die effizienteste Verwendung
amerikanischer Steuergelder überhaupt.“ Und er fährt fort: „Die Ukraine muß
nicht einmal gewinnen, damit die Vereinigten Staaten und ihre NATO-Verbündeten
von der Dezimierung des russischen Militärs profitieren.“ Damit kommt er zum
Kern dessen, was dahinter steckt, zu der wahren Begeisterung für den
Krieg.
Abschließend zitiert er den britischen Oxford-Historiker Timothy Garten
Ash: „Wenn man die Unterstützung der USA und des Westens für die Ukraine aus
der Perspektive von ,Schüssen pro Dollar' (Bang-per-Buck) betrachtet,
ist sie eine unglaublich kosteneffektive Investition. Ein Rußland, das
dauerhaft in einen Krieg verwickelt ist, den es nicht gewinnen kann, ist ein
großer strategischer Gewinn für die USA.“
Diese Aussage enthält zwar gleich mehrere Irrtümer, über die Fähigkeit der
Ukraine, den Krieg zu gewinnen, etc., aber sie spiegelt etwas Wahres an der
NATO-Politik wider. Man könnte das so zusammenfassen, wie ich es gestern in
einem Kommentar getan habe: „Ukrainische Menschenleben sind völlig egal!“ Es
gibt kein Engagement für die Freiheit, Souveränität und Demokratie der
Ukraine, das ist offensichtlich.
Die Frage ist also: Wo bleibt der Aufschrei?
Ich denke, wir haben einen sehr eloquenten Appell von Ray [McGovern]
gehört, der in seinem Vortrag vorhin sagte, daß die Menschen aufstehen und
handeln sollten: Das ist auch die Botschaft von Helga Zepp-LaRouche, schon das
ganze Jahr über. Und sie fordert nicht nur ein Ende der Kämpfe, sondern auch
eine neue Finanz- und Sicherheitsarchitektur, die die Macht der unipolaren
Ordnung, die darauf besteht, diesen Krieg fortzusetzen, bis Rußland besiegt
und gedemütigt ist, durchbricht.
Anmerkung
1. https://news.yahoo.com/billions-for-ukraine-is-the-deal-of-the-century-195547447.html
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