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Schiller-Institut e. V.
"Zweck der Menschheit ist kein anderer als die
Ausbildung der Kräfte des Menschen, Fortschreitung."
Friedrich Schiller

 

Warum Entwicklungsländer die Raumfahrt brauchen

Von Prof. Alejandro Yaya

Prof. Alejandro Yaya ist Vizepräsident des Zivilen Instituts für Raumfahrttechnik in Argentinien und Leiter der Abteilung für Technologie- und Innovationsbeziehungen an der Nationalen Verteidigungsuniversität Argentiniens. In der Diskussionsrunde der Internetkonferenz des Schiller-Instituts am 9.9. sagte er folgendes (Übersetzung aus dem Spanischen).

Mit Dr. Karniks Erlaubnis möchte ich gerne den Gründer des indischen Raumfahrtprogramms, Vikram Sarabhai, zitieren. Ich werde es sinngemäß wiedergeben, aber ich bitte Sie dabei, es nicht so zu verstehen, daß es sich nur auf Indien bezieht, sondern auf die BRICS – wenn er von der indischen Nation spricht, denken Sie an die ganze Menschheit:

    „Es gibt Leute, die die Relevanz von Raumfahrtaktivitäten in einem Entwicklungsland in Frage stellen. Für uns gibt es keine Zweideutigkeit bei der Zielsetzung. Es kommt uns nicht in den Sinn, mit den wirtschaftlich fortgeschrittenen Nationen bei der Erforschung des Mondes oder der Planeten oder der bemannten Raumfahrt zu konkurrieren.

    Aber wir sind überzeugt, daß wir, wenn wir auf nationaler Ebene und in der Gemeinschaft der Nationen eine bedeutende Rolle spielen wollen, bei der Anwendung fortgeschrittener Technologien auf die realen Probleme von Mensch und Gesellschaft unübertroffen sein müssen... Und wir sollten beachten, daß man die Anwendung hochentwickelter Technologien und Analysemethoden auf unsere Probleme nicht mit grandiosen Plänen verwechseln darf, die in erster Linie der Show dienen statt dem Fortschritt, den man in realen wirtschaftlichen und sozialen Begriffen mißt.“

Und jetzt zitiere ich den ehemaligen indischen Präsidenten Abdul Kalam:

    „Viele Menschen mit kurzsichtigen Zukunftsvorstellungen zweifelten an der Relevanz von Weltraumaktivitäten in einer gerade unabhängig gewordenen Nation, die Schwierigkeiten hatte, ihre Bevölkerung zu ernähren. Die Vision war klar: Wenn die Inder eine bedeutsame Rolle in der Gemeinschaft der Nationen spielen wollen, dann müssen sie bei der Anwendung fortschrittlicher Technologien auf ihre realen Probleme unübertroffen sein. Es ist also kein Mittel zur Machtdemonstration. Die Erforschung des Weltraums ist kein Luxus, sondern eine Notwendigkeit für die weitere Entwicklung Indiens.“

Und um die Frage zu beantworten, hat Dr. Karnik erwähnt, daß man nur wenige Tage nach der Ankunft [der indischen Sonde] auf dem Mond eine weitere Mission zu Meßzwecken entsandt hat, und daß das Raumschiff in Kürze den Lagrange-Punkt erreichen wird, wo man Messungen an der Sonne vornehmen und die Sonne untersuchen wird.

Was wird Indien an der Sonne untersuchen? Die Eigenschaften der Troposphäre und der Ionosphäre – alles, was mit der Sonnenoberfläche zu tun hat, was große Auswirkungen auf das Klima und die Klimastudien hat. Denn wenn es in Indien eine Dürre gibt, wenn Entwicklungsländer Dürren oder Klimaprobleme haben, sind Hunderte von Millionen Menschen davon betroffen. Ein besseres Verständnis des Klimas und seiner Bedingungen – und der einzige Ort im Universum, an dem man das erforschen kann, ist der Weltraum – wird uns helfen, uns weiterzuentwickeln und die Katastrophen zu vermeiden, die die Natur manchmal hervorbringt und die wir nicht verhindern können. Dieses bessere Verständnis des Weltraums wird uns helfen, eine bessere Lebensqualität hier auf der Erde zu erreichen – und auch auf dem Mond!

Was ist nun das besondere an den gemeinsamen Anstrengungen Indiens und Chinas? Die einzigartigen Eigenschaften unseres natürlichen Satelliten ermöglichen die Entwicklung der Nutzung bestimmter Materialien, sowohl für die pharmazeutische Industrie als auch für die Fertigung von Dingen, deren Herstellung auf der Erde unmöglich oder extrem kostspielig ist. Das heißt, die Möglichkeit einer gemeinsamen Basis im Weltraum und insbesondere auf dem Mond wird meßbare Fortschritte bei der Entwicklung neuer Materialien ermöglichen – Materialien dieses Jahrhunderts, nicht vergangener Jahrhunderte -, was von Bedeutung für Sensoren, Elektronik, Pharmazeutika usw. sein wird.

Ich stimme voll und ganz mit Dr. Karnik überein, daß wir im Geiste des Antarktisvertrages weitermachen sollten bzw. die internationalen Rechte im Weltraum respektieren sollten, und daß dies das Erbe der ganzen Menschheit ist. Wir sollten kein Anti-Artemis-Programm schaffen und wieder eine polarisierte Welt haben, die zu einem sinnlosen neuen Kalten Krieg führt.

Denn so arrogant die Menschen auch sein mögen, im Weltraum ist jede Nation sehr verwundbar. Die einzige Möglichkeit, dort zu bestehen, ist Zusammenarbeit und gegenseitige Hilfe.