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Friedrich Schiller



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Schiller-Institut e. V.
"Zweck der Menschheit ist kein anderer als die
Ausbildung der Kräfte des Menschen, Fortschreitung."
Friedrich Schiller

 

Wir befinden uns in einer Zeit des totalen Nihilismus

Von Obert a.D. Alain Corvez

Oberst a.D. Alain Corvez ist Berater für internationale Angelegenheiten und ehemaliger Berater des französischen Innenministeriums. Im ersten Abschnitt der Internetkonferenz des Schiller-Instituts am 15. Juni sagte er folgendes. (Übersetzung aus dem Französischen.)

Danke für Ihre Einladung… Ich habe auf dieser Konferenz bisher sehr sinnvolle und vernünftige Reden gehört. In Gesprächen mit vielen Experten auf der ganzen Welt höre ich etwas anderes, und die Schlußfolgerung ist, daß solche ausgewogenen Reden wie diese nicht beachtet werden. Warum? Weil wir uns in einer Situation des totalen Nihilismus befinden.

Ich möchte als Einleitung, als Präambel, etwas von Nietzsche zitieren, aus seinen posthumanistischen Fragmenten, die er gegen Ende seines Lebens schrieb. Was hier angekündigt wird, ist die Geschichte der nächsten zwei Jahrhunderte. Es beschreibt, was kommen wird, was unausweichlich ist, nämlich die Ankunft des Nihilismus. Nietzsche ist wahrscheinlich einer der großen Denker für das gegenwärtige Jahrhundert. Ich denke, er ist schlecht bekannt und wird von bestimmten Philosophen schlecht interpretiert. Es ist ein interessantes Denken in diesem Aphorismus 125 Der tolle Mensch.1 Er schreibt:

„Habt ihr nicht von jenem tollen Menschen gehört, der am hellen Vormittage eine Laterne anzündete, auf den Markt lief und unaufhörlich schrie: ,Ich suche Gott! Ich suche Gott!'“ Es folgt eine sehr interessante Entwicklung, und dann sagt er: „Gott ist tot! Gott bleibt tot! Und wir haben ihn getötet! Wie trösten wir uns, die Mörder aller Mörder? ... Wer wischt dies Blut von uns ab? Mit welchem Wasser könnten wir uns reinigen?“

Jetzt möchte ich mit der Gegenwart fortfahren, aber er sah es schon kommen, wie der Nihilismus aufkommt und die Macht übernimmt, und wenn ich auf diesem philosophischen Aspekt meiner Rede bestehe, dann eben deshalb, weil wir uns heute in einer Zeit des totalen Nihilismus befinden. Präsident Putin und Präsident Xi Jinping machen auf ruhige Art und Weise sehr vernünftige Vorschläge – und im Westen haben wir Leute, die völlig dement sind. Im Westen haben wir Verrückte, die am hellen Vormittag mit einer Laterne nach Dingen suchen, die es gar nicht mehr gibt. Heute ist es unmöglich, diplomatische Beziehungen zwischen Ost und West herzustellen, weil der Westen völlig dement ist.

Das muß man berücksichtigen. Nur sehr mächtige Kräfte werden in der Lage sein, das Blatt zu wenden. Wir sind heute Zeugen des Endes der amerikanischen Hegemonie in der Welt, insbesondere der westlichen Welt. In Kanada, Australien und Japan ist diese Hegemonie noch sehr stark, alle diese Länder folgen den Weisungen aus Washington. Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs hat Washington eine Infrastruktur und Logistik aufgebaut, die mit Hilfe von Geld und der Kontrolle über die Medien die westliche Hemisphäre beherrscht, auch wenn einige Intellektuelle sich zu Wort melden, um diese inakzeptable Situation zu entlarven.

Aber insgesamt erleben wir das Ende der US-Hegemonie in einer tragischen Periode, in der Menschen sterben, in der es großes Leid für die Menschheit gibt, weil die Vereinigten Staaten aus innenpolitischen Gründen in eine große Krise stürzen und ihre Außenpolitik eine Katastrophe ist.

China und Rußland und andere Länder, sich anschließen, wie der Iran, schaffen die neue Welt, und die Westmächte wollen das nicht akzeptieren. Sie wollen es nicht wahrhaben, sie wollen kein rationales strategisches Umdenken. So findet die Krise statt, mit vielen Toten in der Ukraine und in Palästina, weil man sich weigert anzuerkennen, daß die globale Vorherrschaft verloren ist. Das wird bis zu den nächsten US-Wahlen so bleiben, und diese Situation hat Hunderttausende von Toten heraufbeschworen.

Das ist Nihilismus. Wir befinden uns in der Verweigerung des rationalen Denkens. Diese Leute können sich nicht vorstellen, daß es eine Kraft geben kann, die ihren eigenen Kräften überlegen ist, aber das gibt es bereits. Irgendwann werden sie gezwungen sein, es zu akzeptieren. Die Vereinigten Staaten werden eine Großmacht im Weltgeschehen bleiben, aber nicht unbedingt alles in der ganzen Welt diktieren.

Das Schiller-Institut setzt sich bekanntlich für eine ausgewogenere Situation auf der Welt ein. Die Zeit ist gekommen, die Nationalstaaten zu respektieren. Helga Zepp-LaRouche hat über den Westfälischen Frieden gesprochen. Er stammt aus dem Jahr 1648 und war ein klarer Aufruf, den souveränen Nationalstaat, die jeweilige Kultur und Geschichte zu respektieren.

Wir müssen diesen Geist des Westfälischen Friedens wiederbeleben, in dem die Interessen und der Respekt für andere berücksichtigt werden müssen. Man sollte zwischen den Interessen der anderen und unseren eigenen Interessen abwägen. Die westlichen Führungen sind dement geworden, wie dieser von Nietzsche beschriebene Wahnsinnige. Wir sind in einer Welt, in der die USA bis zu den Wahlen im November nicht für einen vernünftigen Diskurs zur Verfügung stehen. Es gibt starke Kräfte, die darauf drängen, den Konflikt in der Ukraine fortzusetzen.

Ich stimme nicht mit Helga Zepp-LaRouche überein, wenn sie sagt, Rußland halte nur seine militärische Front aufrecht. Ich denke, daß Rußland durchaus in der Lage wäre, eine umfassende Militäroffensive zu starten, aber Rußland hat nicht die Absicht, das zu tun. Rußland will keine Zivilisten in der Ukraine bombardieren. Das passiert natürlich leider unvermeidlich in solchen Konfliktzeiten, aber Rußland könnte sofort nach Odessa marschieren, wenn es wollte, doch Rußland will das nicht. Vielleicht werden sie irgendwann einmal nach Odessa gehen.

Es ist nicht mehr die ukrainische Armee, die sich mit Rußland im Krieg befindet, sondern es sind die Militärberater der NATO, die aus Polen, Kanada, den USA, den Niederlanden, Frankreich, praktisch aus allen NATO-Staaten kommen. Diese Experten setzen die NATO-Waffen auf ukrainischem Boden ein, sie haben die entsprechende Ausbildung dafür. Es handelt sich also um einen Krieg der NATO gegen Rußland, während sie gleichzeitig, in den Reden von Biden, Macron und Stoltenberg, nach außen hin behaupten: „O nein, wir wollen keinen Krieg mit Rußland!“ Das sagen sie tagein tagaus, aber es ist nicht wahr: Es sind heute die NATO-Streitkräfte, die mit Hilfe von NATO-Informationen NATO-Waffen einsetzen und russisches Territorium mit hochentwickelten Waffen beschießen. Es ist also schlimmer als Heuchelei; es ist völlig inkohärent.

Ich möchte nicht noch mehr Zeit in Anspruch nehmen, aber ich möchte darauf hinweisen, daß das auch einen wirtschaftlichen Aspekt hat. Die russische Wirtschaft entwickelt sich, und die europäischen Volkswirtschaften – vor allem Deutschland und Frankreich – brechen zusammen. Es wäre vernünftig, wenn Westeuropa mit Osteuropa, Rußland und Asien zusammenarbeiten würde. Rußland hat bekanntlich die Energieressourcen, die für die westliche Wirtschaft lebenswichtig wären. Doch die ehemalige Weltmacht USA hat kein Interesse daran, ein vereintes Europa mit Osteuropa und Rußland zu sehen.

Ich möchte mit dem israelisch-palästinensischen Konflikt schließen, denn die beiden Konflikte lassen sich nicht voneinander trennen. Es handelt sich um zwei Symptome der ehemals allmächtigen Vereinigten Staaten, die die Palästinenser und die Ukrainer benutzen, um vor der Welt zu vertuschen, daß es in Wirklichkeit ihr eigenes Endspiel ist. Das israelische Kriegskabinett ist ein klares Beispiel für Demenz; diese Leute sind nicht mehr in der Lage, rational zu denken. Sie haben den Krieg, den sogenannten „Krieg gegen die Hamas“, verloren. Sie haben nachgelegt, und jetzt weiß die Welt alles darüber, wie sie an Einfluß verlieren.

Ich möchte nur einen Artikel aus der Jerusalem Post vom 9. Juni zitieren. Dort sagt ein israelischer General a.D., Itzhak Brik: Die israelische Bevölkerung ist gegen dieses Kriegskabinett, weil es uns in den Abgrund führt. Wir wissen, daß dieser Kampf gegen die Palästinenser den aufgeklärten Teil der Welt jetzt hinter der Unterstützung Palästinas und gegen uns versammelt. Noch haben wir die Unterstützung der US-Regierung, aber wie lange noch?

Dieser General ist intelligent, aber das israelische Kriegskabinett hat Israels Einfluß in der Welt völlig zerstört.

Abschließend möchte ich sagen, daß wir unsere Regierungen zur Vernunft bringen müssen, auch die französische Regierung. Das Volk sollte eingreifen und der Kriegstreiberei Einhalt gebieten, die unsere Volkswirtschaften zerstört, in der vergeblichen Hoffnung, das Überleben der amerikanischen Hegemonie zu sichern, obwohl sie eindeutig verloren ist. Ich danke Ihnen nochmals dafür, daß Sie mir die Gelegenheit gegeben haben, heute hier das Wort zu ergreifen.


Anmerkung

1. Nietzsche, Friedrich, Die fröhliche Wissenschaft, Drittes Buch, 125. Der tolle Mensch (Zeno.org)