Friedrich Schiller Denkmal
Friedrich Schiller



Hauptseite
       

Schiller-Institut e. V.
"Zweck der Menschheit ist kein anderer als die
Ausbildung der Kräfte des Menschen, Fortschreitung."
Friedrich Schiller

 

Ein Dialog über Prioritäten

Im Anschluß an die Vorträge der beiden palästinensischen Botschafter kam es zu der folgenden kurzen Diskussion zwischen Helga Zepp-LaRouche und Botschafter Hassassian über die Frage, ob man vor den Gesprächen über die wirtschaftliche Zukunft der Region eine politische Lösung braucht, oder umgekehrt die Einigung auf eine wirtschaftliche Zukunftsvision die Voraussetzung für eine politische Lösung ist.

Helga Zepp-LaRouche: Ich möchte den beiden Botschaftern Palästinas dafür danken, daß sie uns ihre tiefempfundenen Erfahrungen mitgeteilt haben, die die Welt meiner Meinung nach kennen muß.

Ich möchte nur kurz darauf hinweisen, daß Sie erwähnt haben, daß zuerst eine politische Lösung gefunden werden muß, und das ist genau das, was der Oasenplan versucht, auf eine andere Ebene zu stellen. Denn all die Debatten in den Vereinten Nationen und anderen Foren, die zuerst eine politische Lösung forderten, haben nicht das gebracht, was beabsichtigt war. Und wir sind der Meinung, daß wir eine absolute, unumstößliche Entschlossenheit zu einem wirtschaftlichen Entwicklungsplan als Vorbedingung brauchen, um die politische Situation zu verbessern.

Als das Osloer Abkommen unterzeichnet wurde, sagte Lyndon LaRouche, mein Mann, mit Nachdruck, der einzige Weg zum Erfolg sei, sofort mit den Bauarbeiten anzufangen, die Schaufeln und die Bagger sofort in Bewegung zu setzen, damit die Menschen vor Ort sehen, daß sich ihre Lebenssituation unmittelbar verbessert. Doch das passierte nicht, weil die Weltbank zu dem Zeitpunkt die Kredite verweigerte, die notwendig gewesen wären, und wie wir alle wissen, hatte das Osloer Abkommen keinen Erfolg.

Daher ist der Zweck dieser Konferenz, einen konkreten Strauß wirtschaftlicher „Blumen“ zusammenzustellen – Sie wissen schon, Blumen von Entwicklungsprojekten –, insbesondere wenn wir die anderen Redner und das zweite Panel hören. Das Ergebnis dieser Konferenz soll dann an alle Regierungen der Welt und an andere Institutionen weitergegeben werden. Damit versuchen wir, Unterstützung zu bekommen.

Ich persönlich glaube, daß wir das nur umsetzen können, wenn wir eine Notkonferenz, eine umfassende Nahost-Konferenz einberufen, wie sie zum Beispiel von China schon früh erwähnt wurde. Soweit ich weiß, hat sich das seither leider nicht weiter konkretisiert. Aber die Idee ist immer noch, daß man eine umfassende Nahost-Konferenz abhalten muß, und ich denke, daß die Tradition des Westfälischen Friedens der geeignetste Präzedenzfall ist – und dann diskutieren, was die Vision für die gesamte Region wäre.

Denn ich denke, man muß den Kreislauf von Gewalt und Verzweiflung durchbrechen. Und wenn es eine Vision gäbe, wie Südwestasien in 20, 50, ja sogar 100 Jahren aussehen würde, als ein voll entwickeltes, modernes Gebiet mit grünen Wäldern und landwirtschaftlichen Feldern, wo heute Wüste ist, mit neuen Städten, integrierter Infrastruktur. Und wenn man dann die Vision hätte, daß alle jungen Menschen Wissenschaftler, Ingenieure, Lehrer, Landwirte werden sollten; daß sie dann einen Grund sehen, warum es Sinn macht, zu studieren, eine Familie zu gründen, ihre Karriere aufzubauen, ein normales Leben zu führen – dann ist es fast eine Vorbedingung für den Erfolg dieses Projekts, den jungen Menschen dieses Gefühl der Hoffnung zu vermitteln.

Ich denke also, daß die Vision einer wirtschaftlichen Verbesserung ein absolut wesentlicher Bestandteil ist, um Frieden zu schaffen und eine politische Lösung zu finden.

Ich möchte Ihnen für Ihre Teilnahme danken und hoffe, daß Sie uns helfen werden, dieses Projekt auch nach dieser Konferenz weiter zu organisieren.

Botschafter Hassassian: Ich möchte noch einen kleinen Beitrag leisten, um auf Frau LaRouches wortgewaltigen Vortrag und ihre Ideen zu antworten:

Vielen Dank für Ihre Sorge um unseren Konflikt. Denn wie Sie wissen, liegt der Dreh- und Angelpunkt der Instabilität im Nahen Osten in der Lösung des Palästinenserproblems.

Ich verstehe sehr gut, daß die wirtschaftliche Entwicklung als Katalysastor für jeden Verhandlungsprozeß zwischen zwei Ländern wirken kann, die sich legitimerweise gegenseitig respektieren und versuchen, eine plausible Lösung für die Aufrechterhaltung des Friedens zu finden. Und daß die Langlebigkeit des Friedens auf wirtschaftlicher Integration und Entwicklung beruht, das darf nicht unterschätzt werden.

Aber man kann nicht mit zwei Verhandlungspartnern über wirtschaftliche Entwicklung sprechen, wenn der eine quasi der „Topdog“ und der andere der „Underdog“ ist. Man kann keine Verhandlungen zwischen Besetzern und Besetzten führen und über wirtschaftliche Entwicklung sprechen.

Wirtschaftliche Entwicklung kann ein Katalysator sein, um laufende Verhandlungen zu verbessern, die auf gegenseitiger Gegenseitigkeit und Respekt beruhen. Aber wenn es keinen angemessenen Respekt zwischen zwei streitenden Parteien gibt, dann wäre das Ergebnis ein kläglicher Fehlschlag.

Und ich möchte natürlich diesen einfachen Satz hinzufügen, wie ich es immer tue: Es wird niemals eine militärische Lösung für unseren Konflikt geben! Israel hat so viele Kriege gewonnen, konnte aber keinen Frieden und keine Sicherheit schaffen, weder für Israel noch für den Nahen Osten.

Daher sage ich, daß der einzige Ausweg Verhandlungen, gegenseitiger Respekt, Inklusion und nicht Exklusivität sind, und daß die Idee, einander auf Augenhöhe zu akzeptieren, der einzige Weg zu Frieden und Sicherheit ist.

Vielen Dank für die Einladung. Ich möchte noch mit einigen positiven Bemerkungen schließen, nämlich: Der Krieg wird niemals, niemals Frieden bringen. Der Frieden wird Stabilität und wirtschaftlichen Wohlstand bringen.

Ich danke Ihnen vielmals.