Die neue internationale Sicherheits- und Entwicklungsarchitektur
Von Helga Zepp-LaRouche
Dies ist die überarbeitete Mitschrift der Grundsatzrede der
Gründerin des Schiller-Instituts, Helga Zepp-LaRouche, im ersten Abschnitt der
internationalen Online-Konferenz über die neue internationale Sicherheits- und
Entwicklungsarchitektur am 9. und 10. Dezember, die von der Organisation für
kritisches Denken in Mittelamerika und der Karibik (Central American and
Caribbean Critical Thought, CPCCC) veranstaltet wurde. Die Rede wurde aus dem
Englischen übersetzt, die Zwischenüberschrift von der Redaktion
hinzugefügt.
© Nehru Memorial Museum and Library
Helga Zepp-LaRouche: „Ich habe als erstes Prinzip die Partnerschaft
vollkommen souveräner Nationalstaaten auf der Grundlage der Fünf Prinzipien
der friedlichen Koexistenz und der UN-Charta definiert.“ Auf dem Bild: Indiens
Premierminister Jawaharlal Nehru auf der Konferenz von Bandung 1955, auf der
diese Fünf Prinzipien diskutiert und vereinbart wurden.
Herzliche Grüße an Sie alle! Wir alle waren Zeugen des schrecklichen
Ergebnisses der gestrigen Sitzung des UN-Sicherheitsrates, bei der ein
einziges Land gegen die Resolution gestimmt hat, so daß das unglaubliche
Gemetzel in Gaza weitergeht. Lassen Sie mich kurz auf die Entwicklung dieser
Situation eingehen.
Als Generalsekretär António Guterres seinen Brief an den Präsidenten des
UN-Sicherheitsrats schrieb, in dem er sich auf Artikel 99 der UN-Charta berief
und auf die Gefahr einer weiteren Verschärfung der bestehenden Bedrohungen für
die Aufrechterhaltung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit
hinwies, war dies eine dringende Frage, aber auch ein verzweifelter Versuch,
an den UN-Sicherheitsrat zu appellieren, zu intervenieren, um die ethnische
Säuberung des Gazastreifens zu stoppen, die jetzt vor den Augen der ganzen
Welt stattfindet und jeden Tag auf den Fernsehbildschirmen zu sehen ist.
Der Angriff vom 7. Oktober, bei dem 1200 Menschen getötet wurden, muß klar
verurteilt werden. Aber genauso der Angriff der israelischen Streitkräfte
seither, bei dem mehr als 16.000 Palästinenser getötet wurden, davon 70%
Frauen, Kinder und ältere Menschen, und eine unbekannte zusätzliche Zahl, die
unter den Trümmern der rund 60% aller Häuser in Gaza, die zerstört oder
beschädigt wurden, begraben ist. Es gibt keine Lebensmittel, kein Wasser,
keine medizinische Versorgung, keinen Strom und keine Unterkünfte. 2,3
Millionen Menschen wurden aus dem Norden in den Süden vertrieben, nur um dort,
wohin sie fliehen, bombardiert zu werden. Es gibt keinen sicheren Ort in Gaza,
und jetzt wird eine sehr große Zahl von Menschen in einem winzigen Gebiet nahe
der Grenze zu Ägypten „konzentriert“.
Wir brauchen einen sofortigen Waffenstillstand und die Einberufung einer
umfassenden Südwestasien-Konferenz, wie sie China vorgeschlagen hat, um eine
Zweistaatenlösung auf der Grundlage eines allgemeinen wirtschaftlichen
Entwicklungsplans umzusetzen, wie ihn mein verstorbener Mann Lyndon LaRouche
bereits 1975 vorgeschlagen hat.
Wenn das nicht trotz dieser beschämenden Abstimmung im UN-Sicherheitsrat
sofort geschieht, könnte es sehr gut sein, daß die bevorstehende Apokalypse in
Gaza der Tropfen ist, der das Faß zum Überlaufen bringt. Es ist nicht nur eine
schreckliche Erfahrung für alle Muslime auf der ganzen Welt, sondern auch für
die Nationen des gesamten Globalen Südens, zu erfahren, wieviel Wert dem Leben
eines Palästinensers im Kontext der gegenwärtigen Weltordnung beigemessen
wird.
Die Unfähigkeit des UN-Sicherheitsrats, dieser Barbarei Einhalt zu
gebieten, weil zumindest ein ständiges Mitglied – die Vereinigten Staaten –
sein Veto eingelegt hat, unterstreicht die Dringlichkeit, die Grundlagen der
derzeitigen Weltordnung zu überdenken. Nach Angaben des Stockholmer
Friedensinstituts sind im Jahr 2023 weltweit 55 bewaffnete Konflikte im Gange.
Zwei davon – der Krieg in der Ukraine und der Krieg in Gaza – haben das
Potential, zu einem regionalen oder sogar globalen Krieg zu eskalieren, bei
dem auch Atomwaffen eingesetzt werden könnten. Dies könnte zur Auslöschung der
menschlichen Gattung und zum Ende allen Lebens auf der Erde führen.
Es ist daher mehr als dringlich, eine neue internationale Sicherheits- und
Entwicklungsarchitektur zu definieren, die die Ursachen der gegenwärtigen
Krise angeht und die Sicherheitsinteressen jedes einzelnen Landes auf dem
Planeten berücksichtigt.
Ein wichtiger Präzedenzfall dafür ist der Westfälische Friede von 1648, der
150 Jahre Religionskrieg in Europa beendete. Damals einigten sich die
Kriegsparteien darauf, ein Ende des Krieges und die folgende Friedensordnung
auszuhandeln, weil sie erkannten, daß bei einer Fortsetzung des Krieges bald
niemand mehr übrig sein würde, der sich über den Sieg freuen könnte, da sie
alle tot sein würden. Das könnte für uns heute ein starkes Motiv sein, eine
neue Grundlage für das Zusammenleben auf der Erde zu schaffen und zu erkennen,
daß im Zeitalter der Atomwaffen Krieg als Mittel der Konfliktlösung
ausgeschlossen werden muß.
In der heutigen Welt der Desinformation, Fake News und Propaganda ist es
jedoch dringend erforderlich, daß wir von vornherein ein klares Verständnis
für die Bedeutung der verwendeten Begriffe schaffen. Unklarheiten in den
Begriffen könnten die Bemühungen um eine neue funktionierende Weltordnung
zunichtemachen. Konfuzius hat bekanntlich darauf bestanden, indem er sagte,
wenn man ein Problem lösen will, müsse der erste Schritt sein, die Begriffe zu
klären.
Ein gutes Beispiel dafür ist das oft wiederholte Mantra, man müsse die
„regelbasierte Ordnung“ auf die ganze Welt ausdehnen – die angebliche
unvermeidliche Konfrontation zwischen der „guten regelbasierten Ordnung“ und
den „bösen Autokratien“, in Anspielung auf die offensichtliche Kontroverse
zwischen dem Westen und der inzwischen sehr großen Mehrheit des Rests der
Welt. Abgesehen von der Tatsache, daß nirgendwo geschrieben steht, was diese
„Regeln“ sind und wer sie festlegt, sind sie in der Regel so fest wie
Wackelpudding.
Wenn es dem Westen paßt, sich als „Beschützer der Menschenrechte“
aufzuspielen, findet er überall Verstöße dagegen. Aber als die NATO
beispielsweise Afghanistan nach 20 Jahren Krieg verließ, in einer Situation,
die damals als die schlimmste humanitäre Krise der Welt galt, hatten die
westlichen Banken keine Skrupel, afghanische Vermögenswerte im Wert von 9
Milliarden Dollar zu stehlen und damit die Lage einer Bevölkerung zu
verschlimmern, die zu 97% von Ernährungsunsicherheit betroffen war und kurz
vor dem Verhungern stand. Um zu vertuschen, was im Gazastreifen vor sich geht,
geben die Mainstream-Medien ihren Journalisten Anleitungen, wie sie berichten
sollen, daß die Hamas an allen Schrecken schuld ist. Und so weiter.
Zehn Prinzipien
Die „Zehn Prinzipien“, die ich als Diskussionsgrundlage für eine solche
neue Sicherheitsarchitektur vorgeschlagen habe, sollen so verständlich und
transparent sein, daß die Pharisäer unserer Zeit sie nicht in ihr Gegenteil
verdrehen können.
Als erstes Prinzip habe ich die Partnerschaft vollkommen
souveräner Nationalstaaten auf der Grundlage der Fünf Prinzipien der
friedlichen Koexistenz und der UN-Charta definiert, weil es um das absolute
Bedürfnis des einzelnen nach Selbstbestimmung und Teilhabe an der Regierung
geht, das in allen Formen supranationaler Institutionen ausgeschlossen ist.
Die Bedeutung des souveränen Nationalstaates ist den Menschen oft nicht
klar, weil sie ihn mit chauvinistischen Formen des Nationalismus verwechseln,
der häufig als Ursache für Kriege verantwortlich gemacht wird. Der souveräne
Nationalstaat ist jedoch im Gegenteil in einem sehr langen und schwierigen
Prozeß aus der alleinigen Existenz von Imperien und ihrer oligarchischen
Herrschaftsform hervorgegangen, wo nur eine kleine Machtelite alle Privilegien
besaß, während die Masse der Bevölkerung auf der Ebene von Sklaven oder
Lakaien stand, die so rückständig wie möglich gehalten wurden, um leichter
über sie herrschen zu können.
In Europa war nach vielen Jahrhunderten der Herrschaft solcher Reiche sogar
die Entstehung nationaler Monarchien ein Fortschritt, um der Idee des
Nationalstaates, der sich dem Gemeinwohl des Volkes verschrieben hat, zum
ersten Mal zum Durchbruch zu verhelfen. Dies geschah im 15. Jahrhundert mit
dem Frankreich Ludwigs XI., in dessen 20-jähriger Regierungszeit sich der
Lebensstandard der Bevölkerung verdoppelte, und mit den Schriften des Nikolaus
von Kues, der zum ersten Mal das Konzept des repräsentativen Systems zwischen
Regierung und Regierten definierte.
Die vollkommene nationale Souveränität muß heute gegen die Einmischung in
die inneren Angelegenheiten aller Staaten verteidigt werden, und das Recht auf
die Definition des eigenen Gesellschaftssystems und die Festlegung des eigenen
Entwicklungsweges auf der Grundlage der eigenen Kultur und Tradition muß
geschützt werden. Die einzige Beschränkung dieser Souveränität besteht darin,
daß sie niemals im Widerspruch zum Interesse der Menschheit als ganzer stehen
darf. Friedrich Schiller definierte dazu den „Patrioten, der gleichzeitig
Weltbürger ist“.
Das zweite Prinzip, die Notwendigkeit, die Armut für alle
Menschen auf dem Planeten zu beseitigen, stützt sich auf die Tatsache, daß
dies leicht machbar ist, wenn man die vorhandenen Technologien nutzt. Und es
ist auch notwendig, weil Armut eine der schlimmsten Menschenrechtsverletzungen
ist. Ein Mensch, der sich Tag für Tag nur um Essen, Gesundheitsversorgung,
Unterkunft, Bildung usw. sorgen muß, wird nicht die nötige Muße finden, um
sein gesamtes kreatives Potential als Mensch zu entwickeln. Armut verkürzt
auch das Leben, und da es durchaus möglich ist, sie zu überwinden, sollte sie
nicht existieren.
Die Bedeutung des dritten Prinzips wurde durch die jüngste
Pandemie und die unterschiedlichen Sterblichkeitsraten in den verschiedenen
Ländern unterstrichen: In Peru beispielsweise gab es 221.564 Todesfälle, in
China, das eine viel größere Bevölkerung hat, waren es nur 121.877, in den
Vereinigten Staaten 1.144.877. China hat fast 4,5 Mal so viel Einwohner wie
die USA.
Das vierte Prinzip, nämlich jedem Kind und jedem Erwachsenen
Zugang zu allgemeiner Bildung zu verschaffen, ist unbedingt der Schlüssel für
ein erfolgreiches und dauerhaftes Wirtschaftswachstum, da der kontinuierliche
Prozeß der Entdeckung neuer Prinzipien in Wissenschaft und Kunst – die
„Innovation“ – die Triebkraft des Wirtschaftswachstums ist. Universelle
Bildung ist aber auch die unersetzliche Methode, um die eigene Kreativität zu
entfesseln und über die Unvollkommenheiten des Geistes und der Seele
hinauszuwachsen, indem man das aufnimmt, was die Menschheit bisher erreicht
hat, und auf diesem Erbe aufbaut mit dem edlen Ziel, etwas wichtiges zum
Nutzen künftiger Generationen hinzuzufügen.
Das Thema des fünften Prinzips wird aller Voraussicht nach
viel schneller auf die Tagesordnung drängen, als es in der öffentlichen
Wahrnehmung der Fall ist. Das transatlantische Finanzsystem erlebte bereits
2008 eine Systemkrise, die mit enormen Mengen an Liquidität, der sogenannten
Quantitativen Lockerung, überspielt wurde, mit der Billionen und Billionen in
das System gepumpt wurden, das nun auf 2 Billiarden Dollar an
Derivatpositionen sitzt. Die USA geben bereits fast 20% ihres Haushalts allein
für den Schuldendienst aus, und die Möglichkeit, Defizite auf die ganze Welt
zu verteilen, indem die USA mit dem Dollar als Weltreservewährung einfach Geld
drucken, geht eindeutig rasch zu Ende.
© EIR

Das gesamte Lebenswerk von Lyndon LaRouche war der konkreten Verwirklichung einer neuen Weltwirtschaftsordnung gewidmet, dem sechsten Prinzip, zu dem viele Entwicklungspläne gehören: 1975 für die Begrünung der Wüsten in Südwestasien, 1976 für die Industrialisierung Afrikas, 1982 für die Operation Juárez (Iberoamerika), für Indien und das Pazifikbecken und 1991 für die Eurasische Landbrücke, woraus 2014 die Weltlandbrücke wurde. Viele dieser Programme werden heute im Rahmen der Gürtel- und Straßen-Initiative umgesetzt.
Der Mißbrauch des Dollars als Waffe durch die Beschlagnahmung von Guthaben
ausländischer Staaten bei US-Banken, die Verhängung einseitiger Sanktionen,
die vor allem die Armen in den jeweiligen Ländern treffen, als Mittel zum
Regimewechsel sowie vor allem die Erfahrungen der Interventionskriege seit dem
11. September 2001, die Millionen von Menschen das Leben kosteten, haben zu
einer gigantischen Gegenreaktion geführt.
Es ist jetzt ein Prozeß der Entdollarisierung im Gange. Länder handeln
immer mehr in ihren nationalen Währungen. Zwischen verschiedenen Ländern
laufen ernsthafte Diskussionen über die Schaffung einer neuen internationalen
Reservewährung, die nicht auf Geldwerten, sondern auf Rohstoffen und der
Produktivität der beteiligten Länder basiert.
Das sind alles Entwicklungen, die Lyndon LaRouche seit 1971 vorausgesagt
und für die er Lösungsvorschläge konzipiert hat, wie seinen Vorschlag für eine
Internationale Entwicklungsbank im Jahr 1975. Die Idee war dabei, den
Weltwährungsfonds (IWF), dessen Aufgabe es war und ist, die Entwicklung des
sogenannten Entwicklungssektors zu unterdrücken, durch ein Kreditinstitut zu
ersetzen, das sich der wirtschaftlichen Entwicklung des Globalen Südens
widmet.
Das gesamte Lebenswerk von Lyndon LaRouche, war dem sechsten
Prinzip gewidmet, der konkreten Verwirklichung einer neuen
Weltwirtschaftsordnung: der Oasenplan von 1975 zur Begrünung der Wüsten in
Südwestasien, der 1976 erstmals vorgeschlagene Entwicklungsplan für Afrika,
die Operation Juárez, die er 1982 in Zusammenarbeit mit dem mexikanischen
Präsidenten José López Portillo für die infrastrukturelle Integration ganz
Lateinamerikas entwarf, ein 40-Jahres-Entwicklungsplan für Indien im Austausch
mit Indira Gandhi, und der 50-Jahres-Entwicklungsplan für das Pazifikbecken.
1991 folgte dann die Eurasische Landbrücke, die 2014 zur Weltlandbrücke
erweitert wurde. Diese Programme werden heute zu einem großen Teil mit der
Gürtel- und Straßen-Initiative umgesetzt.
Das siebte Prinzip befaßt sich mit der Frage einer neuen
Sicherheitsarchitektur als solcher, die von der Idee der „unteilbaren
Sicherheit“ ausgehen muß. Das bedeutet, daß die Sicherheitsinteressen jedes
Landes berücksichtigt werden müssen, aber kein Land das Recht hat, auf seinen
eigenen Sicherheitsinteressen zu bestehen, wenn sie die Sicherheitsinteressen
eines anderen Landes verletzen. Die Geopolitik muß ein für alle Mal beendet
werden, weil sie die Ursache für zwei Weltkriege im 20. Jahrhundert war. Kein
Staat und keine Staatengruppe hat das Recht, auf Vorrechten gegenüber anderen
Staaten oder Staatengruppen zu pochen.
Der Weg zur Überwindung dieses scheinbaren Widerspruchs führt über die
gemeinsame Entwicklung aller. Wenn alle Länder der Erde an einer gerechten
Weltordnung teilhaben können, deren internationale Arbeitsteilung darauf
abzielt, auf dem Wege der Verbesserung der Bedingungen für alle die
Benachteiligungen zu überwinden – mit anderen Worten, wenn jede Nation sicher
sein kann, daß sie in der Zukunft das Potential des Landes und seiner
Bevölkerung verwirklichen kann –, dann kann eine harmonische Entwicklung aller
gewährleistet werden.
Atomwaffen müssen verboten und durch internationale Zusammenarbeit bei der
Erforschung und Entwicklung neuer physikalischer Prinzipien technologisch
überflüssig gemacht werden. Die Militärisch-Industriellen Komplexe sind selbst
die treibende Kraft für immer mehr Kriege, weil sie für ihren Profit eine
ständige Folge immer neuer Kriege brauchen. Die industriellen Kapazitäten der
Rüstungsindustrie müssen umgestellt werden, um zu den produktiven physischen
Kapazitäten beizutragen, die für das Gemeinwohl aller Menschen benötigt
werden. Die Umwandlung dieser enormen Kapazitätsverschwendung in die
Produktion von Mitteln für Ernährung, Gesundheit, Bildung usw. wird für die
Menschen so vorteilhaft sein, daß sie es als ihr ureigenstes Interesse
betrachten werden, sicherzustellen, daß es nie wieder zu einer Produktion für
die Kriegsmaschinerie kommt.
An dieser Stelle kann man schon die Stimmen im Hintergrund hören, die
protestieren, das sei eine allzu optimistische Sichtweise – der Mensch sei
durch „Interessen“ motiviert, nicht durch die Verpflichtung für das
Gemeinwohl, und deshalb sei eine solche Vision utopisch und werde niemals
wahr.
Das ist der Grund, warum das zehnte Prinzip zu dem Paket
gehört. Dieses zehnte Prinzip lautet:
„Die Grundannahme des neuen Paradigmas ist, daß der Mensch grundsätzlich
gut ist und fähig ist, die Kreativität seines Geistes und die Schönheit seiner
Seele unendlich zu vervollkommnen, und daß er die am weitesten entwickelte
geologische Kraft im Universum ist, was beweist, daß die Gesetzmäßigkeit des
Geistes und die des physischen Universums in Übereinstimmung und Kohäsion
stehen und daß alles Böse das Ergebnis eines Mangels an Entwicklung ist und
daher überwunden werden kann.“
Wenn man untersucht, welche Kräfte mit diesem Menschenbild übereinstimmen,
stellt man fest, daß die drei mosaischen Religionen damit übereinstimmen –
Christentum, Islam und Judentum –, ebenso wie Hinduismus und Buddhismus, was
zusammen etwa 77% der Weltbevölkerung ausmacht. Dazu kommen noch die
Kommunisten und einige Länder, die ebenfalls daran arbeiten, die materielle
wie auch kulturelle Lebensqualität ihrer Bevölkerung zu verbessern. Es ist
also eindeutig die überwältigende Mehrheit der menschlichen Gattung, die
dieses positive Menschenbild hat.
Auf der anderen Seite kann man sehen, daß nur oligarchische
Regierungsformen darauf bestehen, daß der Grundcharakter des Menschen der sei,
den die britische Aufklärung von Hobbes, Hume, Locke oder auch der
Niederländer Bernard Mandeville beschrieben hat: Der Mensch sei von Natur aus
böse und müsse daher unterdrückt werden - so die Idee von Hobbes – von
einem allmächtigen „Leviathan“, einem Weltpolizisten in einer unipolaren Welt.
Dies war eindeutig die Grundannahme von Francis Fukuyamas irrtümlicher
Vorhersage des „Endes der Geschichte“ nach dem Zerfall der Sowjetunion 1991.
Es ist auch das Axiom, auf dem die Idee der Globalen NATO beruht.
Aber wie ich bereits angedeutet habe, haben diese Behauptungen bereits
einen gewaltigen Rückschlag erlitten, weil sie in Wirklichkeit nicht der
wahren Natur des Menschen entsprechen. So entstand die Globale Mehrheit der
Nationen, die gegenwärtig dabei sind, ein neues wirtschaftliches und
politisches Weltsystem zu errichten, das der in diesem zehnten Prinzip
ausgedrückten Auffassung entspricht.
Die natürliche Weiterentwicklung der Biosphäre zur Noosphäre im Sinne von
Wladimir Wernadskij, die eingebaut ist in die Gesetzmäßigkeit unseres
physischen Universums – in Gottes Schöpfung, wenn man es religiös ausdrücken
will –, wird das Potential für das Gute immer mehr steigern. Es liegt an uns,
diese neue Sicherheits- und Entwicklungsarchitektur jetzt umzusetzen und nicht
zuzulassen, daß ein Relikt einer früheren Entwicklungsstufe, eine Art
Höhlenmensch aus der Steinzeit, sich einmischt und mit einer thermonuklearen
Axt die ganze Menschheit vernichtet. Ich danke Ihnen.
|