Die ästhetische Dynamik des Friedens
Ein Bericht vom 46. Treffen der Internationalen Friedenskoalition
Von Kevin Gribbroek
„Ich denke, das Konzept des Oasenplans ist vor allem, den Zyklus der
Intifada-Rache für immer zu durchbrechen. Der Punkt ist, die Gewalt wird
weitergehen, wenn es keine Gerechtigkeit gibt, die eine Zweistaatenlösung und
die volle Gleichberechtigung und das Recht auf Entwicklung für alle zuläßt...
Man muß umschalten, die Vergangenheit hinter sich lassen und eine schöne
Vision der Zukunft haben, die allen Konfliktbeteiligten Hoffnung gibt...
Dieses Prinzip der Hoffnung und einer schönen Zukunftsvision muß die Menschen
aus dem Sumpf herausholen. Kunst, Musik und Poesie sind absolut wichtig. Wir
leiden als Menschheit an einer schrecklichen Flachheit, einer
Zweidimensionalität im Denken, die mit der monetaristischen Sichtweise und dem
reinen Profitdenken einhergeht. All das macht die Erde flacher und
zweidimensionaler, und wir müssen dringend hin zu einer viel schöneren Welt
kommen.“ – Helga Zepp-LaRouche
Weniger als eine Woche nach der historischen Oasenplan-Konferenz des
Schiller-Instituts fand am 19. April das 46. wöchentliche Internettreffen der
Internationalen Friedenskoalition (IPC) statt. Das Hauptaugenmerk des Treffens
lag auf dem Oasenplan als Teil einer umfassenden Politik für Frieden durch
Entwicklung, aber gegen Ende kam ein wichtiges Thema auf: die Bedeutung
schöner Kunst, um Menschen zu inspirieren und zu veredeln, sie „aus dem Sumpf“
zu holen. Es wurde deutlich, daß schöne Kunst und wirtschaftliche Entwicklung
tatsächliche integrale Bestandteile desselben Ganzen sind, denen die Kraft
innewohnt, wahren und dauerhaften Frieden zu schaffen, indem sie den Menschen
die Vision einer schönen und wohlhabenderen Zukunft vermitteln.
Helga Zepp-LaRouche, die Gründerin des Schiller-Instituts und
Mitbegründerin der IPC, eröffnete die Konferenz mit ihrer Einschätzung, daß
wir durch das Entstehen einer neuen Weltordnung „eine der traumatischsten
Veränderungen der Konstellation auf der Welt erleben“. Im Zuge dieses
Prozesses müsse man mit „großen Konvulsionen, Auswirkungen und dramatischen
Erschütterungen“ rechnen, auch der Gefahr eines Weltkriegs, bis wir insgesamt
eine friedlichere Ebene der Zusammenarbeit zwischen den Nationen erreicht
haben. Die IPC sei insofern einzigartig, als sie nicht nur gegen Krieg und für
Frieden ist, sondern einen Plan vorlegt, wie Frieden erreicht werden kann:
Frieden durch wirtschaftliche Entwicklung. Sie hob hervor, daß hochrangige
Diplomaten aus vier Ländern – Palästina, Südafrika, Rußland und Weißrußland –
auf der Konferenz des Schiller-Instituts am 13. April den Oasenplan offen
befürworteten. Aber am selben Tag habe der Iran seinen Raketen- und
Drohnenangriff auf Israel als Vergeltung für Israels Angriff auf das iranische
Konsulat in Damaskus vom 1. April unternommen, was zeige, wie nahe wir dem
Dritten Weltkrieg sind.
Der nächste Redner, Terry Lodge, amerikanischer Anwalt und
langjähriges Mitglied der Veterans for Peace, sprach über einen Brief, den die
Veteranen kürzlich an Präsident Biden, das Außenministerium und das
Energieministerium gesandt hatten.1 Darin wird die Geschichte von
Israels „sehr beunruhigendem“ Atomwaffenprogramm zusammengefaßt und darauf
hingewiesen, daß die US-Regierung nach US-Recht jedem Land, das den
Atomwaffensperrvertrag nicht einhält, die finanzielle Unterstützung verweigern
muß. Das müsse natürlich auch für Israel gelten. Er mache sich keine
Illusionen, daß die USA die Hilfen für Israel streichen werden, hoffe aber,
daß die Friedenskoalition eine internationale Debatte darüber anregt, wie die
Biden-Regierung ihre eigenen rechtlichen Standards mißachtet. Lodge zufolge
war der heutige Ministerpräsident Benjamin Netanjahu persönlich an der
Schmuggeloperation beteiligt, durch die Israel in den Besitz von
Atomwaffentechnik gelangte.
Jack Gilroy von Pax Christi berichtete über die jüngsten
Aktionen gegen den Militärisch-Finanziellen Komplex. Am 15. April – einem
wichtigen Tag in den USA, der „Tax Day“, an dem alle Steuererklärungen fällig
werden – veranstalteten Gilroy und seine Mitstreiter Demonstrationen vor drei
Rüstungsfabriken bei Scranton in Pennsylvania: General Dynamics, Hersteller
von 155-mm-Artilleriegranaten, Lockheed Martin, größter Rüstungskonzern der
Welt und Hersteller der lasergesteuerten Paveway-Bomben, und BAE Systems,
Hersteller der Haubitze M777.
José Vega, unabhängiger LaRouche-Kandidat für den 15.
Kongreßbezirk im New Yorker Stadtteil Bronx, berichtete, wie er dort gerade
mit Helfern die notwendigen Unterschriften für die Wahlzulassung sammelt. Die
Idee sei: „Die Bronx mit Optimismus überfluten – eine Botschaft der Hoffnung
und des Friedens verbreiten.“ Obwohl sein Wahlbezirk zu den ärmsten in ganz
Amerika gehört und 30% der Einwohner weit unter der Armutsgrenze leben, ist
das Hauptthema seines Gegenkandidaten, des amtierende Abgeordneten Ritchie
Torres, daß er ein „Vorkämpfer für Israel“ ist. Vega betonte, man müsse
überall den Dialog- und Diskussionsprozeß der IPC nachahmen: „Die Bewohner der
Bronx sollten zusammenkommen, um über Außenpolitik zu diskutieren, über
internationale Konflikte ebenso wie über das, was in ihren eigenen
Wohnvierteln passiert, denn das ist alles eins. Unsere Außenpolitik ist unsere
Innenpolitik, denn was in Gaza passiert, wie wir andere Länder behandeln, ist
ein Spiegelbild dessen, wie wir unser eigenes Land und unsere eigenen
Nachbarschaften behandeln.“
Ray McGovern, pensionierter CIA-Analyst und Mitbegründer der
Veteran Intelligence Professionals for Sanity (Geheimdienstveteranen für
Vernunft, VIPS), sprach über Präsident Bidens Gastkommentar im Wall Street
Journal vom 17. April.2 Biden wirbt darin für zusätzliche
US-Finanzmittel in Milliardenhöhe für die Ukraine und preist besonders den
enormen Nutzen dieses Geldes für Amerikas Wirtschaft – sprich die
Rüstungsindustrie. McGovern beschrieb das als „Militärisch-Industriellen
Komplex auf Steroiden“, von dem nur die Reichen profitieren.
In der Diskussion entwickelte sich ein interessanter Dialog aus dem Bericht
einer führenden Aktivistin der LaRouche-Jugendbewegung (LYM) aus Mexiko. Sie
berichtete von ihrer Erfahrung auf einer Veranstaltung für Palästina, bei der
die Veranstalter eine geplante Vorführung des Oasenplan-Videos absagten und
statt dessen ein schreckliches Video mit blutigen Bildern von leidenden und
sterbenden Menschen in Gaza vorführten. Trotz ihrer guten Absichten waren die
Veranstalter offenbar nicht an einer Diskussion über Lösungen interessiert. Es
kam die Frage auf: Wie können wir den Menschen deutlich machen, daß solche
schrecklichen Videos voller Gewalt die Menschen nicht veredeln und stärken,
sondern sie entmenschlichen und desensibilisieren?
Zepp-LaRouche antwortete, man müsse deutlich machen, wie Tod und Leid „Haß,
Gewalt, Verzweiflung und Pessimismus“ hervorrufen, was kontraproduktiv sei.
Statt dessen müsse man die Menschlichkeit wecken und „den göttlichen Funken in
den Menschen stärken, der sie dazu bringt, Gewalt für immer abzulehnen“. Eine
Möglichkeit, dies zu erreichen, sei eine künstlerische Behandlung des Themas.
Sie zeigte ein bewegendes dreiminütiges Video des bekannten deutschen
Schauspielers Dieter Hallervorden, der sein Gedicht Gaza Gaza vor einem
Videopanorama der Zerstörung des Gazastreifens und anderen Bildern
rezitiert.3 Dabei spricht er die Menschen in Gaza direkt an, indem
er dem Publikum den Rücken zuwendet, das sieht, wie er mit Gaza spricht, und
sich von Zeit zu Zeit wieder dem Publikum zuwendet, um Mitgefühl und
Leidenschaft für den Frieden zu wecken.
In ihrem Schlußwort kam Zepp-LaRouche noch einmal auf das Thema der
ästhetischen Schönheit zurück, das eng mit dem „westfälischen“ Ansatz des
Friedens durch Entwicklung verbunden sei – die einzige Möglichkeit, den
Kreislauf der Gewalt in Südwestasien zu durchbrechen. Auch wenn es auf den
ersten Blick unmöglich erscheinen mag, müßten die Menschen, um zu überleben,
einen intellektuellen Sprung machen, um „die Vergangenheit hinter sich zu
lassen und eine schöne Vision der Zukunft zu haben, die allen am Konflikt
Beteiligten Hoffnung gibt“. Sie zitierte Friedrich Schillers Gedicht
Hoffnung – „Zu was Besserm sind wir geboren!“ – und schloß, der Aufbau
einer Dynamik für eine Entwicklungslösung „ist die Dynamik, die Berge
versetzen kann“.
Anmerkungen
1. https://www.veteransforpeace.org/pressroom/news/2024/04/18/veterans-call-out-biden-again-violations-federal-law-shippin
2. https://www.wsj.com/articles/moment-of-truth-on-ukraine-and-israel-war-ammo-aid-package-iran-russia-7ed30288
3. https://www.youtube.com/watch?v=PDrKz_cFk6s
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