Atomfragen im Iran und die zweite Trump-Administration
Von Hossein Mousavian,
ehemaliger Botschafter des Iran in der Bundesrepublik Deutschland
Während des Präsidentschaftswahlkampfs sagte Präsident Trump: „Ich würde mir
wünschen, daß der Iran sehr erfolgreich ist. Das Einzige ist, daß sie keine
Atomwaffen haben dürfen. Ich möchte mich nicht in einen Regierungswechsel im
Land einmischen.“ Andere Streitigkeiten mit dem Iran, wie z. B. regionale
Fragen, erwähnte er während seines Wahlkampfs nicht.
Unter Präsident Trump könnten wir jedoch mit einem der folgenden vier
Szenarien konfrontiert werden:
Szenario A: Wenn sein einziges Anliegen ein neues Atomabkommen ist,
das dem Iran den Zugang zu Atomwaffen verwehrt, könnte eine Einigung möglich
werden, und zwar auf der Grundlage von zwei Prinzipien:
- Der Iran akzeptiert maximale Verifizierungs- und Inspektionsmechanismen
sowie die Aufrechterhaltung eines offenen und transparenten Atomprogramms, um
sicherzustellen, daß keine Atomwaffen entwickelt werden.
- Im Gegenzug werden die USA die nuklearbezogenen Sanktionen gegen den
Iran aufheben.
Szenario B: Für Israel und andere Gegner des JCPOA in den USA und der
Region ging es um die „Verfallsklauseln“. Sie argumentierten, daß die
Verfallsklauseln nach einer bestimmten Zeit auslaufen würden, sodaß der Iran die
Entwicklung von Atomwaffen ungehindert fortsetzen könnte.
Wenn die Verfallsklauseln im JCPOA in dauerhafte umgewandelt würden, käme
dies einer eklatanten Diskriminierung im Hinblick auf den (nuklearen)
Nicht-Verbreitungs-Vertrag (NVV, bzw. NPT) gleich. Für einen bestimmten Zeitraum
könnte der Iran freiwillig einige Maßnahmen ergreifen, die sogar über den NVV
hinausgehen, um Vertrauen aufzubauen, aber er wird nicht akzeptieren, daß er im
Vergleich zu anderen NVV-Mitgliedern einer permanenten eklatanten
Diskriminierung ausgesetzt ist.
Um dieses Problem anzugehen, könnten die Kernprinzipien des JCPOA
regionalisiert werden, indem wichtige Verfallsklauseln, wie die Urananreicherung
unter 5% und das Verbot der Wiederaufbereitung, dauerhaft gemacht werden.
Da auch Saudi-Arabien mit den USA über einen vollständigen
Brennstoffkreislauf und eine Anreicherung verhandelt, würde eine
Regionalisierung der JCPOA-Prinzipien Folgendes sicherstellen:
- maximale Verifizierung der gesamten Nuklearprogramme der Region.
- Darüber hinaus würden Beschränkungen wie eine Anreicherung unter 5% oder
„keine Wiederaufbereitung“ als Garantie gegen die Entwicklung von Atomwaffen in
der gesamten Region dienen.
Szenario C: Kürzlich hörte ich von einem bekannten ehemaligen
republikanischen Beamten, der mit der Atomfrage des Iran vertraut ist, daß Trump
und Netanjahu meinen, der Iran solle seine Anreicherungsaktivitäten ganz
einstellen. Wenn ein solches Szenario vorgeschlagen wird, wäre dies im
Wesentlichen eine Rückkehr zum Ausgangspunkt, und keine Verhandlung würde zu
Ergebnissen führen.
Für dieses Szenario gibt es jedoch eine Lösung: die Idee eines multilateralen
Anreicherungskonsortiums, ähnlich wie das europäische URENCO, aber innerhalb des
Nahen Ostens oder der Region am Persischen Golf.
Als ich 2005 Mitglied des iranischen Verhandlungsteams für das Atomprogramm
war, habe ich diese Idee in einem Interview mit der russischen
Nachrichtenagentur Itar-TASS vorgeschlagen und wurde daraufhin von
hochrangigen iranischen Behörden kritisiert.
Nach dem JCPOA-Abkommen veröffentlichten Nuklearwissenschaftler der Princeton
University einen Artikel, in dem sie diese Initiative zur Rettung des JCPOA
vorschlugen, und auch in meinem Buch „Ein Naher Osten ohne
Massenvernichtungswaffen“ habe ich diese Idee vorgestellt.
Szenario D: Trump könnte nicht nur die Atomfrage, sondern auch die
regionalen Probleme zur Sprache bringen. Massad Boulos, Trumps Nahost-Berater,
sagte einer französischen Zeitung, Trump habe drei Probleme mit dem Iran:
Atomwaffen, Raketen und die Achse des Widerstands in der Region. In diesem Fall
bräuchten die beiden Länder einen umfassenden und integrativen Dialog, bei dem
es äußerst schwierig und komplex würde, eine Einigung zu erzielen.
Der Nahe Osten ist aufgrund jahrzehntelanger Kriege in den Sumpf von Armut
und Instabilität versunken und steht kurz vor dem Zusammenbruch. Um die Region
zu retten, sind große Initiativen erforderlich, wie die Beendigung der Kriege,
die Ausrottung des Terrorismus, der Nahe Osten frei von
Massenvernichtungswaffen, Nichtangriffspakte zwischen den Ländern und
konstruktive Entwicklungsinitiativen wie der „Oasenplan“ des
Schiller-Instituts.
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