Schiller-Institut demonstriert für die Aufhebung der
UNESCO-Sanktionen
Die UNESCO-Sanktionen gegen Afghanistan, Syrien und anderen
Länder verhindern den Schutz des Kulturerbes in den betroffenen Ländern.
Am Donnerstag, den 22. Februar, veranstalteten Mitglieder und
Sympathisanten des Schiller-Instituts in Frankreich eine Kundgebung vor dem
UNESCO-Büro in Paris und hielten ein großes Transparent mit der Aufschrift
„Zusammenarbeit beim Kulturerbe: UNESCO und der Westen müssen jetzt die
Sanktionen gegen Afghanistan, Syrien etc. aufheben“. Sie verteilten
Flugblätter an UNESCO-Delegierte und ankommende Mitarbeiter.
Zum Abschluß der Veranstaltung betrat Karel Vereycken als Delegierter des
Schiller-Instituts das Gebäude und hinterlegte eine von fast 600 Personen
unterzeichnete internationale Petition, in der die internationale Gemeinschaft
aufgefordert wird, „diese Form der Kollektivstrafe sofort zu beenden, die Leid
und Ungerechtigkeit schafft, Unwissenheit fördert und die Fähigkeit der
Menschheit zu gegenseitigem Respekt und Verständnis gefährdet“. (Den Text der Petition und eine Auswahl der Unterzeichner finden Sie in dieser Ausgabe.)
In den Tagen vor der Veranstaltung war die Petition mit allen Namen der
Unterzeichner per E-Mail an fast 200 Delegationen der UNESCO-Mitgliedstaaten
in Paris geschickt worden. Auch in New York erhielten die Delegierten aller
UN-Mitglieder Kopien und Informationen über die Initiative. In Kabul riefen
die Organisatoren die größte französische Presseagentur AFP an, um sie
über die Aktion in Paris zu informieren. Der Text der Petition mit allen Namen
der Unterzeichner wurde auf den Webseiten des Schiller-Instituts auf Englisch,
Französisch und Deutsch veröffentlicht.1
Wie es begann
Alles hatte vor drei Monaten in der afghanischen Hauptstadt Kabul
angefangen. Während eines Workshops über das kulturelle Erbe kamen die
eingeladenen Experten des Schiller-Instituts und hochrangige Archäologen der
Akademie der Wissenschaften Afghanistans zu demselben Schluß: Der
rücksichtslose Abbruch der Zusammenarbeit zwischen dem globalen Westen und
Ländern, die als „Feinde seiner Werte und Regeln“ gelten, schadet allen.
Die Nicht-Anerkennung der afghanischen Regierung hat katastrophale Folgen.
ISIS und andere Terrorgruppen in Syrien, Afghanistan und Turkmenistan (die
vermutlich von westlichen Geheimdiensten unterstützt werden) plündern
weiterhin ungesicherte und sogar noch unberührte archäologische Stätten, um
die gestohlenen Artefakte zu Höchstpreisen an internationale private Sammler
zu verkaufen, und der globale Westen weint Krokodilstränen. Schließlich ist er
es, der von heute auf morgen die Zusammenarbeit mit den Fachleuten in diesen
Ländern komplett abgebrochen hat, die jetzt unterstützt werden müssen, um zum
Wohle der ganzen Menschheit das Weltkulturerbe zu schützen. So bedauerte ein
führender Archäologe: „Wenn ich wieder in Afghanistan arbeite, streicht mir
die französische Regierung sofort das Gehalt...“
Die UNESCO ist verpflichtet, ihre Stimme gegen jede neue Form „kultureller
und wissenschaftlicher Apartheid“ zu erheben. Statt dessen hat sie die Lage
jedoch immer weiter verschlimmert, indem sie Fragen politisiert, die nicht in
ihren Zuständigkeitsbereich fallen. Auch hat sie sich immer mehr der
Argumentation des US-Außenministeriums angeschlossen.
Internationale Petition
Aus diesen Gründen wurde nach der Konferenz in Kabul im November eine
gemeinsame Petition verfaßt, in der die Regierungen der Welt und die UNESCO
aufgefordert werden, ihre destruktive Haltung zu ändern. In Rekordzeit
sammelte das Ibn-e-Sina-Forschungs- und Entwicklungszentrum über 550
Unterschriften aus dem dynamischsten Teil der heutigen afghanischen
Zivilgesellschaft - darunter Akademiker, Universitätsdozenten, Ärzte,
Staatsanwälte, Kaufleute, Lehrer usw., davon 140 afghanische Frauen.
Im Januar schlossen sich dem Aufruf auch prominente Mitglieder der
afghanischen Regierung an, allen voran der stellvertretende Außenminister, der
amtierende Landwirtschaftsminister und der amtierende Vizeminister für Kultur
und Kunst.
Das Schiller-Institut erhielt aus aller Welt Unterschriften von angesehenen
Wissenschaftlern und Akademikern aus über 20 Ländern, die ihre Namen gerne der
Petition hinzufügten. Dazu gehören zwei ehemalige Mitglieder des Europäischen
Parlaments und Mitglieder der Akademien der Wissenschaften aus Rußland und
China sowie der nationalen Forschungseinrichtungen Frankreichs und Italiens.
Unter denjenigen, die die anglo-amerikanische Arroganz kritisieren, sind auch
der ehemalige Leiter der CIA-Station in Kabul Graham Fuller und der
preisgekrönte Filmemacher Oliver Stone.
Zur Politik seines Landes in Bezug auf das kulturelle Erbe gab der
zuständige afghanische Minister eine Erklärung ab, die in Form eines
Sonderschreibens an die UNESCO übermittelt wurde. In einem klaren Bruch mit
der früheren Taliban-Politik betont er darin, seine Regierung sei fest
entschlossen, alles „materielle und immaterielle“ kulturelle Erbe zu schützen,
sei es „vorislamisch, nichtislamisch oder islamisch“.
Rückzieher der UNESCO?
Die UNESCO hat zwar noch nicht öffentlich auf eine Anfrage der
Organisatoren geantwortet, aber es gibt Anzeichen dafür, daß die Petition
hinter verschlossenen Türen intensiv diskutiert wurde und offenbar die
Voraussetzungen für einige zaghafte erste Schritte der UNESCO zur Korrektur
ihrer Fehler geschaffen hat.
Am 25. Januar kam es zu einem überraschenden Ereignis, das weder auf der
Website der UNESCO noch in den westlichen Medien erwähnt wurde. Wie auf der
Website des afghanischen Ministeriums für Information und Kultur (MOIC)
berichtet wird, hatte Patricia McPhillips, die Leiterin der
UNESCO-Organisation für Afghanistan, die jetzt in Islamabad sitzt, in Kabul
ein produktives informelles Treffen mit dem stellvertretenden Minister für
Kunst und Kultur, Moulvi Atiqullah Azizi. Letzterer betonte: „Das Islamische
Emirat ist dem Schutz der historischen und kulturellen Identität des Landes
verpflichtet, und wir bitten die internationalen Kulturgemeinschaften, den
kulturellen Bereich nicht mit der Politik zu vermischen und Afghanistan in
dieser Hinsicht zu unterstützen.“
„Das Ministerium für Information und Kultur hat sich dem Schutz des
kulturellen Erbes verschrieben, und wir wollen diese Bemühungen gemeinsam
ausbauen“, sagte Frau McPhillips. „Die UNESCO weitet ihre Aktivitäten zum
Schutz der kulturellen und historischen Identität Afghanistans in diesem Jahr
aus...“2
Karel Vereycken konnte in Paris die Petition und die vollständige Liste der
Unterzeichner an die Assistenten der UNESCO-Generalsekretärin Audrey Azouley
und des kürzlich ernannten Ständigen Vertreters Indiens bei der UNESCO, S.E.
Vishal V. Sharma, übergeben. Das Ziel ist, die 46. Sitzung über das
Weltkulturerbe, die im Juli in Neu-Delhi stattfindet, zu einem Erfolg zu
machen und die Gelegenheit zur Normalisierung der Beziehungen zu nutzen.
Nach dem Überreichen der Petition gaben Karel Vereycken und Helga
Zepp-LaRouche, die Gründerin und Präsidentin des internationalen
Schiller-Instituts, kurze Video-Statements ab, in denen sie die Initiative
erläutern und den vielen Menschen danken, die dieses historische Ereignis zu
einem Erfolg gemacht haben, der für die Zukunft noch viel mehr verspricht.
kav
Anmerkungen
1. Deutsch: https://schillerinstitute.com/de/blog/2024/02/21/pariser-schiller-institut-organisiert-protestveranstaltung-der-afghanischen-zivilgesellschaft-gegen-die-unesco-sanktionen-gegen-die-zusammenarbeit-im-bereich-des-kulturellen-erbes/
Englisch: https://schillerinstitute.com/blog/2024/02/21/paris-schiller-institute-to-stage-afghan-civil-society-protest-exposing-unesco-sanctions-against-cultural-heritage-cooperation/
Französisch: https://www.institutschiller.org/Rassemblement-pour-la-levee-des-sanctions-de-l-UNESCO-contre-la-cooperation-en
2. Quelle: https://www.moic.gov.af/en/moulvi-atiqullah-azizi-deputy-minister-art-and-culture-met-head-unesco
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