Friedrich Schiller Denkmal
Friedrich Schiller



Hauptseite
       

Schiller-Institut e. V.
"Zweck der Menschheit ist kein anderer als die
Ausbildung der Kräfte des Menschen, Fortschreitung."
Friedrich Schiller

 

Wasser für den Frieden

Von Christine Bierre

Christine Bierre von der französischen Zeitung Nouvelle Solidarité berichtet über eine erfolgreiche Konferenz des Schiller-Instituts über „Wasser und Frieden“ am 9. Januar in Paris.

An der Konferenz des französischen Schiller-Instituts zum Thema Wasser und Frieden am 9. Januar in Paris nahmen über hundert Personen teil, 75 waren bei der Konferenz anwesend und 25 weitere verfolgten sie per Zoom. Zwölf Redner, darunter sieben Experten aus öffentlichen und privaten Denkfabriken und Verbänden, sprachen über die Schlüsselrolle von Wasser in vielen Konflikten und warum man Wasser als ein Gut für die gesamte Menschheit behandeln muß. Unter den Teilnehmern waren Diplomaten aus Chile, Kap Verde, Kasachstan, Mali, Togo und Tschad, daneben Vertreter chinesischer und afrikanischer Verbände, Angehörige der afghanischen Diaspora, die von unserer jüngsten Konferenz in Kabul gehört hatten, und viele andere.

Im Mittelpunkt der Beiträge standen die schreckliche Situation im Gazastreifen und Lyndon LaRouches Bemühungen, sie auf der Grundlage seines „Oasenplans“ zu lösen. Weitere Beiträge befaßten sich mit der Geschichte, wie der Mensch seit seinen Ursprüngen diese Frage angegangen ist. Die Vorträge waren inspirierend und regten die Teilnehmer zum Nachdenken an, sie beteiligten sich in den Diskussionsrunden nach jedem Vortrag und am Ende der Podiumsdiskussion an einer sehr lebhaften Diskussion.

Wasser ist Leben

„Wasser ist Leben“, begann Yves Paumier, Präsident des Schiller-Instituts in Frankreich, in seiner Begrüßungsrede und erinnerte daran, daß der menschliche Körper zu 63% aus Wasser besteht, daß jeder Franzose täglich das Doppelte seines Körpergewichts an Wasser verbraucht und daß der Staat 3,7% seines Budgets für Wasser ausgibt. „Wenn Wasser- und Elektrizitätsprojekte der kürzeste Weg zum Frieden sind, so hat umgekehrt das Fehlen solcher Projekte auch viele Reiche in den Untergang geführt, wie die Khmer, die Mayas und die Gärten von Babylon.“

Wasser als Schlüssel zum Frieden

Odile Mojon, Chefredakteurin der Webseite des Schiller-Instituts, hielt anschließend den Hauptvortrag zum Thema „Wasser, der Schlüssel zum Frieden“. Heute leidet ein Drittel der Weltbevölkerung unter einem drastischen Rückgang der verfügbaren Wasserressourcen, und laut den für die Sicherheit zuständigen internationalen Institutionen ist „Wasser zur häufigsten Konfliktquelle auf der Welt geworden“.

Mit dem israelisch-palästinensischen Konflikt stehen der Nahe und Mittlere Osten im Mittelpunkt dieser Risiken. Mojon erinnerte daran, was Jitzhak Rabin 1992 erklärt hatte: „Wenn wir alle unsere Probleme im Nahen Osten lösen, aber nicht die Aufteilung des Wassers, dann wird unsere Region explodieren.“

Aus diesem Grund formulierte Lyndon LaRouche 1975 nach Gesprächen mit Führern der irakischen Baath-Partei und der israelischen Arbeiterpartei seinen „Oasenplan für Frieden und Entwicklung im Nahen Osten“. Die Kräfte in Israel, die diese Perspektive ablehnten, verhinderten dann jedoch durch die Ermordung Rabins, die politische Niederlage von Schimon Peres und den Tod von Jassir Arafat seine Verwirklichung.

Der Oasenplan umfaßte drei Hauptpunkte:

    1. Israels Verzicht auf die alleinige Kontrolle über die Wasserressourcen,

    2. die wirtschaftliche Entwicklung des Gazastreifens,

    3. den Bau von Kanälen vom Golf von Akaba zum Toten Meer und vom Toten Meer zum Mittelmeer – über den Peres-Plan hinaus, der bereits Kanäle und Tunnel vorsah, damit das Wasser durch die Gebirge zwischen dem Roten Meer und dem Toten Meer fließen konnte.

Des weiteren sah LaRouche die Nutzung der Kernenergie vor, um den notwendigen Strom für die wirtschaftliche Entwicklung zu erzeugen und um Salzwasser durch Entsalzung in Süßwasser umzuwandeln.

LaRouches Idee dabei war kein Plan, den „Experten“ von oben beschließen, sondern ein Beispiel, was man mit vorhandenen Technologien erreichen kann, wenn das Ziel tatsächlich ist, durch gemeinsame wirtschaftliche Entwicklung Frieden zu schaffen. Er war überzeugt, daß politische Verhandlungen nur auf der Grundlage einer solchen Dynamik gelingen können, die das Gegenteil von geopolitischen Erwägungen und religiösen Vorurteilen ist.

Wir halten diese Vision heute mehr denn je für unabdingbar, um das Finanz- und Währungssystem, das in seiner gegenwärtigen Form keine gemeinsame Entwicklung gewährleisten kann, grundlegend umzugestalten und auf eine physische Wirtschaft auszurichten, die Ressourcen für den Friedens produziert, insbesondere durch die Schaffung und Bewirtschaftung von Wasserressourcen. Die Entwicklung Chinas und Indiens zeigt, daß alles in dieser Richtung, was in die Praxis umgesetzt wird, zum Erfolgsfaktor wird. Der Oasenplan allein würde zwar nicht ausreichen, um den Nahen Osten zu befrieden, aber eine solche Perspektive ist als Grundlage und Inspiration für Frieden unerläßlich.

Utopie? Nein, denn wenn wir unsere Politik nicht ändern, um jedem Menschen die Möglichkeit zu geben, seine schöpferischen Fähigkeiten zu entfalten, werden wir die Menschheit durch oligarchisches Finanzchaos und ungebremste Aufrüstung zum Krieg verdammen.

Die Wasserkonferenz der Vereinten Nationen im März 2023 in New York hat die zunehmenden Spannungen im Wassersektor erkannt und zu mehr Zusammenarbeit zwischen den Staaten in dem Bereich aufgerufen. Die Bewirtschaftung des Wasserkreislaufs (Flüsse, Kanäle usw.), Bewirtschaftung des Grundwasserspiegels und der Grundwasserleiter, Bewässerungstechniken, Entsalzung, Aufbereitung von Abwässern, Ausbeutung der Gletschervorkommen (Eisberge usw.), Cloud Seeding (das „Impfen“ von Wolken, um Niederschläge auszulösen): All dies fällt unter den Begriff „Wasser“, und das auf globaler Ebene.

Mojon schloß: „Wie ich am Beispiel des Nahen Ostens gezeigt habe, ist die Wasserbewirtschaftung ein politisches, wirtschaftliches und soziales – und letztlich lebenswichtiges – Thema, das zum Wohle der Allgemeinheit und im allgemeinen Interesse verwaltet werden muß, wobei das Recht aller Länder der Welt auf technologischen Fortschritt und Entwicklung anerkannt wird. Der kollektive Süden fordert dies, und es liegt an unseren europäischen Ländern, darauf zu reagieren und ihre Daseinsberechtigung wiederzuerlangen.“

Wassersysteme in der Antike

Karel Vereycken vom Schiller-Institut sprach über die alte „Oasenwissenschaft“, vom Industal bis zu den persischen Qanaten. Die frühesten archäologischen Stätten mit Belegen für landwirtschaftliche Aktivitäten befinden sich im Industal und im Fruchtbaren Halbmond. Die ersten Bewässerungstechniken bestanden darin, Regenwasser zu sammeln und durch künstliche Kanäle das Wasser soweit wie möglich zu transportieren. In Mehrgarh, wo die Landwirtschaft um 7000 v. Chr. ihren Anfang nahm, beherrschte man die Techniken eines Entwässerungssystems rund um das Dorf und von Dämmen zur Eindämmung von Staunässe ebenso wie den Bau von Kanälen und Bewässerungsanlagen.

In der Industal-Zivilisation ermöglichte dieses Wissen die Errichtung großer moderner Städte wie Harappa und Mohenjo Daro, einer Stadt mit 40.000 Einwohnern, in deren Zentrum kein Palast, sondern ein Badehaus stand. Nicht weniger als 700 Ziegelbrunnen, Häuser mit Badezimmern sowie individuelle und kollektive Latrinen wurden dort gefunden. Viele der Gebäude in der Stadt hatten zwei und mehr Stockwerke. Das Wasser tropfte aus den auf den Dächern installierten Zisternen und wurde durch geschlossene Tonrohre oder offene Rinnen geleitet, die bei Bedarf über die Toiletten in die überdachten Abwasserkanäle unter der Straße entleert wurden.

In Mesopotamien kamen Techniken zur Wassergewinnung hinzu, wie Wassertürme, Archimedische Schrauben und Persische Räder. Später kamen die persischen Qanate oder unterirdischen Aquädukte hinzu, von denen die Mehrheit der Bevölkerung im Iran und in anderen trockenen Regionen Asiens und Nordafrikas ihr Wasser erhielt. Im Iran gibt es rund 37.000 Qanat-Systeme (die noch heute potentiell genutzt werden können) mit einer Gesamtlänge von mehr als 310.000 km!

Dieses hydraulische und sanitäre Know-how wurde dann an die minoische Zivilisation und Griechenland weitergegeben, bevor die Römer es im großen Stil umsetzten. Mit dem Zusammenbruch des Römischen Reiches geriet es in Vergessenheit, bevor es in der Renaissance ein Comeback erlebte.

Wasserstraßen als Motor der Entwicklung

Jean-Marc Deplaix vom internationalen Schiffahrtsverband PIANC sprach über „Wasserstraßen für den Frieden“. Warum sollte man auf einer Friedenskonferenz über Wasserstraßen sprechen? „Die Schiffahrt kann nur existieren, wenn Frieden herrscht und ein Friedensabkommen geschlossen wurde“, betonte Deplaix.

Physikalisch gesehen sind Flüsse Trennlinien, aber sie ermöglichen auch die verbindenden Strukturen, wie Brücken oder Wasserkraftwerke, die nur gebaut werden können, wenn ein Friedensabkommen geschlossen wurde. Als Beispiel nannte er das 1804 unterzeichnete Abkommen zur Gründung der Zentralkommission für die Rheinschiffahrt. Sie ist die älteste noch bestehende internationale Organisation überhaupt und geht auf die beiden Hauptelemente des Rheinkonzessionsvertrags von 1804 zurück: die Freiheit der Schiffahrt und die Schaffung einer internationalen Flußorganisation mit sieben Mitgliedern, die beide durch den Vertrag von Wien (1815) und die Mannheimer Akte (1868) bestätigt wurden.

China ist ein Paradebeispiel für Entwicklung, die durch Wasserstraßen ermöglicht wird. In den letzten 15 Jahren verzeichnete China ein spektakuläres Wachstum der Binnenschiffahrt, sie hat sich zwischen 2006 und 2022 mehr als vervierfacht, von 1057 Mio. auf 4402 Mio. Tonnen. China hat die größte Binnenschiffahrt der Welt, und das Wachstum dieses Verkehrs hat die Entwicklung des Landes beschleunigt.

Investitionen in die Infrastruktur sind die treibende Kraft hinter der Entwicklung, und der Flußverkehr ist ein gutes Beispiel dafür. Eine Tabelle mit einem Vergleich des Wachstums der Investitionen in die Binnenschiffahrt und des Verkehrsaufkommens in China zwischen 1999 und 2022 zeigt, daß 1999 das Verkehrsaufkommen noch 739 Mio. Tonnen und die Investitionen 5,33 Mrd. Yuan betrugen. Bis 2022 stiegen das Verkehrsaufkommen auf 4402 Mio. Tonnen und die Investitionen auf 86,7 Mrd. Yuan.

Die Provinz Sichuan war physisch hauptsächlich durch den Jangtse mit dem Rest des Landes verbunden, aber die Durchquerung der drei Schluchten war schwierig und auch gefährlich. Der Bau des Drei-Schluchten-Damms hat die Schiffahrt so weit erleichtert, daß sich der Verkehr dank einer Schleusenkette seit 2006 mehr als verdreifacht hat.

Die 2003 eingeweihte Schleusenkette ist mit 170 Mio.t inzwischen so ausgelastet, daß neue, größere Schleusen (280 x 40 m) geplant sind. Das ursprünglich für 2030 geplante Verkehrsaufkommen von 100 Mio.t wurde bereits 2011 erreicht, was den Beitrag des Flußverkehrs zur Beschleunigung der wirtschaftlichen Entwicklung verdeutlicht: Auf das Jangtse-Becken entfallen 40% der chinesischen Bevölkerung, 46% des chinesischen BIP und rund 50% der Exporte.

Probleme der Regulierung

Brice Lalonde, ehemaliger französischer Umweltminister (1988-92), gab einen kurzen Überblick über die Herausforderungen, denen er sich als Minister stellen mußte. Am 1. November 1986 verwüstete ein Großbrand eine Chemiefabrik in Basel in der Schweiz. Das Feuer wurde zwar gelöscht, aber die giftigen Abfälle verseuchten das gesamte Rheintal und töteten fast alle Lebewesen im Fluß. Es stellte sich die Frage: „Wie kann man den Rhein wieder mit Leben erfüllen?“

Lalonde studierte die Geschichte des vom Menschen geschaffenen Rheinlaufs. Bis zu dem Eingriff des Menschen glich das Rheintal eher einer Reihe von Sümpfen, die sich je nach Jahreszeit veränderten und die Schiffahrt nahezu unmöglich machten. Dann begann ein Mann namens Johann Gottfried Tulla (1770-1828), den Rhein zu begradigen und damit um 80 km zu verkürzen und 120 km2 überschwemmbare Auen zu beseitigen. Entgegen seinen Erwartungen erhöhte die Begradigung des Oberrheins jedoch die Strömungsgeschwindigkeit und machte sogar Teile des Flusses unbrauchbar! Um die Situation umzukehren, baute Frankreich, das nach dem Ersten Weltkrieg für den Rhein zuständig war, den 50 km langen Grand Canal d'Alsace, der parallel zu Tullas Rhein verläuft und Schiffahrt und Stromerzeugung für die industriellen Zentren beider Länder ermöglicht.

Seit 1987 arbeiten die Mitglieder der Internationalen Kommission zum Schutz des Rheins (IKSR) – die Schweiz, Frankreich, Deutschland, Luxemburg, die Niederlande und die Europäische Kommission – erfolgreich mit Österreich, Liechtenstein und der belgischen Region Wallonien sowie Italien zusammen, um die vielfältigen Nutzungs- und Schutzinteressen im Rheingebiet zum Wohle aller zu harmonisieren.

Lalonde betonte: „Die Dinge sind also nicht immer so einfach“ – weder bei den Eingriffen des Menschen in die Natur noch bei den Grünen, die viele Fehler machen und viele Dummheiten erzählen, anstatt auf der Grundlage der Wissenschaft zu handeln.

Talsperren und Staudämme

Emmanuel Grenier, zuständig für Öffentlichkeitsarbeit und institutionelle Beziehungen bei der Internationalen Kommission für große Talsperren (ICOLD), sprach über die wesentliche wirtschaftliche und soziale Rolle großer Staudämme weltweit. Um nur einige Bereiche zu nennen: die Sicherstellung einer zuverlässigen Wasserversorgung für alle, billiger Strom, Hochwasserschutz, Entwicklung des Tourismus und Aquakultur. Und natürlich die Gesundheit! Wie eine Grafik aus Japan zeigt, besteht ein direkter Zusammenhang zwischen einer zuverlässigen Wasserversorgung, die vom öffentlichen Sektor bereitgestellt wird, und der Gesundheit der Bevölkerung. Zwischen 1870 und 1990 führte ein starker Anstieg der von den öffentlichen Versorgungsbetrieben bereitgestellten Wassermenge in Japan zu einem drastischen Rückgang von Infektionskrankheiten und der Kindersterblichkeit. Die ICOLD fördert auch den Bau von Staudämmen in Entwicklungsländern.

Weltweit gibt es heute 60.000 große Staudämme und eine Million kleine Dämme mit einer Gesamtkapazität von 4000 km³. Die ICOLD wurde 1928 als Fachorganisation gegründet und hat 106 Mitgliedsländer und 10.000 Einzelmitglieder, darunter Planungsbüros, Bauunternehmen, Betreiber, Wissenschaftler, Forscher, Ingenieure, Akademiker, Regierungen, Finanzinstitute und Verbände.

Ihr Ziel ist es, weltweit das Wissen über die Planung, den Bau, den Betrieb und die Sicherheit von Staudämmen zu fördern. Die ICOLD unterstützt, validiert und verbreitet Innovationen für Staudämme. Sie erläßt Bauvorschriften und Normen, um sicherzustellen, daß beim Bau von Staudämmen die Sicherheit, die Umwelt und andere soziale und wirtschaftliche Aspekte berücksichtigt werden. Sie ist auch ein Forum für den Wissens- und Erfahrungsaustausch mit 26 technischen Ausschüssen und 500 Experten.

Bewässerung in Xinjiang

Der chinesische Wasserexperte Bai Yungang, Vizevorsitzender der Akademie der Wasserwissenschaften in Xinjiang, berichtete ausführlich darüber, wie China die Landwirtschaft in Xinjiang zur Erfolgsgeschichte gemacht hat. Xinjiang, das ein Sechstel der Landfläche Chinas ausmacht, besteht aus dem Tarim-Becken, einer endorheischen Wüstenregion, d.h. einem Gebiet im Landesinneren, aus dem kein Wasser zum Meer abfließen kann und als „Trockenlandwirtschaftsgebiet“, das nur von natürlichen Regenfällen lebt, keine Überlebenschance hat. Xinjiang ist weltweit „eine der Regionen mit dem größten strukturellen und ressourcenbezogenen Wassermangel“. Daher ist die Entwicklung einer effizienten, wassersparenden Landwirtschaft unumgänglich.

Über mehrere Jahrzehnte hinweg hat China die Bewässerungstechniken verbessert. „Ende der 1970er Jahre führten viele Bezirke verbesserte Oberflächenbewässerungstechniken ein und förderten sie.“ Man nutzte erstmals effizientere, wassersparende Bewässerungstechniken wie Sprinklerbewässerung und Mikrobewässerung, auch bekannt als Tropfbewässerung. Ende der 80er Jahre schließlich schlugen lokale Techniker erstmals die Tropfbewässerung unter Plastikfolien vor, eine Technik, die als Membranbewässerung bezeichnet wird und einen bedeutenden Durchbruch gegenüber der traditionellen Bewässerungstechnik darstellt. „Diese neuartige Bewässerungstechnik kombiniert die Vorteile der Mulchpflanzentechnik mit der Tropfbewässerungstechnik.“

Damit gelang es Xinjiang zunächst, mit sehr wenig Wasser 30% der chinesischen Baumwollproduktion zu erzeugen. Dann wurde die Technik von einigen wenigen Kulturen wie Baumwolle, Weintrauben und Obstbäumen auf fast alle Kulturen ausgeweitet: Gemüse wie Paprika, Tomaten, Kartoffeln, Mais, Zuckerrüben und Saatmelonen sowie Getreide wie Weizen und Reis.

In den letzten Jahren wurde die Effizienz weiter verbessert, der Nutzungskoeffizient für Bewässerungswasser stieg von 0,506 im Jahr 2018 auf 0,573 Ende 2022. Dies hat auch Konflikte um Wasser- und Bodenressourcen in der Landwirtschaft entschärft.

Hinzu kommen die Nutzung von Düngemitteln und ihre genaue Abstimmung mit der Bewässerungstechnik. „Durch die Integration von Technologien wie Hochverdichtungsanbau und der Wasser-Dünger-Kopplung wird eine Technologie zur Anwendung von Wasser- und Düngemittel-Feinmanagement geschaffen.“ Gegenüber den traditionellen Techniken hat dies erhebliche wassereinsparende und ertragssteigernde Effekte.

Wasser für Afghanistans und für das Aralsee-Becken

Was auch immer man von ihrem Regime halten mag, erklärte Karel Vereycken, die Afghanen sind jetzt fest entschlossen, ihr Land aufzubauen. Daher der Bau des 285 km langen Kosch-Tepa-Kanals, eine heroische Anstrengung des gesamten Landes zur Bewässerung von fast einer halben Million Hektar Ackerland, um die Weizenproduktion zu verdoppeln und das Land zum Exporteur von Nahrungsmitteln zu machen.

Wie hat die Welt darauf reagiert? Die Nachrichtenagentur Khaama Press zitierte am 9. November den früheren Leiter der Medienaufsichtsbehörde, Abdul Haq Hamad, aus einer Fernsehdebatte, die pakistanischen Behörden hätten der Taliban-Führung bei einem offiziellen Treffen gesagt, sie müßten „die Operationen auf dem Kosch-Tepa-Kanal einstellen“. Sie befürchten, daß „Afghanistan durch diesen Kanal Autonomie bei der Verwaltung seiner Gewässer erhält“. Auch in Frankreich beschuldigte der Korrespondent von Le Figaro in Taschkent, Cédric Gras, am 7. November die Taliban, „den Kanal der Zwietracht ... zu graben, einen gigantischen Bewässerungskanal ... zum Nachteil der flußabwärts gelegenen Länder und des Aralsees, dessen Wasserversorgung und landwirtschaftliche Ernten bedroht sind“.

Wie groß ist das Risiko wirklich? Es stimmt, daß der Kanal Wasser aus dem Amudarja ableitet, der zusammen mit dem Syrdarja den inzwischen weitgehend ausgetrockneten Aralsee im Grenzgebiet von Usbekistan und Kasachstan gespeist hatte. Das „Aralsee-Becken“ umfaßt fünf zentralasiatische Länder: Kasachstan, Kirgisistan, Tadschikistan, Usbekistan und Turkmenistan. Geologisch gesehen ist auch Nordafghanistan Teil dieses Beckens. Es gibt jedoch praktikable Lösungen für alle Mitglieder, selbst in diesen endoreischen Becken, in denen alles Wasser versickert oder verdunstet und in denen das von einem Land entnommene Wasser allen anderen fehlt.

Unter dem sowjetischen System wurde eine gute Aufteilung vereinbart: Stromaufwärts gelegene Länder wie Kirgisistan und Tadschikistan (mit viel Wasser und Wasserkraft) erklärten sich bereit, im Frühjahr einen Teil ihres Wassers abzugeben, damit benachbarte, stromabwärts gelegene Länder wie Usbekistan und Turkmenistan Wasser für die Bewässerung ihrer Felder haben. Als Ausgleich für die „flußaufwärts“ gelegenen Länder bot Rußland ihnen Öl und Gas. Durch diese Einbeziehung von Energie in die Wasseraufteilung und den sogenannten „Wasser-Energie-Nahrungsmittel“-Nexus konnte Zentralasien bisher Wasserkonflikte vermeiden.

Afghanistan hat das Recht, vom Wasser des Amudarja zu profitieren, und was es heute tut, ist kein Krieg um eine begrenzte Ressource, sondern es wird ein zusätzlicher Beteiligter dieser gemeinsamen Nutzung. Alle zentralasiatischen Länder sind jetzt gefordert, in ihre Wasserkraftwerke zu investieren und vor allem effizientere und wassersparende Bewässerungstechniken einzuführen, so wie sie der chinesische Redner aus Xinjiang vorstellte.

Grundlagen der physikalischen Ökonomie

Sébastien Drochon, wissenschaftlicher Leiter des Schiller-Instituts, stellte einige Grundlagen der physikalischen Ökonomie vor, wie sie der amerikanische Ökonom Lyndon LaRouche erarbeitet hat, und bezog diese Überlegungen auf die Frage des Wassers in der menschlichen Wirtschaft.

Er erörterte, was es bedeutet, die mögliche Bevölkerungsdichte eines Gebietes zu erhöhen. Wie können wir, je nach den Ausgangsbedingungen in einem Gebiet, den Zugang zu angemessenem Wohnraum, Nahrung und Wasser sowie grundlegender wirtschaftlicher und sozialer Infrastruktur für alle sicherstellen? Wenn das gesichert ist, ermöglicht es einen gleichzeitigen Anstieg der Bevölkerungsdichte, der Lebenserwartung und des Energieverbrauchs pro Kopf. Drochon hob die Bedeutung des letzteren hervor. Vielen Menschen erscheint ein ständig steigender Energieverbrauch unnatürlich oder sogar beängstigend. Tatsächlich aber steigt der jährliche Pro-Kopf-Energieverbrauch (zur Deckung der Kosten für die oben genannten Lebensstandards) als Folge höherer Effizienz im Produktionsprozeß durch aufeinanderfolgende Sprünge im technischen Fortschritt, verbunden mit einer höheren Energieflußdichte in den Produktionsprozessen.

Wie läßt sich dieser Grundsatz auf den Wasserverbrauch anwenden, der eng mit der Energie verbunden ist? Müßten wir nicht auch eine Steigerung des durchschnittlichen jährlichen Wasserverbrauchs in unserer Gesellschaft anstreben, um eine gesunde Wirtschaft zu gewährleisten? Möglich wird das durch den wissenschaftlich-technischen Fortschritt, mit dem Wasser in Zukunft keine Ressource mehr sein wird, die der Mensch irgendwo entnimmt, sondern zunehmend selbst erzeugt. Ob durch die Entsalzung von Meerwasser oder die Erkundung unterirdischer Grundwasserleiter (ein Thema, das auch von Alain Gachet aufgegriffen wurde), dieses Wasser gewinnen wir durch eine größere Arbeitsfähigkeit der Gesellschaft.

Zum Abschluß seines Vortrags betonte Drochon, daß wir wahrhaft menschliche und auf das Gemeinwohl ausgerichtete Kultur des Fortschritts schaffen müssen. Dazu schloß er mit zwei Zitaten, François Rabelais sagt in Gargantua und Pantagruel: „Wissenschaft ohne Gewissen ist nur der Ruin der Seele“, und Marie Curie sagte: „Im Leben muß man nichts fürchten, man muß alles verstehen.“

Entwicklung des „fruchtbaren Halbmonds“

© Wikimedia Commons/Sémhur/cc-by-sa 3.0

Ungefähre Region des “fruchtbaren Halbmonds”.

„Ein Fruchtbarer Halbmond: Ist eine gemeinsame Entwicklung rund ums Wasser möglich?“ – dieser Frage ging Pierre Berthelot vom IPSE (Institut Prospective et Securité en Europe) und der Pariser Akademie für Geopolitik in seinem Vortrag nach. Er untersuchte den großen Nutzen des Projekts für einen neuen Fruchtbaren Halbmond – die Region des Winterregens am westlichen, nördlichen und östlichen Rand der syrischen Wüste vom Sinai bis zum Persischen Golf – und die Schwierigkeiten bei seiner Umsetzung.

Das Projekt wäre offensichtlich von Wert. Es liegt im Interesse aller dieser Länder, zusammenzuarbeiten, um die Wasserressourcen der Region optimal für wirtschaftliche Entwicklung zu nutzen. Vor allem, da die Bevölkerung schnell wächst und damit auch der Bedarf, die städtische Bevölkerung mit Wasser in ausreichender Menge und Qualität zu versorgen. Viele dieser Länder leiden unter Wasserknappheit, die auch zu internen Spannungen führt.

Berthelot sprach zunächst über einige frühere Kooperationsprojekte, die nicht aus technischen, sondern oft aus politischen Gründen scheiterten. Er nannte insbesondere das Projekt der „Friedenspipelines“, das die Türkei 1990-91 in Angriff genommen hatte. Die Türkei, die reich an Wasser ist, bot den Ländern der Region ihr Wasser im Tausch gegen billige Energie an, aber das hat nicht wirklich funktioniert.

Wassertransfers werden von vielen Experten kritisiert. Wir sind nicht völlig dagegen, sagen sie, aber wir müssen vorsichtig sein: Die Kosten sind enorm, ebenso wie die Folgen für die Umwelt. Außerdem braucht man dafür Frieden, und wir wissen ja, was aus den Osloer Verträgen geworden ist. Berthelot erwähnte auch Vorschläge des ägyptischen Präsidenten Sadat in Camp David und von US-Präsident Eisenhower im Jahr 1950. Aber alle diese Projekte wurden aus politischen Gründen wieder aufgegeben.

Wo liegen heute die Schwierigkeiten? Berthelot nennt zwei: die Geopolitik und den „Wasser-Hegemonismus“ von zwei Hauptbeteiligten. Die Türkei ist in einer hegemonialen Position, weil das Wasser des Tigris und Euphrat in ihren Bergen entspringt und sie den Wasserhahn nach eigenem Gutdünken zudrehen kann. Die andere Macht ist Israel, das durch seine Eroberungen von einem flußabwärts zu einem flußaufwärts gelegenen Land geworden ist.

Um ein Kooperationsprojekt ins Auge fassen zu können, müßten die Beziehungen zwischen diesen beiden Staaten und den anderen Staaten der Region friedlich sein. Die gegenwärtigen geopolitischen Spannungen verhindern jedoch die Errichtung des Fruchtbaren Halbmonds, da sich ein anderes Konzept abzeichnet: der sog. Schiitische Halbmond – eine Einflußzone, in der sich der schiitische politische Islam des Iran bis zum Libanon ausbreiten würde. Andere meinen, daß diese Allianz, die durch die amerikanische Intervention entstanden ist, aufgelöst werden muß.

Berthelots Schlußfolgerung: Wenn wir dieses Kooperationsprojekt verwirklichen wollen, das technisch durchaus machbar ist, wird dies nur durch eine Versöhnung oder mindestens ein Abkommen auf einen gemeinsamen Nenner zwischen den Vereinigten Staaten und dem Iran möglich sein.

Ein Kanal als Friedensprojekt

© Wikimedia Commons/Kimdime69

Die Seenkette entlang des Ostafrikanischen Grabens bietet sich an zur Schaffung eines Schiffahrtsweges.

José Mulenda ist Schriftsteller, Jurist, Ökonom und unabhängiger Forscher. Er sprach über „Sula Ya Amani – ein Großprojekt für Afrika“. Sula Ya Amani bedeutet auf Suaheli „Das Gesicht des Friedens“, und er setzt sich seit vielen Jahren für den Frieden und für dieses Kanalprojekt ein. Mulenda beschrieb das Unrecht, das seine Region erlitten hat: die Toten in der Kautschukproduktion im 19. Jahrhundert, dann in der Waffenproduktion im Ersten und Zweiten Weltkrieg, bis hin zum Völkermord von 1994. Vor diesem Hintergrund kämpft CSP REGLA, eine in der Demokratischen Republik Kongo eingetragene französische Vereinigung, für die Verbindung der großen Seen des Albertine-Grabens – dem Westteil des Großen Afrikanischen Grabenbruchs – im Osten der DR Kongo durch einen großen Kanal. Das würde eine Alternative für Frieden, Entwicklung und Sicherheit in der Subregion schaffen.

Mulenda erinnerte daran, daß die Seen des Grabens in einer Welt zunehmenden Wassermangels zu den größten Süßwasserseen der Welt gehören: Viktoriasee, Albertsee, Eduardsee, Kiwusee, Tanganjikasee, Rukwasee, Malawisee... Sie bergen auch ein enormes wirtschaftliches Potential für Landwirtschaft, Fischerei, Verkehr, Wasserkraft und Tourismus in dieser Region voller unermeßlicher natürlicher Reichtümer im Untergrund.

Die schrittweise Anbindung dieser Seen an den Indischen Ozean (einigen Autoren zufolge bildeten sie im Quartär eine Bucht) ist eine entscheidende Option zur Erschließung des kulturellen und wirtschaftlichen Potentials der Region, um die regionale wirtschaftliche Integration zu gewährleisten, die Voraussetzungen für den Frieden wiederherzustellen und eine effiziente Politik zu fördern. Der Lukuga-Kanal wird das Kanalsystem „Sula Ya Amani“ über den Lualaba vom Tanganjikasee aus mit dem Kongofluß verbinden.

Die Verbindung dieser Seen durch den Bau eines Kanals ermöglicht die Erschließung ihres wirtschaftlichen Potentials, vergleichbar mit dem Sankt-Lorenz-Kanal in Kanada und dem Rhein-Main-Donau-Kanal in Europa.

Grundwasserexploration per Satellit

„Wasser in Hülle und Fülle“ lautete das Thema von Alain Gachet, Bergbau-Ingenieur, Doktor der Kern- und Quantenphysik und Gründer des Unternehmens RTI Exploration. Heute wird mehr als jemals zuvor über Wasser geredet, aber das betrifft immer nur das Oberflächenwasser, das wir sehen – Gachet dagegen sprach über das Wasser, das wir nicht sehen. Als er vor 20 Jahren die molekularen Eigenschaften von Wasser untersuchte, entdeckte er einen Algorithmus, der beschreibt, wie von Mikrowellen angeregtes Wasser vibriert, sozusagen „tanzt“. Um Wasser unter der Erdoberfläche zu finden, strahlt man Mikrowellen von Radarsatelliten in 800 km Höhe aus, manchmal über ganzen Ländern. Früher hatte Gachet für die Erdölindustrie die notwendigen Karten für die Ölsuche erstellt, nun kann er diese Erdöl-Geowissenschaft auf das Wasser anwenden. „Ich nenne den Algorithmus Watex – Wasserexploration –, und mit ihm kann ich ganz konkret veranschaulichen, was die NASA seit 30 Jahren sagt: daß es unter der Erde hundert Mal mehr Wasser gibt als in allen Seen und Flüssen auf der Oberfläche des Planeten zusammen!“

Das Ziel ist die Sicherung der Wasserversorgung, aber auch der Nahrungsmittelversorgung, da der traditionelle Anbau in fast allen Teilen der Welt heute durch die Unzuverlässigkeit der Jahreszeiten beeinträchtigt wird. Der Regen kommt nicht zur richtigen Zeit, und die Plantagen sterben. „Wir müssen also bewässern, und sobald wir diese Grundwasserkarten haben, können wir Masterpläne für die landwirtschaftliche und industrielle Entwicklung für alle Institutionen, die sie anfordern, und für Regierungen erstellen.“ Das hatte er beispielsweise in Niger vor dem Staatsstreich für Präsident Bazoum getan.

„Gerade als ich diesen Algorithmus erfunden hatte, brach die Darfur-Krise aus. Schon vor 20 Jahren, 2004-05, wurde ich gebeten, in den Flüchtlingslagern von Darfur meine erste Arbeit zur Wasserfrage zu leisten.“

In Afrika, wie auch im Rest der Welt, braue sich die schlimmste Tragödie des 21. Jahrhunderts zusammen. Die UNO befürchtet in den kommenden Wochen und Monaten „einen Orkan von Hungersnöten“, und die aktuellen Kriege verschlimmern das noch.

Europa hat dieses seit 30 Jahren andauernde Drama nicht in den Griff bekommen, und so erleben wir seit fast 15 Jahren, wie Tausende von Klimaflüchtlingen nach Europa strömen. „Das ist es, was mich empört.“ Er beweise mit seiner Arbeit seit 20 Jahren, wie man die Probleme bewältigen kann, indem er Wasser in die lebensfeindlichsten Gebiete des Planeten bringt – wofür er 2016 von der NASA geehrt wurde. „Die Aufgabe, die vor uns liegt, ist immens und dringend. Hören wir also auf, über den Klimawandel zu jammern, und bauen wir gemeinsam eine Zukunft auf! Es gibt Lösungen.“