„Unser Bluff ist aufgeflogen“
Von Oberst a.D. Larry Wilkerson
Larry Wilkerson war Stabschef von US-Außenminister Colin
Powell.
Es ist schön, bei Ihnen zu sein, und besonders schön, drei Menschen gehört zu
haben, von denen ich zwei als gute Freunde betrachte und eine dritte, Professor
Zhang Weiwei, mich sehr an meine Gespräche vor 22 Jahren mit dem Herren erinnert
hat, der jetzt der bevollmächtigte Außenminister Chinas ist, Wang Yi.
Chas [Freeman] hielt uns eine eloquente Abhandlung in wunderbar
diplomatischen Worten – manchmal etwas harsch, aber auch das müssen Diplomaten
tun – über die Perfidie des Imperiums; über die Verbrechen der Lakaien des, wie
ich kürzlich in einem anderen Podcast sagte, „schlechtesten Außenministers seit
Thomas Jefferson“. Und da die Person, der ich das sagte, ein wenig über unsere
Geschichte wußte, sagte sie: „Also alle!“ Absolut, es sind alle. Tony Blinken
ist ein verabscheuungswürdiger, verwerflicher Vertreter eines bereits
untergehenden, verabscheuungswürdigen und in vielen seiner Handlungen
verwerflichen Imperiums. Und der Rest der Biden-Regierung steht ihm in nichts
nach.
Ich habe mir auch angehört, was der chinesische Redner, Professor Zhang
Weiwei, gesagt hat, und ich stimme ihm größtenteils zu. Ich stimme ihm zu in
einem sehr „geopolitischen“ Sinn – wenn man ein noch allumfassenderes Wort dafür
erfinden könnte, würde ich es verwenden. „Historischer Sinn“ ist nicht
allumfassend. Aber was wir gerade erleben, ist eine weitere kolossale
Verschiebung des Fokus, des Zentrums der Wirtschaftsmacht und der
Finanzgeschäfte – nennen Sie es das Zentrum des menschlichen Lebens auf dieser
Erde – zurück dorthin, wo es vor 2-3000 Jahren oder auch vor 1500 Jahren war:
Zentralasien mit einem Lebensborn in China, der diese Lebendigkeit, diesen
Handel, diese Geschäfte usw. speist.
Und auf der anderen Seite [im Westen] sehen wir – ohne daß sie es wissen,
weil sie historisch zu ungebildet sind, um es zu verstehen – ihre intuitive
Wahrnehmung dieser kolossalen Machtverschiebung in all ihren Dimensionen, quasi
zurück in den Osten und weg vom Westen: Sie kämpfen mit Händen und Füßen dagegen
an!
Ich bin zutiefst besorgt über einen solchen katastrophalen, globalen Kampf,
denn nichts weniger ist es. Wir [die USA] sind, wie ich bereits an vielen
anderen Orten und bei vielen anderen Gelegenheiten gesagt habe, das einzige
Imperium in der Geschichte der Menschheit – ganz gleich, ob man 50.000 Jahre,
5000 Jahre oder 3000 Jahre nimmt, das ist unerheblich –, das die technischen
Mittel erfunden hat, um uns buchstäblich über Nacht zu vernichten. Und das Land,
das uns heute am ehesten an diese Schwelle der Zerstörung bringen kann, ist
Amerika.
Es kämpft gegen diesen, wenn man so sagen will, unvermeidlichen Trend des
menschlichen Lebens an. Lebhaftigkeit, Handel, all diese Adjektive und
Substantive, die Macht beschreiben, verlagern sich zurück in den Osten. Das ist
unvermeidlich, es ist unaufhaltsam, es passiert und wird weitergehen. Die
Gürtel- und Straßen-Initiative ist eine Ader, die quasi in diesem pochenden
Herzen liegt. Wir sprechen in dieser Hinsicht – ich liebe diesen Begriff – von
der China-ASEAN-Gemeinschaft, wahrscheinlich 35% der Welt. Und wir sprechen von
einem unglaublichen, kombinierten BIP, insgesamt wahrscheinlich über 100
Billionen Dollar.
Das ist eine gewaltige Kraft, gegen die wir ankämpfen. Und wir sollten nicht
dagegen ankämpfen!
Aber warum kämpfen wir [die USA] dagegen? Wie gesagt, es gefällt uns
überhaupt nicht, und wir haben keine Leute, die genug über die
Menschheitsgeschichte wissen, nicht einmal über die jüngste Geschichte ihres
eigenen Landes und das dafür entwickelte Verfassungsgefüge, um etwas anderes zu
tun, als dagegen anzukämpfen, und das auf jede erdenkliche Weise. Wir bringen
gerade einen Präsidenten wieder ins Amt, der der Inbegriff eines Menschen ist,
der keine Ahnung hat, und der offenbar ein ganzes Kabinett voller Menschen
zusammenstellt, die diese kolossale Machtverschiebung auf der Welt genauso
ablehnen, wie es die derzeitige Regierung tut, wenn nicht noch mehr.
Was bedeutet das, nach meiner Erfahrung, der ich 31 Jahre in der US-Armee
war? Es bedeutet, daß wir uns mit allen verfügbaren Mitteln dagegen sträuben
werden.
Lassen Sie mich dazu nur ein oder zwei Szenarien skizzieren. Es könnte in der
Ukraine beginnen oder, wie viele bereits mehrfach erwähnt haben, im
Südchinesischen Meer. Was würden wir an diesen beiden Orten tun, wenn unser
Bluff auffliegt? Denn es ist wirklich ein Bluff, und die NATO macht bei diesem
Bluff mit, weil sie derzeit in jeder Hinsicht unser Pudel ist, mit Ausnahme von
Ungarn, der Slowakei und einigen anderen, die wenigstens ein bißchen nachdenken,
wie Deutschland und Frankreich. Schauen Sie sich deren politische Situation im
Moment an: Ich habe das vor sechs Monaten vorhergesagt. Ich sagte, sie würden
zerbröseln, und sie zerbröseln, und die sind, neben der Türkei, die zentralen
Mächte in der NATO. An alledem ist unser Wunsch schuld, unsere Macht in der Welt
zu erhalten, nein, sie sogar noch auszuweiten!
Was passiert, wenn eines dieser Szenarien danach aussieht, daß es vorbei ist
mit dem Bluff, und wir beschließen dann, daß wir „tun müssen, was wir tun
müssen“? Das wird wahrscheinlich im Südchinesischen Meer sein, wenn wir Taiwan
konventionell verteidigen, oder wenn wir in Europa mit unserer Beteiligung am
Ukraine-Konflikt noch weiter gehen, als wir es bereits tun. Unser Bluff fliegt
auf.
Ich glaube nicht, daß Putin oder Xi dazu neigen, Atomwaffen einzusetzen. Aber
wenn wir [die USA] in einen konventionellen Konflikt geraten – und das bereitet
mir große Sorgen –, dann sind wir derzeit konventionell sehr schwach
aufgestellt. Mit dem ersten Golfkrieg 1990-91 hatten wir unseren Höhepunkt
erreicht. Wir waren auf dem Höhepunkt in technologischer Hinsicht, in Bezug auf
Munitionsvorräte, in Bezug auf Wartung, in Bezug auf Ausrüstung und in Bezug auf
Personal. Wir waren auf dem Höhepunkt in allen Bereichen.
Das ist viele Jahre her. Seitdem geht es bergab, und unser Militär könnte den
Iran heute konventionell nicht besiegen, geschweige denn das kampferprobte
Rußland oder gar Rußland und China zusammen.
Nehmen wir nur das Szenario im Südchinesischen Meer. Nehmen wir an, wir
würden uns aus irgendeinem Grund dafür entscheiden, etwa weil China gewaltsam in
Taiwan einmarschiert oder so etwas. – Ich glaube nicht einmal, daß das unter
bestimmten Umständen notwendig wäre, um Taiwan zu überzeugen, daß es jetzt ein
Teil Chinas ist, vielleicht würde ein Telefonanruf ausreichen. – Wir
protestieren dagegen und es kommt tatsächlich zu einem Krieg im Südchinesischen
Meer. Dann würde sich das entwickeln, was meine Marinesoldaten den „Kampf
zwischen dem Hai und dem Wal“ nannten, oder zwischen dem Hai und dem Elefanten.
Sie hatten da verschiedene Analogien, Hai und Elefant war meiner Meinung nach
die treffendste. Und damit meinten sie, daß wir den Krieg so führen würden, daß
wir die Luftwaffe und die Marine des jeweils anderen um 35-40% schwächen würden.
Das bedeutet ein paar hunderttausend Opfer auf beiden Seiten. Die Amerikaner
haben in ihrem Leben noch nie solche Verluste erlebt.
Was würde dann passieren? Wenn die Flotte und die Luftwaffe aufgerieben wären
und niemand im US-Militär an eine Landung in China denken könnte, um in den
Bauch des Elefanten zu gelangen? Dort stünden zwei, vier, sechs Millionen
Soldaten auf Abruf bereit. Und China würde nicht auf See kommen wollen, um gegen
den Hai zu kämpfen. Also würden wir den Einsatz von Atomwaffen in Betracht
ziehen.
Jede Kriegssimulation, an der ich jemals teilgenommen habe, hat sich so
entwickelt, wenn der Ausgangspunkt das Südchinesische Meer oder Taiwan oder die
Philippinen oder irgendein anderer Ort war, an dem China beteiligt war. Wir
wären die ersten, die Atomwaffen einsetzen würden. Meiner Meinung nach würden
wir das auch unter rein konventionellen Bedingungen tun, etwa im Iran, weil wir
sonst verlieren würden. Wir würden schreckliche Verluste erleiden; Verluste, wie
sie das amerikanische Volk noch nie gesehen hat. Es würde im wesentlichen
bedeuten, daß wir auf Atomwaffen zurückgreifen.
Und wie Scott [Ritter] bereits angedeutet hat und wie ich heute Nachmittag im
Nationalen Presseclub noch einmal sagen werde – und ich bin sicher, daß Scott
und die anderen Sprecher es dort ebenfalls tun werden: Das wäre das Ende der
Menschheit. Vielen Dank.
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