Beendet die im Namen der Demokratie
und westlicher Werte geführten Kriege
Von Zenobita Maganga
Zenobita Maganga ist Friedensaktivistin und stammt aus der
Demokratischen Republik Kongo. Im zweiten Abschnitt der Pariser Konferenz der
Solidarité et Progrès (S&P) und des Schiller-Instituts am 8. November sagte
sie folgendes. (Übersetzung aus dem Französischen.)
Guten Abend allerseits, mein Name ist Zenobita, und ich möchte zunächst dem
Schiller-Institut dafür danken, daß es mir die Gelegenheit gibt, zu Ihnen zu
sprechen.
Zunächst einmal entschuldige ich mich dafür, daß ich kein Kriegsexperte bin;
ich weiß nicht, wie ich anders sprechen soll. Ich spreche aus meinem Herzen, aus
meinem Innersten, denn die Situation, die ich Ihnen gleich schildern werde,
betrifft mich persönlich.
Ich werde Ihnen vom Krieg im Kongo erzählen – dem vergessenen Krieg. Es ist
nun mehr als 30 Jahre her, seit unser Land im Chaos versunken ist. Ein Chaos,
dessen Opfer ich selbst bin. Seit mehr als 30 Jahren, seit die Vereinigten
Staaten beschlossen, Mobutu zu stürzen und Paul Kagame als Oberhaupt Ruandas
einzusetzen, versinkt unser Land im Chaos vor den Augen der Welt, mit einem
Schweigekodex, den ich nicht erklären kann. Wir sprechen nicht genug über die
Millionen von Toten, wobei auch ich ein Opfer bin, weil ich meine Mutter
verloren habe, die vor meinen Augen ermordet wurde; sie war 28 Jahre alt.
Auch mein Vater kam in diesem Krieg ums Leben, weil er als Soldat gegen all
die Greueltaten kämpfte, die von westlichen Ländern begangen wurden, die
vorgeben, Demokratie und Menschenrechte zu verteidigen, aber die Greueltaten von
Paul Kagame und Yoweri Museveni aus Uganda ignorieren.
Heute spreche ich zu Ihnen, und ich sehe, daß viele junge Menschen hier sind.
Ich möchte mich an alle wenden, insbesondere an euch, die Jugend. Ich glaube,
wir müssen etwas unternehmen angesichts dessen, was in der Welt geschieht. Wir
haben eine Verantwortung und eine Mission zu erfüllen.
Wie Fanon sagte: „Jede Generation muß in relativer Unkenntnis entscheiden, ob
sie ihre Mission erfüllt oder verrät.“
Ich glaube, wir sind diese Generation, diese Jugend, die ihre Mission
erfüllen muß. Und unsere Mission ist es, diesen Weltkrieg zu verhindern, der
fast vor unserer Haustür steht. Es ist an der Zeit, daß alle etwas gegen das
tun, was in der Welt geschieht, nicht nur im Kongo. Heute sehen Sie, was im
Sudan, in Palästina und in der Demokratischen Republik Kongo geschieht.
Glauben Sie mir, so etwas passiert nicht nur den anderen. Ich bin vor über
fünf Jahren in Frankreich angekommen und hätte mir nie vorstellen können, zu
sehen, was ich jetzt sehe. Seit über 30 Jahren bin ich Zeuge davon, und mein
Land sinkt immer weiter herab. Es ist Zeit, Verantwortung zu übernehmen. Es ist
Zeit, daß die westlichen Länder, die öffentliche Meinung sich auf die Seite des
kongolesischen Volkes stellen, denn das dauert schon viel zu lange. Es ist Zeit,
daß es aufhört. Ich, der ich jetzt zu Ihnen spreche, habe durch diesen Krieg
mein ganzes Leben verloren, meine Familie, alles, was mir etwas bedeutete, und
bis heute verliere ich immer noch mehr geliebte Menschen. Es ist an der
Zeit.
Es geht nicht darum, Partei zu ergreifen oder Stellung zu beziehen, sondern
es ist an der Zeit, daß wir uns alle zusammenschließen und auf derselben Seite
stehen, der Seite von Frieden und Gerechtigkeit. Denn ich gehöre zu denen, die
glauben, daß wir ohne Waffen zusammenleben und teilen können. Es ist an der
Zeit, daß sich die Welt für Frieden und Gerechtigkeit einsetzt, denn diese
Kriege nützen uns, den einfachen Menschen, nichts. Es sind die Mächtigen, die
Milliardäre, das imperialistische und kapitalistische System, die beschließen,
Chaos in der Welt zu säen, um unsere Länder leiden zu lassen.
Ich glaube nicht, daß es den Franzosen oder den westlichen Völkern nützt,
wenn Frankreich oder andere kapitalistische Länder den Ländern der Dritten Welt
Kriege aufzwingen. Es ist an der Zeit, daß sich die Menschen in Amerika,
Frankreich und überall sonst auf der Welt zusammenschließen und sich mit den
Menschen dieser Länder, die wir Dritte Welt nennen, solidarisieren, um Nein zu
Ihrem imperialistischen und kapitalistischen System zu sagen. Denn Kapitalismus
ist Krieg. Es ist an der Zeit, daß die ganze Welt zusammenkommt, die Menschen
und insbesondere die Jugend, denn wir sehen, wie unsere Welt untergeht.
Ich lebe seit Jahren in diesem Krieg. Ich habe mehr Hoffnung. Ich bin eine
Frau und frage mich: Ist es noch möglich, mein Leben neu aufzubauen? Ist es
möglich, Kinder zu bekommen in dieser Welt, die überall in Krieg, Ungleichheit
und Ungerechtigkeit versinkt?
Andererseits sehe ich, daß einige Menschen den Kriegstreibern folgen. Und ich
denke, wir müssen unsere Positionen ändern. Wir müssen uns für Gerechtigkeit und
Frieden entscheiden, denn es ist möglich, zusammenzuleben und ohne Waffen zu
teilen.
Ich glaube daran, ich bleibe optimistisch und setze mich sehr für den Frieden
ein, denn was in der Welt geschieht, nicht nur in meinem Land, betrifft mich
direkt. Dieser Krieg hat mir meine Jugend geraubt; dieser Krieg hat mir meine
Großmutter geraubt, die ich so sehr geliebt habe. Sie war die Liebe meines
Lebens, und seit sie gestorben ist, habe ich mich nie mehr geliebt gefühlt. So
gewalttätig ist der Krieg.
Es ist an der Zeit, daß die ganze Welt, egal ob links, rechts, aus dem
Norden, Süden oder Osten, zusammenkommt und mit einer Stimme spricht, um über
unsere Zukunft, über unseren Frieden zu entscheiden. Niemand anderes wird das
für uns tun.
Diejenigen, die diese Kriege auf der ganzen Welt orchestrieren, sind nicht
für uns da; sie arbeiten für ihren eigenen Besitz, für ihre eigenen Interessen,
fürs Geld, wenn ich das so sagen darf. Es liegt an uns, den Menschen, und an der
internationalen öffentlichen Meinung, zusammenzukommen und uns zu organisieren,
um Ihren Ländern „halt!“ zu sagen – denn es sind Ihre westlichen Länder, die
seit Jahrhunderten Kriege auf der ganzen Welt organisieren; das hat nicht erst
heute begonnen.
Es ist an der Zeit, daß die öffentliche Meinung weltweit und im Westen sich
zusammenschließt und Halt zu ihrem System des Krieges sagt, zu ihrem System der
Gewalt, Plünderung und Ausbeutung.
Denn deshalb sehen wir den Sudan zerrissen, den Kongo zerrissen. Palästina
ist überall auf der Welt. Es ist an der Zeit, Stellung zu beziehen, für Frieden
und Gerechtigkeit. Es ist möglich. Danke.
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